Thema Gesellschaft / Zeitgeist | |||
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2005-10-13: Kommentar | |
Das Recht auf einen würdigen Tod |
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ape.
Es gibt nicht allzu viele Themen, bei denen die Mehrheiten so eindeutig
ausfallen. 74 Prozent der Deutschen sind nach einer aktuellen Umfrage
der Meinung, es solle Ärzten erlaubt sein, Schwerstkranken auf
deren Verlangen hin aktive Sterbehilfe zu leisten. Niemand wird drei
Vierteln der Bürger nun vorwerfen wollen und können, sie
gingen leichtfertig mit dieser Frage um. Kein vernünftiger Mensch
nimmt das Sterben auf die leichte Schulter - zu groß ist die
Angst, die letzten Tage und Stunden könnten zum Martyrium werden.
Deshalb herrscht allseits Einigkeit über die Humanpflicht,
Sterbenden beizustehen, ihnen ein weitgehend schmerzfreies und
würdevolles Sterben zu ermöglichen. Beim Wie gehen die
Meinungen allerdings weit auseinander, bei der aktiven Sterbehilfe sind
sie schier unversöhnlich. |
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Im
Zentrum des Zwists steht die Frage: Hat der Mensch ein
Selbstbestimmungsrecht über sein Leben und über seinen Tod?
Beim Leben ist die Antwort einfach und sogar in der Verfassung
festgeschrieben: Er hat - und seine Würde ist unantastbar. Beim
Tod ist die Sache schwieriger. Für viele Religionen ist
Selbsttötung Sünde, weil ein Eingriff in die einzig Gott
zugesprochene Macht. Im religionsneutralen Rechtswesen Deutschlands ist
(versuchte) Selbsttötung allerdings nicht strafbar. Der Staat
gewährt dem Bürger also auch ein Selbstbestimmungsrecht
über seinen Tod. Ob er dieses Recht dann Gott überantwortet
oder in der eigenen Hand behält, kann der Staat nicht vorschreiben. Ganz schwierig wird es, kommen Hilfestellungen Dritter bei der Selbsttötung ins Spiel. Rechtslage und Alltagspraxis sind diffus. Fälle, in denen Patientenverfügungen nicht befolgt wurden, gibt es zuhauf. Die Unsicherheit bei Ärzten, Patienten und Angehörigen ist groß, stellt ein würdiges Sterben in Frage. Denn zur Würde gehört mein Recht, selbst zu bestimmen, wie ich abtrete. Der eine möchte sich aus freien Stücken in Gottes Hand oder in die Obhut eines Hospiz begeben. Der andere erbittet, wie in der Antike Usus, vom Arzt den "Gnadenstoß" oder den Schierlingsbecher, um sein Leid aus freien Stücken mit oder ohne Zutun Dritter zu beenden. Selbstredend besteht, wo es das Recht auf aktive Sterbehilfe gibt, die Gefahr des Missbrauchs. Die besteht jedoch immer - weshalb man Freiheitsrechte ständig gegen Missbrauch schützen muss, aber sie doch nicht abschafft oder verwehrt. Der Tod selbst ist höhere Gewalt, die Würde des Sterbens indes eine Sache sehr verschiedener Menschen. Das Recht hat dem Rechnung zu tragen. |
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