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2006-12-25 Gastbeitrag von map: | |
Eifel-Geschichte als Museums-Inszenierung Erlebniswelt in Mayener Genovevaburg – Schaubergwerk tief unter der Erde |
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map.
Das Eifelmuseum in der Mayener Genovevaburg widerspricht allen
Vorstellungen von einem altbackenen Heimatmuseum. Nostalgie in
zahllosen Glasvitrinen, eng bedruckte Texttafeln, verstaubte
Bauernmöbel: Nichts davon hier. Stattdessen illuminieren
rote, gelbe oder grüne Lichter nach einem abgestimmten Konzept die
unter modernsten museumsdidaktischen Maßstäben gestalteten
Räume. Stimmengewirr durchdringt das Marstall-Gebäude der
Burg. Historische Szenen flimmern über Leinwände,
aufwändige Landschaftsmodelle ziehen den Blick auf sich. In der
Mayener Genovevaburg werden museale Inhalte regelrecht inszeniert; die
gesamte Burg ist auf dem Weg zu einem modernen Themenmuseum. Die
zurzeit wohl aufwändigste Abteilung des Museums, das Deutsche
Schieferbergwerk befindet sich untertage. Tief im Fels, 18 Meter unter
den mittelalterlichen Burggemäuern erzählt ein Schaubergwerk
die Geschichte des Eifeler Schiefers. |
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Wellenklang
rauscht im Ohr, Split knirscht unter den Schuhsohlen, gelegentlich
landet ein Wassertropfen auf der Nase des Besuchers. Die kantigen
Felsdecken ragen weit in den dämmrigen Raum hinein, Bauhelme
schützen vor ungewollten Verletzungen am spitzen Gestein. Das
Deutsche Schieferbergwerk ist der Renner in der Eifelstadt Mayen. Seit
drei Jahren dient ein Stollenlabyrinth unter der Genovevaburg, dem
Mayener Wahrzeichen, nun schon als „Erlebniswelt des
Schiefers“. Der ehemalige Luftschutzbunker aus dem Zweiten
Weltkrieg ist zurzeit der wohl spektakulärste Teil des
Eifelmuseums. Tief unter der Burg dreht sich alles um Schiefer: Schiefermeer, Schieferbergbau, Schieferbearbeitung, Schieferverwendung, Schieferhandel. Das passt zur Eifel und zu Mayen. Immerhin 4000 Menschen waren um die Jahrhundertwende in der Bergbauindustrie rund um die Kleinstadt beschäftigt. Und noch heute steuert Mayen die Hälfte zur deutschen Schieferproduktion bei. Genannt wird das Gestein aus der Eifel übrigens Moselschiefer. Demnach ist es nicht nur der Basalt, der die Eifel so berühmt macht. Auch diesem Umstand will die Museumsabteilung Deutsches Schieferbergwerk Rechnung tragen. Und da nur mit Vitrinen und Schautafeln heute längst keiner mehr ins Museum gelockt werden kann, beschreiten die Mayener neue Wege. „Wir wollen zeigen, wie es damals war. Aber die Fakten interessant und thesenhaft vermitteln“, erklärt Museumsleiter Dr. Bernd Oesterwind. Das gelingt in dem engen Labyrinth unter der Burg. Der Besucher erfährt, wie vor 400 Millionen Jahren der Schiefer tief unter der Erde geformt wurde: Wissenschaftlich korrekt und doch mit besonderen Effekten. 340 Meter lang ist der Stollen, in dem heute Lorenfahrten simuliert werden, „Schiefer anfassen“ ausdrücklich erwünscht ist und der Weg des Gesteins von der Entstehung im Devonmeer bis zur Dachziegel gezeigt wird. Auch wenn in der Erde unter der Burg nie Schiefer abgebaut wurde, ist das Schaubergwerk doch authentisch. Genau darauf, auf Authentizität, legt das gesamte Eifelmuseum wert. Denn neben dem Publikumsliebling Bergwerk wird in der Burg noch mehr geboten. „Wir sind ein modernes Themenmuseum“, betont Museumsleiter Oesterwind. Der studierte Archäologe kennt die Eifel und die Materie. Trotzdem holt er sich immer wieder externen Sachverstand ins Haus. Professoren treffen in Mayen auf Gestaltungsexperten für Museumskonzeptionen. Das Ziel ist klar formuliert: Relevante Themen plakativ erklären, ohne die Geschichte zu verfälschen. Das ist manchmal gar nicht so einfach, schließlich versteht sich das Museum, seit 1921 in der Burg beheimatet, als zentrales Geschichtsorgan für die Eifel. Geologie gehört demnach genauso dazu wie Kulturlandschaft, Landwirtschaft, Lebenswelten und Religion. Tausende Exponate müssen folglich eingeordnet und attraktiv präsentiert werden. Das Museum unterliegt einem dauerhaften Wandlungsprozess – und das schon seit mehr als 100 Jahren. Der Geschichts- und Altertumsverein Mayen wurde 1904 gegründet und hat seit dem eine beachtliche Vereinssammlung zusammengestellt. Diese macht heute noch einen großen Teil der Exponate aus. Im Laufe der Zeit fand die Sammlung ihre Bleibe in der Burg. Gemeinsam mit Eifelverein, der Stadt Mayen und dem Kreis bildete der Geschichts- und Altertumsverein ein Kuratorium, das das Museum bis heute betreibt und auch hohe Investitionen nicht gescheut hat. Peu à peu wurde und wird die gesamte Genovevaburg umgebaut. Die ersten Etappen des Mammutprojektes wurden mit der Eröffnung des Schieferbergwerks 2003 abgeschlossen. Im kommenden Jahr sollen weitere Etagen und Abteilungen hinzukommen: Im ersten und zweiten Obergeschoss wird es um die Kulturlandschaft Eifel gehen. Das Dachgeschoss des Marstalls widmet sich dem komplexen Thema „Glaube und Aberglaube“. „Wir haben etliche Jahre an dem neuen Konzept getüftelt“, erinnert sich Oesterwind an die ersten Umstrukturierungspläne in den 1990er-Jahren. Bisher sei ein großer Teil der Genovevaburg renoviert, hauptsächlich das Marstallgebäude. Die Oberburg mit den Themen Städte und Herrschaftsstrukturen stellt die Herausforderung der Zukunft dar. „Das geht jetzt auch nicht in einem Rutsch. Da brauchen wir bestimmt erstmal einige Jahre Pause“, blickt der Museumsleiter auf die neuen Aufgaben. An der Idee eines lebendigen Museums soll festgehalten werden: Exemplarische Inszenierungen erzählen die Geschichte der Eifel. Das funktioniert, solange es den Besuchern gefällt. Und zurzeit tut es das, ist sich Bernd Oesterwind sicher. „Wir wollen das Publikum nicht belehren oder langweilen“, erklärt er. Bisher sei die Resonanz durchweg positiv, dem überkommenen Vitrinenmuseum trauere niemand nach. Fast 26 000 Besucher zählt das Eifelmuseum übrigens pro Jahr. Damit sind die Mayener bisher ganz zufrieden, obwohl die Einrichtung noch nicht dauerhaft schwarze Zahlen schreibt. Dennoch sieht Oesterwind für Bescheidenheit derzeit keinen Grund. „Wir sind sicher eines der anspruchsvollsten Museen in Rheinland-Pfalz“, formuliert er souverän. Dazu gehört auch, dass sich alle Beteiligten über den Stellenwert des Museums im Klaren sind: Geschichte als touristischer Standortfaktor. Vorzeigeprojekt bleibt in der Genovevaburg das Stollenlabyrinth unter der Erde. Schon auf den Zufahrtsstraßen der Stadt wird mit großen Plakaten für das Schaubergwerk geworben. Mit Erfolg: Längst sind es nicht mehr nur Schüler, die auf knirschendem Split und mit Helm auf dem Kopf die Welt unter der Erde erkunden. Verwaltungsmitarbeiter, ganze Fußballmannschaften und zahlreiche Individual-Touristen sind schon „eingefahren“. Die meisten waren begeistert, lautet Bernd Oesterwinds Bilanz. Und mit dieser Einschätzung ist er nah dran an seinem Wahlspruch: „Wenn die Besucher zwei bis drei Aha-Effekte mit nach Hause nehmen, sind wir schon ganz gut.“ Auf diese Effekte muss untertage nicht lange gewartet werden: Spätestens wenn sich die Aufzugstür im untersten Stock öffnet, erahnt man, wie Bergleute damals gearbeitet haben. Marco Pecht Infos zum Eifelmuseum im Internet:http://www.mayenzeit.de |
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