Kritiken Theater | |||
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2006-07-02 Theaterkritik: | |
Romeo tobt und Julia rast Shakespeare-Tragödie wird bei Mayener Burgfestspielen als robustes Volkstheater realisiert |
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ape. Mayen.
Sie waren seit 1988 tragende Säule der Mayener Burgfestspiele: die
Klassiker des Sprechtheaters. Mit Shakespeares
„Othello“ endete vor drei Jahren die langjährige
Intendanz Jochen Heyses und zugleich die Zeit, da Mayen das einzige
lupenreine Schauspielfestival des Open-air-Sommers in der
Großregion bot. Jetzt beschließt „Romeo und
Julia“ die kurze Amtszeit Pavel Fiebers, der dieses
Alleinstellungsmerkmal aufgab und die Burgfestspiele auch
fürs populäre Musiktheater öffnete. |
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„Romeo
und Julia“ ist neben dem „Faust“ das bekannteste
Theaterstück auf der Welt. Dank der Kinoverfilmung mit Leonardo
diCaprio gehört die tragischste aller Liebesgeschichten auch im
theaterabstinenten Teil der Jugend wieder zum Allgemeinwissen. Stanislav Mosa inszenierte den Klassiker für Mayen in einem sehr rustikalen Stil. Vielleicht geschah das mit Rücksicht auf den beim Sommerfestival vergleichweise hohen Anteil von theaterunerfahrenen Zusehern. Jedenfalls lässt Mosa eine geradlinig romantische, auf saftige Gefühligkeit und psychologische Unkompliziertheit ausgerichtete Lesart des Stückes aufführen. Dafür gibt es ordentlich Beifall – und das, obwohl die uralte Übersetzung von August Wilhelm Schlegel den Text für heutige Ohren ziemlich sperrig macht. Weshalb die Schlegel-Übertragung an den deutschen Theatern sonst kaum noch benutzt wird. Die Mayener Inszenierung neigt sich irritierend stark in Richtung Komödie. Die Regie hat gleich aus einem halben Dutzend der Protagonisten Narren gemacht. Mercutio (Folke Paulsen) ist einer, Benvolio (Phillip Sponbiel) ebenfalls. So trocken wie Harald Heinz ihn gibt, zählt auch Bruder Lorenzo zur Narrenschar. Deren Königin ist freilich Julias Amme, die busenwogende, zahnlückige, waschweibige Heike Schmitz. Die machen ihre Sache alle ziemlich gut – und hätten prima in eine der großen Shakespeare-Komödien gepasst, etwa in „Was ihr wollt“ oder den „Sommernachtstraum“. Aber „Romeo und Julia“ ist eine Tragödie – dafür fällt die Narretei zu arg aus. Und die Titelfiguren lassen sich leider vom lauten, exaltierten Volkstheater-Stil anstecken. Sicher, Matthias Hermann und Birgit Pelz spielen sich die Seele aus dem Leib. Ihr Engagement ist beeindruckend, für jeden Theaterneuling im Publikum nachgerade erschütternd. Aber was hier – von einer schönen Erstbegegnungsszene abgesehen – wirklich fehlt, sind die leisen Momente, ist Sanftheit, ist Zartheit, sind auch Zweifel. Ob Freud, ob Leid, in Mayen rasen und toben Romeo und Julia unentwegt. Es steckt viel Talent in den beiden jungen Mimen. Hätte die Regie gebremst, wäre wahrscheinlich mehr davon zur Entfaltung gelangt. Die bei dieser Inszenierung spürbare Neigung zum robusten Volkstheater entspricht keineswegs dem, womit die Burgfestspiele Mayen seit 1988 überörtlich punkten konnten. Der neue Intendant Peter Nüesch sollte das bedenken, wenn er im nächsten Jahr mit „Comedian Harmonists“ und „Der Hauptmann von Köpenick“ das Theatererbe in der Genovevaburg antritt |
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