Portrait Andreas Pecht

Andreas Pecht – Kulturjournalist i.R.

Analysen, Berichte, Essays, Kolumnen, Kommentare, Kritiken, Reportagen – zu Kultur, Politik und Geistesleben

Pilze suchen am Tag danach (ein Verzählche)

ape. Pappsatt. Der Wanst prall von einem großen Omlett aus heute gesammelten Steinpilzen, Ei von den eigenen Hühnern, Schnittlauch und Petersilie aus dem Kräuterbeet hinterm Haus. Dazu zwei Scheiben dunkles Brot, bestrichen mit Butter vom Biobauern, kräftig aufgerüstet mit Knoblauch aus eigenem Anbau.

Darauf hatte ich mich schon das ganze Wochenende gefreut, das ich diesmal am Schreibtisch bei der letzten Zeitungsschreiberei für einige Wochen verbrachte. Eigentlich galt die Vorfreude weniger dem famosen Abendmahl, fast mehr der Prozedur zuvor: Am Dienstag noch im Morgennebel losziehen zum Pilzesuchen-/-sammeln – ausgestattet nicht nur mit dem Sackerl für die Schwammerln, sondern ebenso mit der Gewissheit, davon hinreichend zu finden. Indes, vermaledeite Sache, fand ich in der ersten Waldstunde an den einschlägigen Plätzen nahe der gängigen Wege statt Pilzen nur Schnittstellen. Andere Leute hatten vor mir abgeräumt.

Ich hatte einen Umstand nicht bedacht: Gestern war Feiertag bei schönem Wetter. Und nach all den Medien-Berichten, dass nach dem Septemberregen jetzt doch noch eine ergiebige Pilzssaison ausgebrochen sei, kam am gestrigern 3. Oktober was kommen musste: Volkspilzsuchetag. Nachbarn, die gestern unterwegs waren, haben mir heute beim abendlichen Zaunplausch bestätigt: In jeder Waldwegeinfahrt hätten ein, zwei Autos aus nah oder fern gestanden, und entlang der Hauptwege habe ein Menschenbetrieb schier wie auf dem Koblenzer Hauptbahnhof geherrscht. Und das in meinem Hauswald, wo einem (mir) sonst das ganze Jahr über in summa keine zehn Leute begegnen!

Nun wollt ihr wissen, wie ich dennoch zu einem opulenten Steinpilzmahl gekommen bin. Na ja, man kennt halt den Wald, den man seit 45 Jahren mehrmals pro Woche durchstreift, besser als die eigene Westentasche. Ich weiß um abgelegene, teils schwer zugängliche Stellen, wo es Pilze geben könnte, weil es irgendwann dort schonmal welche gegeben hatte. Allerdings sind die Anmarschwege dorthin recht weit und mühsam. Soll ich, soll ich nicht, die Mühsal auf mich nehmen? Ehrgeiz ist meine Sache eigentlich nicht. Andererseits, wenn sogar auf Facebook allerhand Stadtkinder Fotos von vollen Pilzkörben durchs Netz stolzieren lassen, will nicht ausgerechnet der Waldschrat mit leeren Händen nach Hause kommen. Also los, die große Querwaldein-Tour.

Vier Stunden später ist der Sack voll, hat der Kerl verschwitzt und mit müden Gliedern die etlichen Kilometer Rückmarsch zum Haus geschafft. Ein Bier, ein Kaffee, ein Schläfchen in den Abend hinein … Glückseligkeit. Andreas Pecht

Andreas Pecht

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