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2008-11-20 Sachbuchkritik: | |
Bernhard Bueb: "Von der Pflicht zu führen" Patriarchen am Lehrerpult |
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ape. Bildung
ist eines der großen Themen unserer Tage. Schulstrukturen stehen auf
dem Prüfstand, der Pisa-Schock hat einen Wandlungsprozess eingeleitet.
Innerhalb der großen Diskussion um dessen Richtung erinnern jüngere
Publikationen verstärkt daran, dass der für die Bildungsqualität
letztlich entscheidende Faktor die handelnden Personen am Ort des
Geschehens sind: die Lehrer. Der meist beachtete wie auch umstrittene
Beitrag dazu ist in diesem Herbst Bernhard Buebs Buch „Von der Pflicht
zu führen“. |
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Über
etliche der 170 Seiten ist man geneigt, sich den Autor als Pädagogen
alter Schule in bestem Sinne vorzustellen. Als einen erzieherischen
Idealisten, der das humanistische Primat der
Persönlichkeitsbildung hochhält. Bueb kritisiert, dass viele Lehrer ihr
Tun nur als Job und nicht mehr als eine mit höchster Verantwortung
verbundene Berufung begreifen. Da stehe manch einer am falschen Platz.
Er wettert gegen die verbreitete Didaktik-Hörigkeit der Lehrer und die
Verwandlung der Schulen in Belehranstalten, die sich vornehmlich an
Nützlichkeit für die Berufsvorbereitung orientieren. Bueb schreibt mit Emphase über die pädagogische Herausforderung, Schüler zu begeistern, ihnen Vorbild zu sein, sie als Individuen wahrzunehmen, ihnen mit Respekt, ja Liebe zu begegnen, sie auf dieser Grundlage zu fordern und zu fördern. Genau genommen rekapituliert der langjährige Leiter der Internatsschule Schloss Salem die Prinzipien der großen Humanpädagogen von Sokrates über Humboldt bis zur Reformpädagogik des 20. Jahrhunderts. Insofern könnte sein Buch als überfälliger Aufruf zur Besinnung auf ein Bildungsverständnis gelesen werden, nach dem „Lehrer in erster Linien junge Menschen und nicht Fächer unterrichten“. Der Titel „Von der Pflicht zu führen“ deutet allerdings an, dass der Autor einen anderen Ansatz verfolgt. Tatsächlich wird die Lektüre durch Buebs nachgerade penetrante Betonung der Bedeutung von „Führung“ für das Schulleben überschattet. „Bildung braucht Führung“ lautet seine Maxime; und Führung braucht Autorität, Autorität braucht Macht. Alles zusammen braucht auf Seiten von Rektoren, Lehrern, Eltern auch die Entschlossenheit, zu führen. Nun redet Bueb keineswegs autokratischem Herrschen das Wort. Vielmehr skizziert er eine Mischung aus moderner Unternehmens-Personalführung und aufgeklärtem Patriarchat. Verständnisvoll, aufmerksam, auch fürsorglich und überzeugend soll Führung ausgeübt werden, soll den Schutzbefohlenen Vertrauen entgegen bringen und ihnen etwas zutrauen. Ständige Leistungskontrolle sei freilich ebenso unverzichtbar wie die Ausstattung des Führungspersonals – ob Lehrer, Schulleiter oder Eltern – mit Sanktionsinstrumenten. Pädagogen sollen leiten und anleiten, motivieren und moderieren. Dazu steht Bernhard Bueb. Das reicht ihm aber nicht: Sie müssen „führen“ wollen. Vom Schulleiter oder Lehrer als primus inter pares, als Erster unter Gleichen mag er nichts wissen. Weshalb sein Buch streckenweise auch anmutet wie ein psychologisches Führungshandbuch für Wirtschaftsmanager. Ob Sokrates das gefallen hätte? Andreas Pecht Bernhard Bueb: "Von der Pflicht zu führen". Ullstein, 170 Seiten, 18 Euro (Erstabdruck am 22. November 2008) |
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