Thema Politik | |||
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2009-04-20 Kommentar: | |
Zur UN-Rassismuskonferenz in Genf Der Boykott ist falsch |
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ape. Wenn
ich damit rechnen muss, dass ein Mitglied meines Vereins bei einer
bevorstehenden Versammlung üble Tiraden gegen andere Vereinsmitglieder
von sich gibt – was tue ich dann? Wegbleiben und von Ferne murren?
Nein, hingehen, gegenreden, dem Typen in die Parade fahren, ihn
möglichst isolieren, der Vernunft einen Weg bahnen! Sich anders
verhalten, heißt: Jenem boshaften Zeitgenossen das Feld überlassen, zum
Schaden des Vereins und seiner Ziele. Internationale Politik mag oft
komplizierter sein, im Falle der UN-Rassismuskonferenz in Genf verhält
es sich jedoch wie im Vereinsbeispiel: Die Entscheidung der deutschen
Regierung, nicht teilzunehmen, ist falsch. Dass die USA und ein paar andere westliche Länder ebenfalls wegbleiben, macht sie nicht richtiger. Im Gegenteil: Der Schaden für die UNO wird umso größer, die Aufmerksamkeit für den antisemitischen Agitator aus Teheran umso höher. „Mahmud Ahmadinedschad schlägt die Ungläubigen allein durch seine Gegenwart in die Flucht“, so könnte sich diese Konferenz alsbald in den Heldenlegenden des Morgenlandes niederschlagen. Das ist keineswegs ironisch gemeint: Im Kalkül des iranischen Präsidenten spielt die Gefühlswelt der islamischen Massen eine zentrale Rolle, und er bespielt die Klaviatur der Volksseele meisterlich – dabei die tiefen Verwundungen durch den unseligen Nahost-Konflikt perfide instrumentalisierend. Die UNO hat Chruschtschow, Castro und Arafat ausgehalten, sie hat Pinochet, Ronald Reagan und zuletzt George W. Bush ertragen. Sie muss auch mit Ahmadinedschad zurechtkommen – weil das unermüdliche Reden miteinander, der ewige Versuch von Brückenschlägen zwischen unterschiedlichen, gegensätzlichen, ja verfeindeten Positionen ihr ureigentliches Wesen darstellt. Wenn bei jeder UN-Konferenz jeder weggeblieben wäre, der irgendeinen angekündigten Redner und dessen Ansichten für unerträglich hielt: Es hätte die Weltorganisationen kein halbes Jahr gegeben. Wie sich früher in ihren Debatten die Menschheits-bedrohende west-östliche Blockkonfrontation spiegelte, so jetzt der wachsende Einfluss der Schwellenländer und eben auch die erstarkte islamische Welt. Das UNO-Parkett ist rutschiger geworden, aber deshalb nicht unwichtiger. Was Ahmadinedschad von sich gibt, ist oft schier unerträglich, war es auch jetzt in Genf wieder. Dagegen am Versammlungsort zu protestieren, war richtig. Das Reden und Verhandeln über die gewichtigen Probleme der Rassendiskriminierung weltweit jedoch für Akte eines quasi Kalten Krieges mit Teheran zu opfern, stellt keine ernsthafte Option internationaler Politik dar. Frankreich und Großbritannien etwa, ja selbst der Vatikanstaat, haben das begriffen und ihre Vertreter trotz des iranischen Provokateurs nach Genf entsandt. Gut so. Andreas Pecht |
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(Erstabdruck am 21. April 2009) |
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