Portrait Andreas Pecht

Andreas Pecht – Kulturjournalist i.R.

Analysen, Berichte, Essays, Kolumnen, Kommentare, Kritiken, Reportagen – zu Kultur, Politik und Geistesleben

Nachtgedanken: Was ich an Menschen nicht verstehe

ape. Es geht auf Vollmond. Da schrumpft mein Nachtschlafpensum traditionell etwas. Und das Hirn geht nächtens ungelenkt auf Wanderschaft. Diesmal hin zur Abteilung „Was ich ums Verrecken an Menschen nicht verstehe, eigentlich seit recht frühen Jugendtagen nie verstanden habe“: Männerherrschaft, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Nationalismus, Religionszentrismus.

Gewiss, rational-theoretisch kann ich mir diese Phänomene irgendwie erklären – als über Generationen wirksame kulturelle, kultur- und sozialhistorische, politische Prägungen; als soziopsychologische individuelle Selbstwertsteigerung durch Abgrenzung vom, Herabwürdigung und Behrrschung des „Anderen“ etc. Doch wirklich begreifen, nachvollziehen, nachempfinden kann ich es nicht – trotz ansonsten durchaus recht ausgeprägter Empathiefähigkeit.
Sehen wir mal ab vom Grundsatz „die Würde des Menschen ist unantastbar und unteilbar“ und nehmen einfach einige der wissenschaftlich inzwischen tausendfach bestätigen Basisfakten her.

1.) Die Gehirne von Frauen sind (mindestens) genauso leistungsfähig wie die von Männern. 2.) Spätestens seit Entschlüsselung des menschlichen Genoms ist eindeutig bewiesen: Es gibt innerhalb der Spezies des Homo sapiens keine unterschiedlichen Rassen. 3.) Homosexualität ist keine Krankheit, sondern eine natürliche Variante im Daseinsspektrum der Menschheit wie der meisten irdischen Wirbeltiere. 4.) Nationen sind keine natürlichen Gebilde, sondern – in der Zivilisationsentwicklung noch sehr junge – künstliche politische Konstrukte. Die Menschheitsgeschichte war/ist stets ein Prozess fortlaufender Vermischung und Assimilation.

Mal ins Private übertragen: Ob jemand in meinem Umfeld hetero-, bi- oder homosexuell ist, war mir persönlich schon immer ebenso herzlich egal wie die Hautfarbe. Ob sich heute jemand als Mann, Frau, etwas Drittes, Viertes, Fünftes fühlt, sieht, versteht, ficht mich nicht an. Ob Leute in meinem Verwandten-, Freundes-, Bekanntenkreis religiös sind, und falls ja, welcher Art Religion sie zuneigen, weiß ich nichtmal. Die meisten sind wohl Atheisten, Agnostiker oder sehr gemäßigte Gläubige; religiöse Eiferer und Missionare finden sich jedenfalls keine darunter.

Manchmal diskutieren wir über diesen oder jenen Aspekt; mal aus kulturellem oder kulturhistorischem Interesse, mal/meist mit verständnislosem bis zornigem Blick auf die leider nach wie vor existierenden (und wieder stärker werdenden) Erscheingungsformen von Intoleranz, Mobbing, Diskriminierung, Unterdrückung. In meinem nächsten Umfeld und für mich zählen indes primär: das Menschsein, die humanen Qualitäten der nahestehenden Mitmenschen – vollkommen egal, wie sie für sich sexuell, geschlechtlich, religiös, kulturell, ernährungsmäßig (Veganer, Vegetarier, Allesfresser) u.a. orientiert sind. 

Andreas Pecht

Andreas Pecht

Kulturjournalist i.R.

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