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2005-11-05: | |
Tanzende Frauen im Tschador Helena Waldmanns deutsch-iranische Zelt-Choreografie auf Tournee |
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ape. Idar-Oberstein.
Anfang des Jahres purzelten, zuckten, schwebten sie durch
sämtliche Kulturmagazine des deutschen Fernsehens: Kleine bunte
Zelte, Tänzerinnen als Ganzkörperkostüme dienend, von
der Deutschen Helena Waldmann zur abendfüllenden Choreografie
"Letters from Tentland" (Briefe aus Zeltland) arrangiert. Das
Medieninteresse galt nicht nur der ungewöhnlichen
Tanzästhetik: Vollends verhüllte Körper entwickeln ganz
neue Konturen, ganz andere Ausdrucksweisen, ganz ungewohnte
Umgangsformen. Es galt auch den ausgefallenen Entstehungsbedingungen
des Projektes selbst. |
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Waldmann
entwickelte ihren vom Goethe-Institut unterstützten Tanzabend mit
jungen Iranerinnen in Teheran für das dortige Fadjr-Festival im
Januar. Jetzt tourt die Produktion durch Europa, einzige Station im
nördlichen Rheinland-Pfalz ist am 11. November Idar-Oberstein,
danach ist die Truppe zu Gast in Ludwigshafen. Ein Tanzprojekt im Iran? Dort, wo Tanz seit der islamischen Revolution von 1979 verboten, allenfalls "rhythmische Bewegung" erlaubt ist. Wo Frauen auf der Bühne stets vollständig bekleidet sein müssen, nicht solistisch singen und schon gar keine Männer berühren dürfen. Wo Bühnenkunst deshalb überwiegend vorzensiertes Sprechtheater am Tisch ist. Die Choreografin griff die Doppelbedeutung des Wortes Tschador auf: Der berühmt-berüchtigte schwarze Körperschleier bedeutet nämlich auch "Zelt". Unter dem gestrengen Blick der Mullah-Zensoren entstand so eines der eigentümlichsten Ballette der Gegenwart - mit den besten Aussichten, als Kultstück in die Tanzgeschichte einzugehen. "Letters from Tentland" ist nicht etwa ein Anklagestück gegen die Unterdrückung der Frau im Islam. Vielmehr handelt es sich um ein nachdenklich stimmendes Spiel über die Wechselbeziehung zwischen Verhüllen und Enthüllen, zwischen Eingesperrtsein und Beisichsein. Diese belebten und lebhaften Zelte wirken wie Wesen von einem anderen Stern. Doch wenn sie für sich, gegeneinander, miteinander intensiv agieren, werden die Mechanismen menschlicher Sozialdynamik sicht- und spürbar. Die Grundidee kam Helena Waldmann gleich bei ihren ersten Vorgesprächen im Iran: Überall stieß sie dort auf die kleinen Zelte; am Straßenrand, in Parks, am Strand belegten sie die Gegenwart von Frauen - unsichtbar in ihren beweglichen "Behausungen" und doch von allgegenwärtiger Präsenz. Maximale Intimität, aber quasi vor aller Augen: Von diesem Widerspruch handelt "Letters from Tentland". Ein Faszinosum. |
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