Portrait Andreas Pecht

Andreas Pecht – Kulturjournalist i.R.

Analysen, Berichte, Essays, Kolumnen, Kommentare, Kritiken, Reportagen – zu Kultur, Politik und Geistesleben

Guten Tag allerseits im November 2025


21.11.2025

Während Trump Selenskyi ein Ultimatum stellt, er müsse bis Donnerstag dem „Friedensplan“ zustimmen, spricht US-Außeminister Rubio von einer „Liste möglicher Ideen“. Wie dem auch sei: Substanziell handelt es sich bei dem 28-Punkte-Papier um keinen Friedensplan, sondern um ein Dokument, das de facto eine Kapitulation der Ukraine und ihren Ausverkauf an den russischen Aggressor bedeuten würde. Trumps Plan folgt im Wesentlichen den Maximalforderungen Putins.


21.11.2025

So, dann darf ich allseits ein angenehmes, wenn auch wettermäßig wohl eher durchwachsenes Wochenende wünschen.

Als Dreingabe die Nachricht, die mich heute am meisten zum Lachen brachte: „Meine Umfragewerte sind gerade gesunken, aber bei klugen Leuten sind sie stark gestiegen“, sagte Donald Trump gestern in einer Rede vor hochrangigen Managern und Vertretern aus Saudi-Arabien. (Nach einer in dieser Woche veröffentlichten Umfrage von Reuters/Ipsos sind Trumps Zustimmungswerte zuletzt auf 38 Prozent gefallen, den niedrigsten Wert seit seiner Rückkehr ins Amt. Die Zustimmung für Trump liege bei Wählern mit Hochschulabschluss bei 33 Prozent, bei Befragten ohne Hochschulabschluss dagegen bei 42 Prozent.)


20.11.2025

Konservative Rollbacks sind in der nie gradlinig verlaufenden Menschheitsgeschichte zwar stets schmerzhaft, aber durchaus nichts ungewöhnliches. Problematisch an der von Merz und Mitstreitern präferierten Rückwärtsrolle ist allerdings einerseits das Unverständnis für und Ignorieren von historisch ganz neuartigen existenziellen Primärherausforderungen, vorneweg der Klimawandel. Andererseits stecken genau besehen viele Aspekte des Welt- und Menschenbildes, des Gesellschafts-, Politik-, Sozial- und Wirtschaftsverständnisses von Merz und Co. noch tief in der Denke der 1950er/60er-Jahre. Damit hinken sie nicht selten fast ein dreiviertel Jahrhundert den nationalen und globalen Realentwicklungen und Realerfordernissen hinterher (was leider zu den Wunschvorstellungen nicht weniger Zeitgenossen passt). Doch das ist ein bisschen arg viel Rollback.


19.11.2025

Mehrfach wurde ich jüngst wieder gefragt: „Warum postest du auf Facebook häufig öffentlich, lässt aber nur ‚Freunde‘ zur Kommentierung zu? Das ist doch so keine Diskurskultur.“ Simple Antwort: Wie die „Netzöffentlichkeit“ heutezutage gestrickt ist, wäre mein Facebook-Profil bei für jedermann/-frau offener Kommentarfunktion innerhalb kürzester Zeit inhaltlich futsch, weil von Troll- und Bot-Horden zugeschissen mit stinkenden (braunen) Häufchen, oder von Quarkdenkern mit hanebüchenen Beiträgen in völlig unsinnige, nur Lebenzeit vergeudende Auseinandersetzungen gedrängt. Es wäre auf meiner FB-Seite im Handumdrehen Schluss sowohl mit Ernsthaftigkeit, Nachdenklichkeit und Humorigkeit. Schluss ebenso mit (meistens) wenigstens halbwegs anständigen Umgangsformen auch zwischen Leuten unterschiedlicher Meinungen, Weltanschauungen, Lebenshaltungen, Bildungsniveaus. Wie ich in mein echtes Wohnzimmer keine Rassisten, Faschisten, Verschwörungsfuzzis und Krawallbrüder einladen würde, so auch nicht in mein digitales Wohnzimmer auf Facebook. Deshalb ist mein FB-Profil eingestellt, wie es eingestellt ist – und dabei bleibt es auch.


15.11.2025

Heute las ich in der Frühstückszeitung die traurige Nachricht „Das Familienferiendorf in Hübingen ist insolvent“. Ob und wie es ab Ende Januar 2026 weitergeht, steht derzeit in den Sternen. Mich verbinden mit der 1969 begründeten Anlage im Westerwald (Teilregion Buchfinkenland) viele schöne Erinnerungen. Nicht weil ich dort Ferien gemacht hätte, sondern zwischen etwa 2010 und 2020 mehrmals mit Jugendlichen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) als Workshop-Leiter jeweils mehrere Tage am Stück gearbeitet habe. Denn in der Einrichtung direkt am Waldrand konnten nicht nur Familien mit kleinem Budget für relativ kleines Geld urlauben. Sie bot mit ihren 35 Reihenbungalows, großem Speisesaal und hervoragend kochender Küche, etlichen Seminarräumen, kleiner Turnhalle, profanisierter Kirche als großen Veranstaltungsraum, weitflächigem Freigelände… ein nahezu ideales Umfeld auch für größere bis sehr große Gruppenfreizeiten oder eben Seminartage.

Regelmäßig hatte das in Lahnstein ansässige Kulturbüro Rheinland-Pfalz – das FSJ Kultur und FSJ Ganztagsschule in RLP managed – das gesamte Feriendorf für kreative Seminarwochen angemietet. Dann lebten dort bis zu 250 Jugendliche fünf Tage zusammen, konnten in eineinhalb Dutzend Workshops eigene Potenziale entdecken und unter kundiger Anleitung entfalten, konnten die Arbeitsergebnisse am Ende dem gesamten Plenum präsentieren. Und was es da alles an Fachbereichen gab: Chorgesang, Band-Musizieren, Tanz, Theater Fotografie, Film, Malerei, Land-Art, Keramikschaffen, Kunsthandwerk mit Metall (Schweißen), Dichtung/Poetry/Textschreiben, Architektur, Mode, Journalismus (letzteres war meine Partie) …. Und an so manchem Abend wurde, selbstverständlich, häufig bis in die Puppen pallavert und gefeiert.

Ach, immer wieder kam ich zwar erschöpft und übermüdet von solchen Wochen zurück, aber vom Umgang mit überwiegend wunderbaren Jugendlichen an Hirn und Herz erfrischt. Ich hoffe und drücke die Daumen, dass sich eine Lösung für den Weiterbetrieb des Familiendorfes in Hübingen findet. Wer etwas mehr über das Wesen und die Atmosphäre solcher FSJ-Seminartage erfahren möchte, lese meinen Vortrag > „Wo Jugendliche ihre Kreativität entdecken und entfalten“, gehalten im November 2013 bei einer Konferenz von Lehrern und Schulrektoren in Koblenz 


14.11.2025

Ich würde es gern verstehen und als vernünftig einordnen, verstehe es aber nicht und kann es aus klimatologischer und sozialer Perspektive erstmal leider nur für groben Unfug halten: 2026 wird das Deutschlandticket Bahn erneut teurer; 2026 wird der Flugbetrieb mit 350 Millionen Euro zusätzlich vom Staat subventioniert. Aber ich muss ja nicht alles verstehen. Egal wie: Es sei nach den Tagen des zweiten Frühlings jetzt ein flauschiges Wochenende in angemessener Novembertristess gewünscht.


11.11.2025

Im Westerwald lebend, auf halber Strecke zwischen Köln und Mainz in der Nachbarschaft zu Koblenz, pflege ich eine langjährige persönliche 11.11.-Tradition: Es sei zum Sessionsauftakt auch heuer wieder der von mir kreierte und die närrischen Völker am Rhein verbindende Ruf in die Lande geschmettert – HELOLAULAAF! 🥳 😜 (So, das war nun mein Beitrag zur Narretei 😎 )


9.11.2025

Erschrecken, Trauer. Wie ich jetzt erst erfahre, ist Prof. Dr. Rudi Krawitz am 1. September 2025 im Alter von 81 Jahren aus dem Leben geschieden. Wir sind uns nie persönlich begegnet, haben uns an der Uni Heidelberg um einige, an der EWH-Koblenz um etliche Jahre verpasst. Kennen- und schätzengelernt habe ich ihn erst auf Facebook. Doch unser mehrfacher Denk- und Meinungsaustausch dort war immer angenehm, herzlich und zugleich interessant; denn Rudi war ein Humanist durch und durch, geprägt auch von einem engagierten Leben als Pädagoge und Pädagogikwissenschaftler. Mehrere Wochen war auf Facebook nichts mehr von ihm zu lesen, und ich hatte ihn schon vermisst. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass er sich den Zwiespältigkeiten dieses Mediums für einige Zeit entzieht. So dachte ich. Jetzt also sein selbstbestimmter Generalausstieg aus der Welt. Das ist mit Respekt zu akzeptieren. Bitter bleibt es dennoch. RiP

> Infos zur Person Rudi Krawitz hier (Wikipedia)


7.11.2025

Vorhin in der Badewanne liegend, kam mir anlasslos eine meiner jugendlichen Rechtschreibschwächen in Erinnerung. Jahrelang habe ich immer wieder das Wort „selig“ falsch geschrieben. Man hatte mich daheim und in der Schule zwar wiederholt belehrt, nicht „seelig“ zu schreiben, sondern richtig „selig“. Doch leider hatte nie jemand es für nötig befunden, mir den Grund für diese rechtschriftliche Seltsamkeit zu erläutern. Weshalb gerade im flotten Schreibfluss mein Unterbewusstsein, dem eigenen Logikverständnis folgend, der Hand den Befehl „seelig“ gab.

Ist aber auch abstrus, wenn du schreiben musst: „Da hockten sie weinSELIG beisammen und redeten, BESEELT von des Bacchus Gaben, sich mit Inbrunst dummes Zeug von der SEELE. SELIG sind die Armen im Geiste.“ Oder so. Kein Wunder, dass ein Hirn wie meines sich da lange querstellte – und noch heute manchmal unwillig zuckt, wenn ich meiner unsterblichen Seele „selig“ gar nicht glückselig als richtig zumuten muss. Die mir irgendwann dann doch zugekommene Erklärung des Selig-Phänomens konnte mich übrigens auch nicht überzeugen: Selig habe mit Seele nichts zu tun, sei vielmehr ein eigenständiges Wort, zurückgehend auf das althochdeutsche „sälig“. Und das bedeutet: gut, glücklich, gesegnet, heilsam. Holla, Herrschaften, ist das nicht genau die Art von Seligkeit, die man jeder Seele wünscht?
So wünsche ich denn allerseits ein seliges wie auch beseeltes Wochenende.


3.11.2025

Ein Foto sagt mehr als tausend Worte, heißt es. Ein Foto kann aber auch, zumal heutzutage, mindestens ebenso gut lügen wie tausend Worte. Selbiges gilt für Videos. Ich glaube nicht mehr viel von dem, was mir da im Internet gezeigt wird; unter 100 Quellen gelten mir allenfalls fünf noch als verlässlich. Der von T-ONLINE dokumentierte Fall eines gefälschten Videos (s. Link unten) ist eigentlich unfassbar, mittlerweile indes fast Netz-Normalität. Aus einer TV-Sendung von 2016 und einer von 2024 sind Szenen zu einer neuen, vorgeblich aktuellen „Realität“ zusammengeschnitten. Da werden Merz und ein (grüner) Rentner miteinander konfrontiert, obwohl die beiden sich niemals begegnet sind. Millionen User aber nehmen dieses Video als bare Münze und authentische Abbildung von Wirklichkeit. > Millionen fallen auf gefälschtes Video herein


3.11.2025

„Weltmännertag“, heute (3.11.). Ui, ui, ui. Dazu kommt mir spontan in den Sinn: Sei kein Chauvi, sei kein Macho, sei kein Arschloch! Und bedenke stets: Die Würde des Menschen – also aller Menschen – ist unteilbar. Vergiss auch dies nicht, oh Mann: Ohne die Hälfte des Himmels fiele dir die andere Hälfte einfach auf den Kopf.


31.10.2025

quergedanken_logo  „Hey, alter Mann, wie is et?“ Derart begrüßt mich Freund Walter bisweilen, und das seit vielen Jahren. Vor ein paar Tagen schob er grinsend nach: „Jetzt bist du endlich so alt, wie du seit langem aussiehst. Glückwunsch.“ Na danke für solch einen Gruß zum 70. Geburtstag. (….)

Mit dieser typisch Walter’schen Frechheit beginnt die jetzt erschienene Folge 244 meiner Monatskolumne „Quergedanken“. Der Text ist tatsächlich drei Tage vor meinem 70. Geburtstag entstanden und hat passend dazu das „Alter“ zum Thema. > Quergedanken 244 „(K)ein Lobgesang aufs Altwerden und Altsein“ lesen hier


Guten Tag allerseits in den Vormonaten

Andreas Pecht

Kulturjournalist i.R.

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