Thema Kultur
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2008-10-16a Museen/Analyse:

Über das Streben nach einer strategischen Neupositionierung der rheinland-pfälzischen Museumslandschaft

 
Schulterschluss zwischen Kulturerbe
und Moderne

 
ape. Rheinland-Pfalz.  400! Es gibt in Rheinland-Pfalz sage und schreibe 400 Museen. Ungefähr. Genau weiß das niemand. Die letzte in Buchform publizierte Erhebung stammt von 1999 und stellt 363 Museen vor. Das reicht vom winzigen Heimatmuseum im Eifeldorf bis zum Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz. Seither sind, und das ist aktenkundig, etliche hinzugekommen. Darunter so spezielle und publikumswirksame Einrichtungen wie das Museum für Puppentheater-Kunst (PuK) in Bad Kreuznach, das in diesem Jahr in Betrieb gegangene naturwissenschaftliche Mitmachmuseum Dynamikum in Pirmasens oder das 2007 eröffnete Arp-Museum in Remagen-Rolandseck.

Von Wald-, Acker- und Rebflächen abgesehen, ist in Rheinland-Pfalz alles etwas kleiner als anderswo. Zumal im Vergleich mit Nachbarn wie Mannheim oder Frankfurt, erst recht der urbanen Ballung Bonn/Köln/Düsseldorf. Selbst die vier rheinland-pfälzischen Großstädte Mainz, Ludwigshafen, Koblenz und Trier sind nicht wirklich groß. Die Landeshauptstadt belegt nach Einwohnerzahl Rang 39 in der deutschen Großstadtliste. Die andern drei folgen unter ferner liefen; Koblenz und Trier müssen sich gar strecken, wollen sie  nicht in die Kleinstadt-Klasse absteigen. Wie die Städte, so die Museen: Was ihre schiere Größe angeht, nehmen sich selbst die rheinland-pfälzischen Schlachtschiffe neben Bonner Museumsmeile oder Frankfurter Museumsufer recht bescheiden aus.

Und solange jedes der weit verstreuten Museen sich als Einzelkämpfer betätigt, leidet die Museumslandschaft von Rheinland-Pfalz an einem grundsätzlichen Manko: dem „Wahrnehmungsdefizit“, wie Kulturpolitiker es bedauernd nennen. Will sagen: Die Welt übersieht, welche historischen und/oder künstlerischen Schätze es zwischen Südpfalz und Oberwesterwald zu entdecken gibt. So war das über Jahrzehnte – so soll es nicht bleiben. Das Instrumentarium zur Änderung sieht das Mainzer Kulturministerium einerseits in Vernetzung, Kooperation, Austausch, andererseits im systematischen Wuchern mit den originären Pfunden des Landes.

Einer der zentralen organisatorischen Hebel dazu wurde unlängst mit der Einrichtung der „GDKE“ geschaffen. Diese „Generaldirektion kulturelles Erbe“ ist das neue gemeinsame Dach für alles, was in Rheinland-Pfalz mit Altertümern unter Landeshoheit zu tun hat: Bis dato weitgehend eigenständig agierende Institutionen suchen den Schulterschluss. Burgen- und Schlösserverwaltung, Welterbeverwaltung, Archäologie, Denkmalpflege, Landesarchive und die Landesmuseen sollen bei Sicherung, Forschung, Auswertung, bei  musealer Präsentation und schließlich deren Vermarktung als Gesamtmaschinerie zusammenwirken. Wichtigster Arbeitsgegenstand dieses  Netzwerkes ist das enorme kulturhistorische Erbe des Landes, mit Schwerpunkt Römerzeit und Mittelalter.

Im Land der Römer und Ritter

„Wir sind das römischste aller Bundesländer“, formuliert GDKE-Chef Thomas Metz  ein Alleinstellungsmerkmal für Rheinland-Pfalz. Mit einigem Recht, denn hier hat das Imperium Romanum fast flächendeckend Spuren hinterlassen. Die Aufnahme der einstigen römischen Kaisermetropole Trier sowie des Limes in die UNESCO-Welterbeliste sind herausgehobener Ausdruck dieses Umstandes. Weitere Welterbetitel für den Dom zu Speyer und das Obere Mittelrheintal unterstreichen die Bedeutung des Landes für das Mittelalter inklusive dessen Echo in der Romantik. Seit eh und je spielen in Museen landauf, landab Artefakte aus jenen Epochen eine wichtige Rolle. Die neue Vernetzungsstrategie zielt auf Bündelung der Kompetenzen und Ressourcen. Ein Bestreben, das nicht nur die drei Landesmuseen in Trier, Koblenz und Mainz nebst dem Historischen Museum in Speyer verbindet. Zugleich spricht es auch kulturhistorische Einrichtungen an, die nicht vom Land getragen werden.

Die viel beachtete Konstantin-Ausstellung in Trier 2007 war eines der ersten augenfälligen Ergebnisse, der schon vor einigen Jahren angelaufenen Vernetzungsbemühungen. Zu diesem Projekt hatten sich das dortige Landesmuseum, das Dom- und Diözesanmuseum sowie das städtische Museum Simeonstift zusammengetan. Ähnlich jüngst die Mittelalter-Kampagne am Mittelrhein
(vgl.  2008-06-25b Kulturgeschichte:
Drei Museen thematisieren das Mittelalter am Mittelrhein
).
An dieser Ausstellungstriade waren das Koblenzer Landesmuseum, das Mittelrhein-Museum Koblenz und das Museum am Strom in Bingen beteiligt. Sachliche Unterstützung kam obendrein von der Burgenvereinigung, dem Landeshauptarchiv sowie den Landesmuseen Mainz und Trier.

Die beiden Beispiele zeigen, wohin der Museums-Hase in Rheinland-Pfalz läuft. Freilich unter bisweilen misstrauischen Blicken. Denn nicht jeder ist von vornherein glücklich über die Zentralisierungsneigung der Landeskulturpolitik. Auch könnte sich der eine oder andere kommunale Museumsdirektor schon mal von Partnern umarmt sehen, auf deren Finanzausstattung er nur neidisch sein kann. Und mancher Wissenschaftler oder Kulturkritiker legt die Stirn in Falten, wenn zwecks Museums-Marketing dem Kulturerbe gelegentlich die bunte Eventmütze aufgesetzt wird.

Sanierungen, Erweiterungen, Neubauten

In summa jedoch können sich die von der Vernetzung ausgehenden Impulse sehen lassen. Zumal sie vielfach von einer baulichen Offensive im Museumsbereich begleitet werden. Das Landesmuseum Trier wird derzeit grundlegend umgestaltet und erhält einen Erweiterungsbau. Eine Grundsanierung und Neustrukturierung bekommt auch das Landesmuseum Koblenz verpasst. Wobei dort eine Besonderheit wirkt: Zwar ist das in zwei Trakten der Festung Ehrenbreitstein untergebrachte Museum selbst nicht gerade ein Riese, verfügt aber mit einer der größten historischen Festungsanlagen Europas über ein gigantisches „Exponat“. Dieses ist zugleich eine archäologische Grabungsstätte: Denn wo immer auf dem  Festungsareal Schaufel oder Hammer angesetzt werden, hat man es sogleich mit oft noch völlig unerforschten Überbleibseln einer 5000-jährigen Besiedlungsgeschichte zu tun. Baumaßnahmen bedeuten hier stets auch: Forschung am lebenden Objekt – Ende unabsehbar.

Die Totalsanierung des Landesmuseums Mainz soll hingegen 2009 abgeschlossen sein. Bis  2011 kommt noch eine 1200 Quadratmeter große Ausstellungshalle hinzu. Dieser „Steinhalle“ weist Thomas Metz eine herausgehobene strategische Position zu als zentraler rheinland-pfälzischer Präsentationsraum für kulturhistorische Sonderausstellungen. „In Frankfurt die Kunst, in Mainz die Historie“, so sieht der GDKE-Chef die Verteilung der Positionen in der Kultur-Bundesliga für den Rhein-Main-Raum. Was mitnichten heißen soll, dass die Kunst, insbesondere die moderne, in Rheinland-Pfalz keine Rolle spielt. Obwohl zugegeben sei, dass sie sehr lange arg spärlich vertreten war.

Erst weit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schwenkte die Pfalzgalerie Kaiserslautern (soeben runderneuert) auf den Schwerpunkt Malerei und Plastik der jüngeren Vergangenheit ein. 1971 folgte in Ludwigshafen der Bau des städtischen Wilhelm-Hack-Museums (derzeit wegen Generalmodernisierung geschlossen), ein bald überregional hoch geachtetes Ausstellungszentrum für konstruktiv-konkrete Malerei des 20. Jahrhunderts. 1980 richtete das Landesmuseum Mainz in der Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben ihre Max-Slevogt-Galerie ein. Dies waren die ersten Schritte hin zur Moderne, denen sich 1992 die Gründung des Ludwigmuseums Koblenz anschloss, mit Schwerpunkt auf aktueller Kunst.

Alt und Neu gesellt sich gern

Die jüngsten Perlen in der Moderne-Kette heißen Kunsthalle Mainz und Arp-Museum Remagen-Rolandseck. Erstere will als städtische Ausstellungshalle reüssieren. Mit letzterem hofft das Land „in der höchsten Liga der Museen für moderne Kunst in Deutschland mitzuspielen“, so der Mainzer Kulturstaatsekretärs Joachim Hofmann-Göttig. Was Arp angeht, müssen zuvor freilich Probleme gelöst werden, die jahrelanger Streit zwischen Land und Arp-Verein hinterlassen haben. Kunsthalle und Arp-Museum verknüpfen im Äußeren historische Bausubstanz mit innovativer Gegenwartsarchitektur – in Rolandseck etwa verbindet sich der Jugendstilbahnhof  mit einem lichten Höhenneubau des Stararchitekten Richard Meyer. Ein Prinzip, das sich in Rheinland-Pfalz mittlerweile häufig findet, selbst bei den Trierer Antikenstätten.

Wie überhaupt die Verknüpfung von Uralt und Hochmodern sich allmählich zu einem Wesensmerkmal der rheinland-pfälzischen Museumslandschaft auswächst, ob in Landes- oder Kommunalhand. Man nehme Koblenz als Beispiel für viele. Das dortige Ludwigmuseum zeigt jüngste Kunstströmungen im Deutschherrenhaus, das aus dem 13. Jahrhundert stammt. Das städtische Mittelrhein-Museum wird mit seiner historischen Sammlung vom beengten „Alten Kaufhaus“ aus dem 15. Jahrhundert in ein eben erst entworfenes Geschäfts- und Kulturzentrum neuester Bauart umziehen. Und droben auf der Festung Ehrenbreitstein lädt Thomas Metz mit Begeisterung allenthalben zeitgenössische Künstler ein, durch mutige Kontrastsetzungen neue Blickwinkel auf Macht und Pracht von vorgestern zu öffnen. Es bewegt sich was – in der Provinz. 
                                                                                Andreas Pecht






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