Thema Politik | |||
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2006-11-05 Kommentar: | |
Das Todesurteil gegen Saddam Hussein hilft nichts und niemandem |
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ape.
Der irakische Ex-Diktator Saddam Hussein hat, wie andere
neuzeitliche Diktatoren auch, schwere Verbrechen gegen die
Menschlichkeit begangen. Ihm nach seiner Entmachtung den Prozess zu
machen, ist deshalb unumgänglich. Wäre nach einer
ordentlichen Gerichtsverhandlung eine lebenslange Haft herausgekommen,
gäbe es dagegen kaum etwas einzuwenden. Angesichts des Verfahrens
in Bagdag und des Urteils einen Sieg von Recht und Gerechtigkeit
zu bejubeln, ist allerdings abgeschmackt. Schon das Verfahren unter
US-Besatzung und quasi Bürgerkriegsbedingungen hatte mit einem
rechtstaatlich fairen Prozess wenig zu tun. Dass der Angeklagte am Ende
aufgehängt werden soll, stört vielleicht amerikanisches und
womöglich islamisches Rechtsempfinden nicht. Für das Gros der
Völkergemeinschaft jedoch bleibt das Umbringen von Menschen, auch
von Verbrechern, als Mittel staatlicher Rechtspflege inakzeptabel. Beim Blick auf die ersten Reaktionen zum Urteil offenbaren sich eigentümliche Konstellationen. Euphorisch begrüßt wurde das Urteil von Vertretern der amerikanischen und britischen Kriegsfraktion sowie der aktuellen Regierung des Iraks. Bejubelt wurde es auch von schiitischen Anhängern des Radikalislamisten Muktada al Sadr, einem Todfeind der Amerikaner. Rache für Saddam schworen hingegen sunnitische Demonstranten. Zeitgleich lassen sich in den USA verstärkt Stimmen vernehmen, die im Urteil und seiner Verkündung zwei Tage vor den amerikanischen Kongresswahlen einen Wahlkampftrick von George W. Bushs Republikanern sehen. Wundern würde es einen nicht, so viel wie von dieser US-Regierung in Sachen Irak schon manipuliert und gelogen worden ist. Die Hauptsorge gilt im Moment allerdings nicht dem sinkenden Stern des Herrn Bush, sondern der Frage: Verschlechtert das Urteil gegen Saddam die Sicherheitslage im Irak, in der Region, in der Welt noch über das Maß hinaus, das schon die amerikanische Besetzung des Landes mit sich gebracht hat? Im Irak vielleicht, weil schiitische und sunnitische Bevölkerungsteile den Schuldspruch genau gegenteilig auffassen; die Tendenz zum Bürgerkrieg könnte sich verstärken. Ob die islamistischen Terrornetzwerke das Urteil als Vorwand für verstärkte Aktivitäten weltweit nutzen wollen oder können, ist offen. Saddam war nie ihr Freund, sein Regime ein weltliches, ein „gottvergessenes“. Erst die amerikanische Propaganda zeichnete ihn als Ziehvater des internationalen Terrorismus – ein Märchen wie die im Irak niemals gefundenen Massenvernichtungswaffen auch. Juristisch zweifelhaft, menschlich inakzeptabel und politisch zu keiner irgendwie erkennbaren Verbesserung der Lage beitragend: Das Todesurteil gegen Saddam Hussein ist kein Grund zur Freude. Andreas Pecht |
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