Thema Kultur | |||
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2006-04-29 Gastbeitrag: | |
Spannende Aufführungen und viel mehr Festivalstern Jugendtheater: Jugendarbeit, Kulturarbeit, Flächenversorgung und jede Menge Spaß - Gastbeitrag von Marco Pecht (Originaltext) |
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map. Rheinland-Pfalz. „Theater.
Nein Danke!“? Die Sessel sind unbequem, die Abende langatmig und
überhaupt: Das Programm in der Glotze hätte mehr Spaß
gebracht. Jugendliche und Theater, das will nicht immer zusammengehen.
Ein Vorurteil? Ja, denn betrachtet man die Geschichte des
Festivalsterns Jugendtheater im Kultursommer, wird klar: Theater macht
Freude, auch und gerade der Jugend. |
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Moka
Biss ist Sorgentelefon, Managerin und Tourorganisatorin in einem.
Nebenbei muss sie noch künstlerischen Sachverstand beweisen. Die
Mitarbeiterin des Kulturbüros Rheinland-Pfalz ist Projektleiterin
des Festivalsterns Jugendtheater. Bei ihr in der Koblenzer Kulturfabrik
laufen alle Fäden zusammen - das tun sie dort schon seit 13
Jahren. So lange schickt der Kultursommer Rheinland-Pfalz heimische
Jugendtheater-Gruppen und solche aus aller Welt durch das
Land,bis hinein in die angeblich so „tiefe
Provinz“. Eben dorthin, wo man nicht mal schnell am
Last-Minute-Schalter Karten für Stadt- oder Staatstheater kaufen
kann. Das Konzept des Festivalsterns Jugendtheater: Von einem
Aufführungszentrum aus touren die Gruppen durch
Rheinland-Pfalz. Obendrein leuchtet der Stern am
Jugendtheaterhimmel der Republik. Jugendtheater ist ein mehrdeutiger Begriff. Mal handelt es sich um professionelle Akteure, mal um Amateure. Mal spielen Erwachsene für Jugendliche, mal spielen Jugendliche. Für die Theatergruppen ist die Teilnahme am Kultursommer-Festivalstern mittlerweile ein Qualitätsprädikat geworden. Denn das Kulturbüro schaut sich die Stücke vorher an und entscheidet, wer teilnehmen darf. Die Produktionen müssen für die Zielgruppe konzipiert sein, zeitgenössisches Geklingel mit „cooler Sprache“ oder Hip-Hop-Einlagen allein reicht da nicht aus. Gedacht ist der Festivalstern für professionelle Ensembles und Amateure gleichermaßen. Außerdem haben kleinere Veranstalter die Chance, ein Programm preislich unter den üblichen Konditionen zu buchen. Aber vor allem profitieren die Theatergruppen selbst vom Kultursommer-Konzept. Profis bekommen eine Art Förderung und Laien werden richtig gefordert – besonders beim Jugendtheater-Festival „Impulsiv“. Das ist das Zentrum des Festivalsterns und vor zwei Jahren von Idar-Oberstein nach Koblenz umgezogen. Jugendtheatergruppen aus dem In- und Ausland kommen dort zusammen. Die Zahlen des Festivals sprechen für sich: 2005 zeigten fünf Theatergruppen vor rund 1500 meist jugendlichen Zuschauern, was sie drauf haben. Die Produktionen decken ein breites Themenspektrum ab: Klassiker wie Liebe, Verzweiflung und Weltschmerz gehören ebenso dazu wie Rassismus oder gegenwärtige Politik. Dieses Jahr etwa wird beim Festivalstern Internationalität groß geschrieben. Die „Brazilkids kommen aus Brasilien und das „Teatro Trono“ aus Bolivien. Beide versuchen durch Theater dem Publikum ihre Länder näher zu bringen. Das „Teatro Trono“ tut dies mit fünf clownesken Stücken und die „Brazilkids“ beim Capoeira-Tanz-Theater mit musikalischen und akrobatischen Einlagen. Oder die Formation „International Munich Art Lab“: In „trip Operea eXtaze“ erzählen Jugendliche aus elf Ländern in einer Mixtur aus Schauspiel, Multimedia, Gesang, Tanz und Akrobatik von der verzweifelten Suche nach dem perfekten Glück. Die Beispiele zeigen, welche Philosophie noch hinter dem Festivalstern steckt. „Die Sparte Jugendtheater wurde lange Zeit überhaupt nicht wahrgenommen“, so Moka Biss. Allmählich aber wird die Chance erkannt, die künstlerische Arbeit mit Jugendlichen bietet. Die Kunst hilft bei der Bewältigung von Sorgen und Nöten, beim Aufbau von Selbstbewusstsein - ist deshalb willkommener Bestandteil von Jugendarbeit geworden. Und noch ein Aspekt ist nicht zu vernachlässigen: Theater vermittelt Akteuren und Zuschauern gleichermaßen kulturelle Bildung. Denn die jährlich 30 bis 50 Aufführungen im Rahmen des Festivalsterns senken die Berührungsängste gegenüber dem Theater generell, führen vielfach über spannende Wege auch an die Klassiker des Theaters heran. Die Profis vom „Chawwerusch Theater“ widmet sich in diesem Jahr beispielsweise mit der tragisch-komischen Inszenierung „Engel Pudel Faust“ Goethes „Faust“. Oder die Schauspieler vom Freien Theaterhaus Frankfurt haben Shakespeares „Othello“ seiner alten Form entkleidet und in moderne Sprache überführt. Eines hat Moka Biss beim Festivalstern übrigens selbst überrascht: Gerade in ländlichen Regionen – und davon gibt es in Rheinland-Pfalz bekanntlich einige – funktionieren die Stücke. Da werden die Akteure schon mal kurzer Hand von Besuchern nach Hause eingeladen, oder die örtlichen Veranstalter engagieren die Gruppen später noch einmal auf eigene Faust. Ein Effekt, der gewollt ist: Der Festivalstern Jugendtheater, eines der größten Projekte des Kultursommers, ist schließlich Chance für Akteure und Publikum gleichermaßen. (Infos: www.kulturbuero.rlp; Tel. 0261/982 11 59) |
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