Ausblick auf Theatersaison 19/20 in Koblenz und Mainz

Auf interessanten bis unbekannten Pfaden

Koblenz/Mainz. ape. Lässt man das interessierte Auge über den Spielplan des Theaters Koblenz für die Saison 2019/20 schweifen, fällt es auf eine Menge bekannter Titel. Das Musiktheater hat etwa Mozarts „Don Giovanni“ und Verdis „Nabucco“ auf dem Plan; da wird „Die Liebe zu den drei Orangen“ von Prokofjew, „Die lustige Witwe“ von Lehár und „Orpheus in der Unterwelt“ von Offenbach avisiert. Soweit, so erwartbar. Doch schon beim zweiten Blick gibt es Irritationen. Offenbachs Orpheus-Operette ist hier als Puppentheater ausgewiesen, „Die Schöne und das Biest“ als Oper von Philip Glass. Zugleich wird für die Opernsparte angekündigt, was einem bislang nur als Roman geläufig war: „Wolf unter Wölfen“ von Hans Fallada. Intendant Markus Dietze hat den Literaten John von Düffel gebeten, daraus ein Libretto zu stricken. An den Komponisten Soren Nils Eichberg erging dann der Auftrag, dazu eine Oper zu komponieren. Die wird am 23. November in Koblenz uraufgeführt.

Jenseits des Opernfachs weist der Spielplan etwa Brechts „Der kaukasische Kreidekreis“, Anouilhs „Antigone“, Shakespeares „Macbeth“ oder Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ aus. Doch auch bei den Schauspielklassikern bricht das Haus Gewohnheiten. Die „Antigone“ geht ans Puppentheater, das in Koblenz als vollwertige vierte Sparte auch für Erwachsene eingerichtet ist. Den „Macbeth“ hat sich die Tanzcompagnie gegriffen; deren Leiter Steffen Fuchs choreografiert daraus einen Ballettabend. Und „Vor Sonnenaufgang“ wird nach einer Manier angepackt, die im Theater der Rhein-Mosel-Stadt schon in den Vorjahren wiederholt praktiziert wurde: Gegenwartsautoren verpassen den Originaltexten einen neuen Zuschnitt – Ewald Palmetshofer nimmt sich jetzt das Hauptmann-Stück vor. Im vorletzten Jahr erlebte Koblenz so eine „Lear“-Bearbeitung durch John von Düffel und zuletzt „Maß für Maß“ in einer aufs Flüchtlingsthema konzentrierten Aktualisierung von Stefan Wipplinger.

Neue Herangehensweisen an bekannte Werke sowie Vorstellung neuer und noch weithin oder gänzlich unbekannter Stücke, so ließe sich die in den jüngsten Jahren verfolgte Linie des Koblenzer Theaters beschreiben. Dazu passen im Schauspiel auch die Uraufführungen „Let‘s Pinkel“ des Syrers Anis Hamdoun und „Wo wenn nicht wir“ von Svenja Viola Bungarten/Malte Abraham. Dazu passen ebenfalls die aktuellen Stücke „Versetzung“ von Thomas Melle, 2017 am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt, sowie Simon Stephens‘ „Maria“, das im Januar 2019 am Hamburger Thalia erstmals auf die Bühne kam. Mit Spannung erwarten Freunde zeitgenössischen Tanzes die erste Gastchoreographie „Haus mit 14 Räumen“ der Niederländerin Regina van Berkel für Koblenz. Die einstige Tänzerin bei William Forsyth‘ Ballett Frankfurt, die nachher auch mit Martin Schläpfer zusammenarbeitete, will mit der Koblenzer Compagnie das Wohnen als Ort gelebten Raumes ausloten.

Abschließend ein kurzer Blick auf Schwerpunkte in den Sparten Schauspiel und Tanz am Staatstheater Mainz 2019/20. Mit zehn Ur- und Deutschen Erstaufführungen in diesen Bereichen bestätigt das Haus seinen Anspruch, stets auch Bühne für Neues und Experimentelles zu sein. Im Sprechtheater stehen jüngste und neue Stücke überwiegend politischen und gesellschaftskritischen Charakters etwa von Lucas De Man, Penelope Skinner, Nina Segal, Beau Willimon oder Hannah Biedermann an. Natürlich gilt auch für Mainz: Keine Spielzeit ohne Klassiker. Das Programm avisiert u.a. Millers „Hexenjagd“, Tschechows „Drei Schwestern“ und Horvaths „Geschichten aus dem Wienerwald“. Hinzu kommen mit „Werther“ nach Goethe und „Der Untertan“ nach Heinrich Mann zwei Romanadaptionen.

Spartenübergreifend widmen sich Regisseur Jan-Christoph Gockel, GMD Hermann Bäumer und Puppenbauer Michael Pietsch zu Beginn des Beethoven-Jahres 2020 dem renitenten, widersprüchlichen Genius aus Bonn. Im Tanz setzt sich Choreograf Guiseppe Spota unter dem Titel „Tambora“ mit den Schrecken und Schönheiten der Natur auseinander. Pierre Rigal hingegen entwirft mit „Everbody Welcome“ ein ästhetisches Kaleidoskop über die Ingredienzien des Tanztheaters selbst. Andreas Pecht

Weitere Infos:

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