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2016-02-24 Feature:

Shakespeares Liebeslyrik als szenisches Spiel auf der Bühne 


25 Jahre „la profth”: Freie Bühnenprofis aus ganz Rheinland-Pfalz und Theater Koblenz wagen zum Jubiläum ein Gemeinschaftsprojekt
 

ape. Koblenz.
Irgendwie hat in dieser Sache fast alles Seltenheitswert. Will sagen: So etwas gibt es in der deutschen Theaterlandschaft nur vereinzelt oder gar nicht. Schon unsere Gesprächsrunde ist ein Unikum. Über ein Bühnenprojekt namens „Shakespeare – Liebe, Tod & Traum” spreche ich im Intendantenbüro des Theaters Koblenz mit dem Hausherrn Markus Dietze, seinem Mann für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Markus Scherer sowie mit Astrid Sacher und Birgit Walkenhorst.

Wer in Rheinland-Pfalz ein bisschen mit der Theaterszene jenseits von Staats- und Stadttheater vertraut ist, kennt zumindest erstere der beiden Damen. Sacher ist langjährige Vorsitzende des Vereins „la profth”, des Landesverbandes professioneller freier Theater Rheinland-Pfalz. Walkenhorst ist die neue Leiterin der Verbands-Geschäftstelle, die seit 2013 ihren Sitz im Theater am Koblenzer Deinhardplatz hat. Und alle vier sind befasst mit besagtem Shakespeare-Projekt, das als Gemeinschaftsproduktion von la profth und Theater Koblenz am 21. Mai in letzterem zur Premiere kommt.
















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Was hier beiläufig aufgezählt erscheint, ist in summa für Deutschland ein schieres Wunderding. Denn seit Jahr und Tag sind in den meisten Bundesländern die freie Theaterszene und von der Öffentlichen Hand betriebene Theater gänzlich voneinander getrennte Sphären. Man mag nicht oder kann nicht miteinander. Mal neiden diese jenen die Millionensubventionen. Mal rümpfen jene über diese die Nase wegen ihres Daseins als Wandertruppen, die mit verspielten bis sonderbaren oder anarchischen Kleinformaten durch Kindergärten, Schulen, Wirtshäuser und Jugendzentren tingeln. Dass die Freien unter dem Dach eines staatlichen Theaters Heimstatt finden, und sei's nur in Form eines Büros, ist bis heute weithin undenkbar; erst recht, dass man künstlerisch etwas zusammen auf die Beine stellt.

Die ganze Vielfalt der Theaterkultur

Dietze sieht das anders: „Es gibt draußen im Land mehr und andere Formen, Ausdrucks- und Spielweisen, als wir hier im Haus haben. Auch sie sind Teil der Vielfalt unserer Theaterkultur. Warum sollte man sich nicht gegenseitig inspirieren oder, wo es sich anbietet, einander helfen.” Eine solche Hilfe ist etwa das Büro von la profth im neuen Anbau des Koblenzer Theaters. Damit kommt einander wieder näher, was sich ureigentlich nahe steht, aber speziell in der deutschen Theatertradition auseinander gelebt hat. Astrid Sacher, selbst Schauspielerin und Gründerin des Knirps Theaters Bad Ems, ist dankbar für diese Möglichkeit und hofft auf weitere Synergieeffekte zwischen den professionellen Freien und dem „großen” Offizialtheater der Stadt. Einer dieser Effekte ist „Shakespeare – Liebe, Tod & Traum”, die erste Gemeinschaftsproduktion, mit der la profth zugleich seinen 25. Geburtstag feiert. Das Projekt wird vom Mainzer Kulturministerium finanziell gefördert.

Feuer und Flamme sei er gewesen, sagt Dietze, als man ihm die Idee für dieses Projekt vorstellte: Shakespeares wunderbare Sonette in Szene setzen, indem mittels der unterschiedlichen Ausdrucksweisen der Mitgliedsgruppen von la profth ein Kaleidoskop der Liebe in all ihren Nuancen entsteht. An Formenvielfalt wird es dem Projekt nicht mangeln, denn bei dem 36 freien Profigruppen von der Südpfalz bis in den Oberwesterwald - von denen 22 am Shakespeare-Projekt teilnehmen - sind Schau- und Puppenspiel, Tanz und Musik, Körper- und Figurentheater in jedweder Ausprägung vertreten. „Die Herausforderung wird sein”, erklären der Intendant und die Verbandsvorsitzende in sinngemäßer Übereinstimmung, „aus der Vielfalt eine vielgestaltige Ganzheit zu entwickeln.” Die Sache sei ein Experiment, meint Dietze, „aber ein ungemein spannendes”.

Neuland für alle Beteiligten

Die künstlerische Gesamtleitung hat Regisseur Wolf E. Rahlfs, der am Koblenzer Theater schon mehrfach inszenierte. Er reist nun in Rheinland-Pfalz herum, um mit den einzelnen Theatergruppen ihre jeweiligen Szenen zu probieren. Ab Pfingstmontag kommen alle nach Koblenz zum mehrtägigen Zusammenbau und Feinschliff der Produktion. Dort werden dann auch Mitglieder von Dietzes Hausensemble eingebunden, die als Shakespeare'sche Narren die Szenen miteinander verbinden. Vom Ergebnis wird es im Mai/Juni fünf Vorstellungen in einem arena-artigen, aber intimen Spielraum Hinter dem Eisernen Vorhang der großen Koblenzer Bühne geben.

Für die Mitglieder von la profth ist auch eine solch umfängliche Zusammenarbeit untereinander Neuland, obwohl einzelne Gruppen einander immer wieder helfen, etwa Materialien und Schauspieler austauschen. Das ist einer der Zwecke, für die der Verband vor 25 Jahren gegründet wurde. Ein anderer ist verbesserte Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit. Denn unterschätzt wird die kulturelle Bedeutung der meist sehr kleinen freien Theatergruppen für das Land allemal. In Zahlen ausgedrückt: 2014 hatten die drei Dutzend in la profth organisierten Ensembles und Einzelkünstler rund 2500 Vorstellungen gespielt. Zwei Drittel davon für Kinder und Jugendliche. Damit läuft vor allem in der Fläche die Erstbegegnung der Jüngsten mit der Theaterkunst hauptsächlich über die Freien.

Freies Theater ist ein hartes Brot

Gleichwohl ist das Leben der Berufskünstler in dieser Szene ein hartes Brot. 30 Prozent können vom Bühnenjob allein nicht leben. Vor diesem Hintergrund hatten la profth und das Land Rheinland-Pfalz 2008 die sogenannte „Abspielförderung” ausgehandelt. Die wurde 2011 in „Aufführungsförderung” umbenannt und zahlt auf Antrag anerkannten freien Profitheatergruppen aus dem Land einen Gagenzuschuss. Auch dieses Modell hat in Deutschland Seltenheitswert.
120 000 Euro institutionelle Förderung sind pro Jahr im Topf. Das ist nicht die Welt und macht die freien Theaterschaffenden auch nicht reich, sichert aber eine gewisse Grundlast an Auftrittsmöglichkeiten. Weshalb laut Astrid Sacher der Trend zur Überalterung bei den Gruppen im Verband gebrochen sei und „vermehrt wieder junge Kollegen den Schritt ins selbstständige Bühnenschaffen wagen”.

Gründe genug also, den 25. Geburtstag von la profth angemessen zu begehen. Und angemessen heißt in diesem Fall: Neue Wege beschreiten in Form eines innovativen Gemeinschaftsprojektes von freien Gruppen aus ganz Rheinland-Pfalz mit dem Theater Koblenz. Toi, toi, toi für „Shakespeare – Liebe, Tod & Traum”. Wir sind gespannt.

Andreas Pecht


Karten/Termine für "Shakespeare - Liebe, Tod & Traum"
über >>www.theater-koblenz.de/

Info/Kontakt la profth über: >>www.laprofth.de


(Erstabdruck/-veröffentlichung in einem Pressemedium außerhalb dieser website 8./9. Woche im Februar/März 2016)


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