Portrait Andreas Pecht

Andreas Pecht – Kulturjournalist i.R.

Analysen, Berichte, Essays, Kolumnen, Kommentare, Kritiken, Reportagen – zu Kultur, Politik und Geistesleben

Deutsche Säbel rasseln wieder

Es hat etwas Knatsch gegeben mit Walter wegen des Themas für diese Quergedanken. Der Freund wollte partout, dass ich eine Volksbewegung pro Energiesparen herbeischreibe. Seine Begründung: „Wenn die Leute nicht anfangen, auch privat kräftig Strom, Sprit, Öl, Gas zu sparen, können wir die Energiewende vergessen. Die Politik tut, als könne die Prasserei einfach weitergehen. Dabei ist Senkung des Verbrauchs nicht nur eine Bedingung fürs Gelingen des Umstiegs, sondern einer seiner edelsten Zwecke.“ Da hat er recht. Und tatsächlich spielt Energiesparen im Wendeplan der Regierung seltsamerweise nur eine Minirolle. Genau hingeschaut, kann man fast den Eindruck gewinnen: Die wollen gar nicht sparen. Das könnte sich als kalkulierte Hintertür erweisen, beim kleinsten Wackler irgendwo im Stromnetz den Atomausstieg wieder madig zu machen.

Trotzdem brennt mir diesmal ein anderes Thema auf den Nägeln: Panzer. 200 Leopard des neuesten Typs von Krauss-Maffei für Saudi-Arabien. Das ist ein Skandal, der mich zur Weißglut bringt. Um des Profits willen Geschäfte mit Tötungsmaschinen zu machen, ist – war immer – per se die erste Sauerei. Gegen alle bisherigen Grundsätze jetzt deutsche Waffen in ein Krisengebiet zu verkümmeln, ist die zweite Sauerei. Mitten im arabischen Freiheitsaufbruch eines der autoritärsten Regime dort massiv aufzurüsten, ist die dritte, noch größere Sauerei. Da spendet Berlin mit dem Mundwerk den Revolutionären Beifall, während es zugleich mit dem Hintern den Reaktionären die Kanonen rüberschiebt, die Volksaufstände niederzukartätschen. Widerwärtig, das!

Vierte Sauerei: Der Leopard-Deal wird als Stärkung eines geostrategischen Partners deutscher Außenpolitik gerechtfertigt. Wirklich schlimm daran ist: Das stimmt neuerdings sogar. Die 200 Panzer für die Saudis sind Beleg dafür, dass die Außen- und Militärpolitik Deutschlands nunmehr die Nachkriegszeit abgeschlossen hat – und das Land ins imperiale Machtspiel zurückführt. Damit werden Ethik und Moral automatisch zur Verschiebemasse im Dienste einer militarisierten  Staatsräson, damit verkommt der Friedensauftrag der Verfassung zur Hure verlogener Sachzwänge a la „Deutschlands Freiheit wird am Hindukusch verteidigt“.

Joschka Fischers Befehl für den Kosovo-Einsatz hatte den Kruppstahladler vom Staube befreit, das Afghanistan-Mandat hat ihn die Flügel spreizen lassen, die Wehrreform von Guttenberg/de Maiziere macht ihn vollends flugtauglich. Jetzt fliegt er wieder. „Landesverteidigung“ gilt bloß noch als alter Hut, bundesrepublikanische Nostalgie, lächerlich; so lachhaft wie die Vorstellung von einer Bundesbahn oder Bundespost als Nonprofitcenter im Dienste des Gemeinwohls. Das neue Deutschland will unbedingt mit den größten Globalhunden pissen. Das klingt dann so: Wer weltweit Geschäfte macht, der muss auch weltweit Verantwortung übernehmen, und deshalb Soldaten in alle Welt schicken, um weltweit für Ordnung zu sorgen.

Frage: Für welche Ordnung in wessen Interesse sollen junge Männer und Frauen von hier rund um den Erdball die Rübe hinhalten? Für Fortschritt, Zivilisation, Freiheit? Das war schon die Lüge von gestern und vorgestern. Wir glaubten sie überwunden, jetzt ist sie in neuem Outfit wieder da –  verseucht schleichend unsere Köpfe, bis wir imperiale Großmannssucht für einen quasi natürlichen  Bestandteil bundesdeutscher Modernität halten. Deutsche Säbel rasseln wieder: hurra, hurra, hurraaaaaargh!

Andreas Pecht

Kulturjournalist i.R.

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