Kritiken Bücher | |||
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
2007-05-08 Buchkritik: | |
"Liebe heute" abhanden gekommen 27 neue Shortstories von Maxim Biller zwischen Traurigkeit und Männer-Fantasie |
|
ape.
27 Geschichten, unter dem Titel „Liebe heute“ zum Buch
gebunden. Und stünde es allweil um die Liebe wie in den
meisten dieser Shortstories von Maxim Biller, das Leben wär’
zum Heulen. Jede(r) hier Betroffene, hat vielleicht mal geliebt oder
wird vielleicht irgendwann mal lieben. In den erzählten
Augenblicken jedoch herrscht stets Katzenjammer. Oder es verströmt
sich jene Melancholie des Feststeckens zwischen So-Nicht-Wollen und
Anders-Nicht-Können, was hinsichtlich Paarbeziehungen meist
bedeutet: Ohne diesen Partner geht es nicht, mit ihm gleich gar nicht. |
|
Billers
Geschichten spielen in Prag, Frankfurt, Berlin, New York, Tel Aviv.
Seine männlichen Helden kommen rum, sind Globetrotter, oft
Schriftsteller. Aber es sind müde Männer. Antriebslos sitzen
sie in Bars und Cafés – Tagträumer wie viele ihrer
Frauen auch, die sich nicht entscheiden können: für diesen,
für den anderen oder gegen beide. Jawohl, die Liebe, jede Liebe,
kennt solche Momente, sogar Phasen. Billers „Liebe heute“
kennt indes kaum Anderes, wodurch die 27 Stories sämtlich in ein
ähnlich trist-schummriges Licht getaucht wirken. Das beleuchtet
nicht Liebe, allenfalls vage Sehnsüchte nach der Möglichkeit
von so etwas wie Liebe – selbst dort, wo sie im Fleische gleich
vollzogen wird oder eben wurde. Die Männer dieses Buches haben keinen Mangel an Frauen. Den Schriftsteller sprechen welche an, weil sie in ihm zu finden hoffen, was sie in seinen Büchern gefunden hatten. Der Schriftsteller lädt sie ein – in sein Bett. Das klappt, aber es kommt nichts heraus als Schalheit für beide. Überhaupt scheint, nach Biller, das Anbändeln in heutigen Städten das Einfachste: Ein Blick, zwei Worte, drei Bier, und schon legt er seinen Kopf an ihre Schulter oder sie den ihren an seine. Kein Werben und Flirten, kein Bangen und Hoffen. Balkonszene gestrichen – Romeo und Julia springen gleich in Gruft. Dennoch sind es einsame Helden, die hier ihre Kreise ziehen, sich im Kreise drehen. So gehen sie, wohin die einsamen Glücklosen immer gegangen sind: zu den Huren, den einsamen und glücklosen. Sami bereitet einer solchen sogar Lust. Das ist eine jener Männer-Fantasien, die Biller sich mehrfach nicht verkneifen kann. Eine andere Fantasie findet sich unter der Überschrift „Es ist eine traurige Geschichte“, was auch als Buchtitel taugen würde: Ein Witwer gerät immer an dieselbe Frau, wenn er die Sexhotline anruft. Da entspinnt sich dann eine scheinbar tröstende Vertrautheit aus Geständnissen und Lügen jenseits der Lustillusion. Aber auch das führt zu nichts – wie nichts in dieser „Liebe heute“ zu irgendetwas führt. Manchmal beobachtet und beschreibt Maxim Biller dieses Nichts und die Nöte damit sehr genau und aus einem Blickwinkel schlichter Verunsicherung. Dann ist er richtig gut. Manchmal kehrt er bloß den lakonischen Großstadtwolf heraus. Dann bleibt er unter seinen Möglichkeiten. 27 Kurzgeschichten, knapp die Hälfte sprechen von etwas Wichtigem, wenngleich Traurigem. Andreas Pecht Maxim Biller: „Liebe heute“. Kiepenheuer & Witsch, 200 S., 18,90 Euro |
Diesen Artikel weiterempfehlen | ![]() ![]() |
was ist Ihnen dieser Artikel und www.pecht.info wert? |
|
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |