Monatskolumne Nr. 236, 27. Februar 2025
Während ich diese Zeilen in die Tastatur hacke, tobt der Wahlkampf noch. Wenn Sie, werte Leserinnen und Leser, dies Textchen vor Augen bekommen, ist der Käs’ gegess’, die Wahl gelaufen. Gleichwohl waren Walter und ich uns vorab einig: Es werden mindestens drei Viertel der hiesigen Wählerschaft ihre Kreuzchen nicht bei Blau-Braun machen. Und das halten wir für das wichtigste Ergebnis der Wahl, ungeachtet aller Differenzen zwischen Rot, Grün, Gelb, Schwarz. Denn die übergroße Mehrheit der Wähler sagt damit im Grunde auch: „Finger weg von unserer Demokratie!“
Eigentlich hatte ich einen unpolitischen Text schreiben wollen. Leicht, launig, humorig sollte er werden. Erholung von all dem Polit-Furor der letzten Wochen, Besinnung auf die Freuden des Lebens. Schließlich erscheint dieses Heft just zum Höhepunkt von Karneval/Fastnacht und zu einer Zeit, da Frühlingsboten unübersehbar sind. Freund Walter hatte heftig protestiert: „Das kannst du nicht machen! Du kannst nicht Gutelaune-Larifari schreiben, während draußen üble Mächte die ganze uns bekannte Welt erst mit einem Lügenbombardement auf den Kopf stellen wollen – um sie dann in einen Selbstbedienungsladen für imperialistische Milliardäre zu verwandeln.“
Wir haben darüber lange gestritten. Den Ausschlag gaben dann entsetzte Berichte auch von in den USA lebenden Bekannten, dass die Trump-Musk-Regierung hemmungs- und anstandslos die Fundamente der US-Demokratie zertrümmert. Gewaltenteilung, Rechststaatlichkeit, Verfassungstreue, Verpflichtung zur Wahrheit, Unabhängigkeit wissenschaftlicher Forschung, freie Presse, ja selbst das Prinzip, ein jeder möge nach eigener Fasson glücklich werden dürfen: Die neuen Herrscher im Weißen Haus walzen das alles willkürlich platt. Unterschiede zum Putin-System sind kaum mehr zu erkennen.
Wie der Herr im Kreml beschränken sie sich nicht aufs eigene Land. Sie strecken die Gierhände nach anderen aus. Das i-Tüpfelchen machtarroganter Impertinenz war die Rede von Trumps Vizepräsident bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Der Typ zeichnete dort ein völlig verzerrtes, allen Realitäten Hohn sprechendes Bild vom freien Europa. Er bediente dabei die Narrative der Blau-Braunen, sie dürften ja hier nichts sagen, und die Altparteien würden das Volk unterdrücken. Dabei darf die Führerin Weidel in einem fort in allen Medien herumpampen, quellen die Netzforen über von hemmungsloser Frei- und Hetzrede ihrer Anhänger.
Nur regieren lässt eine Dreiviertel-Mehrheit hierzulande die Blau-Braunen eben nicht. Und das ist gut so – mögen die Herrschaften darob auch noch so beleidigt sein, mag es dem Kerl aus Washington auch derart gegen den Strich gehen, dass er ultimativ die Zusammenarbeit mit der AfD fordert. Was herauskommt, wenn solche Leute an die Macht gelangen, können wir derzeit an der US-Innen- und Außenpolitik live miterleben: Irrsinn. Das Ende staatspolitischer Vernunft; das Ende der Demokratie und einer freiheitlichen Lebensweise; das Ende eines freien Kulturlebens, wie wir es kennen und schätzen. Auch und vor allem das Ende einer Weltsicht, die sich seit der Aufklärungs-Epoche an Realitäten und wissenschaftlicher Erkenntnis orientiert, statt wie im Mittelalter von Glaubensdogmen beherrscht zu werden.
Und dennoch, oder gerade deshalb: Wir lassen uns von denen den Spaß an der Fastnacht so wenig verderben wie die Freude am beginnenden Frühling. Denn das hätten sie gerne.