Thema Wissenschaft / Bildung
Thema Kultur
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2007-04-20b Kulturgeschichte:
Der Dom zu Speyer

Teil 2 der Artikel-Reihe zum UNESCO-Welterbe in Rheinland-Pfalz
 
Anno domini 1027. Konrad II. kehrt aus Rom zurück, wo er vom Papst zum Kaiser gekrönt wurde. Nun ist er oberster Herr im Heiligen Römischen Reich. Daheim aber steht er, was die äußeren Zeichen seiner Macht angeht, nicht wesentlich eindrucksvoller vor der Welt als der  Graf vom Speyergau, der er zuvor war. Speyer, „seine Stadt“, ist ein Örtchen von 500 Einwohnern mit bescheidenem Kirchlein. Untragbar zu einer Zeit, da Macht ohne steinernen Ausdruck kaum haltbar ist und die gottgewollte Herrschaft des Kaisers ohne angemessene Kirchenpracht kaum glaubwürdig.

Also beschließt Konrad, in Speyer einen Dom zu bauen, den er als größtes Gotteshaus der Christenheit dimensioniert sehen möchte. Das Bauvorhaben ist so ehrgeizig wie des Mannes Vision für die eigene Zukunft: Seine Macht will er mehren, die Neider nördlich der Alpen in die Schranken weisen, seine Herrschaft erblich machen. Über ihm nur noch der liebe Gott – wo der Platz des Papstes ist, würde man sehen.

Im Jahre 1030 legte Konrad II. den Grundstein für den Dom, der beeindruckendes Symbol des von ihm begründeten Kaisergeschlechts der Salier werden sollte. Dessen Herrschaft dauerte rund 100 Jahre, die zugleich für die Stadt Speyer eine Blütezeit wurden. 1125 starb mit Heinrich V. die salische Kaiserdynastie aus. Der Dom jedoch blieb bis in die Neuzeit eine bedeutende Landmarke des deutschen Königtums, der deutschen Geschichte überhaupt; allein 50 Reichstage wurden hier eröffnet.

Konrad erlebte die Fertigstellung des frühromanischen Erstbaues nicht mehr, ebenso wenig sein Sohn Heinrich III. Beide wurden in der noch unfertigen Kirche bestattet. Erst unter Konrads Enkel Heinrich IV. konnte der Dom im Jahr 1061 vollendet werden. Auch wenn das Bauwerk über die Jahrhunderte vielfache Zerstörungen und Veränderungen erfuhr, erwies sich die Ursprungsstruktur doch als beständig.

Die konradinische Urform war eine als Kreuz gestaltete dreischiffige Basilika mit langgestrecktem Mittelschiff, erhöhtem Querhaus und Vierungskuppel. Der älteste Teil des Doms ist die Krypta, die als eine der ersten großen Unterkirchen in Europa die ausgereifte romanische Form zeigt. Mit ihren mächtigen attischen Basen, ihren schweren Würfelkapitellen sowie dem Kreuzgratgewölbe über quadratischem Grundriss setzte sie über 200 Jahre gestalterische Maßstäbe für das Abendland.

An die hielt sich auch Heinrich IV. . Was ihn nicht hinderte, 1090 einen enormen Um- und Erweiterungsbau ins Werk zu setzen, der mit dem Abriss des gesamten Ostteils begann. Der wurde mit erheblich verstärkten Mauern und reicher Ornamentik neu errichtet. Der Dom erhielt zudem etwa seine umlaufende Zwerggalerie und die vier Turmschäfte. Die bis dahin flache Holzdecke des Mittelschiffs wurde durch ein für mittelalterliche Verhältnisse gewaltiges Kreuzgratgewölbe ersetzt.

Die Überspannung so größer Räume war in jener Mittelalter-Phase ein hochriskantes Unternehmen. Denn das Wissen um die Bautechnik dafür war in der Spätantike verloren gegangen. Insofern stellte der Speyerer Dom-Umbau unter Heinrich IV. eine Pionierleistung dar. Solche Wagnisse passen zu diesem dritten Regenten aus der Salier-Dynastie, der vehement gegen den Vormachtanspruch des Papstes über die weltliche Herrschaft opponierte (Investiturstreit).
 
Die Pracht des Speyrer Domes war ein Pfund in diesem politischen Streit: Sie unterstrich  die Macht des Kaisers. Diesen traf mehrfach der päpstliche Bann, seine dauerhafte Exkommunikation konnte er nur durch den legendären „Gang nach Canossa“ verhindern. 1106 wurde Heinrich IV. vom eigenen Sohn gestürzt. Dennoch sorgte dieser Heinrich V. dafür, dass die Gebeine seines Vaters schließlich im Dom zu Speyer beigesetzt wurden. 1125 fand dann auch der letzte Salier-Kaiser dort seine Grabstätte.

Die Neuzeit spielte dem Dom wiederholt übel mit. 1689 wurde er im Pfälzischen Erbfolgekrieg von französischen Truppen weitgehend zerstört. Im 18. Jahrhundert mit  barocken Modifikationen wieder aufgebaut, verwüsteten während der Französischen Revolution Einheimische den Innenraum. Nachher diente das Gotteshaus Napoleons Soldaten als Stall. Es folgten im 19. Jahrhundert umfassende Sanierungen; König Ludwig I. von Bayern veranlasste die Ausmalung mit Fresken im Nazarener Stil.

Eine wechselvolle Geschichte hatten dem monumentalen Bauwerk diverse Stempel aufgedrückt. Im Rahmen einer 15-jährigen Restaurierungsphase im Umfeld der 900-Jahre-Feier 1961 wurde dann die romanische Prägung weitgehend wieder hergestellt, ohne jedoch die späteren Einflüsse völlig zu tilgen. So können nun alljährlich Hunderttausende Besucher den 1982 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommenen Kaiserdom zu Speyer erleben als die Sinne beeindruckenden und dem neugierigen Geist viel sagenden Zeugen von gut neun Jahrhunderten deutscher und europäischer Geschichte.  

Von der Pfalz reisen wir nun an den Oberlauf der Mosel. Dort wurde mehr als 1000 Jahre vor der Grundsteinlegung für den Speyerer Dom eine Stadt gegründet, die zu einer Metropole der spätantiken Welt werden sollte: Augusta Treverorum, Trier.
                                                                                         Andreas Pecht
Weiter zu Teil 3
∇ Die Welterbestätten in Trier

--------------------------------------------------------- Um die fünfteilige Artikel-Reihe über die Welterbestätten
der UNESCO in Rheinland-Pfalz  von Anfang zu lesen, klicken Sie bitte hier  
∇ Teil 1: Das UNESCO-Welterbe in Rheinland-Pfalz (Überblick)          
---------------------------------------------------------
 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken