Guten Tag allerseits

30.03.2019

Die Schülerbewegung Fridays for Future scheint vorerst keine Ende nehmen zu wollen. Während die Aktionen in manchen Städten immer wieder vorübergehend pausieren, kommen jeden Freitag auch neue Orte hinzu. Es ist an der Zeit sich einige Sachverhalte vor Augen zu führen, die diese Bewegung unserer Jüngsten zu einem so noch nicht dagewesenen Phänomen machen. Zugleich liegt nun die erste Studie vor, die der Frage nachgegangen ist "Wer demonstriert da warum?". 

Mein kleiner Faktencheck (freier Lesetext)

***

Drei Tanzproduktionen mit völlig unterschiedlichen Ausdrucksformen an einem Abend. Geboten von drei Ensembles aus drei Ländern. Zeitversetzt aufgeführt in drei Spielstätten des Mainzer Staatstheaters. Das war jetzt der Auftakt zum „tanzmainz festival #3“, in dessen Dienst das Theater elf Tage lang sämtliche personellen und technischen Ressourcen sowie Bühnen stellt. Bis zum 6. April zeigen 15 Compagnien aus Europa, Amerika und Asien einen Querschnitt aus dem aktuellen Weltgeschehen der modernen Tanzkunst.

Mein Artikel anlässlich des Eröffnungsabends (4200 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


29.03.2019

Rundblick im Netz, Aktionen heute (29. März) Fridays for Future. Auf die Schnelle gefunden: Berlin (15000 bis 25000), Münster (2000), Düsseldorf (500), Köln (400), Dortmund (400), Göttingen (300), Offenbach erstmals dabei (350), Wolfsburg (200), Bad Gandersheim (150)... Ohne Zahlenangaben Weilerswist, Jena, Dresden, Eutin, Kulmbach; Wien, Gmunden ...


28.03.2019

Doch ja, ich würde es begrüßen, wenn die Briten eine zweite Volksabstimmung über den Brexit abhalten würden. Nein, das hat nichts zu tun mit "so lange abstimmen, bis das Ergebnis passt"; zumal der Ausgang durchaus offen ist. Es hat vor allem zu tun mit zwei Umständen: 1. Im Unterschied zur Propaganda-vernebelten Erstabstimmung wissen nun ALLE Briten, worum es tatsächlich geht. Und 2. (dies für die Formalisten): Was macht man in Demokratien für gewöhnlich, wenn aus Wahlen keine handlungsfähige Regierung hervorgeht? Ganz einfach: Man wählt nochmal. Warum sollte für Volksabstimmungen partout nicht gelten dürfen, was für Parlamentswahlen gilt?


27.03.2019

Der März endet. Damit ist es Zeit, den Winter 2018/19 meteorologisch zu bilanzieren. Das geht kurz und bündig so: Es hat in unseren Breiten außerhalb der alpinen Räume - einmal mehr - keinen Winter gegeben. Die Tage strengen Frostes sind an zwei Händen abzuzählen, für diejenigen mit Schnee und Eis braucht es nur eine. Man muss nichtmal die Wissenschaft bemühen, um das einzuordnen: Von dem, was seit meiner Urgroßeltern Zeit (dem mittleren 19. Jahrhundert) als wintertypisch überliefert wurde, ist im frühen 21. Jahrhundert eigentlich nur die längere Dunkelheit geblieben.


25.03.2019


©Foto: Jens Weber

Etwa 150 Interessierte kamen am Samstag auf der Festung Ehrenbreitstein zu einer Tagung zusammen. Von früh bis in den Abend hörten sie Vorträge von Wissenschaftlern und Fachleuten aus Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Österreich und der Schweiz unter dem Leitthema: „Oberes Mittelrheintal – Zum Umgang mit einer europäischen Kulturlandschaft“. Es geht dabei nicht ausdrücklich um die Bundesgartenschau (Buga), die 2029 das Unesco-Welterbegebiet von Koblenz bis Bingen umfassen soll. Denn auch ohne das Mammutprojekt wäre eine Perspektivendiskussion für das Welterbetal überfällig. Allerdings schwingt die Buga im Hintergrund stets mit.

Mein kompakter Tagungsbericht (4800 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


23.03.2019

Wegen Zeitmangels erst heute und auch nur sehr knapp der Netz-Rundblick auf die Aktionen von FridaysforFuture gestern am 22. März. Wie erwartet, ist nach den Riesendemos am 15.3. diesmal alles etwas kleiner verlaufen. Auffällig allerdings: Es sind auch gestern eine Menge Städte hinzugekommen, wo es erstmals FFF-Aktionen gab, so zB Ludwigshafen (400), Herford (300), Oderan (250), Eichstätt (500), Waldshut (300), Hanau (?), Hof (?)... Weitere Orte in Deutschland, die ich auf die Schnelle gefunden habe: Münster (200), Stuttgart (1000), Köln (500), Berlin (1000+), Ilmenau (200), Remscheid (800), München (1600+)... In NRW sollen es gesamt 5000 gewesen sein. Schwerpunkt in Westeuropa war gestern Norwegen, wo "einige zehntausend" Schüler auf den Straßen waren.

***

Leseempfehlung. Famoser Artikel aus der "Zeit", an FDP-Lindner aufgehängt, aber nicht nur ihn meinend. Auszug: "... Politiker wie Lindner oder Altmaier empfinden offensichtlich schlicht alle ökologischen Grenzen als Beleidigung ihres Intellekts und ihrer diskursiven Fähigkeiten. Weil sie jedoch mit der Natur auf Dauer schlecht diskutieren können, übertragen sie ihren Ärger einfach auf den politischen Gegner. Denn sie tun so, als hätten die bösen Grünen oder die verrückten Schüler die planetarischen Grenzen erfunden. Und wollten nur aus reiner Boshaftigkeit das Porschefahren teurer machen..."

"Klimawandel: Die Liberalen verstehen die Welt nicht mehr" (hier)


22.03.2019

Es gibt derzeit im Netz eine Menge Leute, die sich um die Integrität von Greta Thumberg und FridaysforFuture "sorgen". Dabei sind im wesentlichen zwei Gruppen zu unterscheiden. Die eine versucht, zu ergründen, welche düsteren Kräfte im Hintergrund Greta als ihre Marionette aufgebaut haben könnten. Die andere Gruppe weiß vorgeblich schon, welche Kräfte das sind und posaunt darüber die krudesten Theorien in die Welt.

Eine Anmerkung dazu (freier Lesetext)


20.03.2019

"Latrinen aller Geschlechter vereinigt euch!" habe ich die aktuelle Nr. 169 der Monatskolumne "Quergedanken" betitelt. Natürlich ist das eine Art nachfastnachtliche Betrachtung. Diese schreibt sich jedoch weder das Abwatschen noch die Glorifizierung von AKK aufs Panier. Eher geht es um den grundsätzlichen Umstand, dass wissenschaftlicher Fortschritt, gesellschaftliche Freiheitlichkeit und moderne Aufklärung im althergebrachten Weltbild fest verankerte Ordnungs- und Normalitätsvorstellungen erschüttern. Der Homo sapiens besteht nun mal objektiv nicht nur aus zwei Geschlechtern.

"Quergedanken" Nr. 169 hier (freier Lesetetxt)


19.03.2019

Seit den frühen 1990ern gibt es in Koblenz alljährlich ein Ereignis, von dem die breite Öffentlichkeit daheim zwar nur wenig Notiz nimmt, das aber in einem speziellen musikalischen Fach weltweit höchstes Ansehen genießt: das International Guitar Festival & Academy. Im jetzt 27. Jahrgang belegt das Festival im Juni eine gute Woche lang (2.6. - 10.6.) die gesamte Rhein-Mosel-Halle sowie das Kurfürstliche Schloss. Dann kommen wieder Gitarristen vornehmlich der klassischen und jazzigen Richtung aus rund 50 Ländern nach Koblenz, um zu lehren, zu lernen und zu konzertieren. In diesem Jahr wird Wolf Biermann mit dem unregelmäßig vergebenen Ehrenpreis des Festivals für ein bedeutendes Lebenswerk ausgezeichet. 

Mein Artikel über Anfänge, Entwicklung, Gegenwart des Festivals (freier Lesetext)


18.03.2019

Hinter Glas ein Werk, das aussieht, als habe es bei einem Wohnungsbrand nur schwer beschädigt gerettet werden können: rußverschmiert, die Leinwand angesengt, Farbe und Lack blasig, die Oberfläche vom Feuer aufgerissen. Doch ist, was da im Hauptsaal des Richard-Meier-Baus an der Wand hängt, nicht das Überbleibsel eines Unglücks. Vielmehr handelt es sich um eines der Feuerbilder, mit denen Otto Piene in den 1960ern das Ausdrucksspektrum der zeitgenössischen Kunst erweitert hat. Dem 2014 verstorbenen Künstler widmet das Arp Museum jetzt eine hochkarätige Ausstellung unter dem Titel „Otto Piene – Alchemist und Himmelsstürmer“.

Meine Ausstellungskritik (4500 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)

***

Ein hübsches Eingangsstück, ein Mittelteil, über den die Meinungen etwas auseinandergehen, ein Finale, das die Hörerschaft in der Rhein-Mosel-Halle reihum entzückt: So ließe sich kompakt das achte Anrechtskonzert beim Musik-Institut Koblenz resümieren. Das wurde unter Leitung Garry Walkers orchestral von der Rheinischen Philharmonie bestritten. Der solistische Gast kam mit der international hoch angesehenen Sopranistin Michaela Kaune diesmal aus dem Gesangsfach.

Meine Konzertbesprechung (3800 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


17.03.2019

William Forsythe, Altmeister der zeitgenössischen Ballettavantgarde, hatte 2010 in Frankfurt das Projekt "Motion Bank" ins Leben gerufen. Dessen Bemühen um Dokumentation von Tanzproduktionen mittels modernster Motion-Capture-Kameratechniken und Computervisualisierung musste 2013 eingestellt werden. Forsythe's früherer Mitarbeiter Florian Jenett hat es als Professor an der Hochschule Mainz jüngst wieder aufgenommen. Eines der ersten Ergebnisse ist nun eine Kooperation der Hochschule mit der Compagnie von tanzmainz und der Kunsthalle Mainz. Diese verbindet Tanzkunst, deren technische Dokumentation sowie von der Choreografie angeregte Arbeiten von sechs Bildenden Künstlern zum Gesamtprojekt "Between us".

Mein Bericht dazu (4600 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


16.03.2019 (10.25 Uhr)

Greta Thumberg teilt soeben mit: Nach den jüngsten Rückmeldungen ergibt sich, dass in summa am gestrigen Freitag weltweit 1,4 MILLIONEN Menschen an Aktionen von FridaysforFuture teilgenommen haben. Hätte es nicht diesen entsetzlichen rassistischen Terroranschlag auf betende Muslime in Neuseeland gegeben, dieser Freitag hätte als Tag der Freude und großer Hoffnung verzeichnet werden können. Es bleibt neben Trauer um die Terroropfer, Mitgefühl für deren Angehörige und Zorn auf den/die Täter zugleich der Gedanke: Junge Leute, die in der Gewissheit für mehr Klimaschutz streiten, dass sie Freunde und Mitstreiter in aller Welt und unter allen Völkern haben, sind für Rassimus weniger bis gar nicht anfällig.


15.03.2019 (18.30 Uhr)

FRIDAYS4FUTURE, globaler Aktionstag. Mein schneller Netzrundblick muss heute vor der Masse der Nachrichten kapitulieren. In den meisten Städten haben viel mehr Schüler und Leute mitgemacht als erwartet. Und auch in Örtchen, von denen ich noch nie gehört habe, gab es Demos. Ein paar Überblickszahlen zu Teilnehmern sowie etliche Einzelbeispiele:

Deutschland gesamt: ca 300 000. Australien gesamt: ca 150 000. Österreich gesamt: ca 30 000. Schleswig-Holstein gesamt ca 15000. Meck-Pom gesamt: 4600. Rheinland-Pfalz gesamt: ca 6000.

Einzelne Städte (Inland): Berlin 25000, Köln 10000+, Hamburg 10000+, Bremen 5000, Kiel "tausende", München ca 10000, Frankfurt/M um 9000, Lübeck 2500, Münster 2500, Jena 1300, Rostock 1200, Erfurt 500, Schwerin 800, Regensburg 1000, Mannheim 1200, Mainz 1200, Göttingen 1000, Koblenz 500+, Frankenthal 800, Trier 700, Neustadt/Weinstr. 400....

Ausland: Melbourne 20000, Wien 10000+, Innsbruck 5000, Linz 3500... Nachtrag: Es gab große bis sehr große Aktionen u.a. auch in Rom, Paris, London, Madrid, Warschau, Bangalore, Hongkong, Tokio.... Es gab Aktionen in der Türkei, der Ukraine, in Brasilien.... Und es gab Aktionen in mehr als 100 Städten der USA.


14.03.2019

Bemerkenswerter Leitartikel auf Seite 1 der Wochenzeitung "Die Zeit" über die Beweggründen der weltweiten Schülerbewegung für eine effektive Klimaschutzpolitik. Auszug: "(...) Dieser Zeitdruck (beim Kampf gegen den Klimawandel. ape) konstituiert einen harten Interessengegensatz zwischen denen, die in 30 Jahren 50, und jenen, die dann 100 sind. Weil den einen dann das Wasser bis zum Hals stehen könnte, während die anderen nicht mehr auf dieser Welt sind. (...) Wenn die Politik so weitermacht, dann läuft nicht nur Deutschland in einen Generationenkonflikt hinein, gegen den 68 ein Kindergeburtstag war. Damals ging es vor allem um die deutsche Vergangenheit (und den Krieg in Vietnam), heute geht es um die globale Zukunft. Freitag wird wieder demonstriert, wohl so zahlreich und so international wie bislang noch nicht."

Der ganze Text hier


12.03.2019

Vergangene Woche hatten 700 Wissenschaftler/innen eine Stellungnahme der Initiative #Scientists4Future zu Unterstützung der Schüleraktionen für mehr Klimaschutz unterschrieben. Bei Veröffentlichung der Stellungnahme heute (12.3.2019) sind es mehr als 12 000 renommierte Wissenschaftler und Wissenschaftspublizisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die gemeinsam erklären: "Die Anliegen der demonstrierenden jungen Menschen sind berechtigt".

Wortlaut der Erklärung

***

FRIDAYS FOR FUTURE, globaler Aktionstag am 15.03.2019. Die Schüler haben ALLE umweltbewussten Menschen aufgerufen, an ihren Demonstrationen teilzunehmen. > Überblick über bis eben für diesen Freitag gemeldete Aktionen in Rheinland-Pfalz und angrenzenden Regionen:

RLP: Bad Kreuznach (11.30 Paulskirche), Mainz (10.00 Hauptbahnhof), Ingelheim (10.00 Bahnhof), Koblenz (11.55 Hauptbahnhof), Trier (10.00 Domfreihof), Kaiserslautern (11.30 Hauptbahnhof), Landau (10.00 Rathausplatz), Neustadt/Weinstr. (10.00 Marktplatz), Speyer (11.00 St.-Guido-Stifts-Str.), Frankenthal (11.00 Speyrer Tor), Worms (10.00 Hauptbahnhof), Altenkirchen (17.00 Marktplatz).

Nachbarschaft: Heidelberg (11.00 Marktplatz), Mannheim (11.00 Schloss Ehrenhof), Darmstadt (10.00 Luisenplatz), Frankfurt/M (12.00 Bockenheimer Warte), Wiesbaden (12.00 Hauptbahnhof), Saarbrücken (10.00 Kongresshalle), Gießen (11.30 Berliner Platz), Siegen (10.30 vor Bluebox), Siegburg (9.30 Siegburg Markt), Bonn (9.30 Münsterplatz), Köln (9.00 Bahnhofsvorplatz)


11.03.2019

„Heimat, das ist eine Emotionswolke“, erklärte Konrad Wolf jetzt in Mainz bei der Vorstellung des Programms für den Kultursommer Rheinland-Pfalz 2019. Heimat bedeute Vielfalt in positivem Sinne, könne und dürfe gerade kein Ausgrenzungsbegriff sein. Derart umreißt der Kulturminister zugleich die Grundintention, die mit dem diesjährigen Motto "heimat/en" verfolgt wird: Vom Oberwesterwald bis in die Südpfalz sollen viele der 200 vom Kultursommer geförderten Projekte jene Elemente ins Bewusstsein rücken, aus denen sich die kulturelle Vielgestaltigkeit und Offenheit von Heimat zusammensetzt.

Mein Vorbericht (4800 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)

***

Langer Beifall von einem berührten Publikum. Zwei Stunden hat das neunköpfige Ensemble eindringlich, ernsthaft und ohne überdrehte Sperenzien den Fall des jungen Deutschen Hans verhandelt. Der wird von seiner Tante Alex beauftragt, sich an der Uni Cambridge in einen elitären Zirkel einzuschleichen, um dort begangene Verbrechen aufzuklären. Diese Geschichte machte 2017 als Roman „Der Club“ von Takis Würger in der Literaturszene Furore. Jetzt hat Regisseur Philipp Krenn mit Anna-Sophia Güther und den Schauspielern eine Theaterfassung daraus gemacht und im Staatstheater Wiesbaden auf die Bühne gebracht.

Meine Premierenkritik (3600 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


10.03.2019

Die Konzertbesucher und Öffentlichkeit vergessen oft, dass Orchestermusiker auch lohnabhängig Beschäftigte sind, ganz normale Angestellte mit hierzulande ganz normalen Pflichten und eben auch Rechten. Etwa dem Recht auf freie Wahl einer Belegschaftsvertretung, die die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Mit dem beim Staatsorchester Rheinische Philharmonie Koblenz aus fünf Vertretern bestehenden „Personalrat“ habe ich gesprochen, um mal einen Blick hinter den Kulissen auf dieses Gremium und seine Arbeit zu werfen.

Hier mein Bericht (freier Lesetext, 11700 Anschläge)

***

"Wenn sich Kinder und Teenager politisch äußern, verlieren manche Erwachsene die Fassung. Warum eigentlich? Über Greta Thunberg, ihre Anhänger und ihre Gegner." Zu diesem Thema hat Tobias Rüther - ein "links-grüner Versiffung" eher unverdächtiger Feuilletonist der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) einen langen, sehr nachdenklichen und klugen Artikel geschrieben. Dessen Lektüre möchte ich allseits ans Herz legen. 

Siehe Artikel in der FAZ                            


09.03.2019

So, nach ein paar freien Tagen wieder volles Programm in der Schreibstube. Neben dem im März opulenten Aktuellgeschäft ist noch der letzte Schliff am Vortrag "Heimat - Kampfbegriff, Sehnsuchtsort, Utopie" zu machen (11.4. Haus Felsenkeller Altenkirchen, 8.5. Marienberger Seminare Bad Marienberg). Parallel habe ich mit der Materialsammlung für Herbstvorträge über Leben und Werk des Alexander von Humboldt begonnen. Schon die ersten Sichtungen in dessen jetzt 250. Geburtsjahr lassen deutlich werden: Das ist inhaltlich brandaktueller Stoff, denn dieser Humboldt war nicht einfach ein forschender Abenteurer. Er war vielmehr einer der ersten neuzeitlichen Wissenschaftler und Denker, der aus Betrachtung der Realität die Erkenntnis ableitete, dass auf unserem Planeten "alles mit allem vernetzt ist" - auch das Soziale, Politische, Ökonomische mit dem Ökologischen.


05.03.2019

Interessante Entwicklung: Wissenschaftler und prominente Wissenschaftspublizisten stellen sich in großer Zahl (bis jetzt mehr als 700) mit ernstem Appell an die Seite der jungen Menschen von Fridays for Future. Mit dabei zB Hans-Joachim Schellnhuber, Claudia Kemfert, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Eckart von Hirschhausen, Ranga Yogeshwar, Barbara Praetorius, Dirk Uwe Sauer, Sven Plöger ...

Siehe hierzu Bericht des "Tagespiegel" Berlin

***

In einer Sache möchte man diversen Zeitgenossen einfach genaueres Hinschauen empfehlen: Der inzwischen fast sprichwörtlich gewordene Vorwurf, Umwelt- und Klimaschützer würden Panik und Weltuntergangsszenarien verbreiten, ist weitenteils nur ein (von interessierter Seite gepflegtes) Vorurteil. Die Warnungen, der Klimawandel werde gravierende Auswirkungen auf die Zivilisation haben und das zeitnäher als bislang angenommen, werden sprachlich (Framing) einfach zu "Weltuntergangs-/Apokalypseszenarien" umgedeutet. Dabei sind diese Warnungen ja keine Fantasmen, sondern wissenschaftsgestützte Sachaussagen. Ebenso die Feststellung, dass das Zeitfenster zum tatsächlich effektiven Gegensteuern immer kleiner wird.

Wir haben im Moment leider eine Situation, dass Teile der Öffentlichkeit schon die Verbreitung solcher Sachaussagen, erst recht alle Überlegungen, was daraus für Konsequenzen zu ziehen seien, mit dem Bannstrahl der "Panikmache" belegen - womöglich um dadurch den wissenschaftlichen Forschungsstand selbst unglaubwürdig/lächerlich zu machen. Panik und Hysterie mache ich derzeit aber vor allem auf Seiten derer aus, die - je deutlicher die Unausweichlichkeit einer ökologischen Wende wird - bis zur wildgewordenen Gehässigkeit auf Wissenschaft, Warner und für die Öko-Wende engagierte Menschen (derzeit vor allem die Generation der eigenen Kinder und Enkel) dreinschlagen.


04.03.2019

11.30 Uhr, Rosenmontag, Unterwesterwald: Teils strahlend blauer Himmel und Sonnenschein bei 12 Grad. Allerdings klappert, poltert, pfeift, heult, quietscht es gehörig im Gebälk und drumherum. Wir würden hier nicht "schweren Sturm" nennen, was da ums Haus und über die Landschaft rumort. Aber der Wind weht kräftig bis sehr kräftig - und ich sah eben auf der Fahrt zum Nachbarort auch einige umgefallene Bäume und etliche Astbrüche. Also ihr Jecken da draußen bei de Züch: Gebt ein bisschen acht auf euch und die Mitfeierer. Ansonsten: Habt Spaß an der Freud.


03.03.2019

Ausgedehnte Lektüre der Wochenzeitungen beim Sonntagsfrühstück bestätigt meinen Eindruck, dass sich im globalen Zeitgeist zwei neue Tendenzen breitmachen. 1. Die Weiterentwicklung des Umweltschutzdenkens in Richtung eines stärker werdenden Verlangens nach einer echten und durchgreifenden ökologischen Wende. 2. Ein von linken Systemkritikern über die Wirtschaftswissenschaften bis in konservative IWF-Kreise reichendes Nachdenken über eine sozialökonomiosche Wende. Darüber also, dass der Kapitalismus "gezähmt" oder "zivilisiert" werden muss, die Ausdehnung der Kluft zwischen Reich und Arm gestoppt werden muss und die Priorität des Wirtschaftens auf Gemeinwohlnutzen und Sozialpflichtigkeit des Kapitals zu setzen ist, statt auf Shareholder-Value und unmäßige Funktionärsbereicherung.

Dazu mag man nun im einzelnen stehen wie man will. Zuerst einmal ist einfach festzuhalten: Es gibt beide Tendenzen in unterschiedlichster Ausprägung auf breiter Front (nicht zuletzt jetzt in den USA). Und besonders interessant wird die Sache dort, wo beide Tendenzen - vernünftigerweise und naturgemäß - eng miteinander verzahnt auftreten.


01.03.2019

Fridays for Future, 1.3., schneller Netzrundblick (unvollständig) auf heutige Aktionen in Deutschland. Gefunden Folgendes: Größte Demo in Hamburg mit Greta Thunberg als Gast (Zahlen unklar, schwanken von 4000 bis "mehr als 10 000" bei BILD-online). Münster (1000), Düsseldorf (500), Weimar (200), Neumünster (500), Werries/Hamm ("Hunderte"), Stuttgart (200), Springe in Niedersachsen (200), Dannenberg (180), Hof (230), Dortmund (300), Greifswald (100). Weitere Aktionen ohne Zahlenangabe: Biberach, Nürnberg, Frankfurt/M., Regensburg, Essen, Reutlingen, Bersenbrück, Deggendorf, Magdeburg, Marburg....

 

01.03.2019

Fridays for Future, 1.3., schneller Netzrundblick (unvollständig) auf heutige Aktionen in Deutschland. Gefunden Folgendes: Größte Demo in Hamburg mit Greta Thunberg als Gast (Zahlen unklar, schwanken von 4000 bis "mehr als 10 000" bei BILD-online). Münster (1000), Düsseldorf (500), Weimar (200), Neumünster (500), Werries/Hamm ("Hunderte"), Stuttgart (200), Springe in Niedersachsen (200), Dannenberg (180), Hof (230), Dortmund (300), Greifswald (100). Weitere Aktionen ohne Zahlenangabe: Biberach, Nürnberg, Frankfurt/M., Regensburg, Essen, Reutlingen, Bersenbrück, Deggendorf, Magdeburg, Marburg....


25.02.2019

Skandinavischer Abend beim Musik-Institut Koblenz. Der Rheinischen Philharmonie unter Garry Walker waren am Wochenende in der Rhein-Mosel-Halle Werke eines Norwegers, eines Schweden und eines Dänen aufgelegt. Edvard Grieg, Wilhelm Stenhammar und Carl Nielsen lebten um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und kannten einander gut. So wird dieses 7. Anrechtskonzert zum interessanten Blick auf die Spätromantik unserer nordischen Nachbarn. Und es räumt auf mit der verbreiteten Ansicht, die Nordländer seien vor allem verschlossene Melancholiker, umfangen von uralten Sagen über Feen und Trolle.

Meine Konzertbesprechung  (3900 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


23.02.2019

Nun sind meine launigen Bemerkungen zu Fastnacht/Karneval im Rahmen der Monatskolumne "Quergedanken" endlich auch in der Printausgabe des mittelrheinischen Magazins "Kulturinfo" erschienen (dort war in der letzten Ausgabe versehentlich ein alter Text abgedruckt). Wer den Artikel noch nicht kennt und gern lesen möchte.

Quergedanken Nr. 168 "Mit Schmackes: Helolaulaaf! (hier)


22.02.2019

Fridays for Future, 22. Februar. Netzrundblick zu heutigen Aktionen, auf die Schnelle gefunden (leider oft ohne konkrete Teilnehmerzahlen, die meisten Medien sprechen für die meisten Orte von "hunderten" oder "einigen Hundert": Berlin (500), Düsseldorf (500), Heidelberg (700), Saarlouis (1000), Siegen (400), Heilbronn (500), Paderborn (500), Flensburg (500), Kleve (300), Koblenz (um 400, eigene Zählung), Traunstein (500), Paris (1400), Erlangen, Erkelenz, Greifswald, Balingen, Stuttgart, Anklam, Bregenz, Köln, Bochum, Hamburg, Münster, München ....


21.02.2019

Greta ist nicht die Ursache für diese inzwischen größte Schülerbewegung seit Kriegsende. Das Mädchen ist nur der Zündfunke dafür, dass eine Generation erwacht, um ihre schon länger latenten Sorgen mit Nachdruck öffentlich zu machen. Allen Bedenkenträgern, Meckerern, Verächtlichmachern wider deren Engagement sei vor Augen gehalten, was die jungen Leute im Kern eigentlich verlangen: "Tut endlich wirklich, was ihr auf euren Klimakonferenzen beschlossen habt. Und hört auf, eure eigenen Ziele immer bloß zu zerreden und die nötigen Maßnahmen zu ihrer Umsetzung hinauszuschieben auf St. Nimmerlein. Denn St. Nimmerlein wird dann unsere triste Gegenwart sein. Die Zeit läuft uns JETZT weg." Demonstration 22. Februar 2019 in Koblenz, 10 Uhr Zentralplatz


18.02.2019

Das bekannteste Element des Theaterstücks „Liliom“ steht nicht im 1909 uraufgeführten Drama, stammt nicht von dessen Autor Ferenc Molnár und spielt auch in der jetzigen Bonner Inszenierung keine Rolle. Es ist der Song „Komm auf die Schaukel, Luise“, 1931 von Karl Heinz Martin in seine Einrichtung des Stückes eingeführt und Hans Albers auf den Leib geschrieben. Dafür wird im Godesberger Schauspielhaus kräftig gerockt und gerollt, beides buchstäblich: laut und auf Rollschuhen. Einige der szenischen Effekte sind im Sinne eines modernisierenden Zugriffs auf das Stück ganz passabel, andere bloßer Firlefanz, der intensivem Charakterschauspiel eher im Wege steht. Mein Urteil fällt zwiespältig aus.

Meine Premierenbesprechung (3900 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


15.02.2019 (Aktualisiert am 16.2., 10.30 Uhr)

FRIDAY FOR FUTURE 15.2., mein schneller Netzrundblick auf Aktionen heute. Gefunden dies (die Medien geizen leider etwas mit lokalen Teilnehmerzahlen): Für Deutschland pendeln die Zahlen zwischen 10 000 und 20 000 insgesamt. Die größten Demos gab es diesmal wohl in Darmstadt (bis 2000) und Stuttgart (um 1000). Weitere örtliche Aktionen zB in Mainz (500), Frankfurt (500), Borken (300), Marburg, Kassel, Waltrop, Friedrichshafen, Kiel, Hiddenhausen, Wiesbaden, Mannheim... Interessant der Blick in die Schweiz, wo gerade Schulferien sind (also nix mit "die wollen bloß schwänzen"): Bern (2000) plus größere Aktionen (leider ohne Zahlenangaben) in Zürich, Basel, Schaffhausen, St. Gallen. In Brüssel wieder ca. 10 000. Die teilnehmerstärksten österreichischen Demos gab's wohl in Graz (bis 2000) und Wien (?). Weitere Aktionen soll es gegeben haben in Großbritannien (landesweit mehr als 10 000), Italien, Skandinavien und Australien.

***

seufz* Die am Freitagmorgen erstellte To-do-Liste fürs Wochenende und die Folgetage signalisiert: Langeweile fällt aus. Heute Premiere "Liliom" in Bonn > Kritik schreiben. Dann Vorbereitung auf Vortrag vor und Gespräch mit ca. 90 jungen Leuten am Montag über "Zeitgeist - Was ist das überhaupt? Was macht der mit uns? Und können wir ihm ggf. widerstehen?". Dann: Feinschliff am Vortrag "Marx & Raiffeisen" für öffentliche Veranstaltung am Donnerstag (21.2., 20 Uhr) Haus Felsenkeller Altenkirchen/WW. Und sowieso: Hinterm Haus und im Wald warten Berge von Brennholzrohlingen für den übernächsten Winter auf Weiterverarbeitung. Sie müssen sich wohl noch etwas gedulden.


13.02.2019

Endlich. Meine neue Website (diese hier) ist auf dem Weg ins Netz.


10.02.2019

Das Arp Museum in Remagen-Rolandseck startet mit zwei Ausstellungen in seine 2019er-Saison, die unterschiedlicher kaum sein könnten. In der klassischen Abteilung, der Kunstkammer Rau, sind vier Dutzend altmeisterliche Werke des italienischen Barock versammelt. 34 davon stammen aus der US-amerikanischen Sammlung Haukohl. Im Künstlerbahnhof präsentieren die aktuellen Balmoral-Stipendiaten ihre Arbeiten zum Thema „Gestaltung der Zukunft“. Obwohl beide Werkgruppen formal und ästhetisch himmelweit auseinanderliegen, findet sich manche Parallele: beim Blick auf die Unsicherheit des Menschseins in unbegreiflichen Welten.

Meine Ausstellungsbesprechung (5400 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


09.02.2019

Eine Frau und ein Mann haben sich gefunden. Sie schreiten dem auf der Hinterbühne aufflammenden Weißlicht entgegen. Je heller das wird, umso unsichtbarer das Paar. Mit diesem Bild des Verschwindens endet die jüngste Tanzproduktion am Staatstheater Mainz. „Twist“ ist die Choreografie des US-Amerikaners Victor Quijada betitelt. Der hat sich für seine erste Arbeit in Europa die tanzmainz-Compagnie ausgesucht. Und ist damit gut gefahren.

Meine Uraufführungskritik (3600 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


07.02.2019

Die jüngste Äußerung aus Scheuers Bundesverkehrsministerium besagt: Man wird an den Bau einer Eisenbahn- Entlastungstrasse für die beiden Hochfrequenzstrecken durchs enge Mittelrheintal überhaupt erst dann einen Gedanken verschwenden, wenn das Güterzugaufkommen sich dort verzehnfacht hat. Wer die schon jetzt entnervende Masse des Zugverkehr im Unesco-Welterbetal nur mal ein paar Tage genossen hat, kommt zwangsläufig zu dem Schluss: Die sind irre, die Scheuers. Angesichts dessen und aller anderen Äußerungen der letzten Tage aus dieser Ecke, schoss mir folgender Gedanke durchs Hirn:

Wäre der Herr Scheuer seit 40 Jahren Verkehrsminister, wir hätten wohl noch immer keinen 3-Wege-Kat und kein bleifreies Benzin. Es gäbe kein Tempolimit 100 auf Landstraßen, weder Tempo-30-Zonen noch verkehrsberuhigte Straßen und Spielstraßen. Es wäre nie eine Lärmschutzwand gebaut worden, dafür aber das gesamte Autobahnnetz 6- bis 10-spurig ausgebaut. Wir wüssten bis heute nicht, dass so etwas wie Fahrradwege ǘberhaupt möglich ist, und wir hätten keine einzige Messstation für Luftqualität im Land..... Gewiss, das sind Spekulationen, aber durchaus keine abwegigen - angesichts der denkerischen Grundmaximen, die dieser Herr Tag um Tag erkennen lässt.


06.02.2019

Karl MARX und Friedrich Wilhelm RAIFFEISEN: Das Jubiläumsjahr 2018 für die zwei bedeutenden Rheinland-Pfälzer mit weltweiter Wirkkraft ist zwar vorbei, doch mein vergleichender Vortrag über Leben und Werk der beiden macht weiter die Runde. Schließlich können wir von beiden noch immer jede Menge lernen und manche Anregung beziehen - just in einer Gegenwart, die offenkundig völlig orientierungslos ist und nicht weiß (oder Wllens ist), welche Weiche in welche Richtung sie jetzt stellen müsste oder sollte. Nächster Termin: 21. Februar, 20 Uhr, Haus Felsenkeller in Altenkirchen. Weitere Infos hier


04.02.2019

Kontrastprogramm für mich an diesem Wochenende. Foto1 (von Becci Staal): Gemütliche Lesung eigener launig-renitenter bis besinnlich-sinnlicher Texte bei der Umzugsfete des RLP-Kulturbüros am Samstagabend. Foto 2 (von Jürgen Greis): Finissage-Vortrag Sonntagvormittag vor großem Publikum zur Wortelkamp-Ausstellung im Landesmuseum Koblenz auf der Festung Ehrenbreitstein. Freude meinerseits über reichlich Zuspruch hier wie da.


03.02.2019

Heute endete auf der Koblenzer Festung Ehrenbreitstein und im dortigen Landesmuseum die Ausstellung "Erwin Wortelkampf. Wehrhaft - oder was gilt es zu verteidigen?" Die in eine Außenpräsentation quer über das Festungsgelände und eine Innenprästentation untergliederte Ausstellung bildete eine Querschnitt durch das Lebenswerk dieses wohl wichtigsten noch lebenden Vertreters zeitgenössischer Kunst in Rheinland-Pfalz. Zugleich öffneten viele der Exponate neue, ungewöhnliche Blickweisen auf den preußischen Militärbau der Festung, die heute als Kulturzentrum genutzt wird. Ich hatte die Ehre und das Vergnügen im Rahmen der heutigen Finissage vor vollem Haus einen etwa 15-minütigen Vortrag zu halten unter dem Titel "Die Kunst des Erwin Wortelkamp: Schule des Sehens und Aufforderung zur Widerständigkeit".

Hier das Redemanuskript meines Vortrags
(freier Lesetext)

29.01.2019

Nein, ich schrieb noch nie gerne "Verrisse". Der letzte liegt schon eine ganze Weile zurück. Lieber wäge ich - je älter umso mehr - bei Bühneninzenierungen, Konzerten, Büchern besser und schlechter gelungene Momente gegeneinander ab. Manchmal aber geht es nicht anders, da muss die Kritikerfeder einfach giftig zustechen. Wie jetzt hinsichtlich der Wiesbadener Inszenierung von Shakespeares "Was ihr wollt". Denn da saß ich zähneknirschend in der Premiere, musste 140 Minuten fassungslos zusehen, wie diese sprachlich und psychologisch eigentlich so wunderbar gewobene Komödie zum krachledernen Lachevent kaputt gespielt wurde.

Meine Premierenkritik
(4000 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


28.01.2019

Mit kräftigem, herzlichem Applaus nebst etlichen Bravorufen endet das sechste Anrechtskonzert des Musik-Instituts in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle. Der Zuspruch gilt dem jetzt zweiten Gastauftritt des Beethoven Orchesters Bonn unter dem Dirigat seines neuen Generalmusikdirektors Dirk Kaftan. Der 48-Jährige hat im Herbst 2017 die Leitung des Bonner Klangkörpers übernommen – zeitgleich mit dem Amtsantritt des 45-jährigen Garry Walker als Chefdirigent der Rheinischen Philharmonie in Koblenz. Solist des Abends war der Oboist Albrecht Mayer, einer der besten in seinem Fach weltweit.

Meine Konzertbesprechung
(3900 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


26.01.2019

Kuddelmuddel diesmal mit meiner Monatskolumne "Quergedanken". Die Gesamtauflage des mittelrheinischen Magazins "Kulturinfo" für den Februar ist gedruckt, da kriegt der Herausgeber schier den Herzkasper, denn: Auf Seite 2 stehen statt der neuen "Quergedanken" nochmal die alten vom Vormonat. Wie kann das passieren? Wo Menschen zugange sind, gibt es nichts, was es nicht gibt.  Jüngst hat ein Börsenhändler wegen eines Fingerzitterns per falschem Knopfdruck mal eben 40 Milliarden Dollar in den Orkus geschickt. Man sah auch schon Bundeskanzler die TV- Neujahrsansprache des Vorjahres halten. Und selbst so manche angesehene Zeitung hatte  angelegentlich verstaubte Seiten druckfrisch erneut im Blatt.

Ausnahmsweise ist der Autor völlig unschuldig an dem Malheur - darf sich deshalb von Herausgeber und Grafiker zum Schmerzensumtrunk eingeladen sehen. Was nun? Die richtige, also aktuelle Kolumne wird jetzt über die online-Ausgabe des Kulturinfo und meine eigenen Netzkanäle (s.u.) verbreitet. Gedruckt erscheint sie erst in der März-Ausgabe. Die kommt dann gerade noch rechtzeitig zum Schwerdonnerstag heraus - was passt , da es in diesen "Quergedanken" um Narretei-Geschichte geht.

Quergedanken Nr. 168
Mit Schmackes: Hellolaulaaf!


21.01.2019

Habe mir sämtliche Argumente allüberall gegen Tempolimit betrachtet und darüber nachgedacht. Komme zu dem Ergebnis, dass schlussendlich nur ein einziges Argument übrig bleibt, dass sich nicht sachlich widerlegen lässt, sondern nach einer Prioritätenentscheidung verlangt: "Ich will schnell fahren (dürfen)."

Es wird einige Millionen Autofahrer geben, für die dieses Bedürfnis herausragende Bedeutung hat. Unter ihnen wiederum dürfte es etliche geben, denen Klimawandel völlig wurscht ist oder die ihn leugnen. Mit solchen Zeitgenossen ist eine Diskussion über Tempolimit sinnlos. Unter den Tempolimitgegnern gibt es aber wahrscheinlich noch viel mehr, die den Klimawandel doch für ein ernstes Problem halten. Und mit diesen lohnt die Diskussion um eine Prioritätenentscheidung.

Wobei dann alle Diskutanten sich vor Augen halten sollten: Tempolimit und Verkehr sind nur eine von sehr vielen Stellschrauben an all denen wir werden drehen müssen, um für uns, vor allem aber für unsere Kinder und Enkel eine lebenswerte Lebenssphäre in den Städten und auf dem Land wieder zu herzustellen bzw. zu erhalten.


19.01.2019

Kopfschütteln bei der gemütlichen Zeitungslektüre am Samstagmorgen. In Deutschland ist eine neue Tempolimit-Diskussion ausgebrochen - die neunte seit den Ölkrisen der 1970er. Während seither fast alle Länder Europas, ja rund um die Welt vernünftigerweise ihr Autobahntempo auf 90 bis 130 km/h begrenzt haben, erhebt sich hierzulande sofort wieder mit den immergleichen unsinnigen Argumenten das immergleiche Gezeter dagegen. Muss sich da noch jemand wundern, dass unsere Kinder am Willen der Erwachsenen zum Erhalt eines auch für sie noch lebenswerten Planeten (ver)zweifeln und zornig auf die Straßen ziehen? Sie sehen doch, dass es mit dem Klimaschutz nichts werden kann, wenn die Alten nichtmal so eine läppische, simple, obendrein kostensparende und Verkehrsopferzahlen reduzierende Tempobegrenzung auf 130 km/h hinkriegen.


18.01.2019

Die Bundesrepublik Deutschland wird im Januar 2020 bei der Unesco den Antrag einreichen, die Schum-Stätten von Speyer, Worms und Mainz in die Weltkulturerbe-Liste aufzunehmen. Dies ist der seit 2006 verfolgte Plan, an den sich in Rheinland-Pfalz große Hoffnungen knüpfen auf Anerkennung seiner ältesten und bedeutendsten Relikte jüdischen Lebens als Welterbe. Im Landesmuseum Mainz präsentierten jetzt Wissenschaftler und Landesvertreter den Stand der Vorbereitungen ein Jahr vor Antragstellung.

Mein Bericht
(4800 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


16.01.2019

Weil die Sonne in die Schreibstube scheint, habe ich eben mal die Nase rausgestreckt und staune nicht schlecht: Die Vögel machen Konzert als sei Ende März; quer über die Wiese und in allen Außentöpfen recken Krokusse und anderes Pflanzengezücht reichlich mit Macht die Hälse aus der Erde. Es riecht nach Frühling, das ist schön. Aber es riecht auch etwas falsch - jetzt, Mitte Januar.


14.01.2019

In Mainz hatte jetzt eine Bühnenfassung von Hans Falladas Roman „Kleiner Mann – was nun?“ Premiere. Damit thematisiert das dortige Staatstheater ein wesentliches Moment der aktuellen gesellschaftspolitischen Verwerfungen: die Angst der Mittelschicht vor sozialem Absturz. Die Inszenierung von Alexander Nerlich nimmt sich immerhin drei Stunden und 15 Minuten Zeit, nicht nur den während der Wirtschaftskrise zum Ende der Weimarer Republik spielenden Hauptstrang der Handlung nachvollziehbar in Szene zu setzen. Besonderes Augenmerk gilt einigen (kapitalistischen) Mechanismen, die alle Bemühungen des Johannes Pinneberg und seiner Frau Lämmchen um bescheidenes Lebensglück aushebeln. Ein langer Abend, der jedoch nie langweilig wird.

Meine Premierenbesprechung
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


11.01.2019

Es sagt sich vom derzeit schneearmen bis schneelosen Westen und Norden Deutschlands aus leicht: "Es ist Winter, da gibt's halt Schnee. Was also soll die Aufregung da mit Bayern und Österreich?" Wenn du nicht mehr zur Arbeit kommst und die Kinder es nicht mehr zur Schule schaffen, wenn auf deinem Hausdach 150 oder mehr Zentimeter Schnee liegen und es knirscht im Gebälk, wenn dein Landratsamt den Notstand ausruft und sogar die Armee zum Schneeräumen anrückt ... Dann, ja dann sieht die Sache anders aus. Und: Den jetzt Betroffenen wird der Hinweis "die sind viel Schnee doch gewohnt" so wenig gerecht, wie ein entsprechender Hinweis bezüglich Hochwasser den Anwohnern an Rhein, Mosel und Co gerecht würde, wenn die sich mit einer überdurchschnittlich starken Flut herumschlagen müssten.


09.01.2019

Nachdenken. Ich versuche, mir vorzustellen, wie das ist: Du hast einige zehntausend Follower auf Facebook und Twitter, die dich jedesmal, sobald du irgendeinen Pups loslässt, sofort gleichermaßen mit Jubel überschütten, mit Kommentaren eindecken, mit Shitstürmen heimsuchen. Der Politiker Robert Habeck fragte sich nun: Was macht das mit mir?

Anmerkung zum Rückzug von Habeck aus Facebook und Twitter
(freier Lesetext)


02.01.2019

Nunmehr zum 20. Mal das erste Lebenszeichen von mir jeweils am Jahresbeginn: Mein ganzseitiges Neujahrsessay, publiziert von der Rhein-Zeitung traditionell am ersten Werktag des neuen Jahres auf einer Seite "Kultur extra". Heuer ist das Thema "Heimat" und das schon mehr als 150 Jahre andauernde Ringen um die Deutungshoheit über den Heimatbegriff zentraler Gegenstand der Betrachtung.

 Heimat - Das ewige Sehnen nach Geborgenheit. Nichts hat unsere Lebensweise so verändert wie der „Fortschritt“
(12100 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

18.12.2018

So. Das war's von mir für dieses Jahr. Für ein Weilchen ziehe ich mich nun von der Welt und aus dem Netz zurück. Bis Freitag gilt es noch, in stiller Konzentration das Neujahrsessay 2019 fertigzustellen. Danach herrschen hier bis Anfang Januar Betriebsruhe und Seelenfrieden. Als kleine Wegzehrung sei deshalb etwas verfrüht die jüngste Ausgabe meiner Monatskolumne "Quergedanken" als Lektüre zur Vorbereitung auf den Jahreswechsel angeboten.

Ich wünsche nun allerseits behagliche Feiertage nebst einem guten Rutsch ins neue Jahr.

Quergedanken Nr. 167:
Vorsatz für 2019: Gas wegnehmen

(freier Lesetext)


18.12.2018

Tief im Archiv bin ich auf eines meiner Neujahrsessays gestoßen, das mir gar nicht mehr in Erinnerung war - obwohl es nach Erscheinen am 3. Januar 2005 einigen Disput zur Folge hatte. Entstanden zu einer Zeit, da George W. Bush US-Präsident war und Osama bin Laden der globale Terrorist Nr.1, haben etliche grundlegende Erwägungen dieses Textes Aktualität behalten, ja noch hinzugewonnen. FREIER LESETEXT.

2005-01-03: Neujahrsessay
Das Erbe der Aufklärung ist in Gefahr


17.12.2018

Koblenz macht derzeit bundesweit Schlagzeilen: Mit einem von CDU, FWG und AFD herbeigeführten Stadtratsbeschluss zur - Schwimmbadordnung. Der verbietet de facto fortan das Tragen von Burkinis im städtischen Bad. Islamophobie? I wo, mitnichten, wo denkt ihr hin. (Scheinheilige wie abstruse) Offizialbegründung: Die Körper der Badenden müssten vom Aufsichtspersonal wegen möglicher Krankheiten, Hautauschläge, Wunden einsehbar sein. Die Neoprenanzüge der Sportschwimmer/-taucher sind davon allerdings ausgenommen.

Ich will die Fülle der Argumente für und wider hier nicht nochmal aufrollen, das Netz ist voll davon. Es seien nur zwei Blickwinkel hinzugefügt, die dort bislang kaum eine Rolle spielen:

1. Wäre die Sache nicht so bedenklich, könnt' man sich wegschmeißen vor Lachen. Denn der Bikini ist jetzt offenbar die Rüstung des abendländischen Heerzuges gegen die vermeintliche Islamisierung unserer Schwimmbäder. Noch in meinen jungen Jahren galt der knappe Zweiteiler den gleichen Kämpen freilich als moralischer Untergang des Abendlandes.

2. Der Burkini ist m.E. die erste wirklich interessante Innovation westlicher Bademoden seit Jahrzehnten. Durchaus ein bisschen Retro, insofern er die Ganzkörperbadeanzüge für Frauen und Männer aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schnittig überarbeitet ins 21. holt.


16.12.2018

Rückblick-Reihe auf frühere Neujahrsessays:
Für mein 2013er Essay trat ich der allzeit aktuellen Frage näher: Welche Bedeutung hat Kunst/Kultur, haben musisches Tun und Erleben für die Entwicklung der Menschheit? Sind sie nur hübsches, unterhaltsames Feierabend-Beiwerk zum Leben, dessen essentieller Fortschritt sich indes seit jeher primär auf den Feldern des Überlebenskampfes und sachlichen Erkenntnisgewinns vollzieht, also in Ökonomie und Wissenschaft? Nein, so war es nie und ist es nicht, vielmehr gilt sei jeher: .... (siehe Überschrift unten). > FREIER LESETEXT

2013-01-02 Neujahrsessay:
Ohne den Kuss der Musen kann es keinen echten Fortschritt geben

***

Das Hirn ist ein seltsames Organ. Da spült es mir beim Mittagessen völlig unvermittelt und anlasslos aus den tiefsten Gedächtnisbereichen eines der frühesten Lieder der Anti-AKW-Bewegung an die Oberfläche. Und gleich noch eine komplette Strophe - das mir, der ich eigentlich keine zwei Gedichtzeilen behalten kann. Die Strophe geht so:
"Im Elsass und in Baden war's lange große Not / da schlugen wir im Krieg für unsere Herrn einander tot. / Jetzt steh'n wir hier zusammen in Whyl und Marckolsheim / und halten dort gemeinsam eine ANDERE Wacht am Rhein. // Auf welcher Seite stehst du, he, / hier wird ein Platz besetzt. / Hier schützen wir uns vor dem Dreck / nicht morgen, sondern jetzt."


15.12.2018

Sapperlott! Am Mittwoch hatte ich meine Monatskolumne "Quergedanken" fertig. Sie erscheint nächste Woche unter der Überschrift "Vorsatz für 2019: Gas wegnehmen". Ich war mit der Themenwahl recht zufrieden; dachte, das ist ganz originell, denn nur wenige Medien werden derzeit auf "Entschleunigung" herumreiten. Denkste! Am Donnerstag ist DIE ZEIT erschienen mit der Titelschlagzeile "Fluch der Geschwindigkeit" - und auch hier auf FB steckt in vielen der frühen Feiertagsgrüße die Ermunterung, der beschleunigenden Gegenwart Besinnung, Ruhe, Langsamkeit entgegen zu setzen. Auch gut: Wenn ich schon nicht originell bin mit demThema, so habe ich wenigstens den Finger am Puls eines offenbar weithin als brennend empfundenen Gegenwartsproblems.


14.12.2018

Sechs Ausstellungen avisiert das Arp Museum für 2019. Stand die Saison 2018 unter dem Motto „Farbenrausch“, so heißt die programmatische Überschrift für das neue Ausstellungsjahr „Sammlungen“. Das Museum in Remagen-Rolandseck wirft einmal mehr drei zum eigenen Bestand gehörende Sammlungen in die Waagschale, die im kommenden Jahr mit der amerikanischen Haukohl Family Collection und der More Sky Collection zusammentreffen. Die Saison startet am 10. Februar mit einem Rückblick auf die florentinische Barockkunst zur Medici-Zeit. Parallel präsentieren die internationalen 2018er Stipendiaten des Künstlerhauses Schloss Balmoral Bad Ems ihre Schlussarbeiten, die unter der Themenvorgabe: „Gestaltung der Zukunft“ entstanden. Im März kommt dann eine umjfangreiche Schau zum Oeuvre Otto Pienes hinzu.

Mein Vorschau-Bericht
4500 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent


11.12.2018

Rückblick-Reihe auf frühere Neujahrsessays:
Noch geprägt von Verlauf und Auswirkungen der Finanzkrise 2008/2009  sowie den damals aktuellen Forschungsergebnissen über die Weltbevölkerung und das Fortschreiten des  Klimawandels, entstand mein 2012er Neujahrsessay (veröffentlich am 2. Januar 2012 in der Rhein-Zeitung).  Wesentliche Grundaussagen des Textes haben ihre Gültigkeit bis heute behalten, auch wenn jüngere Entwicklung wie Migrationsfrage oder vermehrtes Aufkommen rechtspopulistischer Bewegungen/Regierungen darin noch kaum eine Rolle spielen (können).

2012-01-02 Neujahrsessay (freier Lesetext):
Wachset und mehret euch bloß nicht noch weiter - Wir stecken mittendrin in einem gewaltigen Epochenumbruch


10.12.2018

Während der Generalprobe wurde klar: Klarinettenstar Sharon Kam ist zu krank, um am selben Abend beim fünften Anrechtskonzert des Musik-Institut Koblenz mit der heimischen Philharmonie auftreten zu können. Nun liefen die Drähte heiß. Ein Ersatz musste gefunden, der frei ist, der die Klarinettenkonzerte von Aaron Copland und Artie Shaw drauf hat und der binnen fünf Stunden in Koblenz sein kann. Um 15 Uhr sprang Dimitri Ashkenzy in Basel in den Zug. Würde die Deutsche Bahn ihn fahrplanmäßig und so gerade noch pünktlich zum Konzertbeginn in Koblenz abliefern? Tat sie nicht. Es kam dennoch zu einem umjubelten Auftritt des "Ersatzsolisten".

Meine Konzertbesprechung
4200 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent


07.12.2018

Auf Vorschlag zweier Freunde stelle ich eine kleine Artikelreihe zusammen mit einer Auswahl meiner früheren (kostenfreien) Neujahrsessays. Bis Weihnachten werde ich hier und auf meiner website in loser Folge einzelne dieser Texte zur Lektüre empfehlen, die in Teilen oder als Ganzes Bezüge zu noch aktuellen Entwicklungen/Diskursen haben. Nach dem vorgestrigen Hinweis andernorts auf das 2016er Neujahrsessay "Veränderung ist der historische Normalzustand" heute nun zusätzlich der Aufsatz vom Januar 2014.

2014-01-02 Neujahrsessay:
Die Neuvermessung des Menschlichen.  Zwischen Entschleunigung und Selbstoptimierung

(freier Lesetext)

2016-01-02 Neujahrsessay:
Veränderung ist der historische Normalzustand

(freier Lesetext)


06.12.2018

Ach Kinners, was ein nikoläusiges Durcheinander allenthalben - nur weil die eigentlichen Urspünge mancher Gebräuche in Vergessenheit geraten sind. KINDERN mit Ruprechts Rute zu drohen, sie gar damit zu schlagen, ist nicht nur heute unzeitgemäß, sondern auch historisch eine sehr junge Unsitte. Ureigentlich (mittelalterliche Tradition, anknüpfend an keltisch-germanisches Brauchtum) wurde der RutenSTREICH zwischen die Beine erwachsener Frauen und Männer geführt, auf dass er deren Zeugungskraft stärke = Fruchtbarkeitsritual. Back to the roots!


04.12.2018

Manchmal gibt es so Situationen, die braucht man nicht wirklich. Gestern (So) widerfuhr mir dies: Nach fünf Stunden schreiberischen Ringens war am frühen Nachmittag die Kritik zur Samstagspremiere am Theater Koblenz im Kasten. Hernach ein Schläfchen, dann ein Käffchen als Pause vor dem nächsten Einsatz: Uraufführung von "Mut und Gnade" in der Regie von Luk Perceval im Bockenheimer Depot zu Frankfurt. Dafür so gegen 16.15 Uhr noch geschwind ein Blick ins Internet auf die Besetzungsliste. Aus dem Augenwinkel plötzlich die Schweißausbrüche hervorrufende Wahrnehmung: "Vorstellungsbeginn Sonntag 18 Uhr" - nicht, wie normalerweise, 19.30 Uhr.

Ich also im häuslichen Räuberzivil ins Auto gestürzt und mit Karacho auf die A3, um die 110 Kilometer von Haustür zu Parkhaus runterzureißen. Fünf Minuten vor Vorstellungsbeginn stand ich japsend und entnervt zwischen entgeisterten bis ungehaltenen Leuten vor der Theaterkasse. Dort rief eine sichtlich nicht minder entnervte junge Mitarbeiterin des Hauses den Wartenden wohl schon zum x-ten Male zu: "Die Vorstellung fällt aus!" Ein Schauspieler habe sich verletzt.

So kam es, dass ich den frühen Sonntagabend bei einer meiner "liebsten" Beschäftigungen verbrachte: Autofahren in Regennacht auf überfüllter Autobahn. Happy End: Schon gegen 21 Uhr lag ich daheim auf dem Sofa - umfangen von der Gnade des Schlummers und jeden Mutes enthoben.


03.12.2018

„Das hat viel Spaß gemacht.“ „Ein arger Klamauk.“ So zwei Besucher der Premiere von „Der Diener zweier Herren“ am Theater Koblenz. Beide Zuseher liegen richtig, mögen sie den zweieinhalbstündigen Abend auch fast gegensätzlich empfunden haben. Darin spiegelt sich jenes Problem, das die Neuzeit mit der alten Theaterform der Commedia dell'Arte seit jeher hat. Und Regisseur Kai Festersen hielt sich bei seiner Umsetzung von Carlo Goldonis Komödie ziemlich eng an die Manier des einstigen Jahrmarktstheaters.

Meine Premierenbesprechung
4350 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent


02.12.2018

Das schönste Geschenk zum Dezemberbeginn: Erstmals SEIT APRIL gibt es in meinem Refugium wieder mehr Niederschlag als nur ein bisschen Getröpfel für ein paar seltene Minuten. Fast 10 Stunden währt nun schon ein wunderbarer Landregen - die ausgetrocknete Natur säuft und säuft und säuft.


01.12.2018

Beim gemütlichen Blättern durch die samstägliche Frühstückszeitung gewann ich bald den Eindruck: Sehr viele Weihnachtsmärkte heißen gar nicht "Weihnachtsmarkt", sondern tragen offenbar schon eine ganze Weile lokal spezifische Namen wie Pfefferkuchenmarkt, Knuspermarkt, Sterntalermarkt, Striezelmarkt, Printenmarkt, Lebkuchenmarkt, Christkindlmarkt... Forscht man ein bisschen nach, findet sich: Mancherorts gab es Vorläufer als Wintermarkt resp. "Fleischmarkt" von Handwerkern und Bauern schon im Mittelalter. Zum schier flächendeckenden - und pittoresk unterhaltsamen - Vorweihnachts-Phänomen wurden die Weihnachtsmärkte allerdings erst im 20. Jahrhundert, teils erst in den letzten drei Jahrzehnten.

26.11.2018

Obacht geben, Leute!
Seit einiger Zeit werde ich ein- bis dreimal wöchentlich von einer angeblichen oder tatsächlichen "Development"-Stelle der Firma Windows angerufen. In englischer Sprache (!) erzählt mir jemand von Problemen in meiner Windows-Konfiguration - will mir also etwas vom Pferd erzählen. Denn: Ich habe in meiner gesamten Elektronik genau Null ( 0!! ) Windowsanwendungen. Also laufen diese Anrufe auf irgendeine miese Tour hinaus. Ergo: Sogleich auflegen.


25.11.2018

Man kann die abendländischen Feste und Feiertage des Winterhalbjahres fast alle AUCH auf Traditionslinien   zurückführen, deren Urspünge weit vor der Christianisierung liegen. Danach würde sich der Festtagskalender für diese Jahreshälfte etwa so lesen:
Erntedank >Rübengeistern, Traulichtern, Samhain, Halloween (= Allerheiligen) > Rauhnächte, Mittwinter, längste Nacht (= Weihnachten) > Winteraustreibung, letzter Schmaus (Karneval) > Frühlings- und Fruchtbarkeitfest (Ostern).  Meine  Monatskolumne "Quergedanken" wirft mal einen launigen Blick auf die alten Bräuche und darauf, wie es um sie heute steht, seien sie christlichen oder vorchristlichen Ursprungs.

Quergedanken 166: Brauchtumspflege im Schlamassel
(freier Lesetext)


24.11.2018

Allfällige Verspätungen, desolate Zustände, Chaos beim größten Transportunternehmen Mitteleuropas, der Deutschen Bahn. Unser Eisenbahnsystem ist so störanfällig wie in keiner Generation zuvor, die Fahrpläne sind so unzuverlässig wie nie. Und jetzt die Kapitulation der Bahnmanager: Sie kriegen den für 2018 versprochenen Abbau der 30-prozentigen Verspätungsrate nicht hin.

Mein Kommentar zur Lage bei der Deutschen Bahn
1900 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent


23.11.2018

Eine Stunde nur dauert die jüngste Tanzproduktion am Staatstheater Mainz. Aber es ist eine beglückende Stunde. „Nothing“ nennt sich die vom israelischen Choreografen Roy Assaf mit der tanzmainz-Compagnie kreierte Arbeit. Doch die ist alles andere als ein Nichts. Sie steckt voller Witz, Sinnlichkeit, Lebensfreude sowie tänzerischer Leistungen auf sehr hohem Niveau. Sieben Frauen und sieben Männer in Badeanzügen und -hosen tanzen, plappern, singen eine sprühende Dichte von Bildern, Szenen, Sequenzen über Menschliches und Allzumenschliches.

Meine Besprechung der Uraufführung
3900 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent

 


21.11.2018

Autsch'n! Sapperlott, da kriegst du doch die Motten! Es haben sich zwischen die Ofenscheite in meinem Holzlager etliche Wespen vor dem Winter zurückgezogen. Die sind zwar völlig erstarrt und teils auch schon mausetot - aber stechen tun sie noch immer.


20.11.2018

Gestern (Mo) schöne, interessante, gut besuchte Veranstaltung "200 Jahre Marx und Raiffeisen. Große Ideen für die kleinen Leute" in Weyerbusch/WW erlebt. Sehr aufmerksames Publikum beim Kooperationsabend von DGB und Friedrich-Ebert-Stiftung. Mein Vortrag über Gemeinsamkeiten und Gegensätze zwischen dem revolutionären Kapitalismusanalytiker aus Trier und dem christlichen Genossenschaftspionier aus dem Westerwald bekam ordentlich Beifall und ich nachher allerhand persönlichen Zuspruch.

Ich werde 2019 wohl noch mehrmals bei anderen Veranstaltern zu diesem Thema sprechen. Ein Vortragsabend steht bereits fest: 21. Februar Altenkirchen/Haus Felsenkeller. Im Gespräch, aber noch nicht festgezurrt, sind Vorträge in Koblenz (Landesmuseum Festung Ehrenbreitstein) sowie in Trier. Falls irgendwo mich noch jemand für dieses Thema 2019 engagieren möchte: Bitte bald bei mir melden, auf dass wir Termin und Honorar aushandeln können.


19.11.2018

Manchmal ist das Netz doch ein seltsamer Raum. Seit etwa drei Monaten erzielt auf meiner eigenen Website ein bereits 2016 dort publiziertes Manuskript eines meiner Vorträge tagtäglich die höchste Zugriffsquote. Thema: "Völkerwanderungen - Migration als historischer Normalfall". Was mich irritiert: Gute zwei Jahre lang wurde der ziemlich lange Text nur ganz vereinzelt aufgerufen, plötzlich aber greifen pro Tag Dutzende Leute zu.

Wen das Thema interessiert:
Hier geht es zu diesem Vortrag = freier Lesetext.


17.11.2018

In jüngeren Jahren und heuer ganz besonders sind unglaublich häufig die herrlichsten Abend- und Morgeneröte zu beobachten. Durchs Netz strömt eine Flut von Fotos dieses wunderbaren Naturschauspiels. So schön das auch ausschaut, in der derzeitigen Fülle und Intensität sind die glühenden Himmel eher kein so gutes Zeichen. Weil: Sie zeugen auch von sehr viel Schmutzpartikeln in der Atmosphäre.


13.11.2018

Man muss aufpassen wie ein Schießhund. Diese Woche im Bioladen: Ich wollte mein seit vielen Jahren benutztes Brennessel-Shampoo von Logona kaufen. Gab's nicht mehr. Als ich zu Grummeln begann, setzte mich die Ladnerin über folgenden Umstand in Kenntnis: Die Naturkosmetikfirma Logona sei von Nestlé aufgekauft worden. Weshalb nun sie, die Ladnerin, Logona aus ihrem Sortiment genommen habe. Lob und Dank dieser Frau, denn mit den Gaunern von Nestlé will ich nichts zu schaffen haben, egal was sie verkaufen. Problem allerdings: Ich muss mir ein neues Shampoo suchen. Nun gut, bis ich was gefunden habe, muss halt meine Olivenseife auch für die Haare herhalten.

***

Doch ja, ich bin beunruhigt. Denn ein solches Trockenextrem ist mir hierzulande in 63 Lebensjahren noch nicht begegnet: Seit rund acht Monaten ist für die Landschaft rings um mein Wohndorf im Unterwesterwald kein nennenswertes Regenereignis mehr zu verzeichnen. Wenn es mal "geregnet" hat, erschöpfte sich das in wenigen Minuten Geniesel und Getropfe. Eine der sichtbarsten Folgen: Viele der hiesigen Nadelbaumbestände sind seit Spätsommer großflächig rostbraun geworden = vertrocknet, vom Borkenkäfer zerfressen, kaputt.


12.11.2018

Bei der hier avisierten Veranstaltung habe ich die Ehre, den Hauptvortrag zur halten.  Titel des Referats: "200 Jahre Raiffeisen und Marx: Was verbindet die beiden, was sind die Gegensätze. Ein philosophisch-politischer Diskurs."
Infos zu weiteren Programmpunkten, Beteiligten Ort, und Ablauf finden sich hier >>

***

Tschechischer Abend beim Musik-Institut Koblenz. Das 3. Anrechtskonzert führte jetzt drei Komponisten aus dem alten Kulturland am Übergang von West- zu Osteuropa zusammen. Alle drei sind sie im 19. Jahrhundert geboren und erlebten den Anfang oder die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts noch. Das Konzertprogramm präsentiert Leos Janacek, Bohuslav Martinu und Antonin Dvorak mit nicht alle Tage zu hörenden Werken – die aber per se und erst recht so, wie hier vom Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter Garry Walker gespielt, richtig Freude machen. Gastsolist war der britische Cellist Guy Johnston.

Meine Konzertbesprechung
3700 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent


10.11.2018

The European Balcony Project

Am heutigen 10. November wird aus Anlass des 100. Jahrestags der Beendigung des Ersten Weltkrieges und der Ausrufung mehrerer Republiken zeitgleich um 16 Uhr „von Balkonen in ganz Europa” ein „BürgerInnen-Manifest für die Europäische Republik” verlesen werden. Den Text haben die deutsche Politikwissenschaftlerin Ulrike Guerot und der österreichische Schriftsteller Robert Menasse unter Mitarbeit des Schweizer Regisseurs Milo Rau verfasst.

Die Aktion zB in KOBLENZ mit Django Reinhardt: Rathausbalkon, Willi-Hörter-Platz (Schängelbrunnen). In MAINZ: Balkon Staatstheater. Wie gesagt: 16 Uhr.


09.11.2018

Es mag drei Jahre her sein. Als ich eines Tages aus dem Wald zurückkam, fragte mich das auf der Gass' spielende kleine Nachbarsmädchen: "Hat du Schwildewein sehn?" Seither gibt es in meinem Revier sowie Waldschraten-Wortschatz die Spezies mit der reizenden Bezeichnung Schwildewein. Wie ich jetzt darauf komme? Nun, heute in dämmriger Früh bin ich draußen drei jugendlichen Vertretern dieser Art begegnet. Als sie meiner gewahr wurden, stoben sie erschrocken in wilder Hatz von hinnen. Im selben Schreckmoment entfleuchte mir der Spontanausruf: "Sakra, Schwildewein!"


08.11.2018

Ein bisschen Werbung in eigener Sache:
Den Freunden klassischer Musik und/oder lokaler  Musikgeschichte in Koblenz sei noch einmal mein im September erschienenes Buch "Aus Liebe zur Musik - Das Musik-Institut Koblenz im Lauf der Zeiten 1808 bis 2018" ans Herz gelegt. Inhaltlich - wie ich als Autor selbstredend finde - hochinteressiert, eignet es sich wegen seiner hochwertigen Aufmachung auch ausgezeichnet als Weihnachtsgeschenk (Hardcover im Schuber, Format 30 x 22 cm, 225 Seiten, reich bebildert, 25 Euro).  Den Buchhandelsvertrieb hat das Musik-Institut der örtlichen Buchhandlung Reuffel übertragen, über deren Internetshop  (www.reuffel.de) es auch von auswärts zu beziehen ist. Auch bei jedem Anrechtskonzert des Musik-Instituts (zB am morgigen Freitag, 9.11.) wird das Buch im Foyer der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle angeboten.

Leseprobe: Das Vorwort (hier)


07.11.2018

Für mich die interessantesten, auch erfreulichsten Faktoren bei den US-Zwischenwahlen: a) "Durchregieren" ist für Trump nicht mehr möglich wg. jetzt Repräsentantenmehrheit gegen ihn. b) Bei den Senatswahlen haben 44 Millionen für die Demokraten gestimmt, 33 Millionen für die Republikaner. Das macht Hoffnung - auch wenn Letztere dort dennoch zwei Sitze hinzugewonnen haben, was einer verzerrenden Eigenheit des US-Wahlrechts geschuldet ist. c) Noch mehr Hoffnung macht die Analyse des Stimmverhaltens nach Altersgruppen > 18- bis 24-Jährige = 68 % für die Demokraten; 25 bis 29 = 66 %, 30 bis 39 = 59 %, 40 bis 49 = 52 %. Erst in den Alterklassen ab 50 liegen die Republikaner vorn.

***

Der rheinland-pfälzische Kultursommer 2018 ist vorbei, die Vorbereitungen für den 2019er laufen. Das wird dann der 28. Jahrgang einer landeskulturellen Unternehmung sein, die noch unter Ministerpräsident Rudolf Scharping ins Leben gerufen wurde. Als einer ihrer zentralen Zwecke gilt seit jeher: Im Flächenland Rheinland-Pfalz die Versorgung des ländlichen Raumes und der kleinen Städte mit Kunst und Kultur zu stärken. Nun aber tritt ein Problem zutage: Ein beträchtlicher Teil derer, die seit vielen Jahren vor Ort zentrale Stützen des Kulturgeschehens sind, kommen ins Rentenalter. Zugespitzt formuliert: Dem Kultursommer droht eine ganze Generation erfahrener Partner wegzubrechen.

Meine Betrachtung zu dieser Problemlage
4500 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent


06.11.2018

Manchmal wundert es mich wirklich, dass sich auf unseren Hauptverkehrsstraßen und Autobahnen überhaupt noch was bewegt. Mittlerweile ist die Automobildichte derart hoch, das schon kleinste Unregelmäßigkeiten im Verkehrsfluss binnen Minuten zu beträchtlichen Stauphänomenen führen. Und ein nur mittelprächtiger Unfall auf einer Hauptader kann - wie heute vormittag in Mainz erlebt - den Verkehr einer ganzen Großstadt oder Region schier zum Erliegen bringen. Denkt man sich nun dazu, dass in Millionen Autos Millionen ganz verschiedener Individuen mit unterschiedlichen Fahrstilen, Verhaltensweisen, Fähigkeiten hinter dem Steuer sitzen und jedes jeden Moment unzählige bewusste und noch mehr unbewusste Einschätzungen, Entscheidungen, Handlungen vornehmen muss - ja dann kommt mir fließender Massenverkehr als Kollektivleistung fast wie ein Wunder vor.


05.11.2018

Das nun die zweite Spielzeit unter Leitung von Anselm Weber stehende Schauspiel Frankfurt hatte beim Autorenduo Lutz Hübner/Sarah Nemitz ein Stück in Auftrag gegeben. Brandheißes Thema: Was lässt unsere Gesellschaft auseinanderbrechen und macht die Populisten stark? Das Ergebnis heißt „Furor“ und stellte sich jetzt bei der Uraufführung als beklemmendes wie interessantes Kammerspiel vor, bei dem die Verfasser und der inszenierende Intendant einen Politiker, eine Krankenpflegerin und einen Paketboten in furios eskalierende Konfrontation treiben.

Meine Premierenkritik
4200 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent


02.11.2018

Bisweilen schreibt der Zufall die besten Geschichten. Just als im Landesmuseum Mainz das Nachdenken begann, wie der Wahlpfälzer Max Slevogt anlässlich seines 150. Geburtstages 2018 gewürdigt werden könne, sprach ein Privatmann vor. Sein Ansinnen: Man möge ein Gemälde aus seinem Besitz prüfen, das von Max Slevogt signiert sei. Echtheitsprüfung und Herkunftsrecherche ergaben eine kleine Sensation und führten zum Einstieg in eine Arbeit, aus der die jetzt in Mainz laufende hoch spannende Ausstellung „Ein Tag am Meer – Slevogt, Liebermann & Cassirer“ hervorgegangen ist.

Meine Ausstellungsbesprechung
4250 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent

31.10.2018

Gestern wurde ich in kleiner Plauderrunde gefragt: Glaubst du, es ist absehbar ein Maximum für den Stimmzuswachs der AfD erreicht, und wenn ja, wie hoch könnte das liegen? Meine Antwort: bei rund einem Fünftel der Wahlbeteiligten, also 20 % plus/minus 1 bis 2 %, bundesweit. Interessant die gegensätzlichen Reaktionen darauf: "So viel!?", entsetzt sich einer; "nicht mehr?" zweifelt ein anderer. Jeder wollte dann wissen, wie ich auf diese Zahleneinschätzung komme. Antwort meinerseits:

Das Fünftel setzt sich zusammen aus a) dem seit Jahrzehnten in soziologischen Untersuchungen immer wieder bestätigten latenten Potenzial rechtsradikaler Weltbilder und Denkmuster in der deutschen Bevölkerung, die jüngst an die Oberfläche drängen. Sowie b) aus jenen "Protestwählern", deren Bindung an Freiheitlichkeit und Humanismus labil genug ist, dass sie es über sich bringen, im Zorn über oder Angst vor dies und jenem ihre Stimme der autoritären, nationalistischen und antihumanistischen Rückschrittspartei zu geben.

Zudem gibt es erste Anzeichen dafür, dass die AfD zumindest in den West-Bundesländern dieses potenzielle Wähler-Rerservoir nahezu ausgeschöpft haben könnte. Bei den Wahlen in Bayern und Hessen konnten die Rechtsradikalen keine nennenswerten Stimmzuwächse mehr gegenüber der Bundestagswahl verzeichnen - trotz zahlloser Steilvorlagen durch den Groko-Kladderadatsch.


29.10.2018

Interessant, lehrreich und zugleich reich an musikalischem Genuss: Was im klassischen Konzertbetrieb durchaus nicht immer harmonisch zusammenkommt, darf das zweite Anrechtskonzert beim Musik-Institut Koblenz für sich in Anspruch nehmen. Werke von Debussy, Chopin und Strawinsky wurden vom Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter Garry Walker in der prall gefüllten Rhein-Mosel-Halle gespielt. Doch trotz der Komponisten Berühmtheit und ihrer etliche Generationen überspannenden Präsenz im Repertoire, sind zwei der drei Nummern hierorts live wohl noch nie gehörte Raritäten.

Meine Konzertbesprechung
(3700 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


28.10.2018

So, die Entscheidung ist gefallen: Mein traditionelles Neujahrsessay für die Rhein-Zeitung wird sich diesmal mit dem Thema "Heimat" befassen. Drei Arbeitstitel habe ich mir dafür verpasst: a) Was ist Heimat?; b) das Bedürfnis nach Geborgenheit; c) Die ewige Sehnsucht nach Arkadien. Eine erste schnell Umschau in jüngeren Einlassungen zum Themenfeld ergab: 1. Es gibt keine allgemeingültige Definition von Heimat. 2. Es gibt keinen wirklich vernünftigen Grund, den Begriff dem Konservatismus oder gar Rechtsradikalismus zu überlassen. 3. Heimat war/ist objektiv und subjektiv ein sich fortwährend wandelndes Phänomen.


27.10.2018

Beim entspannten Samstagsfrühstück geht mir unversehens dies durch den Kopf: Bisweilen ist es hilfreich und erhellend, mal ein paar Jährchen über die eigene Lebensspanne und die eigenen Lebensumstände, -gewohnheiten, -zwänge hinaus zu denken. Etwa in der Frage der E-Automobilität. Eigentlich weiß es jeder: Mittelfristig wird sie kommen, als Antriebsart den Straßenverkehr dominieren. Doch sobald ich daran denke, dass die Erdbevölkerung noch vor der Jahrhunderthälfte wohl die 9-Milliarden-Marke überschreiten wird und der derzeitige Entwicklungsmainstream allüberall in Richtung einer Automobilisierungsrate wie hierzulande tendiert, gelange ich zu dem Schluss: Die E-Automobilität ist keine geniale Zukunftstechnologie, sondern kann nur, als kleineres Übel, eine Übergangstechnik sein. Denn die kaum vorstellbare Größenordnung von 4 bis 5 Milliarden Autos weltweit würde - selbst wenn man alle dafür benötigte Energie ökologisch erzeugte - die Kapazitäten des Planeten auf diversen Ressourcefeldern einfach sprengen. Ergo: Das Individualautomobil als vorherrschendes Transportmittel bleibt so oder so eine entwicklungsgeschichtliche Sackgasse. Je früher man den Abschied davon ins Auge fasst und Alternativen entwickelt, umso gescheiter.


26.10.2018

*grübel* Genau besehen, steckt ein Großteil der Tourismuswirtschaft doch zusehends in einem argen Dilemma. Vor allem jener Teil, der sich auf Naturerlebnis, Ruhe, Wandern kapriziert. Ein USA-Reisender erzählte neulich von vermeintlich "einsamer Betrachtung des Sternenhimmels über der Wüste" - inmitten hunderter Gleichgesinnter, die um Abstellplätze für ihre Autos und gute Fotografierpositionen rangelten. Selbst habe ich etwa auf mittelrheinischen Wanderpfaden schon vermeintlich "besinnliche" Touren erlebt, die eher an Volkswanderungen erinnerten. Und auf so mancher alpenländischen Almhütte herrscht ein Betrieb wie in der Großstadt. Nun ist aber erklärtes Ziel fast aller Tourismusplaner/-wirtschaftler: Besucherzahlen steigern. Und das just zu einer Zeit, da immer mehr Leute Ruhe und ein Abseits vom Massengetriebe suchen. Die Katz beißt sich in den Schwanz.


25.10.2018

"Der Zusammenhang ist logischer als das Amen in der Kirche: Da unsere Lebenswelt durchdrungen ist von Plastikprodukten, landen deren Abrieb- und Zerfallspartikel auch im menschlichen Körper. Wie österreichische Forscher aktuell nachweisen, geschieht das nicht irgendwann, sondern eben jetzt weltweit. (...)"
So beginnt mein heutiger Kommentar auf Seite 2 der Rhein-Zeitung zur globalen Plastikkrise und Mikroplastik im menschlichen Körper.

Ganzen Artikel lesen hier
2100 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent


24.10.2018

So richtig herbstkühl ist es zumindest am Mittelrhein ja noch nicht, gleichwohl soll es in der nächsten Woche schon wieder wärmer werden. Sagen die berufsmäßigen Wetterauguren. Der vielfache Rekordsommer 2018 ist allerdings vorbei. Weshalb in meiner jetzigen Monatskolumne "Quergedanken" eine Bilanz gezogen wird - die unmittelbar übergeht  zur dieser Tage ringsumher eifrig erörterten Frage: Wie wird wohl der Winter? Freund Walter hat gegen diesbezüglich unergiebige Spekulationen einen sehr lebenspraktischen Tipp.

Monatskolumne "Quergedanken" Nr. 165
freier Lesetext


23.10.2018

Das spanische Stück von anno 1635 wird auf deutschen Bühnen nicht gar so häufig gespielt. Pedro Calderón de la Barcas „Das Leben ein Traum“ kann als Drama mit ausschweifenden Monologen in komplexer Versform zum langen und anstrengenden Abend werden. Am Staatstheater Mainz ist nun eine nur 105-minütige, kurzweilige Fassung zu sehen. Geschrieben und inszeniert hat sie der dortige Schauspieldirektor K. D. Schmidt.
Meine Premierenkritik 
(3400 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)

 


15.10.2018

Doch ja, ich habe die bayerischen Wahlergebnisse mit großem Interesse verfolgt. Da sie aber in der Tendenz seit längerem absehbar waren, überraschte und bewegte mich an diesem Wochenende ein anderes Ereignis wesentlich mehr: 40 000 Leute hatte man zur Demo  "#Unteilbar" in Berlin erwartet, weit über 200 000 sind gekommen.  Es ist gut, zu sehen, dass  Zug um Zug der liberale, weltoffene, humanistische Teil der Zivilgesellschaft sich aus seiner Schockstarre gegenüber dem vermeintlich unaufhaltsamen Roll-Back rechtsreaktionärer Tendenzen befreit. Nach der Devise, die ein "Zeit"-Kommentar heute ausgibt: "Es ist Zeit sich zu wehren. Wenn Hass um sich greift, müssen Demokraten auf die Straße."


03.10.2018

Das Stück ist 2476 Jahre alt und doch bis heute eine Säule des Welttheaters. Aischylos hatte „Die Orestie“ als Dreiteiler verfasst. Am Godesberger Schauspielhaus des Theaters Bonn sind davon jetzt nur zwei geblieben. In der interessanten Bearbeitung von Regisseur Marco Storman und Dramaturgin Male Günther fehlt die finale Gerichtsverhandlung zu Athen. Stattdessen flaniert die feine Gesellschaft umeinander, bestimmen heutige Fürsten aus Business und Politik das Zusammenleben nach ihrem Interesse - und schließt der Abend mit der Frage: "Endet er nie, der Fluch".

Meine Premierenkritik
(3900 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


01.10.2018

Bei einer Archivrecherche stieß ich zufällig auf eine Analyse, von mir geschrieben vor genau zehn Jahren zum Ergebnis der damaligen Bayernwahl. Im Vorspann hieß es: "Die Erosion der beiden Volksparteien schreitet voran. Was die Frage aufwirft, ob Union und SPD nur vorübergehend etwas indisponiert sind, oder ob die politischen Großtanker sich vielleicht überlebt haben." Es gibt in diesem Text eine Sache, bei der ich mich prognostisch geirrt habe: Ich erkannte zwar den Leerraum, der beim In-die-Mitte-rücken rechts von der Union entsteht, erwartete aber die Herausbildung einer neuen rechtsbürgerlich-konservativen Partei. Dass sich der Rechtsradikalismus dort einnisten würde, schien mir undenkbar.

Hier der alte Artikel in Gänze (freier Lesetext)
2008-09-30 Analyse:
Nach der Bayernwahl: Sind die großen Volksparteien ein Auslaufmodell?

                                             ***

Das ist doch mal eine prima Idee: Der Umweltbeauftrage des Städtchens Ransbach-Baumbach (WW) hat eine, sagen wir: Wanderkelterei herbeiorganisiert. Im Gemeindeblättchen war der 1.10. als Keltertag am kommunalen Grünschnittplatz angekündigt worden. Nach telefonischer Voranmeldung konnten die Bürger heute ihre gesammelten Fallobstäpfel anliefern, aus denen dann sofort Saft gepresst und in 5-Liter-Tütenkartons abgefüllt wurde. 1 Euro pro Liter Saft ( zwei Jahre haltbar) aus eigenen Früchten kostete einen die Operation. Erfreuliches Ergebnis: Bei mir im Keller liegt nun der Apfelsaftvorrat für ein ganzes Jahr - hergestellt aus Fallobst, das nicht mehr unterm Baum verfault.

30.09.2018

Er bleibt. Weitere fünf Jahre. Günter Müller-Rogalla, Intendant des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie in Koblenz. Im Juni 2018 war vermeldet worden, er und das Land Rheinland-Pfalz haben sich auf eine Verlängerung seines Vertrages bis ins Jahr 2024 geeinigt. Dann wäre der gebürtige Idar-Obersteiner 62 Jahre alt und hätte in zehn dieser Lebensjahre die Geschicke des Orchesters in Koblenz an maßgeblicher Stelle mitgeprägt. Vier sind bereits vorüber, als wir uns unlängst, kurz vor Start der Spielzeit 2018/19, im Görreshaus zum Gespräch trafen über „Wie war‘s, wie ist‘s, was wird?“.

Mein Artikel "Wie war's, wie ist's, was wird?"


27.09.2018

Die erste Tanzproduktion der neuen Spielzeit am Staatstheater Mainz besteht aus zwei schier gegensätzlichen Stücken. Da kommt „Im Orbit“ zur Uraufführung, eine kleine, kurze, leise, zarte Arbeit der britisch-zypriotischen Düsseldorferin Alexandra Waierstall. Darauf folgt die Wiederaufführung der furiosen großen Tempochoreografie „Fall Seven Times“, die das libanesisch-spanische Choreografenpaar Guy Nader und Maria Campos 2016 für Mainz kreiert hatte und die 2017 mit dem Theaterpreis „Faust“ ausgezeichnet wurde.So unterschiedlich die beiden Teile sind, ist ihnen doch eines gemeinsam: Unisex – Tänzerinnen und Tänzer werden nicht mehr nach Rolle, Funktion, Bewegungsrepertoire, Kostüm geschlechtlich unterschieden.

Meine Besprechung
(3400 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


26.09.2018

Artikel in der Rhein-Zeitung auf Basis eines Gesprächs mit mir über mein Buch zur Geschichte des Koblenzer Musik-Instituts. Das Foto entstand beim Signieren der ersten verkauften Exemplare am Rande des MI-Konzertes am vergangenen Freitag. Der RZ-Beitrag beginnt wie folgt:

Andreas Pecht, Lesern dieser Zeitung als langjähriger Kulturredakteur, dann als Autor bestens bekannt, erinnert sich gut an das Wechselbad der Gefühle, als er erstmals auf ein mögliches Buchprojekt zum Musik-Institut angesprochen wurde: „Zunächst erschrickt man natürlich, wenn man an den großen Zeitraum von 210 Jahren denkt, den es zusammenzufassen gilt“, räumt er ein. (...)

Seit 210 Jahren aus Liebe zur Musik. Andreas Pecht stellt die Geschichte des Musik-Instituts Koblenz vor
(4300 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


25.09.2018

Es wird wieder Zeit für meine Monatskolumne "Quergedanken". Man hätte in der Folge 164 den verklingenden Rekordsommer thematisieren können oder die derzeit teils irrwitzigen Verrenkungen auf dem Politparkett. Aber dazu haben ja schon alle alles und noch viel mehr gesagt. Weshalb ich mich lieber den kleinen Fragen mit ihrem fürs Individuum so großen Gewicht im immer schneller werdenden alltäglichen Lebens zuwende - nebst der Sorge meines Freundes Walter, die für Oktober am Theater Bonn angekündigte Uraufführung eines Stückes mit Titel "Wer ist Walter?" könne sein Inkognito gefährden. Und hinter all dem steckt ein Gedanke, der in der Überschrift schon anklingt

Quergedanken Nr. 164: Leute, gebt acht auf euch


23.09.2018

Gebt Obacht, wenn ihr jetzt mit dem Auto unterwegs seid, vor allem in der Dunkelheit. Der erste Regen seit vielen Wochen hat eine mächtige Krötenwanderung ausgelöst. Bei der Heimfahrt gestern Abend ging's für mich streckenweise nur noch in Slalomschleichfahrt weiter. Das ist das wenigste, was man tun kann/sollte, um den eigenen Beitrag zum sichtlichen Krötenmassaker so klein wie irgend möglich zu halten.


21.09.2018

Freude, Spannung. Jetzt endlich geht das Ergebnis einer Arbeit an die interessierte Öffentlichkeit, die mich mehr als drei Jahre neben dem normalen Journalistengeschäft auf Trab hielt. Am heutigen Abend beim ersten Saisonkonzert 18/19 des Musik-Instituts Koblenz: Erstverkauf meines Buches "Aus Liebe zur Musik. Das Musik-Institut Koblenz im Lauf der Zeiten 1808 bis 2018" (Hardcover, 200 S., 25 Euro). Morgen (Sa, 22.09.) beginnt dann der Buchhandelsvertrieb über die Niederlassungen und den online-shop der Koblenzer Buchhandlung Reuffel.  > Zur Reuffel-Site

Ich selbst bin gespannt wie ein Flitzebogen. Denn ich kenne zwar das elektronische Buch-Layout, bekomme das fertige Druckwerk aber auch erst am Abend in die Hand. Zur Orientierung und als Appetitmacher für die potenzielle Leserschaft möge hier vorab das Buchvorwort dienen (freier Lesetext).

Vorwort meines heute erscheinenden Buches über die 210-jährige Geschichte des Musik-Instituts Koblenz


20.09.2018

Doch ja, ich begreife durchaus die Aufregung und Empörung zur causa Maaßen. Der Vorgang ist in der Tat unsäglich. Also muss ich mich nun fragen, weshalb er bei mir nur ein sehr, sehr müdes Achselzucken auslöst, begleitet von einem kleinen Moment des Staunens. Ergebnis der Selbstbefragung: Wahrscheinlich, weil ich in mehreren Jahrzehnten der Politikbeobachtung hunderte ähnlicher Vorgänge auf allen denkbaren Politebenen hierzulande und anderwärts erlebt habe - und deshalb im Falle Maaßen von Anfang an mit einer Lösung in Richtung "lukrativen Weglobens" rechnete. Das kleine Staunen gilt diesmal dem Ausmaß der Unverfrorenheit Seehofers, dem Ausmaß des Merkel'schen Phlegmas sowie dem Ausmaß des taktischen Dilettantismus' und der politischen Haltlosigkeit auf Seiten der SPD-Führung.


19.09.2018

Unterwesterwald, Sommer 2018, nach fast vier Monaten Trockenzeit. Bild oben: meine "Blumenwiese" hinterm Haus. Bild unten: die Pferdeweide nebenan.


17.09.2018

Als im vergangenen Jahr Frankfurt die Spielzeit mit Jan Bosses Inszenierung von „Richard III.“ inmitten der zur Arena umgestalteten Riesenhalle des dortigen Schauspielhauses eröffnete, war das ein weithin wahrgenommener Paukenschlag. Im Staatstheater Wiesbaden geht man das Werk über den mörderischen Thron-Usurpator jetzt bescheidener an: Für die Bühne des Kleinen Hauses hat Ingo Kerkhof Shakespeares Drama fast auf Kammerspieldimension reduziert. Doch die kleine Form braucht hier sehr lange, bis sie ihre Reize ausspielen kann: Erst nach der Pause wird das Trömmelchen richtig gerührt.

Meine Kritik der Wiesbadener Premiere
(3900 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


14.09.2018

Es gibt seit vielen Jahren ein untrügliches Warnzeichen, wenn ich mal wieder dabei bin, abzurutschen in eine ungute Phase der Überarbeitung, des Genervtseins, des Zuvielwollens, des Mangels an Ruhe: Statt nach der ersten dreiviertel Stunde morgendlichen Waldmarsches im Zustand der Stille angekommen zu sein, wälzt das Hirn unaufhörlich berufliche und/oder bedrückende Fragen, kreist um Artikel- und Vortragsprojekte, formuliert Sätze, ja ganze Textabschnitte, sorgt sich um den Weltengang. Dann wird's Zeit, die Bremse zu ziehen.


11.09.2018

Weil ich wegen der kulturellen Terminlage derzeit die Wochenenden durcharbeiten muss, liegen die freien Tage eben mitten in der Woche. Sie ganz wegfallen zu lassen, wie früher oft geschehen, kann und mag ich nicht mehr dulden. Heute also den Tag begonnen, wie ich es liebe: mit behaglichem Frühstück und hernach einem ausgedehnten Waldmarsch. Dabei kam mir eine wahrscheinlich ziemlich alte und eigentlich banale Weisheit in den Sinn, die in der heutigen Gesellschaft indes kaum mehr eine Rolle spielt: Das Leben wird nicht erfüllter, wenn du möglichst viele Erlebnisse hineinstopfst - es wird nur voller.


10.09.2018

Wie die „Kostprobe“ jeweils zum Saisonbeginn am Theater Koblenz eine mehr als 30-jährige Tradition hat, so hat dies auch das Witzeln, wie lange der Abend wohl dauern wird. Wetten werden abgeschlossen. Wer „unter drei Stunden“ tippt, hat noch immer verloren. Gleichwohl war und ist das Haus zu diesem Anlass sehr gut gefüllt. Denn serviert werden da in dichter Folge leckere Häppchen unterschiedlichster Art aus den Produktionen der anhebenden Spielzeit.

Mein Bericht über die diesjährige "Kostprobe"
(4250 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


07.09.2018

Langsam wird mir die Sache unheimlich. Wie sämtliche in den vergangenen Wochen als gewitter- und/oder regenträchtig angekündigten Tiefdruckgebiete, so zog auch das gestrige wieder achtlos über unser Dorf und seine Umgebung hinweg. Nur ein paar wirkungslose Tröpfchen hat es sich abgerungen. Bald vier Monate währt die Trockenzeit hierorts nun schon. Ach, ihr Götter, was habe ausgerechnet ich verbrochen, dass ihr die Meinen am langen Arm verdorren lasst?


06.09.2018

Inzwischen bin ich - aus vermehrt eigener Erfahrung - überzeugt, dass die Natur mit einer gewissen, sich in zunehmendem Alter verstärkenden Art der Vergesslichkeit zwei genau erwogene Zwecke verfolgt: a) Das ständige Suchen nach Schlüssel, Brille, Geldbeutel und anderen Utensilien verschafft dem betroffenen Akteur ein Grundmaß an körperlicher Bewegung; b) es stärkt ihm/ihr die Vertrautheit mit dem nahen Lebensraum. Beispiel: Die Suche nach meiner unlängst verschwundenen Sonnenbrille nötigt mir anhaltend Hunderte von Gehschritten, Bück- und Streckübungen ab, obendrein entdecke ich längst vergessene Ecken im Haus wieder. Ergo: Allzu viel Ordnungsdisziplin ist kontraproduktiv.


04.09.2018

Die erfreulichste Nachricht heute in der Frühstückszeitung: Statt der erwarteten 20 000 bis 30 000 haben 65 000 plus X Menschen an der Konzertkundgebung "#Wir sind mehr - Aufstehen gegen rechte Hetze" in Chemnitz teilgenommen. Das ist ein schönes Signal ins Land, dass die rechtsradikale Bewegung nicht DAS Volk vertritt. Eine der traurigsten Nachrichten dieses Morgens ist für mich: Das brasilianische Nationalmuseum in Rio de Janeiro ist mitsamt dem Gros seiner Bestände Opfer eines Großbrandes geworden. Die Institution war eines der wichtigsten kulturgeschichtlichen Archive, Dokumentations-, Ausstellungs-, Forschungs- und Bildungszentren Lateinamerikas - und wurde in den vergangenen Jahren von gravierenden Sparmaßnahmen gebeutelt, die auch dringende bauliche Sanierungsmaßnahmen betrafen.


03.09.2018

Wie jüngst das Staatstheater Mainz (s.u.), so startete jetzt auch das Theater Koblenz mit einem scharfen politischen Statement in die neue Spielzeit. Die Mainzer wählten für ihre dringliche Warnung vor fortschreitender Zersetzung von Demokratie und Humanismus den Interimsplenarsaal des Landtages und brachten dort Björn Bickers „Das letzte Parlament“ zur Uraufführung. Koblenz ging am Wochenende mit gleicher Absicht einen anderen Weg: Es lud das Deutsche Theater Berlin ein, an zwei Abenden seine Produktion „It Can‘t Happen Here“ zu spielen - über die Machtergreifung Rechtsradikaler via Wahlmehrheit.

Mein Artikel zum Berliner Gastspiel in Koblenz
(4400 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


31.08.2018

Dieses Schauspiel stürzt den Zuseher, zumal den überzeugten Demokraten, in tiefe Nachdenklichkeit. Das Staatstheater Mainz hat für die Uraufführung von Björn Bickers Stück „Das letzte Parlament (Ghost Story)“ einen ungewöhnlichen Spielort gewählt: den realen Plenarsaal des rheinland-pfälzischen Landtages, derzeit wegen Sanierung des Stammhauses untergebracht im Mainzer Landesmuseum. Dort sitzt nun das Theaterpublikum auf Abgeordnetenplätzen und Tribüne – erlebt 90 Minuten schieren Abgesangs auf den heutigen Parlamentarismus.

Meine Premierenkritik hier
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


30.08.2018

Wieder mal grüble ich über ein seltsames Phänomen: Warum lassen sämtliche Elektronikunternehmen - die sich sonst um jeden noch so kleinen Absatzmarkt das wildeste Hauen und Stechen liefern - eine durchaus gute Geschäfte versprechende Marktnische seit jeher völlig unbeachtet? Ich spreche von dem Bedürfnis nach leicht zu bedienenden, einfachen, funktionell auf EINEN zentralen Anwendungszweck konzentrierten Geräten.

Ich spreche von Telefonen, die nichts anderes können müssen, als Anrufen und Angerufenwerden zu ermöglichen. Von Fernsehern, deren Bestleistung darin besteht, dem Zuseher aktuell laufende Sendungen zugänglich zu machen. Von Waschmaschinen, die man nicht programmieren muss, sondern die waschen, wenn man sie einschaltet. Von Kühlschränken, die nur kühlen, und Musikanlagen, die vor allem umstandslos Tonträger abspielen......

Für solche Geräte würde ich gerne Geld ausgeben. Und da ich so furchtbar einmalig nicht bin, dürfte es etliche hunderttausend Gleichgesinnte geben. Das wäre kein Mainstream-Markt, aber doch eine lukrative Nische. Dass kein Unternehmen sich dafür interessiert, liegt womöglich an den auch privat technikbegeisterten Typen in den Entwicklungs- und Marketingabteilungen. Die können sich gar nicht vorstellen, dass es Menschen geben könnte, die keinen Spaß an tagelangem Konfigurieren und Einrichten haben, denen das permanente Herumjonglieren mit dutzenden oder hunderten Funktionsmöglichkeiten allenfalls Verdruss bereitet.


29.08.2018

Würde man der Logik rechtsradikaler, rassistischer, neonazistischer Hassprediger, Migrantenjäger und ihrer Versteher folgen, so müssten auch alle weißen deutschstämmigen Väter und Onkel eingesperrt, fortgejagt oder totgeschlagen werden. Denn unter ihnen gibt es welche, die Kinder quälen und missbrauchen. Ebenso wäre mit allen weißen, deutschstämmigen Ehemännern zu verfahren, denn etliche von ihnen vergewaltigen ihre Frauen. Nach besagter Logik müssten auch sämtliche weißen, deutschstämmigen Frauen gehetzt werden, da immer wieder manche von ihnen ihre Gatten ermorden oder ihre Babys töten.... Doch glücklicherweise steht die Entvölkerung des Landes nicht zur Debatte. Denn noch gelten die zivilisierten Prinzipien des Rechtsstaates. Und der macht nicht auf ganze Bevölkerungsgruppen Jagd, nur weil einige Einzeltäter aus diesen schwere Verbrechen begehen. Er verfolgt vielmehr den tatsächlichen Verbrecher, ahndet ggf. dessen individuelle Schuld. Und das ist gut so.


27.08.2018

Da wird das Gesicht von Elisabeth I. zur Fratze, und sie kreischt mit sich hysterisch überschlagender Stimme: „Sie ist die Furie meines Lebens. Maria Stuart heißt jedes Unglück, das mich niederschlägt.“ In diesem Moment zeigt die englische Königin im Mainzer Staatstheater jene Züge, die sie ihrer schottischen Kontrahentin anhängt uind unterschreibt deren Todesurteil. Wir sind bei Friedrich Schiller und seinem Trauerspiel „Maria Stuart“, uraufgeführt anno 1800 in Weimar, jetzt neu inszeniert als Eröffnungsstück der Mainzer Spielzeit 2018/19.

Meine Premierenkritik hier
(4500 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


26.08.2018

Im Hang zwischen Bundesstraße und Haupteingang zum Arp Museum Remagen-Rolandseck hat der Gartendesigner Peter Berg einen Felsengarten angelegt. Das Areal ist Teil der jetzt eröffneten neuen Ausstellung unter dem Titel „Im Japanfieber. Von Monet bis Manga“. Die Schau erstreckt sich von der Kunstkammer Rau des Museums im Richard-Meier-Bau bis in die Ausstellungsetage des historischen Bahnhofes – und endet oder beginnt eben in besagtem Garten vor der Tür.

Meine Ausstellungsbesprechung hier
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

 


23.08.2018

In Neuwied haben jetzt die Vorarbeiten für eine  sich über den ganzen September hinziehende Kunstaktion begonnen, die schon von der Anlage her außergewöhnlich ist und Spannendes verspricht. Mit Zustimmung, ja im Auftrag des Pfarrers wird mit St. Matthias die größte katholische Gemeindekirche am Ort für das "Projekt ION" mitsamt Kirchenbänken fast völlig ausgeräumt.  Es entsteht eine  19 000 Quadratmeter großer Leerraum. Der steht drei Wochen lang  sechs Künstlern verschiedener Sparten als - jederzeit auch  für die Öffentlichkeit zugänglicher - Inspirationsort, als Kreativwerkstatt, Bühne und Gestaltungsraum zur freien Verfügung. Kunst und Kirche auf neuen Wegen?! Ich sprach im Vorfeld am Ort des Geschehens mit dem ION-Projektleiter, Kaplan Oliver Seis.

Mein Vorbericht "Neuwieder Gotteshaus wird für einen Monat Kunstraum"


22.08.2018

Mit dem heutigen Druck beginnt die Erscheinensspanne für die Septemberausgabe des mittelrheinischen Monatsmagazins "Kulturinfo". Damit kommt zugleich meine dort seit 2005 regelmäßig auf  Seite 2 platzierte launig-glossierende Kolumne "Quergedanken" in Printform wie elektronisch unters Volk. Wieso Erscheinungsspanne und nicht -tag?  Das könnte der interessierte Leser von auswärts fragen. Weil die Verbreitung dieses ältesten Veranstaltungsmagazins am Mittelrhein sich über mehrere Tage hinzieht. Verleger Günther Schmitz fährt zuerst etliche tausend Exemplare des in einer Gesamtauflage von gut 80 000 erscheinenden Heftes höchstselbst zu Verteil-/Auslagestellen wie Kneipen/Cafés, Geschäften, Kulturinstitutionen, Bildungszentren ... Ende August liegt das Heft dann hiesigen Lokalausgaben der Rhein-Zeitung bei. In den "Quergedanken" geht es diesmal um den Trockensommer 2018.

Quergedanken Nr. 163: Klimawandel? Läuft.


21.08.2018

Stecke im Augenblick bis über beide Ohren in der Vorbereitung für eine mehrstündige Veranstaltung bei den Marienberger Seminaren. Am kommenden Samstag (25.08.) werde ich dort (Bad Marienberg/Westerwald) von 10.30 Uhr bis 16 Uhr über die beiden rheinland-pfälzischen Hauptjubilare 2018 sprechen: den Westerwälder Friedrich Wilhelm Raiffeisen und den Trierer Karl Marx - beide geboren anno 1818, beide - auf ganz verschiedene Weise - von der Sozialen Frage umgetrieben.

Infos zur Veranstaltung und Anmeldung hier


20.08.2018

Es kommt nun an Wegrainen, Waldrändern und auf verbliebenen Streuobstwiesen das alljährliche Trauerspiel wieder zur Aufführung: Tonnenweise verderben gute Früchte, weil sie niemand mehr von den Obstbäumen pflückt. Der Tragödie ersten Teil gaben im Frühsommer die Kirschen. Den zweiten Teil geben dieser Tage Zwetschgen/Pflaumen und Mirabellen. Zum Finale folgt alsbald die Fäulnis von Äpfeln und Birnen.

Also, liebe Naturfreunde, Bio- und Gesundköstler, Resilienzanhänger, Selbstversorgungsträumer und/oder Freunde bodenständiger Traditionen: Gehet hin und erntet! Dann esst, backt Kuchen, friert ein, kocht ein, legt ein, saftet, marmeladisiert. Das bringt eine Menge Lebensfreude. ( Vorweg aber fragt Einheimische, Förster, Gemeinden, wem dieser oder jener Baum gehört. Dann fragt den Besitzer, ob sie die Früchte selbst ernten oder euch überlassen wollen. Viele werden froh sein, wenn "jemand das Zeug abmacht".)


14.08.2018

"Aus Liebe zur Musik. Das Musik-Institut Koblenz im Lauf der Zeiten 1808 bis 2018". Unter diesem Titel wird mein 210-seitiges Buch in der letzten Septemberwoche erscheinen. Habe eben die letzte Kontrolldurchsicht der jüngsten Layout-Fassung abgeschlossen - und mich dabei gewaltig am Riemen reißen müssen, das Paket nicht nochmal aufzuschnüren. Alle Autoren kennen wohl das Phänomen: Am Ende meint man immer, dies, das und jenes doch wieder anders und vermeintlich noch besser machen zu können/müssen. Irgendwann allerdings muss Schluss sein. So jetzt bei mir, denn der Drucktermin drückt.


13.08.2018

Doch ja, es wäre mir lieb, wenn der hierorts seit 20 Minuten niedergehende sanfte Schnürlregen einige Tage andauern würde. Man kann förmlich sehen, wie Garten, Wiesen, Wald das viele Wochen entbehrte Nass einsaugen, gierig saufen.


12.08.2018

Während der Zeitungslektüre beim behaglichen Samstagsfrühstück geht mir dies durch den Kopf: Da lässt jemand eine Kaffeetasse fallen. Bald verbreiten nachbarliche Gerüchtemäuler, dieser Jemand habe die ganze Wohnung verwüstet. Im Volksmund nennt man das: Aus einer Mücke einen Elefanten machen. So ähnlich funktioniert der derzeitige Streit um Kindergeldzahlungen des deutschen Staates an im EU-Ausland lebende Kinder, deren Eltern(teile) hierzulande leben/arbeiten.

Die realen Zahlen sagen: Wir sprechen über 1,6 % (sic!) der 15 Millionen Sprösslinge, für die deutsches Kindergeld gezahlt wird. Die allermeisten dieser 1,6% bekommen es völlig zurecht, denn Vater und/oder Mutter arbeiten in Deutschland, zahlen die hierorts üblichen Sätze an Steuern und Sozialabgaben. Was bleibt tatsächlich übrig an vermeintlichem oder kriminellem Kindergeldmissbrauch - 0,2 oder 0,3 %? Der öffentliche Furor indes klingt danach, als habe man es mit Abermillionen Betrugsfällen zu tun. Aus der Mücke ist eine ganze Elefantenherde (gemacht) geworden, die nun vorgeblich durch Deutschlands Sozialsystem tobe wie durch ein Porzellankaufhaus. Irre!

30.07.2018

Meine Sommerpause geht nun leider zuende. Nachzutragen ist die Monatskolumne "Quergedanken", die zwischenzeitlich als Druckversion bereits auf den Markt kam. Es geht in der Folge 162 ums vermeintlich "heilige Blechle", ums Automobil also. Anlass: Ich selbst brauchte ein neues - und stehe nun schier fassungslos vor dem Phänomen, dass sogar dieser Kleinwagen mit einer Unmenge von technischem Firlefanz überrüstet ist, der letztlich vor allem den Autofahrer vom Straßenverkehr ablenkt.

Quergedanken: "Auch weh, ein neues Auto"

                                   ***

Mit mehr als 2000 Mitgliedern ist der "Förderverein Kultur im Café Hahn e.V."  eine der größten Vereinigungen dieser Art im nördlichen Rheinland-Pfalz - und kann für das Kulturleben am Mittelrhein einiges Gewicht in die Waagschale werfen. 1993 von sieben Stammgästen des Musik- und Kleinkunstclubs im Koblenzer Stadtteil Güls gegründet, feiert der Verein am 1. September seinen 25. Geburtstag mit einem großen Festival auf der Festung Ehrenbreitstein. Im Vorfeld des Jubiläums plauderte ich mit den beiden Vorsitzenden Saskia Scherhag-König und Frank Tiedemann sowie Geschäftsführer Bertin Hahn über Anfänge, Werden und Sein des Vereins.

25 Jahre Förderverein Kultur im Café Hahn


Hier herrscht nun bis 31.7.2018 Betriebsruhe.
Schöne Sommerwochen seien gewünscht.


25.06.2018

Freude! Letzter Schliff am letzten Artikel, dann Schreibtisch räumen und Maschinen abstellen, schnell das Köfferchen packen - und ab geht's für einige Tage heutige Jugendluft schnuppern: Als einer von etlichen Workshopleitern/innen im Seminarlager mit mehr als 200 FSJ-Jugendlichen im Alter vom 17 bis 25. Da bin ich wohl wieder der Alterspräsident, der sich gleichwohl so jung fühlt wie sonst das ganze Jahr nicht.

                                                ***

Oper Sydney, Guggenheim Bilbao, Elbphilharmonie Hamburg: Drei Beispiele für Großbauten architektonischer Moderne, die heute weltberühmt sind. Jedes gilt seit der Fertigstellung – 1973, 1997 und 2017 – als ein Wahrzeichen seiner Stadt, das kaum noch jemand missen möchte. Die drei zeugen von der Bedeutung, die herausragende zeitgenössische Architektur für ein urbanes Gemeinwesen haben kann. Aber noch eines haben die drei Architekturikonen gemeinsam: Alle waren sie vor Ort auch umstritten. Und das teilen diese Bauten mit weit kleineren in unserer Region: Wann und wo immer heutzutage hierzulande im öffentlichen Raum ein architektonisch auch nur etwas ungewöhnliches Neubauprojekt zur Debatte steht, entwickeln sich sofort teils beträchtliche Widerstände dagegen.

Mein Artikel "An zeitgenössischer Baukunst scheiden sich die Geister" (5200 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


20.06.2018

Bin ganz aufgeregt - wegen jüngster Entdeckungen der Archäologie. Danach sind die ältesten Kunstwerke  und kunsthandwerklichen Schmuckstücke auf Erden zehntausende Jahre älter als bisher angenommen. Sie stammen deshalb, entgegen bisheriger Lehrmeinung,  auch nicht vom europäischen Homo sapiens. Laut einem faszinierenden Artikel von Stefan Klein im gestern erschienen Zeit-Magazin haben der Physiker Dirk Hoffmann (Spezialist für die Altersbestimmung uralter Farben) und der Archäologe Alistair Pike an drei Stellen in Südfrankreich und Spanien kunstvolle Höhlenzeichnungen entdeckt, die mindestens 65 000 Jahre alt sind. Mithin datieren sie auf eine Zeit lange vor dem Eintreffen des Homo sapiens in Europa, und können nur von  Neandertalern angefertigt worden sein.

Unterstrichen  wird diese Entdeckung von Funden des Archäologen Jaoa Zilhao in Portugal: aufwendig gelochte und bemalte Muscheln, derart bearbeitet vor mindestens 115 000 Jahren. Damit dürfte das bisherige Bild vom Entstehen der Kunst in Europa als Eigenart ausschließlich des Homo sapiens vor etwa 40 000 Jahren hinfällig sein. Offenbar verfügte lange vorher schon der vor ca. 30 000 Jahren ausgestorbene Neandertaler über Fähigkeiten und Bedürfnisse, die ihm bisher abgesprochen wurden: das kreative Denken in Symbolen und  den Drang, schöne Dinge herzustellen, auch wenn sie für den praktischen Überlebenskampf nutzlos scheinen.

Die Implikationen dieser Entdeckungen für unser Verständnis von Entwicklung und Wesen der menschlichen Arten sind zahlreich und noch gar nicht alle absehbar. Jedenfalls unterstreichen sie, was wir für den Homo sapiens seit langem annehmen und nun auch für noch frühere Homo-Gattungen annehmen müssen: Die scheinbar so nutzlose Kunst wohnt unserer Spezies-Familie als Urbedürfnis wohl seit den frühesten Tagen inne.


21.06.2018

Eigentlich hätten wir uns gerne zum persönlichen Gespräch in Koblenz getroffen. Zu beider Bedauern blieb die Plauderei anlässlich des bevorstehenden 5. Internationalen Musikfestival Koblenz (IMUKO) schließlich doch aufs Telefon angewiesen. Einen viel gefragten jungen Musiker wie Benedict Kloeckner treffen zu wollen, ist so eine Sache. Bei unserem ersten Fernkontakt hielt sich der Cellist gerade im brasilianischen Sao Paulo auf, gab dort einen Meisterkurs und hatte vor großer Kulisse einen Auftritt mit Schostakowitsch‘ Konzert für Cello und Orchester. Beim zweiten Mal erreichte ich ihn in London, wo er sich mit einem zeitgenössischen Komponisten traf. Zuletzt rief Kloeckner aus seiner Berliner Wohnung an. Da sprachen wir ein knappes Stündchen miteinander, bevor er weiter musste zu Proben in Dresden.

Mein Artikel hier


20.06.2018

Herantasten an sommerpausige Slowmotion. Ein letzter Recherchetermin, ein letzter Artikel. Ab Montag dann für ein paar Tage in den "Jungbrunnen" = arbeiten, leben, feiern mit mehr als 240 Jugendlichen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) bei ihrer kulturellen Seminarwoche zum Abschluss desselben. Anschließend eintauchen in jenen Zustand, den man früher mit dem schönen Wort "Betriebsruhe" belegte.


16.06.2018

„Liliom“ handelt von einer Liebe, die wir heute kaum als solche erkennen mögen: Der Mann geht lieblos mit seiner Frau um, schlägt sie gar. Das 1909 von Ferenc Molnár geschriebene Stück weist ihm die Rolle des kernigen Tunichtgut zu. Hans Albers hatte den Jahrmarktsausrufer mehr als 1000 Mal gespielt und die Figur lange geprägt. Die junge Ehefrau Julie wurde meist als zartes liebliches Wesen gezeichnet. In Thomas Jonigks Inszenierung am Staatstheater Wiesbaden ist das jetzt etwas anders.

Meine Premierenkritik hier
(3600 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)


15.06.2018

Wann immer, wo immer, wie immer über "Flüchtlingspolitik" gestritten, gezankt, gezetert wird, kommt mir dieser Gedanke: Auf längere Sicht ist eine gänzlich dem Primat der Fernhaltung von Flüchtlingen/Migranten verschriebene Politik sowieso objektiv zwecklos. Und zwar so lange, wie nicht Bekämpfung der Flucht- und Migrationsursachen ins Zentrum aller Bemühungen rückt - wovon derzeit nicht mal im Ansatz die Rede sein kann. Denn dass Menschen Krieg, Elend, Perspektivlosigkeit, Verfolgung, Unterdrückung zu entfliehen trachten und dabei letztlich auch immer Wege finden, ist quasi ein Naturgesetz seit ewigen Zeiten.

                                                    ***

Fußball-WM, Deutschland vs. Mexiko: Die schlechter spielende Mannschaft hat verloren. Punkt. Was mir aber wirklich auf den Keks geht: Digital bewegte Flimmerkisten-Bandenwerbung. Demnächst werden dann wohl rund ums Fußballfeld in stetem Wechsel vollständige Werbespots abgespielt und bald darauf ganze Spielfilme mit Produktplacement. Absurd.


14.06.2018

Ausnahmezustand. Der Start des weltweit wohl meistbeachteten  Ereignisses in diesem Sommer und der lokale Drucktermin für das Magazin, in dem meine Monatskolumne "Quergedanken" schwarz auf weißem Papier veröffentlicht wird, liegen leider himmelweit auseinander. Weshalb ich mich entschieden habe, den Text diesmal gut eineinhalb Wochen früher als gewöhnlich ins Netz zu stellen. Es wäre zu schade, würde er erst Ende Juni erscheinen - dann aber womöglich die Fußball-WM nur noch ein deutsches Volkstrauerthema sein. Man weiß ja nie, wie's kütt.

"Quergedanken" 161: Wenn einer eine Reise tut
(freier Lesetext)


11.06.2018

Die Burgfestspiele Mayen mimen eine Gerichtsverhandlung. Sechs Akteure, fünf Stühle, ein Stehpult: Mehr braucht Daniel Ris' in fabelhaft kleinem, aber genauem Gestus gespielte Inszenierung nicht, um mit dem Schauspiel „Terror“ und dessen Fragen nach Moral, Recht, Schuld das Publikum in Hochspannung zu versetzen. 2015 hatten das Schauspiel Frankfurt und das Deutsche Theater Berlin den Theatererstling des Strafverteidigers und Schriftstellers Ferdinand von Schirach zeitgleich uraufgeführt. Danach wurde er zum Dauerbrenner auf zahllosen Bühnen und im TV, wurde Streitgegenstand in der Öffentlichkeit wie unter Juristen.

Meine Premierenkritik
(4200 Anschläge, kostenpflichter RZ-Text, 49 Cent)

                                             ***

Gestern tauchte mal wieder die wohl ewig unvermeidliche Frage an den Kulturkritiker auf: Hast du die Kunst, über die du urteilst, denn jemals selbst ausgeübt? Konkret ging es diesmal ums Ballett. Antwort: Nein, ich habe nie selbst getanzt oder choreografiert - habe auch noch nie ein Klassikorchester dirigiert (nur zeitweise einen Spielmannszug und zwei Laienchöre), habe nie eine Sinfonie komponiert, einen Roman geschrieben oder einen Film gedreht. Meine eigene praktische Schauspielerfahrung beschränkt sich auf drei Nebenrollen und zwei Inszenierungen im Amateurtheater während der Gymnasial- und Studentenzeit.

Obwohl ich Musik und Germanistik für Lehramt studierte, eine (bescheidene) praktische Grundlagenausbildung für sechs Musikinstrumente genoss (teils erlitt) und mir über die Jahre Tausende Theateraufführungen, Konzerte, Romane/Gedichtbände, Filme, Kunstausstellungen etc. einverleibt habe: Wie wohl die meisten meiner Kritikerkollegen/innen verstehe ich mich noch immer primär als Teil des Publikums - als leidlich überdurchschnittlich informierter und inzwischen ziemlich erfahrener Rezipient. Man könnte auch sagen "kritischer Konsument" und sich beziehen auf Gotthold Ephraim Lessings berühmten Satz hinsichtlich der Legitimation des Kritikers: "Ich muss die Suppe nicht kochen können, um zu beurteilen, ob sie schmeckt."

Was das Ballett angeht, so wurde ich in diese Sparte Anfang der 1990er wider Willen hineingespült, als Krankheitsvertretung für die damalige Tanzkritikerin der Rhein-Zeitung. Die Erstbegegnung mit der Tanzkunst lief ausgerechnet über das Avantgardeballett des William Forsythe damals in Frankfurt. Ich begriff zuerst gar nichts - war dennoch gleich am ersten Abend fasziniert von der Ästhetik und den Ausdrucksmöglichkeit des Tanzes. Auge und Verständnis für diese Kunst wurden dann anfangs geschult durch besonders häufige Live-Begegnung mit Arbeiten vor allem von Forsythe, van Manen, Pina Bausch, Jochen Ulrich, Amanda Miller und Martin Schläpfer sowie dem zeitgleich in Koblenz (Taylor), Wiesbaden (Cauwenbergh) noch gepflegten klassisch-romantischen Stil. Heute darf ich bekennen: Unter allen Künsten ist die Tanzkunst wohl die größte Liebe meiner späten Kritikerjahre geworden.


10.06. 2018

Bei den meisten Ballettcompagnien in Deutschland sind sie längst Tradition: Abende, für die sich Tänzer/innen im Choreografenfach versuchen. „50°N7°O“ nennt sich das Nachwuchs- und Expertimentierformat am Theater Koblenz.
„Vielfalt“ heißt das weite Motto diesmal. Vier Compagniemitglieder haben es für vier völlig verschiedenartige Tanzstücke aufgegriffen - von denen zwei sich durch eine überraschende Reife im Umgang mit zeitgenössischer Ballettstilistik auszeichnen.

Meine Premierenbesprechung
3800 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent


09.06.2018

Hinweis für Leute im Nahraum Westerwald/Koblenz, die auf hochpolitische Krimis stehen: Mein alter Freund Wolfgang Schorlau kommt im Rahmen der Westerwälder Literaturtage für eine Lesung aus seinem 9. Dengler-Krimi "Der große Plan" nach Hachenburg. 18. Juni, 19.30 Uhr, Pfarrsaal Kath. Kirchengemeinde.  -> Weitere Infos


07.06.2018

Im überregionalen Teil der heutigen Rhein-Zeitung wird gleich an drei Stellen Friedrich Wilhelm Raiffeisen behandelt.  Auf einer Extra-Seite ist ein großes Interview zu lesen mit Theresia Theurl, Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen der Uni Münster. Die Seite "Schönes Wochenende" gibt Ausflugstips zu Raiffeisens Wirkorten im Westerwald. Auf der Kulturseite schließlich steht meine Besprechung der am 13. Juni eröffnenden Ausstellung "Tradition Raiffeisen - Wirtschaft neu denken" im Landesmuseum Koblenz auf der Festung Ehrenbreitstein. Der besonders hohe Aufmerksamkeitsgrad dieses Blattes für den vor 200 Jahren geborenen Genossenschaftsbegründer liegt auf der Hand: Raiffeisens Heimat und Wirkungsraum Westerwald gehört zum Erscheinungsgebiet der Zeitung.

Meine Besprechung der Raiffeisen-Ausstellung
4500 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent


04.06.2018

Sie ist in Deutschland einer der größten Museumsneubauten jüngerer Zeit: die an diesem Wochenende eröffnete neue Kunsthalle Mannheim. Erstaunlich: Nach nur dreijähriger Bauzeit blieb das Großprojekt mit 68,3 Millionen Euro Baukosten punktgenau im vorgesehenen Rahmen. Weniger erstaunlich: Der Modernebau gleich neben dem Mannheimer Wahrzeichen Wasserturm war in der Bevölkerung umstritten. Doch nun ist der rechteckige Doppelkubus seiner Bestimmung übergeben. Und bei der Erstbegehung kommen wir zu dem Ergebnis, dass der Komplex architektonisch wie inhaltlich eine bemerkenswerte Bereicherung für die Museumslandschaft nicht nur im Südwesten darstellt.

Mein Artikel zur neuen Kunsthalle Mannheim
5800 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent


03.06.2018

„Ein Tanzstück für Jugendliche ab 12 und ihre Fans“ – so ist die jüngste Produktion des Hessischen Staatsballetts angekündigt. „Fake“ (Fälschung) heißt die 70-minütige Choreografie von Compagniechef Tim Plegge, in der es um den Ausnahmezustand der Pubertät, nicht zuletzt um die sexuelle Selbstfindung in dieser Jugendzeit gehen soll. Eine hübsche Arbeit, die allerdings wenig weiß von den dramatisch zwiespältigen, den auch subversiven und renitenten Kräften des Frühlingserwachsens, vom Seele und Leib durchschüttelnden stürmischen (Trieb-)Drängen bei zugleich bodenloser Unsicherheit.

Meine Premierenkritik
3600 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent


01.06.2018

Zum Abschluss der Artikelserie anlässlich des 200. Geburtstages von Karl Marx in der Rhein-Zeitung, zu der ich mehrere Texte beisteurn durfte, richtet sich der Blick auf eine kleine, je nach Ausgabe nur 40- bis 50-seitige Schrift: das  „Kommunistisches Manifest“ – die neben der Bibel meistgedruckte Publikation in der bisherigen Menschheitsgeschichte. Der von Marx und Friedrich Engels gemeinsam verfasste Text wurde seit seinem Erscheinen 1848 in mehr als 100 Sprachen übersetzt und 2013 ins Weltdokumentenerbe der Unesco aufgenommen. Das Erstaunlichste an dieser Schrift ist: Die im ersten Teil vorgenommene Analyse des Zustands der Welt und ihrer Entwicklung liest sich streckenweise wie eine Beschreibung heutiger Verhältnisse.

Mein Artikel zum Kommunistischen Manifest
(6000 Anschlage, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

Zum Abschluss der Artikelserie anlässlich des 200. Geburtstages von Karl Marx in der Rhein-Zeitung, zu der ich mehrere Texte beisteurn durfte, richtet sich der Blick auf eine kleine, je nach Ausgabe nur 40- bis 50-seitige Schrift: das  „Kommunistisches Manifest“ – die neben der Bibel meistgedruckte Publikation in der bisherigen Menschheitsgeschichte. Der von Marx und Friedrich Engels gemeinsam verfasste Text wurde seit seinem Erscheinen 1848 in mehr als 100 Sprachen übersetzt und 2013 ins Weltdokumentenerbe der Unesco aufgenommen. Das Erstaunlichste an dieser Schrift ist: Die im ersten Teil vorgenommene Analyse des Zustands der Welt und ihrer Entwicklung liest sich streckenweise wie eine Beschreibung heutiger Verhältnisse.

Mein Artikel zum Kommunistischen Manifest
(6000 Anschlage, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


30.05.2018

Man muss in Koblenz und am Mittelrhein keinem mehr erklären, dass auf der Festung Ehrenbreitstein stets allerhand geboten ist. Festivals, Konzerte, Vorträge, Erlebnisevents für jede Altersklasse sowie Dauer- und wechselnde Sonderausstellungen machen das einstige Preußenbollwerk zu einem Ort ebenso des Vergnügens wie der lehrreichen Information. Auf Letzteres sei im Folgenden das Augenmerk gerichtet, namentlich auf zwei große Sonderausstellungen, denen über 2018 hinaus Bedeutung zukommt. Da wäre, erstens, die Präsentation „vorZEITEN – Landesarchäologie Rheinland-Pfalz“. Mitte Mai eröffnet, bietet sie eine Zeitreise durch die hiesige Geschichte vom Urozean bis ins Mittelalter. Da wäre, zweitens, die am 13. Juni startende Ausstellung „Tradition Raiffeisen: Wirtschaft Neu Denken“. Sie knüpft an den diesjährigen 200. Geburtstag Friedrich Wilhelm Raiffeisens und dessen Genossenschaftsidee an.

Meine Ausstellungsbesprechung
(freier Lesetext, 6100 Anschläge)


29.05.2018

Man mag zur seltsamen Koalition aus 5-Sterne und Lega stehen wie man will: Was in Sachen Italien derzeit exerziert wird oder besser gesagt: das Exempel, das da statuiert wird, zeugt vom quasi direkten Durchgriff des Finanzkapitals auf die italienische Demokratie. Begleitet von einer unglaublichen Propagandakanonade neoliberaler Vor- und Nachbeter, Auguren und Bedenkenträger in Politik, Wirtschaft, Finanzwesen und Medien Europas wird da umstandslos ein Ergebnis freier Wahlen einfach in den Staub getreten. Und wir sehen beklommen die Staatspolitik am langen Arm der Börsen, Banken und Mogule gehen.


28.05.2018

Angriff der Unterirdischen. Von drei Seiten nehmen sie mich in die Zange. Erkennbar an zahllosen hügelförmigen Erdaufschüttungen treiben sie Höhlen-und Bunkersysteme ihres Dunkelreiches a) Jungpflanzen unterpflügend quer durch den Gemüsegarten, b) verstopfend den Regenflutgraben entlang der Grundstücksgrenze und c) unterminierend in die Hauswiese rund ums Holzlager. Die alten Quälgeister, Wühlmäuse, sind ausgewandert; den Freiraum erobert nun: Talpa europaea, der Maulwurf - eine blinde, fleischfressende, unermüdliche Grabemaschine. Mein Waffenschrank bleibt geschlossen, Gegenwehr scheint sinnlos, für jeden abgetragenen Hügel entstehen sofort zwei neue. Ich nehme das Treiben der talpae positiv als Lockerungskampagne für den Erdboden (hin), hoffe auf nachherige Abwanderung der Unteriridischen - und betreibe Rasenmähen bis dahin als Slalomsport. umpf.


27.05.2018

Mainz/Eltville. Das Staatstheater Mainz ist für seine jüngste Tanzproduktion in die ländliche Sommerfrische gezogen. Es lädt das Publikum zur Vorstellung in den Rheingau. „Small Places“, kleine Plätze, heißt der 90-minütige Abend, den das Choreografenpaar Guy Weizmann und Roni Haver mit der Compagnie von tanzmainz eigens fürs ehrwürdige Kloster Eberbach erarbeitet hat. Im Laienrefektoriums und im Kapitelsaal kommt es zur mal befremdlichen, mal hinreißenden Uraufführung des zweigeteilten Werkes.

Meine Besprechung der Premiere am Samstag
(3900 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


25.05.2018

Dass dies Unterfangen ziemlich irrwitzig ist, war von vornherein klar: Auf 200 Zeitungszeilen das Wesentliche von Karl Marx Hauptwerk "Das Kapital"  möglichst allgemeinverständlich vorstellen zu wollen. Reduktion war angesagt, Konzentration auf zwei oder drei - zudem extrem verkürzt dargestellte - Kernaspekte. Ich habe für meinen heutigen "Kapital"-Beitrag zur Marx-Serie der Rhein-Zeitung die Mehrwert-Analyse ins Zentrum gestellt.  Andere Autoren hätten womöglich andere Aspekte gewählt. Aber so oder so kann jeder Zeitungsartikel wohl doch nur ein flüchtiger Blick auf diese nach wie vor bedeutsame wissenschaftliche Grundlagenanalyse der kapitalistischen Wirtschaftsweise sein.

Mein Beitrag über "Das Kapital" von Karl Marx
(6100 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent) 


24.05.2018

Auch wenn das Wetter örtlich wieder allerhand katastrophische Kapriolen schlägt, so stecken wir im Großenganzen doch überwiegend mit Freude im genussreicheren Sommerhalbjahr. Eigentlich wollte ich diesem angenehmen Umstand die aktuelle Folge 160  meiner Monatskolumne "Quergedanken" widmen. Doch hat ein grantelnder Einwurf von Freund Walter dem Text schließlich eine etwas andere Richtung gegeben.

Quergedanken 160: Sommer in Stadt und Land. Geil!
(freier Lesetext) 


23.05.2018

Eben sehe ich: Philip Roth ist 85-jährig gestorben. Er war ein ganz Großer der amerikanischen Gegenwartsliteratur. Sein Roman "Der menschliche Makel" gehört zu den besten, wichtigsten und bewegendsten Lektüren in meiner zweiten Lebenshälfte. Ich war nicht so oft einer Meinung mit Marcel Reich-Ranicki selig. Dass aber zuvorderst Roth hätte den Literaturnobelpreis bekommen müssen, darin hatten sich unsere Kommentare so manches Jahr gedeckt. RiP Philip Roth


22.05.2018

Der Pfingstgeist meinte: "Steig mal wieder auf die Waage!" Ich folgte. Und siehe, das sonst so verlogene Maschinchen sprach diesmal wahr: 93. Damit hätte ich seit Jahresbeginn rund 10 Kilo abgenommen, läge nur noch 5 über meinem langjährigen Wohlfühlgewicht. Und das ganz ohne brachiale Ernährungsumstellung oder Trainingsfolter. Einfach so: An 4 von 7 Tagen das Kuchenstück/Teilchen zum Nachmittagskaffee weggelassen und die Zuckersüßhappen am Spätabend hälftig durch Nüsse und Obst ersetzt. Dann, wohl das Wirkunsvollste: Reaktivierung eines Prinzips, dem ich bis 2016 über fast drei Jahrzehnte gefolgt war = an 5 Tagen die Woche mindestens je eine Stunde schweißtreibende körperliche Arbeit oder eine entsprechende sportive Betätigung (letzteres ist bei mir in der Regel ein strammer Waldmarsch). Wohlfühlgewicht ist das Ziel der Operation, denn hübsch genug bin ich mir ja sowieso. Und das Schöne daran: Für den Selbstversorgungsanteil unseres Hausstandes bringt das allerhand, für mich obendrein jede Menge Spaß an der Freud und von puristischer Selbstquälerei findet sich kaum eine Spur.


18.05.2018

Im Rahmen der Rhein-Zeitungs-Serie über Leben und Werk von Karl Marx heute mal etwas Ungewöhnliches: Eine persönliche Erinnerung an meine Erstbegegnung mit dem Marx-Oeuvre anno 1970. Es war ein Fiasko. Denn als 15-jähriger hippiesk-antiautoritärer Jüngling hatte ich mir in maßloser Selbstüberschätzung bei völliger Ahnungslosigkeit zur Einstiegslektüre ausgerechnet erkoren: "Das Kapital". Wie kommt ein Bub auf solch eine Idee? In meiner damaligen Heimatstadt, dem studentenbewegten Heidelberg, wurde seinerzeit immer und überall über Marx gesprochen/gestritten. Da wollte ich wissen, was es mit dem Kerl auf sich hat - und scheiterte im ersten Anlauf kläglich, sein "Hauptwerk als Originaltext" lesen zu wollen.

Zum Zeitungsartikel "Wie ich als 15-Jähriger an Karl Marx scheiterte"
6200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


17.05.2018

Jüngst saß ich mit einigen Leuten beisammen, die alle als aufgeklärte, weltoffene Demokraten gelten dürfen - die indes reihum (von mir abgesehen) zu deutlich gehobenen Einkommensklassen gehören. Wir plauderten querbeet über Politik, den Zustand der Welt, Alltag und Soziales. Und wieder mal fiel mir auf: Weltwahrnehmung und Lebenshaltungen wohlhabender Mitmenschen unterscheiden sich vielfach beträchtlich von denjenigen sozial weniger gut und sicher gestellter Zeitgenossen. Was mich in der Ansicht bestärkt hat: Wer Wein trinkt, soll nicht Wasser predigen. Oder: Wer sich um sein Auskommen keine Sorgen machen muss, sollte sich bei Urteilen über weniger Bemittelte und Armut tunlichst zurückhalten.


10.05.2018

Für alle Vatertagsausflüger tut es mir ja leid. Sonst aber ist die heutige regennasse Unterbrechung der Frühhochsommertrockenzeit ein Segen. Die Luft mal durchgeputzt, Erde und Pflanzen bewässert, die seit zwei Wochen schon leeren Regenfässer wieder gefüllt. Prima.


08.05.2018

Gestern im Fernsehen etwas gelernt über den jüngsten Stand der wissenschaftlichen Forschung in Sachen Pollenallergie. Daraus ließe sich die Gesetzmäßigkeit ableiten: Die Natur macht die Menschen stetig kränker, weil die Menschen die Natur krank machen. Der Befund: a) Die Pollensaison beginnt immer früher und dauert immer länger; b) vor allem im urbanen Umfeld steigt die Pollenmenge drastisch an und werden die Pollen in ihrer Chemie deutlich aggressiver. Die Ursachen: ad a) Klimawandel; ad b) Reaktion der Pflanzen auf Einwirkung erhöhter Luftkonzentrationen von CO2, Stickoxiden und Ozon.


07.05.2018

Schreibt mir das heutige Horoskop der Frühstückszeitung doch diesen ehrenwerten Satz aufs Panier: "Auch wenn Ihre Beschäftigung mit höherem Wissen nicht auf einhellige Begeisterung stößt, sollten Sie sich nicht von Ihrem Weg der Weisheit abbringen lassen." Ergo: Erstens liege ich bei der aktuellen Befassung mit Karl Marx wohl richtig; und zweitens scheint es ein weiser Entschluss, jetzt zwecks Verschnaufen und Batterienaufladen mal ein paar Vertrödeltage einzulegen.

                                                    ***

Mit einem aufrührenden Ausrufezeichen zum Saisonschluss entließ das Koblenzer Musik-Institut am Wochenende sein Publikum in den Sommer. Beglückung, Gänsehaut hier, gar ein Tränchen da. „Das große Tor von Kiew“, finaler Teil von Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“, setzte mit seiner zu Herzen gehenden, jubilierend-harmonischen Klangpracht (hier in der Orchestrierung von Maurice Ravel gegeben) den Anrechtskonzerten des Instituts 2017/18 den rechten Schlussakkord. Denn es war eine starke Spielzeit.

Meine Konzertbesprechung
3700 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent

                                                      ***

Es ist nicht ohne Risiko, Tony Kushners Schauspiel „Engel in Amerika“ von 1991 heute auf die Bühne zu bringen. Noch bei der Koblenzer Erstaufführung 1997 lag über dem Stück die reale Drohung: Fast jede Aidsdiagnose ist ein sich zeitnah vollstreckendes Todesurteil. 21 Jahre später muss die jetzige Neuinszenierung am Theater Koblenz ohne diese das Publikum umtreibende finale Brisanz in der Wirklichkeit auskommen. Es ist dennoch ein weithin sehenswerter Abend von bleibender Relevanz herausgekommen.

Meine Premierenkritik
4300 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent


05.05.2018

Am 5. Mai 1818, also heute vor 200 Jahren, wurde in Trier Karl Marx geboren. Aus diesem Anlass beleuchten dort mehrere - allesamt sehenswerte - Ausstellungen dessen Leben und Werk. In der Rhein-Zeitung ist heute auf einer Marx-Sonderseite meine Besprechung der Hauptausstellung zum Werk im Rheinischen Landesmuseum abgedruckt

Ausstellungsbesprechung
(6300 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent).

Beigefügt ist dort mein Kommentar "Marx neu zu denken - das ist notwendig", aus dem ein paar Passagen hier zitiert seien:

"Wo immer der Name Karl Marx fällt, tauchen sofort auch zwei Reflexe auf: vehemente Ablehnung und vorbehaltlose Verehrung. Beide behindern eine angemessene Befassung mit dem vielschichtigen Werk eines der bedeutendsten Denker des 19. Jahrhunderts. (...)

Leider wissen viele Marx-Gegner oft herzlich wenig bis gar nichts über das Werk des Angefeindeten. Stattdessen wird Karl Marx quasi persönlich dafür verantwortlich gemacht und abgeurteilt, was im Jahrhundert nach seinem Ableben unter dem Etikett „sozialistisch“ oder „kommunistisch“ alles verbrochen wurde.

Das ist eine etwas eigentümliche Position. Niemand käme auf die Idee, etwa den Erfinder Rudolf Diesel für den VW-Dieselskandal verantwortlich zu machen oder Martin Luther für den Dreißigjährigen Krieg. Keiner würde den Verfassern des Neuen Testaments oder gar Jesus Christus selbst die Schuld an den Metzeleien der Kreuzzüge und der Hexenverfolgung zuschieben. Dem Karl Marx indes wird angelastet, dass Lenin, Stalin, Mao Tse Tung, Pol Pot, die nordkoreanischen Kim-Diktatoren oder Ulbricht, Honnecker und Co. sich auf ihn beriefen.(...)

Unter dieser Last, für die der Mann aus Trier nichts kann, ist das Marx‘sche Originalwerk fast völlig verschüttet worden. Sollten die Ausstellungen und Veranstaltungen jetzt zum 200. Geburtstag es so weit von diesem Schutt befreien, dass eine sachlich-kritische Auseinandersetzung mit dem Ouevre selbst wieder möglich wird: Es wäre ein Gewinn für das Geistesleben der Gegenwart – nicht zuletzt als interessanter Impuls für die Diskussion darüber, was warum am globalen Turbokapitalismus heute falsch läuft und eventuell dagegen getan werden kann. "


02.05.2018

Eine kleine, feine, sehr kluge Produktion kam jetzt auf der Probebühne 2 des Theaters Koblenz zur Premiere. Uraufgeführt wurde der Auftragstext "Das 20. Jahrhundert in Kartons" von Jungautorin Deborah Kötting. Bühne und Zuschauerraums sind eins. Man sitzt in der Wohnzimmerwohnung einer verschwundenen Greisin, zwischen deren über das gesamte zurückliegende Jahrhundert angesammeltem Mobiliar und Krimskrams - und sinniert über das, was drei Schauspieler aus dem Krempel an vergangenem bis eben jetzt vergehendem Denken, Tun, Erleben herausziehen. Die 95 Spielminuten werfen mit ihrer geradezu intim ausgestalteten Betrachtung des 20. Jahrhunderts zugleich die größten Fragen für das 21. auf.

Meine Premierenbesprechung
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

30.04.2018

Es sind heute und übers Wochenende in unterschiedlichen Medien mehrere Artikel von mir erschienen. Der Nachruf auf Ruth A. Duchstein sowie der Beitrag über das gemeinsame Leben von Jenny und Karl Marx wurden hier bereits angezeigt (s.u.). Vier weitere Veröffentlichungen sind noch nachzutragen, was  an dieser Stelle nun  Zug um Zug geschehen soll (s.u.).

Den Anfang macht die Folge 159 meiner Monatskolumne "Quergedanken". Der schon vor zwei Wochen geschriebene Text unter  der Überschrift "Meine Bücher sind ein Teil von mir"  handelt von dem regelmäßig wiederkehrend Problem überquellender Bücherregale.

Quergedanken Nr. 159
(freier Lesetext)

                                                ***

Vom Dach des Mainzer Staatstheaters lugt der gewaltige Kopf eines Riesen und schaut grimmig über das Zentrum der Landeshauptstadt. Drinnen im großen Haus reichen seine Beine hinunter bis auf die Bühne, flankieren als überdimensionale Säulen aus archaisch göttlichem Urgrund die Menschenwelt. Dort beginnt mit einem kleinen Puppenspiel zwecks Vergnügung des burgundischen Königshofes eine gut dreieinhalb Stunden währende Tragödie: die bekannte Nibelungensage, von Jan-Christoph Gockel inszeniert nach Friedrich Hebbels 1861 uraufgeführtem Trauerspiel. Ein bemerkenswerter Theaterabend - über das fragwürdige Heldentum einer "edlen" Bagage von Umsympathen.

Meine Premierenbesprechung
(4400 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

                                                ***

 

So ist es Tradition: Jeder Jahrgang der Stipendiaten des Künstlerhauses Schloss Balmoral in Bad Ems und des Landes Rheinland-Pfalz präsentieren ihre Abschlussarbeiten mit einer gemeinsamen Ausstellung im Arp Museum Remagen-Rolandseck. Für ihre am Sonntag eröffnete Präsentation haben die 15 Stipendiaten 2017/18 den Titel „Es dauert. Es ist riskant. Es bleibt womöglich für immer“ formuliert.
Das Motto passt zu vielen Prozessen in der Kunst. Er passt besonders gut zum Umgang mit einem der ältesten Materialien des menschlichen Kunstschaffens überhaupt: dem Ton. Die kreative Auseinandersetzung mit der Keramik war den für einige Monate im Schloss Balmoral weilenden Künstlern der jüngsten Generation als Leitthema gestellt.

Meine Ausstellungsbesprechung
4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

                                                ***

Das Ausstellungsjahr hatte im Ludwig Museum Koblenz mit Fotokunst von Stephan Kaluza über die Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur begonnen. Die sich anschließende und noch bis 20. Mai laufende Ausstellung „Aqua Shock“ bleibt bei der Fotografie und auch beim Thema: Das Modernemuseum am Deutschen Eck zeigt über zwei Etagen großformatige Aufnahmen des Kanadiers Edward Burtynsky. Bis zum Jahresende werden u.a. Einzelpräsentationen zum Schaffen  Shao Fan, John Chamberlain sowie Pierre Soulages folgen. im Sommer richtet sich das Augenmerk auf ein Sonderprojekt unter dem Titel „Confluentes III – Grenzen aufbrechen“, bei dem  mehrere Künstler ihre Positionen zum Thema im Museum, in der Stadt, in der Seilbahn und am Kaiserdenkmal am Deutschen Eck aufzeigen werden. Das Gespräch mit Museumdirektorin Beate Reifenscheid kommt auch auf deren derzeitiges Engagement als Präsidentin des deutschen Komitees beim Internationalen Museumsrat ICOM.

Das Ausstellungsjahr im Ludwig Museum Koblenz und mehr

(freier Lesetext)


28.04.2018

Eine großartige Literaturvermittlerin, wunderbare Persönlichkeit und warmherzige Freundin ist gestorben: Die  Koblenzer Buchhändlerin Ruth A. Duchstein erlag am Mittwoch 61-jährig ihrer schweren Krankheit.

Ein kleiner Nachruf hier


27.04.2018

Karl Marx auf allen Kanälen. Und in Trier fiebert man dem Start der Ausstellungs- und Veranstaltungskampagne am 5. Mai entgegen, dem 200. Geburtstag des weltweit berühmtesten, wenn auch nicht beliebtesten Sohnes der Moselstadt. Derweil studieren in Bad Kreuznach die Amateure des Nahe Theaters ein Stück namens "Karl und Jenny - 175. Hochzeitstag" ein. Denn am 19. Juni 1843 sind die beiden ebendort den Bund fürs Leben eingegangen. Ein Bund, dessen Bedeutung für das Marx'sche Schaffen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Dazu mein Beitrag "Jenny Marx - Ein Leben mit und für Karl"  im Rahmen der Marx-Serie der Rhein-Zeitung
6000 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


23.04.2018

Das Theater Koblenz hat einen ansprechenden Ballettabend herausgebracht. Für den hat sich Tanzchef Steffen Fuchs von Homers "Odssee" zwar inspirieren lassen, erzählt indes nicht die antike Storie als Handlungsballett nach. Zwei Teile - "Die Irrfahrten" und "Die Heimkehr" -, zwei grundverschiedene Choreografien und Tanzstile: einer streng neoklassisch, der andere sehr gefühlig in freierer zeitgenössischer Manier.

Meine Premierenbesprechung
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


16.04.2018
Wie der mächtige Gonzaga vor dem anfangs geschlossenen, gewaltigen Eisernen Vorhang des Schauspiels Frankfurt hin und her schlurft, erscheint er von Statur und Charakter als kleiner und lächerlicher Mann. Der Prinz suhlt sich in vermeintlich unsterblicher Liebe zu einer Bürgerstochter. Zugleich bejammert er weinerlich seine Unentschlossenheit, wie die schöne Emilia zu gewinnen sei. Zur Premiere kam am Wochenende Lessings „Emilia Galotti“. Das Trauerspiel von 1772 beginnt hier als Schmunzeln machende Humoreske und endet anders als geschrieben.
Meine Premierenkritik
(4000 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

 


12.04.2018
Morgengedanken:
Alt geworden / und des langen Kämpfens müde / sieht er eine Welt, / die all jene Unvernunft immerfort wiedergebiert / derentwegen wir einst die Stiefel schnürten. // In der Ecke steht dies Schuhwerk, / abgetragen und spröde das Leder / nach so vielen Jahren. / Doch da die Sohlen noch fest sind, / greift er mit einem Seufzer / zu Fett und Bürste.

11.04.2018
Prima Kurzkommentar des hochverehrten Kollegen Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung über die Trierer Karl-Marx-Statue.

10.04.2018
Mein privates Fitness- und Meditationscenter. Die Geräte werden heute abgebaut, denn die Holzernte 2018 ist eingebracht und der Holzvorrat für die nächsten beiden Winter ofenfertig zur Erreichung des idealen Trocknungsgrades aufgestapelt. Und jetzt geht's an den Gemüsegarten.

04.04.2018
Es ist bisweilen ein Kreuz mit der sprachlosen Tanzkunst, die heutzutage kaum mehr Geschichten darstellt, sondern von Gefühlen, Assoziationen, Mechanismen des Daseins handelt. Da kann schon die Formulierung eines Stücktitels zum Problem werden, wenn Worte nicht fassen können, was der Tanz meint. Das Hessische Staatsballett hat unter dem völlig beliebigen Titel „Kreationen“ einen zweiteiligen, zweistündigen Abend von zwei Choreografen herausgebracht – der den Eindruck gekonnt und hübsch bis schön getanzter, aber unlösbarer Rätselei hinterlässt.
Meine Besprechung der Wiesbadener Premiere
(3600 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

02.04.2018

Es ist zum Narrischwerden: Die kulinarischen Osterbräuche jedweder mir bekannten Traditionslinie werfen meine leibliche Frühjahrsertüchtigung wieder mal um Wochen zurück.
 

30.03.2018

Wer war der wichtigste, bedeutendste, größte Künstler aller Zeiten in dieser oder jener Kunstsparte? Fragt man so kunstsinnige Menschen oder Kunstschaffende, gibt es tausenderlei Nennungen - aber zugleich doch signifikante Häufungen bei ganz wenigen Namen. Für die Musik landet mit weitem Abstand ganz vorne Johann Sebastian Bach, was die "Zeit" diese Woche mit einem wunderbaren Dossier unterstreicht. Über den "Alten aus Leipzig" hatte Mozart quasi stellvertretend für alle nachgeborenen Komponisten gesagt: "Bach ist der Vater, wir sind die Buben. Wer von uns was Rechtes kann, hat's von ihm gelernt."

Ähnlich verhält es sich beim Schauspiel. Dort fällt William Shakespeare die Rolle des dramatischen Gottvaters zu. In der Bildenden Kunst teilen sich zwei Vertreter diese Position: Michelangelo und Leonardo. Das Schöne an diesen Zuweisungen ist, dass sie auch unabhängig vom Genie-Wahn der Romantik oder dem Superstar-Schwachsinn der Gegenwart existieren können. Denn ihre herausragend überzeitliche Bedeutung auf dem Zeitstrahl - des im Grunde kollektiven Prozesses - der Kunstentwicklung erwächst aus den ureigenen Qualitäten ihres jeweiligen Schaffens. Eines Schaffens, das je nachfolgende Generationen bis heute tief beeindruckt/berührt sowie deren Künstler/innen beeinflusst, lehrt, inspiriert.


29.03.2018

Es gibt in meiner eMail-Verwaltung einen Ordner "Leserpost" mit vier Unterordnern: Anregungen, Zustimmung, Kritik und Gemecker. Die jüngste in Letzterem abgespeicherte Zusendung endet so: "(...) Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein. Das lasse ich mir auch von Ihnen nicht vermiesen." Der Schreiber reagierte damit auf meine Quergedanken-Kolumne vom Oktober (freier Lesetext hier) unter der Überschrift "Vaterlandslose Gesellen"  um den Kernsatz: „Ich bin – und das mit einiger Freude – ein vaterlandsloser, aber durchaus kein heimatloser Geselle." Da steht zwar fast alles drin, was man dem Herrn hätte antworten können, ich schrieb ihm dennoch folgende kurze Mail zurück: "Ja, von mir aus; wenn Sie meinen, das zu brauchen. Seien Sie stolz, worauf immer Sie mögen - solange Sie mich nicht zwingen wollen, solchen Unsinn mitzumachen. Denn ich kann nur stolz sein auf tatsächliche Leistungen, die ich selbst erbracht habe. Manchmal bin ich auch etwas stolz auf Leistungen, die einige Mitmenschen nicht zuletzt dank Ausbildung/Erziehung/Anregung durch mich erbringen."


28.03.2018

Schlechtwetter steht glückseliger Schinderei im Garten und auf dem Holzplatz im Wege. Ich wälze deshalb die Idee, mal wieder Ordnung in den heimischen Regalen zu schaffen. Doch plagt mich gehöriges Zaudern. Denn es gibt in diesem Häuschen derzeit rund 110 laufende Meter Regalbretter, prall und teils in Doppelreihe bestellt/gestopft mit Büchern, CDs, Rechercheakten, Materialmappen. Nicht, dass blankes Chaos herrschen würde. Die Genre- und Sachthemensegmente sind zumindest noch vage erkennbar. Aber über 13 Jahre freischaffende Heimarbeit macht sich doch eine Unsitte bemerkbar, die jeden Archivar in den Wahnsinn treiben würde: Nach Gebrauch habe ich Bücher/Materialien nicht wieder einsortiert, sondern stapelweise nur ungefähr abgelegt - für dann spätere saubere Einordnung (die bis heute auf sich warten lässt).


27.03.2018

Gleich wird, ganz simpel, eine ordentliche Portion Spagetti mit Tomatensoße reingesogen. Hernach mute ich mir mal Fußball zu. Hoffe auf eine schönes Spiel und dass die bessere Mannschaft gewinnt, wer immer das sein mag. Zum Abendschluss dann noch "Die Anstalt". Muss mich erholen - weniger des Holzhackens wegen, das ich vom Frühstück bis zum Regenbeginn am Spätnachmittag eifrig betrieb. Richtig fertig gemacht hat mich anschließend erst ein Besuch im Gartencenter. Das glaubt man nicht, mit was für einem Scheißdreck die den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Gefühlt allein 1000 Sorten Rasensamen mit speziellen Erdpackungen für jede Art und eigenem Dünger bald für jeden einzelnen Halm.


26.03.2018

Anbei eine kurze Besprechung der aktuellen Sonderausstellung  „Walt Disney – Mickey, Donald & Friends“ im Landesmuseum Mainz. Die Schau konzentriert sich auf zwei zentrale Stränge aus dem Hause Walt Disney: die Welt von Mickey Mouse und das Duck-Universum. Das Gros der 300 Exponate besteht aus "Flachware", aus auf Papier gezeichneten Comics in unterschiedlichsten Entstehungsphasen. Das ist m.E. eine interessante wie auch schmunzeln machende Präsentation vor allem für Erwachsene, die das geduldige Betrachten kleinteiliger Phänomene noch beherrschen. Wer KInder mitbringt, sollte diese der Führung/Bespielung durch die Museumpädagogen anvertrauen - sonst könnten sie sich schnell langweilen oder vor den beiden Film-/TV-Stationen festwachsen.

Meine Ausstellungsbesprechung (freier Lesetext)

                                              ***

Einmal mehr macht das Theater Bonn aus einem literarischen Werk ein Bühnenstück. Diesmal wird allerdings nicht, wie hier und andernorts mehrfach gesehen, einfach die Handlung des erwählten Buches in kompakt verkürzter Form szenisch nachgestellt. Vielmehr findet Regisseurin Sandra Strunz einen bemerkenswert eigenwilligen Zugang zu den Tiefenschichten von Hans Falladas letztem Roman „Jeder stirbt für sich allein“, den er kurz vor seinem Tod 1947 binnen vier Wochen schrieb. Die wichtigste Komponente des Spiels in den Godesberger Kammerspielen ist eine beim Tanztheater entliehene Intensität des Körperausdrucks.

Meine Premierenkritik
(3300 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


25.03.2018

Gute Laune nach den gestrigen Abendnachrichten. Denn: Die Welt ist offenkundig doch nicht vollends bekloppt. Angeführt von Schülern demonstrieren Hunderttausende in den USA für schärfere Waffengesetze. Angeführt von Rentnern protestieren Zehntausende in Madrid gegen den von der Regierung verfolgten Verarmungskurs für Ärmere. Im südpfälzischen Örtchen Kandel bietet ein Bündnis aus der Mitte der Gesellschaft heraus Rechtsradikalen und Braunen Paroli.


23.03.2018

Von 27. bis 29.4. wird der Kultursommer Rheinland-Pfalz 2018 eröffnet.  Passend zum diesjährigen Motto "Industrie-Kultur" des landesweiten Projekt- und Veranstaltungsreigens (bis 31.10.) ist das einstige mittelrheinische Industriezentrum Neuwied Austragungsort des Startwochenendes. Zugleich wird damit der 200. Geburtstag des Westerwälder/Neuwieder  Sozialreformers Friedrich Wilhelm Raiffeisen begangen. "Industrie-Kultur" im "Land der Reben und Rüben"? Mit diesem (scheinbaren?) Widerspruch befasst sich mein seit 2005 alljährlich traditioneller Artikel zum KuSo fürs mittelrheinischen Monatsmagazin "Kulturinfo", der auch auf meiner website publiziert wird. Dort ist zudem am Ende ein Text von 2016 verlinkt, der die bei Auswärtigen und auch vielen Einheimischen nie verstummende Frage beantwortet, was dieser KuSo eigentlich sei und wie er funktioniert.

Vorbericht:
Zum Kultursommer RLP 2018 und seinem Jahresmotto "Industrie-Kultur"
(freier Lesetext)


22.03.2018

Mit der aktuellen Folge 158 meiner Monatskolumne "Quergedanken" könnte selbst manche/r mir sonst wohlgesonnene Leser/in einige Probleme haben. Das Textchen steht unter der Überschrift "Blutsbande? Völlig überbewertet!". Es befasst sich allerdings nicht etwa mit der neuerdings von etlichen Braunköpfen wiedererweckten rassisch-völkischen Blutsbande-Ideologie. Mich mit fantasiertem Komplettunfug zu befassen, sind mir Lebenszeit und Arbeitskraft zu schade.  Vielmehr steht im Zentrum der Betrachtung "die heiligste der heiligen Kühe" der gegenwärtigen Epoche: die Familie.

Quergedanken Nr. 158: Blutsbande? Völlig überbewertet!
(freier Lesetext)


21.03.2018

Ein kleines Textchen über einen gestern stinknormalen Tag floss mir eben aus der Feder. Knapp erzählt wollte/sollte sein von ganz gewöhnlichen Ereignissen, die gerade in ihrer Alltäglichkeit zum angenehmen Kerngehalt meines Begriffes von Heimat gehören.

Verzählche:
Wie an diesem stinknormalen Tag erlebt, so mag ich sie - meine Heimat

(freier Lesetext)  


20.03.2018

Einerseits ist es so: Meine Sympathie für Putins autoritäres Oligarchensystem liegt ziemlich genau bei Null. Woran auch die Tatsache nichts ändert, dass etliche Momente heutiger russischer Politik Folge der arrogant-brachialen Nato-Osterweiterung seit der Wende sind. Andererseits ist es so: Die jetzige Empörungswelle des Westens gegen Putin wegen des Giftgas-Attentats von Salisbury erinnert mich fatal an die US-Verfahrensweise gegenüber Saddam Hussein im Vorfeld der Irak-Intervention wg. angeblicher Massenvernichtungswaffen: All die vehementen Beschuldigungen basieren bloß auf "mutmaßlich" und "wahrscheinlich", Beweise für eine Aktion des russischen Geheimdienstes gibt es derzeit einfach keine. Also wird Weltpolitik auf Verdacht hin gemacht.

Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass der verwendete Giftstoff aus russischer Produktion stammt, wäre das noch kein Beweis. Denn wir wissen doch alle, dass im Chaos während des Zusammenbruchs der UdSSR und der nachfolgenden Jahre kleptokratische Funktionäre und mafiose Privatiers jedweden Armeebestand, dessen sie habhaft werden konnten, auf dem internationalen (Schwarz-)Markt in klingende Münze verwandelt haben. Obendrein erschließt sich mir der politische Nutzen nicht, den das Putin-System aus einem Anschlag ziehen sollte, dessen Signatur vermeintlich direkt auf den Kreml als Urheber verweist.


19.03. 2018

Wenn Rechtspopulisten und Rechtsextremisten fordern, man müsse die Behandlung der "urdeutschen Klassiker" stärker fördern, dann sage man ihnen dieses: Aber gerne, denn da bekommt ihr es mit jeder Menge großer Geister zu tun, die gegen euch die Rede führen. Zu ihnen gehört an vorderer Stelle etwa Gotthold Ephraim Lessing mit seinem Theaterstück "Nathan der Weise". Das schreibt uns, euch, allen ins Stammbuch, dass Menschlichkeit und Vernunft unendlich bedeutsamer sind als jedwede Anmaßung von Religionen, Politideologien, Rasselehren oder Nationalchauvenismen. Am Staatstheater Wiesbaden ist der "Nathan" jetzt wieder auf die Bühne gekommen

Meine Premierenkritik
(4200 Anschläge, RZ-Text für 49 Cent)

                                                  ***

Im Arp-Museum Remagen schäumt das diesjährige Ausstellungsmotto „Farbenrausch“ jetzt so richtig auf. Bereits seit Mitte Februar läuft im großen Saal des Meier-Baus eine Präsentation mit zeitgenössisch abstrakten Farbraumkörpern von Gotthard Graubner. Jetzt kommen in der Kunstkammer Rau des Museums 62 Werke aus mehreren Jahrhunderten und vielen Stilrichtungen hinzu. Sie entfalten ein irrlichterndes Spiel aus Farbe und Licht, erhellen zugleich auf spannende Weise die sich über die Zeitalter wandelnden Bedeutungen und Rollen der Farben.

Meine Ausstellungsbesprechung
(4400 Anschläge, RZ-Text für 49 Cent)


17.03.2018

Statt behaglichem Samstagsfrühstück, heute nur die schnelle französische Werktagsnummer. Denn der Kerl ist im Stress wg. Deadline für vier Artikel bis Sonntagabend. Und sein Hirn ist genervt, weil der Rechtskonservatismus im demokratischen Spektrum (Seehofer) mal wieder rechtspopulistisch zündelt ("Islam gehört nicht zu Deutschland") und so dem Rechtsextremismus de facto ideologisch die Steigbügel hält. Dabei geht es im Kern gar nicht um den Islam. Der ist nur das (xenophobische) Vehikel/Werkzeutg: Mit dessen Hilfe wollen beide die ihnen seit den 1960ern Zug um Zug entglittene normative Hegemonie über die immer vielgestaltiger werdende Lebensarten und Kulturen der deutschen Zivilgesellschaft zurückerobern.


12.03.2018

Das Theater Koblenz erlebte jetzt die Premiere einer in mehrfacher Hinsicht großen Produktion. Mit „Ghetto“ des israelischen Dramatikers Joshua Sobol kam ein bedeutendes Schauspiel auf die Bühne: über den Zwiespalt zwischen Moralität und Überlebenskampf im Juden-Ghetto von Wilna 1941 bis 1943. Markus Dietze hat es mit 20 Schauspielern, Klezmer-Quartett, Kinderchor und allerhand Statisten als opulenten dreistündigen Abend inszeniert – der in seiner klugen, einfühlsamen Machart berührt und nachdenklich stimmt wie kaum ein anderer der bisherigen Spielzeit.

Meine Premierenkritik
(4500 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


07.03.2018

Er ist in Koblenz eine jener engagierten Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft, ohne die auch und gerade im Bereich der Kultur so manches nicht laufen würde: Herbert Grohe -  seit 2002 Vorstandsvorsitzender des Vereins "Freunde der Rheinischen Philharmonie" und Mitglied in fast einem Dutzend weiterer Kulturvereine.  Basierend auf einem langen Gespräch mit dem heute 76-Jährigen und vielen Begegnungen in den Vorjahren, bin ich im nachfolgenden Artikel den Motiven dieses Mannes sowie seiner und des von ihm geleiteten Vereins Bedeutung für das Koblenzer Staatsorchester nachgegangen.

Des Orchesters guter Freund und Helfer
(freier Lesetext)


05.03.2018

1996 hatte eine 20-köpfige Gruppe von Koblenzer Bürgern um den Gymnasiallehrer Dieter Servatius die Kulturfabrik (Kufa) Koblenz von deren Gründern aus den 1980ern übernommen. So wurde die damals gefährdete Fortexistenz dieses Kulturzentrums gesichert und zugleich dem 1991 ebenfalls von Servatius ins Leben gerufenen Koblenzer Jugendtheater die Spielstätte erhalten. Jetzt, 22 Jahre später, haben die  Kufa-GmbH-Gesellschafter des Servatius-Kreises in einem konzertierten Akt die Verantwortung in die Hände einer jüngeren Generation gelegt. Der Altersdurchschnitt der Gesellschaftergruppe sank damit von 70 auf 45 Jahre, der Frauenanteil stieg von zwei auf sieben. Im Rahmen des gestrigen Festabends anlässlich dieses Generationenwechsel hielt ich eine knapp 25-minütige Rede, die hier im Wortlaut veröffentlicht sei.

Redemanuskript meiner Ansprache beim Festabend am 5. März 2018 in der Koblenzer Kulturfabrik
(freier Lesetext)


02.03.2018

Ältere Zeitgenossen erleben dieser Tage ein Déjà-vu nach dem anderen. Die NPD kehrt als AfD in die Parlamente zurück; draußen tobt wieder ein Mob aus Geh-doch-rüber-, Ab-ins-Arbeitslager- und Gaskammer-Schreiern. Nixon ist als idiotischer Trump wiedergeboren, Chruschtschow als smarter Putin; der Kalte Krieg ist wieder da und das atomare Wettrüsten ebenfalls. In den Regierungssitzen wuseln neuerlich Spione herum, diesmal weniger in den Fluren, mehr in Kabelnetzen . Die Unions-Kanzlerin hat, wie dereinst Adenauer und Kohl, bleiernen Ewigkeitswert. Der meisten Deutschen Hauptsorge gilt wie ehedem ihrer heiligsten Kuh, dem Automobil. Und die dominante Kultur im Land ist wieder die der Schweinsbraten, Buttercremetorten, Russisch-Eier-Platten des Wirtschaftswunders. Alles noch einmal, alles von vorn? Allmählich verflüchtigt sich mein Glaube an die Vernunftfähigkeit des Menschen als Spezies.

                                               ***

Sorry, fast hätte ich vergessen, ihn hier anzuzeigen: meinen bereits gestern im lokalen Kulturteil Koblenz der Rhein-Zeitung erschienenen Artikel anlässlich des kollektiven Generationenwechsels in der Gesellschaftergruppe der Koblenzer Kulturfabrik (Kufa). Während ein Text von Kollegin Melanie Schröder sich mit den Zukunftsvorstellungen der nun neuen, jüngeren Gesellschafter für die Kufa befasst, blicke ich vor allem zurück auf Herkunft und Geschichte der Institution. Gerade jetzt schreibe ich an einer lieblich-kratzigen Rede, die ich am Sonntag im Rahmen der kleinen Übergabefeier vor beiden Gesellschaftergenerationen halten werde.

Mein Artikel hier
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


01.03.2018

Es gibt in der leidigen Sache "Diesel-Autos" m.E. zwei Haupttäter und zwei Opfergruppen. Die Täter: 1. Autoindustrie als Verursacher. Insofern Abschalteinrichtungen benutzt wurden, handelt es sich um Betrug von hoher kriminieller Energie aus niedrigen Gründen. Daneben haben alle Hersteller die Öffentlichkeit/Kunden (teils mit Flankenschutz durch die Politik) systematisch getäuscht und belogen, was Umweltveträglichkeit, Verbrauchs- und Abgaswerte ihrer Diesel angeht. 2. Die regierende Politik: Sie hat - lobbygetrieben oder im vorauseilenden Gehorsam - ein Umfeld geschaffen, das die De-facto-Täuschung de jure legitimiert. Die Opfer: 1. Anwohner im Umfeld von Verkehrszentren der Großstädte (wg. Gesundheit). 2. Die Diesel-Fahrer, die belogen/betrogen wurden und jetzt wahrscheinlich in doppelter Hinsicht die Gelackmeierten sind (Fahrverbot + Wertverlust).

Das Verwaltungsgericht gehört zu keiner der beiden Fraktionen. Zudem: Die hiesige Politik hätte es in der Hand, die Kluft zwischen de facto und de jure wieder halbwegs zu scfhließen - indem sie die Autoindustrie, die mit Lug oder gar Betrug Abermilliarden verdient hat, zu Hardware-Nachrüstung, Ersatzbeschaffung oder Entschädigung der Diesel-Fahrer per Gesetz zwingt. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass dem Managment von VW/Audi in aller gesetzlichen Strenge der Prozess gemacht werden muss und die Staatsanwaltschaften mit Nachdruck dem anhaltend im Raum stehenden Abschalt-Verdacht gegen BMW, Mercedes u.a. nachgehen

27.02.2018

Mein nächster öffentlicher Vortragsabend hat die Frage zum Thema: "WAS VERSTEHEN WIR EIGENTLICH UNTER POPULISMUS?" Beleuchtet werden die verschiedenartigen Bedeutungen, die dem Begriff inzwischen zugeschrieben werden. Zugleich werden diverse Methoden untersucht, derer sich Populismus bedient, um unterschiedliche Ziele zu erreichen. Etwa: Die direkte Ansprache des menschlichen Gefühlszentrums unter Umgehung der Ratio. Oder: Die unterschwellige Meinungsbeeinflussung durch permanente Benutzung abwertender/überbewertender Sprachbilder. Oder: Die Reduzierung komplexer Wirklichkeit auf grob vereinfachte bis falsche bis unwahre Ursache-Wirkungs-Mechanismen...

14. März, 20 - 22 Uhr, Haus Felsenkeller Altenkirchen.


26.02.2018

Vor gleißendem Scheinwerferlicht trägt ein Mann seine wie tot erschlaffte Frau einen Berggrat hinauf. Als er sie oben hinstellen will, knicken ihre Beine weg, und sie rollt den Weg wieder hinab. Erneut müht der Mann sich mit der hilflosen Frau. Jetzt auf allen Vieren kriechend, schleppt er sie huckepack nach oben. Vergeblich – sie rutscht, purzelt, stürzt wieder zurück. Und noch einmal..... Mit solcher Sisyphusarbeit beginnt die jüngste Tanzproduktion am Staatstheater Mainz, die Uraufführung „Impetus“, eine Staunen machende Arbeit der Choreografen Guy Nader und Maria Campos.

Meine Premierenbesprechung
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)

                                                   ***

Neulich Gießen, jetzt Bonn: Warum bringt man 2018 Jean-Paul Sartres „Die schmutzigen Hände“ auf die Bühne? Das Stück von 1948 handelt vom Jüngling Hugo aus bürgerlichem Hause, der sich als proletarischer Revolutionär bewähren will, aber aufgerieben wird zwischen den Fraktionen der kommunistischen Kaderpartei im Untergrund. Vor 70 Jahren wurde dieser Stoff in der europäischen Linken heiß diskutiert. Was kann Regisseur Marco Storman in Bonn ihm für heute abgewinnen? Nach 110 Minuten ist zu konstatieren: wenig.

Meine Premierenbesprechung
(3300 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


25.02.2018

Lassen Sie mich eine kleine Geschichte aus fernen Jugendtagen erzählen. „Och nöö!“, mault Freund Walter. „Nicht schon wieder eine Lehrparabel, bei der man den Hintersinn erst ergrübeln muss. Red‘ Tacheles!“ Das ist ein alter Streitpunkt zwischen uns. Denn ich bin der Ansicht, man darf den Lesern was zutrauen. Deshalb hier nun als Folge 157 meiner Monatskolumne "Quergedanken" eine Story aus jener Zeit, da in einer Kleinstadt das Fremdartigste, das der damaligen Mehrheitsbürgerschaft dort je begegnete, wir waren: am Ort geborene Kinder, herangewachsen zu Jugendlichen, die mit der Lebensart ihrer Eltern fast gar nichts mehr verband.

Quergedanken 157: Die femdeste Fremdartikgeit
(freier Lesetext, 3400 Anschläge) 


22.02.2018

Es ist mal wieder die Jugend, die Hoffnung macht. Die besten Nachrichten aus den USA seit langem sind die jetzigen über Abertausende von Schülern, die in zahlreichen Städten dort demonstrieren: für eine durchgreifende Verschärfung der Waffengesetze. Und gegen den Einfluss der bis dato scheinbar allmächtigen Lobbybande der US-Waffenindustrie - die nach dem jüngsten Amoklauf an einer Schule als bestes Mittel gegen solche "Katastrophen" vorschlug, nun "endlich auch" die Lehrer zu bewaffnen. Erfreulich: Bei jüngsten Umfragen spachen sich 66 % der Amerikaner - wie die Schüler - für deutlich verschärfte Waffengesetze aus.


21.02.2018

PUNKT. FINIS. Knirsch - rumpel - krach! Felsbrocken stürzen mir vom Herzen, denn das Manuskript für mein Buch "Musik-Institut Koblenz 1808 bis 2018" ist fertig. Mit rund 300 000 Anschlägen ist es zwar kein Riesenwälzer, aber doch ein ordentlicher Brocken. Schönes Gefühl, es geschafft und etwas geschaffen zu haben. Was nun? 20 Stunden am Stück schlafen, dann die über Monate aufgelaufene Bugwelle aus Unerledigtem durchmisten. Hernach wieder zur Fünf-Tage-Woche zurückfinden. Und vor allem den Körper wieder in Form bringen. Weil: Die Muskulator ist völlig abgeschlafft, der Arsch breitgesessen und die Wampe aufgedunsen.


19.02.2018

Im Kleinen Haus des Mainzer Staatstheaters hatte jetzt eine mit Weimar co-produzierte sogenannte Stückentwicklung unter dem Titel "Drei Mal die Welt" Premiere. Stückentwicklung meint: Aus einer nur vagen Idee entsteht erst während der Proben ein Stück. Ausgangspunkt hier: Georg Forster - Forschungsreisender und Gesicht der Mainzer Republik, die 1793 von den Preußen niederkartätscht wurde. Ergebnis auf der Bühne: Vier schräge Typen von heute schippern per Floß 'gen Brüssel, um mit EU-Politikern Tacheles zu reden. Der 110-minütige Abend ist ein großer Spaß - von zugleich bemerkenswert ernsthafter zeitkritischer Kraft.

Meine Premierenbesprechung
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


17.02.2018

Mit einem Tag der offenen Tür bei freiem Eintritt und der Eröffnung zweier neuer Ausstellungen startet das Arp Museum in Remagen-Rolandseck an diesem Sonntag in seine Saison 2018. Nachdem das Haus 2017 mit Henry Moores Großplastiken die erfolgreichste Einzelpräsentation (75 000 Besucher) seiner zehnjährigen Geschichte verzeichnen konnte, steht das neue Jahr unter dem Leitmotto „Farbenrausch“. Eines der Zentren bildet dabei ganzjährig die jetzt beginnende Schau „Gotthard Graubner. Mit den Bildern atmen“. Bis Mitte des Jahres widmet sich parallel eine kleine Kabinettausstellung der kreativen Freundschaft zwischen Kurt Schwitters und Hans Arp.

Meine Ausstellungsbesprechung
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


15.02.2018

Von Hause aus und den Ursprüngen her ist Olympia eigentlich ganz ungeeignet, als Wettkampf zwischen Nationen behandelt zu werden. Denn in den meisten Kerndisziplinen messen im Winter wie im Sommer nicht (National-)Mannschaften, sondern Einzelsportler ihre Fähigkeiten. Ich weiß aus meinen (wenigen) Jugendjahren als Leistungsportler in der Leichtathletik (Hochsprung): Bei unseren Regionalwettkämpfen waren es meist nur Trainer und Funktionäre, die nach Vereinsflaggen anfeuerten und ggf. jubelten. Von den Staffelläufen abgesehen, zählten für uns Sportler und manchen Zuschauer allein die Einzelleistungen - völlig unabhängig davon, was für ein Vereinswappen jemand auf dem Trikot hatte.


14.02.2018

Sollte die Groko doch eines der großen stillstehenden Räder drehen wollen, und auch noch in die richtige Richtung? Die Umsetzung der jetzt von drei Bundesministern ausgebrüteten Idee "Kostenloser ÖPNV für alle" wäre eine völlig richtige Weichenstellung zur Rettung/Verbesserung von Luft-, Lebens- und Verkehrsqualität in unseren Ballungsräumen. Mag sein, dass man mit der Idee/Absichtserklärung erstmal nur Brüssel und hiesige Richter ruhig stellen will. Deshalb bleibt die Idee doch gut - und stehen die vorschlagenden Minister im Wort.

Die Kosten wären kein Pappenstiel, aber überschaubar und verglichen mit den in der Vergangenheit ausgegebenen Summen für die automobile Zurichtung der Städte nur Peanuts: 12 Milliarden p.a. Betriebskostenzuschuss für entgangene Ticketeinnahmen plus einige Milliarden Anschubfinanzierung für zusätzliche Busse/Bahnen. Im Gegenzug fiele etwa der Unterhalt der gesamten Ticketverkaufs- und -kontrolllogistik weg. Für Unfug halte ich die Unkenrufe der Bedenkenträger, wonach von jetzt auf gleich die ÖPNV-Kapazitäten verdoppelt werden müssten. Denn so grottenschlecht wie der ÖPNV auf dem Land ist, würde das Kostenlos-Angebot fürs erste überwiegend von Innenstadt- und Nahraumpendlern genutzt werden.

Wie ernst die Sache gemeint ist oder eben nicht, wird man noch in diesem Jahr de facto daran erkennen können: Gibt es Anwerbekampagnen für die Ausbildung zum Bus- und Straßenbahnfahrer? Gibt es Bestellorders an Bus- und Tramhersteller? Falls nicht, hätten wir es nur einmal mehr mit einem Heiße-Luft-Duett von St. Bürokratius und St. Nimmerlein zu tun.


12.02.2018

Ei, guck emol! Wie seit Tagen das Internet meterweise, so bietet jetzt auch der Lokateil meiner Frühstückszeitung seitenweise fotografische Fastnachtsimpressionen von Sitzungen und Umzügen. Das geht in Ordnung, schließlich bewegt die Narretei hierzulande jede Menge Leute gehörig. Eingestanden sei, dass auch ich das eine oder andere Bild mit Vergnügen betrachte. Allerdings interessieren mich persönlich szenische Totalen von Korps oder Motivwagen ebenso wenig wie Kostüme oder Orte des Geschehens. Mein Hinschauen gilt vor allem Nahaufnahmen von Gesichtern.

Das finde ich wirklich spannend, was da manchmal zu sehen ist oder sich interpretieren lässt. Hier der spontane, natürliche, frei aus der Mimik purzelnde Spaß an der Freud. Da die für den Fotografen hergezeigte künstliche und oft überzogene Fröhlichkeit. Dort das sich etwas genierende, von Scheu vor dem öffentlichen Foto angehauchte Lächeln oder Lachen. Dann wieder ein verführerisches Turteln in die Kamera hinein, gelegentlich auch ein nur mit Mühe aufgehübschtes, weil eigentlich verfrorenes oder genervtes oder schon erschöpftes Antlitz ..... Es ist unglaublich viel Menschliches und Allzumenschlichen zu sehen, wenn man genauer hinschaut.


11.02.2018

„Wenn Demokratie sich nicht ständig verändert, verbessert und selber korrigiert, wird sie irgendwann hinweggefegt. Laut Shakespeare.“ Dies sagt John von Düffel in einem Interview und unterstreicht damit den hochpolitischen und aktuellen Charakter seiner jüngsten Arbeit. Der einstige Bonner Dramaturg, renommierte Romancier und Stückebearbeiter hat jetzt dem Staatstheater Wiesbaden die drei Shakespeare-Werke „Coriolan“, „Julius Cäsar“ sowie „Antonius und Cleopatra“ für einen dreieinhalbstündigen, sehr interessanten Abend unter dem Titel „Römische Trilogie“ zugeschnitten und gebündelt.

Meine Premierenkritik hier
(4500 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


10.02.2018

Dank moderner Wissenschaft wissen wir inzwischen: Unser Hirn läuft dann zu kreativer Hochform auf, wenn wir es NICHT mit zielgerichteten Denkaufgaben behelligen; also im Zustand der Muse/Muße. Weshalb mein Oberstübchen seine Sternstunde stets beim behaglichen Samstagsfrühstück hat - da lasse ich es frank und frei nach Belieben durchs Universum vagabundieren. Heute kaprizierte es sich nicht etwa auf Groko/Schulz/SPD, auch nicht auf Fassenacht, sondern überraschte mit folgendem Gedankengang:

Neuzeitliche Menschen haben die seltsame Angwohnheit, Kindheit/Jugend bloß als Vorbereitungsphase auf das "richtige Leben", das Erwachsenendasein, zu verstehen. Ebenso wird das Alter nur als Nachklangphase, als schwächlicher Epilog zum "richtigen Leben" betrachtet. Interessanterweise ändert sich das Bild grundlegend, sobald die Alten auf ihre eigene Kindheit/Jugend zurückblicken: Da wird jene Frühphase plötzlich als eigenständige Lebensform mit einem sehr hohen Wert an sich empfunden, Umgekehrt betrachten vor allem kleinere Kinder ihre Großeltern selten als morsch gewordene Erwachsene, sondern als Menschen, die bloß eine andere Lebensart haben als die Eltern. Mein Hirn meint: Es wäre an der Zeit, dass wir sowohl Kindheit/Jugend wie auch das Alter als völlig gleichwertige eigenständige Formen des "richtigen Lebens" verstehen und behandeln.


09.02.2018

Die Kulturszene horcht auf, hatte doch im Groko-Tohuwabohu bislang noch niemand ein Wort über Kunst/Kultur verloren. Jetzt äußert sich die alte und wohl auch neue Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Sinngemäß so: Groko will Neuausrichtung der Kulturpolitik. Kulturangebote sollen auch in der Region stärker gefördert und leichter zugänglich gemacht werden. Sogar ein Einstieg in den kostenfreien Eintritt zu wichtigen Kultureinrichtungen sei geplant. Zumindest klingen tut das gut; schaun mer mal, was kommt. Hinsichtlich der Eintrittsfreiheit bei staatlichen Museen müsste es übrigens "Wiedereintritt" heißen. Denn in meiner Kindheit/Jugend (50er bis 70er) war freier Eintritt zu den meisten völlig selbstverständlich.


08.02.2018

Schwerdonnerstag. Allen Närrinnen und Narrhalesen, Fastelovenfründs und Jeckinesinnen seien spaßige, aufmüpfige, hintersinnige und sinnenfroh erquickliche Dolltage gewünscht. Ich selbst werde vom Sofa aus per Television gelegentlich vorbeischauen, was ihr da so treibt - das eine oder andere Gläschen schlürfend und Krebelcher mampfend. Obwohl ein durchaus fröhlicher, allerlei Humorigkeiten zugetaner ganzjähriger Narr, ist die leibhaftige Teilnahme an Sitzungen und Umzügen nicht so mein Ding.

Doch ja, ich mag etliche gute Büttenredner und Spaßmacher sehr gern, seien sie von Kölscher oder Meenzer Art. Das Colonia Duo selig oder der charmante Humor von Mark Metzger, der hysterische Krischer mit seinen weißen Handschuhen oder der betuliche Oberlehrer Guddi: Sie und andere waren/sind mir meist ein Vergnügen - selbst wenn man wegen des Inhalts mancher Bemerkung bisweilen in die Tischkante beißen möchte. Des g'hört so; und sofern es gut gemacht ist, gilt die alte Kabarettregel: da muss ein jeder durch, durch den Kakao. In diesem Sinne: helolaulaaf!


07.02.2018

Als Ausfluss einer Diskussion auf meiner Facebook-Seite habe ich einen kleinen Aufsatz geschrieben, der wie folgt beginnt:

Es liegt glasklar auf der Hand: Deutschland braucht mehr Kranken- und Altenpfleger, mehr Facharbeiter und Ingenieure, mehr Lehrer, Handwerker, Polizisten, Richter ... Und zwar nicht nur ein paar Hundert mehr, sondern etliche Hunderttausend. Es liegt ebenso auf der Hand, dass dieser Bedarf insbesondere an jungen Nachwuchskräften aus dem heimischen Bevölkerungspool nicht mehr gedeckt werden kann. (...)

Der ganze Text hier

Anmerkung:
Ein trockener Befund zur Sache "Migranten in Deutschland"

(freier Lesetext)


05.02.2018

Theaterbesucher würden manchmal gern Mäuschen spielen, um zu spicken, wie es während der Vorstellung hinter der Bühne zugeht. Dies vor allem, wenn vorn erkennbar ein paar Dinge anders laufen, als sie wohl gedacht waren. Was im Theater sonst tunlichst vertuscht wird, stellt die Farce „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn in den Mittelpunkt: Pannen. Ansehnliche Neuinszenierung jetzt im Theater Koblenz. Das Komödienmaschinchen schnurrt munter, reihum wird knuffig gespielt. Selbst der Kritiker hat sich über weite Strecken gut amüsiert, wenngleich zwischendurch den Affen auch mal zu viel Zucker verpasst wird.

Meine Premierenkritik
(4200 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text, 49 Cent)


03.02.2018

Ich hab's persönlich zwar nicht so mit der Nation/den Nationen, aber dieser Spruch gefällt mir:

Das Problem mit den Nationalisten ist, sie wollen partout nicht begreifen, dass der Nationalismus der ärgste Feind der Nation ist. Denn immer wenn der Nationalismus die Herrschaft übernahm, war am Ende die Nation am Arsch.

                                                ***  

Beim betulichen Samstagsfrühstück treiben die Gedanken in ferne Jugendtage ab und mir ein - wahrscheinlich recht blödes - Grinsen ins Gesicht. Anno 70 oder 71 hatte ich mal kurz was mit einem Funkenmariechen; einer aufgeweckten, lebenslustigen Altersgenossin, reizend anzuschauen in ihrem Uniförmchen. Vor jedem Auftritt zitterte sie wie Espenlaub und bedurfte meiner Stütze. Nachher verströmte sie jedesmal allerhand Hitze. Des Mariechens Tross schleppte mich zwei Wochen lang von einer Kappensitzung zur nächsten mit über die Dörfer. Woher wohl rührt, dass mein Drang, an solchen Veranstaltungen livehaftig teilzunehmen, sich seither in Grenzen hält.

Meine gewöhnliche Freundesclique - damals lebensartlich ganz anders orientiert und der organisierten Spaßhaftigkeit völlig abhold - hielt mich wegen dieser Eskapade für komplett meschugge. Nur der Älteste im Kreis mahnte zu Nachsicht: "Geht vorbei, sind bloß die Hormone." Einige Mädels allerdings waren stinkig: "Im Kürzestrock die Beine schmeißen und Höschen zeigen - das ist keine Kunst, können wir schon lange und besser." Zwecks Demonstration wurde eigens ein Happening anberaumt - das dann ziemlich gruselig war. Denn hübsche Beine allein, obendrein ansonsten fast nur Jeans-gewohnte, machen noch keinen Garde-Esprit. Sie anmutig zu werfen, will gelernt sein. Die Sache blieb Episode, wie auch mein Techtelmechtel mit Mariechen: Am Aschermittwoch war buchstäblich alles vorbei.


02.02.2018

Da soll sich nun mal keiner was vormachen: Der gestrige Bundestagsbeschluss zum Familiennachzug ist nur ein weiterer Schritt auf dem Weg "Flüchtlings- und Migrantenabwehr", über den die AfD die einstmals großen Volksparteien vor sich hertreibt. 12 000 Familiennachzügler plus ein paar Dutzend Notfälle jährlich: Berechnet auf eine 80-Millionen-Bevölkerung ist das eine gänzlich irrelevante 0,0X-Größe. Der Beschluss passt in die Linie all der Tendenzen und Schritte, die den hinsichtlich ökonomischer und sozialer Möglichkeiten objektiv völlig richtigen Satz "Wir schaffen das" ausgehebelt hat durch die Haltung "Wir wollen das nicht schaffen". Mit Verlaub: Ich bezeichne das als inhumane Idiotie.

Seiten