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Geschrieben im Juni 2013:
Guten Tag allerseits,
 
27. Juni 2013

Erfreuliches in eigener Sache: Das 2006 eingerichtete Zählwerk für diese website verzeichnete heute den 1-Millionsten Seitenzugriff. Das ist nicht schlecht, zumal die Tendenz deutlich nach oben zeigt: 143 000 waren es im ersten Halbjahr 2013, was bereits zwei Dritteln der Ganzjahreszahl von 2012 entspricht. Herzlich begrüßt seien Neuleser aus Israel, die seit einigen Tagen in zwar kleiner Zahl, aber doch immerhin in einer von der (anonymen) Seitenstatistik erstmals erfassbaren Größenordnung (8 - 15) wiederholt hereinschauen.      


24. Juni 2013

Das rheinland-pfälzische Landesmuseums Koblenz auf der Festung Ehrenbreitstein steckt seit Abschluss der Bundesgartenschau 2011 (BUGA) in einer baulichen Generalsanierung, die noch Jahre dauern kann. So lange wollte man mit der Reaktivierung des technikhistorischen Kernbereiches, auf den das Museum mit wesentlichen Teilen seiner Sammlung abonniert ist, nicht warten. Wieso Reaktivierung? Weil dieses Themenfeld während der BUGA keine Rolle spielte, war die alte Dauerausstellung schon im Zuge der Gartenschau-Vorbereitungen ins Depot gewandert. Das Landesmuseum ging im BUGA-Jahr 2011 und im Folgejahr 2012 quasi in der Gesamtpräsentation der Festung auf, war als eigenständige Institution kaum mehr wahrnehmbar. Dieses „Schattendasein“ endet nun mit dem Einstieg in die Entwicklung einer neuen Dauerausstellung. Erster Schritt dazu ist die am 29. Juni eröffnende Baustellenausstellung "Zündende Ideen - Marken aus Rheinland-Pfalz".
Vorbericht zur Ausstellung (hier)

                                                       ***

Die Massenproteste dieser Tage in Brasilien und in der Türkei sind neuerlicher Ausdruck einer zeitgenössischen Strömung globalen Charakters, die man inzwischen durchaus als historische Tendenz, vielleicht sogar als Epochen-Zäsur werten kann: Staat und Wirtschaft verlieren ihr Gestaltungsmonopol über  Gegenwart und Zukunft, die erstarkende, selbstbewusster werdende Zivilgesellschaft versteht sich zusehends auf mannigfache Art als Korrektiv bzw.  Mitgestalter. Die alten Eliten, selbst ihre durch Wahlen an die Macht gelangten Teile, können nicht länger nach Gusto schalten und walten. Die Zivilgesellschaft wird als Demokratie von unten zur dritten Kraft der zivilisatorischen Entwicklung - und ihre Vorstellung über Zweck, Richtung und Ziel dieser Entwicklung unterscheidet sich teils beträchtlich von den Vorstellungen der beiden anderen Kräfte.
Dazu eine Analyse (hier)
        

22. Juni 2013

Die gestern von Angela Merkel und Wladimir Putin beiderseits verstimmt und nur mit zusammengebissenen Zähnen in der St. Petersburger Eremitage eröffnete Ausstellung "Bronzezeit - Europa ohne Grenzen" lässt den alten Streit um Beutekunst und ihre Rückgabe oder nicht neuerlich aufflammen. Ich erlaube mir, zu diesem Thema einen im April 2000 publizierten Leitartikel zu reaktivieren, den man heute fast genauso wieder schreiben könnte.
"Rückgabe ist zu kurz gedacht" (hier)

                                              ***


An den Theatern Koblenz und Mainz hatten Mitglieder der Ballettcompagnien unlängst ihre choreografischen Versuche jeweils hinter dem Eisernen Vorhang vor kleinem Publikum präsentiert. Wiesbaden hingegen bietet seinem Nachwuchs nun die größtmögliche Kulisse: das Große Haus des dortigen Staatstheaters. Mit neun Kreationen, knapp drei Stunden Dauer und mehr als 20 Tanzakteuren fällt der „Ballett Roulette“ betitelte Abend  auch deutlich opulenter aus als die Präsentationen der rheinland-pfälzischen Kollegen.
Zur Premierenkritik (hier)


20. Juni 2013

Die auswärtige Leserschaft sei um Nachsicht gebeten, wenn hier  statt  Türkei-Protest oder Obama-Besuch schon wieder  Koblenzer Seilbahn und Co. thematisiert wird.  Aber im räumlichen Kernbereich meiner Tätigkeit dominiert das Geschehen ums Welterbe Oberes Mittelrheintal halt für den Augenblick den öffentlichen Diskurs. Zudem darf diese Auseinandersetzung als ein Beispiel gelten für allüberall vermehrt auftretende Spannungen zwischen dem Interesse an der Bewahrung ideeller (Denkmal-)Werte und dem Interesse an wirtschaftlichem Nutzen/Wachstum. Gerade noch rechtzeitig vor Andruck des Magazins "Kulturinfo" kam gestern aus Phnom Penh die Meldung herein, dass das Unesco-Welterbekomitee keine Einwände gegen einen Weiterbetrieb der Seilbahn bis 2026 erhebt. So konnte dieser heute am Mittelrhein weithin bejubelte Entscheid kurz vor Deadline auch noch in die Monatskolumne "Quergedanken" einfließen, die ich aus gegebenem Anlass hier heute, der Printausgabe vorauseilend, veröffentliche:

∇ 
Quergedanken Nr 101: Seilbahn-Torte mit Irrtümern

Dazu noch eine Anmerkung.
Es ist überflüssig, dem Jubelchor über den Unesco-Bescheid noch eine weitere Stimme hinzuzufügen, zumal ich selbst zur Seilbahn eine eher distanzierte Position vertrete. Wichtiger war es mir, in den "Quergedanken" einmal mehr an das grundlegende Ziel der Welterbekonvention und den eigentlichen Zweck des Welterbestatus zu erinnern.

Dies vor allem, weil im öffentlichen und veröffentlichten hiesigen  Meinungsfuror der vergangenen drei Wochen deutlich geworden ist: Man missversteht den Welterbestatus hierorts vielfach als bloßes Wirtschaftsförderungsinstrument und touristisches Marketingmittel für die Region. Mehr noch: Von einem Teil der Öffentlichkeit wurde/wird das dem Welterbestatus eigene Ansinnen, bei der Strukturentwicklung der Region Sorgfalt im Sinne des Landschafts- und Denkmalschutzes walten zu lassen, als wirtschaftsfeindliche Zumutung gesehen. Einige Leute wünschten Icomos, Unesco, Welterbe und den "ganzen bescheuerten Denkmalschutzkram" gleich vollends zum Teufel. Vor dem Hintergrund solch diffuser Meinungsmelange könnte der jetzige Unesco-Entscheid missbräuchlich gedeutet werden: als Freibrief für ein uneingeschränktes Primat kommerziell orientierter Entwicklungen im Mittelrheintal. So aber hat das Welterbekomitee seinen Beschluss gewiss nicht gemeint.

Man wird in nächster Zukunft an zwei Beispielen sehen, wie ernst die Funktionsträger am Mittelrhein es selbst mit der Pflege ihrer heimischen Landschaft und Denkmäler meinen. Erstens: Die Talstation der Koblenzer Seilbahn ist (ziemlich unstrittig auch bei vielen Seilbahn-Befürwortern) in ihrer jetzigen baulichen Ausformung ein unangemessener Störfaktor im denkmalgeschützten Bereich St. Kastor/Deutsches Eck. Das kann man dem Architekten nicht mal vorwerfen, denn Bahn und Station waren ursprünglich ja nur als temporäre Einrichtung für drei Jahre gedacht. Nun aber, mit der Betriebsverlängerung, sollte ein angemessener Rück-/Umbau der Talstation eigentlich selbstverständlich sein. Zweitens: Bei der in Planung befindlichen Hotelbebauung auf dem Loreley-Plateau sollte es für die Genehmigungsbehörden selbstverständlich sein, auf größtmögliche Zurückhaltung bei Dimensionierung, Positionierung und Charakter der Neubauten zu bestehen - oder auf neue Hotels an dieser Stelle ganz zu verzichten.       


19. Juni 2013

Aktuelle Nachricht aus Phnom Penh, eingegangen heute 6.16 Uhr (MEZ) und das Welterbe Oberes Mittelrheintal betreffend (Quelle: Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz):
 
Das Welterbekomitee der Unesco stimmt einem Weiterbetrieb der Koblenzer Seilbahn bis zum Ablauf ihrer technischen Betriebsdauer im Jahr 2026 zu.

Für die Sommerrodelbahn auf dem Loreley-Plateau wurde hingegen empfohlen, sie wieder abzubauen. Allerdings gibt es dafür keine konkrete Fristsetzung. Abgelehnt hat das Komitee auch den Bau einer Hotelgtroßanlage auf dem Plateau; keine  Einwände erhebt es jedoch gegen einen Hotelneubau bescheidenerer Dimension und an verträglicher Position.
 

17. Juni 2013

Zum Ende herzt und knutscht in wild verknäultem Leibesvierer ein jeder jeden. Männlein, Weiblein, Bruder, Schwester, Anverlobte, Herzensfreunde: Keiner kann von keinem lassen. Die Ordnung nach Geschlecht und Paar ist nichtig nun, zerschossen durch Begehren, das von gestrenger Norm auf ewig sich nicht bannen lässt.

Dem bestechenden Schluss von Jan Philipp Glogers Inszenierung der Shakespeare-Komödie "Was ihr wollt" am Staatstheater Mainz gehen leider keine ebenso bestechenden zweidreiviertel Stunden voraus. Der von mir sonst für seine feinsinnigen Einrichtungen sehr geschätzte Regisseur tat diesmal auch nur das, was etliche Regisseure seit einigen Jahren bei der Arbeit mit klassischen Komödien am liebsten tun: dem Affen überreichlich Zucker geben. Ich hatte von Gloger Interessanteres erwartet.
Zur Premierebesprechung (hier)  
 

15. Juni 2013

Am heutigen Samstag feiert das Kulturbüro Rheinland-Pfalz sein 20-jähriges Bestehen. Dazu herzlichen Glückwunsch, verbunden mit dem Wunsch, die fürs Kulturleben im Land segensreiche Arbeit der Institution möge ungefährdet weitergehen.  Was macht dieses Kulturbüro eigentlich? Verständliche Frage, denn in der breiten Öffentlichkeit tritt es eher selten in Erscheinung.
Ein erhellender Artikel dazu (hier)

                                                ***

Einige Leser erwarten meine Stellungnahme zur gestrigen Demonstration "Pro Seilbahn" in Koblenz. Ich will in der Seilbahn-Sache jetzt aber erstmal abwarten, was bei der Konferenz des Unesco-Welterbekomitees nächste Woche in Kambodscha herauskommt. Zur Demo nur kurz das: Zwar bin ich bekanntlich kein großer Freund der Seilbahn. Dennoch finde es gut, dass Bürger sich für etwas engagieren, das sie für richtig und wichtig halten. Weniger schön ist allerdings, dass einige Kräfte innerhalb dieser Bewegung mit durchaus populistisch-demagogischer Methodik Denkmalschützern, Icomos und Unesco den Schwarzen Peter zuschieben für eine schwierige Situation, die in Wahrheit Folge eines Meinungsumschwunges bei Politikern, Verbänden und Öffentlichkeit im nördlichen Rheinland-Pfalz ist.


13. Juni 2013

Wie unlängst das Theater Koblenz, so geben nun das Staatstheater in Mainz und kommende Woche das in Wiesbaden Tänzern ihrer Ballettcompagnien Gelegenheit, sich im choreografischen Fach zu versuchen. Hinter dem Eisernen Vorhang des Mainzer Großen Hauses hatten jetzt sechs sehr unterschiedliche, doch reihum interessante Arbeiten von aufstrebenden Choreografen Premiere.
Zur Premierenkritik (hier)


12. Juni 2013

Aktuelles Primärthema im meiner Heimatregion, dem nördlichen Rheinland-Pfalz, ist weiter der Streit um die Koblenzer Seilbahn im Unesco-Welterbegebiet Oberes Mittelrheintal. Die örtliche Empörungswelle gegen die Empfehlung von Icomos ans Unesco-Welterbekomitee, auf die Einhaltung des Vertrages mit dem Land Rheinland-Pfalz (Abbau der Seilbahn bis 2014) zu bestehen, hält an. Auf landespolitischer Ebene hat jetzt ein skurriles Gerangel zwischen den Parteien um den Platz an der Spitze der schäumenden Protestbewegung eingesetzt. Im allgemeinen Furor haben besonnene und zurecht an die Eigenverantwortung der Region und ihrer Politiker erinnernde Stimmen leider Seltenheitswert. Umso wohltuender heute in der Regionalzeitung ein Beitrag von Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Sayn (1986 bis 2013 Vorsitzender der Deutschen Burgenvereinigung, seit 1990 Vizepräsident des europäischen Denkmalschutzverbundes Europa Nostra sowie Sprecher im Aktionsbündnis Welterbe Oberer Mittelrhein). In seinem Artikel bringt er in kluger Gelassenheit die tatsächliche Faktenlage in Erinnerung und ruft dazu auf, in respektvollem Miteinander nach einer Lösung des Problems zu suchen.
>>Text von Sayn-Wittgenstein-Sayn (hier)  
 

10. Juni 2013

Und damit man an diesem verkorksten Montag auch nochmal was anderes in Kopf kriegt, hier die Empfehlung, Augsteins heutige Kolumne auf spiegel-online zu lesen. Überschrift:
>>"Flutdrama in Deutschland: Wir sind schuldig!" (hier)

                                                 ***

Noch ein kurzer Nachtrag in der Sache Koblenzer Seilbahn.
Im Verlauf der großen Empörungswelle gegen Icomos und Unesco, wurde und wird immer wieder der Vorwurf erhoben, die Herrschaften der beiden internationalen Organisationen hätten von den örtlichen Gegebenheiten am Mittelrhein nicht die geringste Ahnung. Wer den heute von rz-online öffentlich zugänglich gemachten jüngsten Untersuchungsbericht von Icomos zur Lage im Welterbe Oberes Mittelrheintal mal näher betrachtet, wird bei unvoreingenommener Betrachtung allerdings unschwer erkennen: Eine sachlichere, kenntnisreichere, detailliertere, das Für und Wider begründende Fakten sorgfältiger abwägende Darstellung ist bislang vom Mittelrhein nicht bekannt - wirtschaftliche Sorgen und Hoffnungen der Anlieger inklusive. Wer des Englischen einigermaßen mächtig ist, sollte sich unbedingt mal die Zeit nehmen, in das Icomos-Dokument hineinzuschauen. Man kann da sogar noch einiges lernen über die eigene Heimat.

>>Der Icomos-Bericht im Wortlaut (hier)


                                                   ***             

Die Theaterfreunde in der Leserschaft seien um Pardon gebeten: Vor lauter Seilbahn-Furor in Koblenz hätte ich fast vergessen, meine Kritik der jüngsten Wiesbadener Inszenierung von Dürrenmatts "Die Physiker" einzustellen.
Hier ist sie

                                        *** 


Die Auseinandersetzung um die Koblenzer Seilbahn hat sich übers Wochenende gewaltig aufgeschaukelt und nimmt teils sonderbare, teils schier hysterische Züge an. Durchs Netz und die Leserbriefspalten der regionalen Presse flutet eine Empörungswelle, die fast den Eindruck erweckt, es handle sich beim internationalen Denkmalpflegebeirat Icomos und dem Welterbekomitee der Unesco um eine diktatorische  Besatzungsmacht, die dem Mittelrhein eine Art Morgenthau-Plan (>>Begriffserklärung) aufzwingen wolle. Das ist Unsinn. Lassen wir die Kirche doch im Dorf! Natürlich kann man in Sachen Seilbahn ganz unterschiedlicher Meinung sein. Soll sie als "Publikumsmagnet" bleiben oder  aus denkmalschützerischen Erwägungen wieder weg? Das ist eine materielle/ideelle Güterabwägung, bei der man zu verschiedenen Ansichten und zu unterschiedlichen Konsequenzen gelangen kann.

Aber zuerst einmal ist schlicht festzuhalten (was in der derzeitigen Aufregung "vergessen" zu sein scheint):

1.)
Es gibt eine eindeutige
vertragliche Vereinbarung aus dem Vorfeld der Bundesgartenschau Koblenz 2011, die Rheinland-Pfalz damals bereitwillig mit der Unesco getroffen hatte. Danach ist die Seilbahn nur eine vorübergehende Einrichtung für die Dauer der Bundesgartenschau nebst zweijähriger Folgewirkung. Danach muss die Bahn 2014 wieder abgebaut werden. Die Unesco hatte dieser temporären Lösung im interesse der BUGA seinerzeit zugestimmt, obwohl sie tendenziell eine solche Seilbahn im Grunde als nicht mit dem Welterbestatus verträglich erachtete. An der Faktenlage hat sich seither überhaupt nichts verändert. Was sich verändert hat, sind die hiesige Einschätzung der ökonomischen Nützlichkeit der Seilbahn, die Sehgewohnheiten vieler Koblenzer sowie ihre emotionale Bindung an die Seilbahn als augenfälligstes Nachwirkungssymbol für ein wunderbares BUGA-Jahr.  

Das ändert allerdings nichts daran, dass das Ansinnen u.a. von Icomos, die Seilbahn jetzt abzubauen, erstmal nur ein Bestehen ist  auf Einhaltung von  ursprünglich in gegenseitigem Einverständnis geschlossener Verträge. Pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten), heißt ein ehernes Rechtsprinzip, das fast so alt ist wie die Menschheit selbst.  Wenn Rheinland-Pfalz/Koblenz, aus welchen Gründen auch immer, aus seinen vertraglichen Verpflichtungen jetzt raus will, ist das zuförderst ein hiesiges Problem, aber doch nicht Ergebnis einer böswilligen Missetat der Unesco.

2.)
Noch einmal: Der Welterbestatus wurde dem Mittelrhein von der Unesco 2002 nicht aufgezwungen, sondern vom Mittelrhein bei der Unesco beantragt. Er wurde von der Weltorganisation gewährt,  weil das Tal seinerzeit die Kritierien und Bedingungen, die an diesen Titel geknüpft sind, erfüllte. Obendrein hatten sich die rheinland-pfälzischen Verantwortlichen darauf verpflichtet, eben diese Kriterien und Bedingungen auch bei der künftigen Entwicklung des Tales einzuhalten. Formal ist die Sache  eigentlich ganz einfach: Wenn man nun 11 jahre später am Mittelrhein von dieser Selbstverpflichtung nichts mehr wissen will, dann muss man eben auf den Welterbetitel verzichten. Ob Seilbahn in Koblenz oder Sommerrodel, neue Hotels und neue Brücke an der Loreley oder welch andere Bebauungswünsche in den nächste Jahren noch: Über ihre Vereinbarkeit mit dem Welterbestatus zu entscheiden obliegt nun mal primär der Organisation, die diesen Titel vergibt.

Man stelle sich einen zertifizierten Biobauern vor, der plötzlich  mit Kunstdünger und Pestiziden arbeitet. Die Bio-Verbände, die ihn ursprünglich zertifizierten, werden/müssen ihm dann mit Fug und Recht das Bio-Zertifikat entziehen - auch wenn der Bauer selbst fest davon überzeugt sein sollte, dass Kunstdünger und Spritzmittel die Qualität seiner Produkte eher verbessere als verschlechtere. Es ist dem Bauern völlig unbenommen seine Produktion auf konventionell umzustellen, allerdings kann er dann eben das Bio-Siegel nicht mehr auf seine Produkte pappen. Beides zusammen geht einfach nicht.

Es ist auch Rheinland-Pfalz völlig unbenommen, sämtliche Vereinbarungen mit der Unesco aufzukündigen - um freie Bahn zu bekommen für eine ungehinderte Regionalentwicklung nach ganz eigenem Gusto. Man kann das so machen, wenn man will, sollte dann allerdings nicht über die sich daraus ergebenden Konsequenzen lamentieren. Es ist einfach unlauter, die Unesco zu prügeln, sollte sie in diesem Fall der Region den Welterbetitel aberkennen. 

(Noch mehr dazu: siehe nachfolgende Eintragung vom 7.6.)


07. Juni 2013

Große Aufregung in Koblenz/am Mittelrhein, da jetzt  bekannt wurde: "Sowohl der Internationale Denkmalrat Icomos als auch das Welterbezentrum in Paris fordern den Abbau" der Koblenzer Seilbahn. Ferner verlange Icomos die Demontage der neuen Sommerrodelbahn auf dem Loreley-Plateu und scharfe Eingriffe in die Planungen für den dort vorgesehenen Hotelneubau. (So heute die Rhein-Zeitung. >>mehr). Andernfalls könnte der Welterbestatus für das Obere Mittelrheintal gefährdet sein. 

Icomos empfiehlt der Unesco-Welterbekommission die Einhaltung der ursprünglich mit der rheinland-pfälzischen Landesregierung getroffenen Vereinbarung (das war 2009, wenn ich es richtig erinnere): Der Welterbestatus für das Obere Mittelrheintal wird durch den Bau einer Seilbahnverbindung zwischen Deutschem Eck und Festung Ehrenbreitstein nicht gefährdet, sofern es sich dabei nur um eine temporäre Einrichtung handelt während der Bundesgartenschau 2011 und zwei Jahre anschließend. 2014  muss danach die Seilbahn wieder abgebaut werden.

So war es vereinbart. Inzwischen aber mögen Koblenzer Politik,  Verbände und wohl eine Mehrheit der Bürger auf die Seilbahn nicht mehr verzichten (Signale aus der rheinland-pfälzischen Landesregierung gehen in die gleiche Richtung). Als Tourismusattraktion, "neues Wahrzeichen" der Stadt und Verkehrsverbindung wird sie von vielen wertgeschätzt. Da geraten denkmalpflegerisch ernste Einwände und Bedenken wegen landschaftlicher Charakterverfälschung des mittelrheinischen Welterbegebietes ins Hintertreffen.

In Koblenz beharrt man nun auf der Vereinbarkeit womöglich unvereinbarer Umstände: Man will unbedingt den Unesco-Welterbestatus behalten, zugleich aber auch auf keinen Fall die Seilbahn hergeben. Dafür stehen die Zeichen nicht gut. Ab 17. Juni tagt in Kambodscha die Unesco-Welterbekommission. Man wird sehen, wie die Weltdelegierten auf das örtliche Ansinnen reagieren, eben jene Vereinbarungen über Bord zu werfen, die seinerzeit Grundbedingung für die Zustimmung der Unesco zur Seilbahn waren.

Es wird nun am Mittelrhein arg geschimpft auf die Unesco und dabei fast vergessen: Nicht die Unesco hat dem Mittelrhein den Welterbestatus aufgezwungen, sondern der Mittelrhein hat ihn beantragt, wollte partout diesen Status haben. Schon bei der Vorbereitung des Antragsverfahrens gab es Mahnungen, den Welterbestatus nicht primär als wohlfeil touristisches Vermarktungsinstrument zu begreifen, sondern als ehrenvolle Pflicht für die Hiesigen, ein Welterbe der Menschheit stellvertretend für die Menschheit zu verwalten, zu hegen und zu pflegen. Was keineswegs jede, aber eben doch mancherlei gewöhnliche Bebauungs- und Wachstumsstrategie für das Gebiet ausschließt.  

Anno 1997, in einem sehr frühen Stadium der regionalen Diskussionen zur Antragsvorbereitung, hatte ich in der  Rhein-Zeitung einen klitzekleinen Kommentar publiziert, der mir damals viele böse Stimmen und Blicke seitens der Wirtschafts- und Tourismusförderer einbrachte. Der Kommentar sei angesichts des heutigen Rumors noch einmal in Erinnerung gerufen:


Zur Sache (Rhein-Zeitung 25.8.1997):

Hoffentlich wissen sie,
worauf sie sich einlassen


Andreas Pecht zum Traum vom Rheintal als Weltkulturerbe


Einer der schönsten Teile unserer Heimat soll in die UNESCO-Liste des "Weltkulturerbes" aufgenommen werden. Ein großer Traum, ein hohes Ziel, ein ehrenvolles Anliegen.

Nachdenklich stimmt, daß ein Tourismus-Manager die Sache in die Hand nimmt und daß das Ansinnen immer wieder mit der wirtschaftlichen Schwäche des Rheintals begründet wird.

400 Weltkulturdenkmäler rund um den Erdball lehren: Der Welterbe-Status bringt vornehmlich Pflichten mit sich, ist keine wohlfeile Werbe-Plakette.

Die Welt schaut genau hin, wie dann mit IHREM Kulturerbe umgegangen wird. Vernachlässigungen der Denkmäler werden ebenso als Schande betrachtet wie Supermärkte oder Autobahnen drumherum. Trier kann ein Lied davon singen.

Das Tal der Loreley ist es wert, für die Menschheit erhalten zu werden. Doch sind wir auch bereit, die entsprechende Last zu tragen?     
     

05. Juni 2013

Mein Herz ist bei den derzeit vom Hochwasser geplagten Menschen. Und es ist bei der türkischen Zivilgesellschaft, die scheinbar wie aus dem Nichts heraus eine der größten demokratischen Volksbewegungen in der Geschichte der modernen Türkei spontan auf die Beine gebracht hat. Türkischstämmige Bekannte sagen mir aber: Spontan ja, doch nicht aus dem Nichts. Vielmehr habe sich da seit Jahren ein Druck der Unzufriedenheit aufgebaut mit dem einerseits rücksichtslosen Marktliberalismus Erdogans, der andererseits einhergeht mit einem autokratischen, auf Entdemokratisierung und islamistisch reaktionäre Überformung der Gesellschaft zielenden Regierungsstil. Chance und Gefahr zugleich: Die türkische Gesellschaft ist nahezu hälftig tief gespalten. Der eine Teil will eine offene, demokratische, säkulare Türkei. Der andere geht Erdogans Weg mit  in einen islamisch-konservativen, autoritäten Turbokapitalismus. Letzteres passt nicht zusammen? Ein Blick nach China zeigt: Passt schon (dort: "kommunistische" Autokratie plus entfesselter Kapitalismus), wenn auch vielleicht nur für ein paar Jahrzehnte. 
       
                                                  ***

Wieder mal eine Phase, in der sich auf dieser website ziemlich wenig tut. Grund sind zwei umfangreichere Projekte, an denen ich zuletzt gerabeitet habe oder im Augenblick noch arbeite:

1. Eben abgeschlossen habe ich die Textarbeit für eine Broschüre über die pfälzische Sommerresidenz der bayerischen Wittelsbacher-Könige Schloss Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben. Die reich bebilderte und deshalb - wie die Vorgänger aus meiner Feder  über Schloss Stolzenfels und Festung Ehrenbreitstein - "Bildheft" genannte Publikation wird im Verlag Schnell & Steiner erscheinen und wohl rechtzeitig zur Eröffnung der Ausstellung „Die Könige zu Besuch – Kunstsinn und Kulturpflege der Wittelsbacher in der Pfalz" auf der Ludwigshöhe am 30. August 2013 im Buchhandel vorliegen. Diese Ausstellung ist Teil der Dreiländerkampagne (RLP, Hessen, BaWü) zum Thema "Die Wittelsbacher am Rhein". Die Broschüre bezieht sich nicht ausdrücklich auf diese Kampagne, sondern ist als Dauerinfo über die Ludwigshöhe angelegt.
Infos zur Wittelsbacher.Kampagne unter >>www.wittelsbacher2013.de

Ein früherer Artikel über Villa Ludwigshöhe
2010-06-20 Historie/Altertümer:
Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben


  
     
2. Jetzt stecke ich in den Vorbereitungen für ein Ganztagsseminar über die gemeinsamen "Wurzeln Europas" bis zum "europäischen" Hambacher Fest und den Revolutionen um 1848/49. Ursprünglich wollte ich historisch einsetzen mit Völkerwanderung, Wikinger-Expansion und Ausbildung des Heiligen Römischen Reiches. Dann jedoch führten mich die Recherchen quasi automatisch immer weiter zurück: zum römischen Reich, zur Germanen-Expansion, schließlich zum frühen Europa der Kelten. Das Seminar findet an diesem Samstag (8.6., 10.30 bis 17.00 Uhr) bei den Marienberger Seminaren statt.  
Info/Anmeldung über >>
www.marienberger-seminare.de


                                     ***

Anschluss Mai 2013


27. Mai 2013

"Zum 100. Mal das hier" lautet die Überschrift über der aktuellen Monatskolumne "Quergedanken". Und tatsächlich ist die jetzt erscheinende Juni-Folge bereits die 100.  Man hat ein Alter erreicht, da bergen solche Zählungen einen gewissen Schrecken: Verdammich, wie die Zeit verfliegt! Anlässlich des Jubiläums ein paar Überlegungen nicht nur in eigener Sache.
Zu "Quergedanken" Nr. 100 (hier)

                                                  ***

Der Umzug des Koblenzer Mittelrhein-Museums vom historischen Domizil am Florinsmarkt in der Altstadt ins nagelneue und qietschmoderne "Forum Confluentes" inmitten der städtischen  Haupteinkaufszone läuft derzeit auf Hochtouren. Bis zur Eröffnung des "neuen" Mittelrhein-Museums sind es noch knapp vier Wochen. Vor einigen Tagen ließ ich mich von Museumsdirektor Markus Bertsch durch die da noch völlig leeren Räume des Neubau-Anteils führen, den das Museum fortan belegt. Einige Eindrücke von dort und einige Gedanken zur lokalen Neupositionierung der traditionsreichen Koblenzer Institution in einem eigentümlichen Raumnutzungs- und Umgebungskonstrukt, für das es in Deutschland wohl noch kein Vorbild gibt, im Artikel ∇ "Das neue Leben des alten Mittelrhein-Museums" (hier) 




26. Mai 2013

Was macht der kultursinnige Mensch, wenn ihm in dieser schier endlosen dunkel-kalten Regenzeit tagsüber der Sinn nach aushäusiger Unternehmung steht? Erste Wahl: Museumsbesuch. Deshalb hier kurze Hinweise auf vier jüngst eröffnete interessante Ausstellungen in meinem Beritt:

Im Landesmuseum Mainz ist gestern die Ausstellung "Im Dienst des Kaisers" (bis 5.1.2014) eröffnet worden. Es handelt sich dabei um eine Kooperationsschau, die während der Wintermonate im Landesmuseum Trier zu sehen war. Gegenstand dieser Antikenschau ist die Geschichte der römischen Großgarnison Mogontiacum (Mainz). Für die Präsentation in Mainz wurde sie teils neu kuratiert und erweitert. Rund 250 Exponate illustrieren das Leben der Legionäre am Rhein, machen das Werden und Vergehen der dortigen Operationsbasis für die Germanenfeldzüge deutlich.

Mit 50 hochkarätigen Exponaten umreißt das Arp-Museum Remagen-Rolandseck  die Entwicklungsgeschichte der Kunstgattung des Porträts vom Spätmittelalter  bis in die Gegenwart. Das Spektrum reicht von Deylen über Degas bis K.O. Götz, von Tiepolo und Renoir bis Modersohn-Becker. Die „Schau mich an!“ betitelte Ausstellung beleuchtet über die Porträts auch  Lebens- und Arbeitswelten der Künstler sowie deren Auftraggeber in ihren diversen gesellschaftlichen Rollen. Bis 4. Mai 2014.

Zu seinem 90. Geburtstag 2013 wollten Ausstellungen im Bad Kreuznacher Puppenkunstmuseum (PUK) und auf der Koblenzer Festung Ehrenbreitstein den Kinderbuchautor Otfried Preußler ehren. Doch am 18. Februar starb der Erfinder des Räuber Hotzenplotz und der kleinen Hexe. So sind beide Präsentationen nun Würdigung eines großen  Lebenswerkes. In Bad Kreuznach (bis 20.10.) liegt der Schwerpunkt auf der Adaption von Preußlers Geschichten im Puppenspiel. Koblenz (bis 18.8.) konzentriert sich auf Leben, Zeichnungen und Bücher.

 
Wünsche Erhellung und Anregung bei der Lektüre
nebenstehender neuer Artikel (s. linke Spalte Startseite)
Andreas Pecht


2013-05-30 "Guten Tag allerseits"
im Monat Mai 2013


2013-04-30a "Guten Tag allerseits"
im Monat April 2013


 

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