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2005-04-21: Kommentar | |
Moralisieren hilft nichts |
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ape.
Die Wogen schlagen hoch, seit SPD-Chef Müntefering die "wachsende
Macht des Kapitals" und "kurzatmiges Profit-Handeln" geißelte.
Selbstredend betreibt Münte Wahlkampf. Aber interessanter als
diese banale Erkenntnis ist, dass er und die Parteistrategen
überzeugt sind, mit einem solchen Grundsatzthema und einem fast
völlig außer Gebrauch gekommenen Vokabular jetzt beim Volk
punkten zu können. Gewiefte Wahlkämpfer greifen stets bereits
vorhandene Meinungsströme auf. Tatsächlich verbreitete sich
die Abneigung gegen "Globalismus", "Neoliberalismus", "Turbo-" oder
"Raubtierkapitalismus" schon, als die SPD noch unverzagt an den
Schröderschen Konsens-Kurs glaubte. |
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Von
Letzterem mag die Partei nicht lassen, auf den Zug Kapitalismuskritik
aber muss sie dennoch aufspringen. Ein schwieriger Drahtseilakt. Wobei
das Wort "Kapitalismuskritik" fehl am Platz ist, weil die
Sozialdemokratie niemals das System selbst in Zweifel ziehen
würde. Müntefering beschreibt die Wirkungen eines
unregulierten Waren- und Kapitalmarktes in der Sache gar nicht falsch.
Doch seine von Parteifreunden teils halbherzig, teils vollmundig
unterstützte Kritik selbst reduziert sich letztlich auf
Vorwürfe gegen das ökonomische Führungspersonal: Es
verhalte sich unverantwortlich, unsozial, unpatriotisch. Münte und
Genossen moralisieren. Doch Moral war, ist und wird nie bestimmende
Kategorie kapitalistischer Marktmechanismen. Ein Konzernmanager kann
privat fürsorglicher Gutmensch oder glühender Patriot sein;
wäre er"s auch geschäftlich, sein Laden würde von kalt
kalkulierenden Konkurrenten alsbald ins Abseits gedrängt. Unternehmer moralisch zu verurteilen, weil sie den aktuellen Marktbedingungen gemäß kapitalistisch handeln, ist Unsinn. Von solcher Schelte Änderung zu erwarten, ist Illusion. Wer etwas ändern will, muss an die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens heran. Seit 15 Jahren versteht man darunter bloß: Anpassung aller Lebens- und Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse des wildwüchsigen Globalwettbewerbs. Münteferings Vorstoß macht nun, ungewollt, die lange schier tabuisierte Diskussion über Alternativen hoffähig. Erste Türen hatte schon der Appell des verstorbenen Papstes aufgestoßen, die Wirtschaft müsse dem Menschen, nicht der Mensch der Wirtschaft dienen. Nur realitätsfremde Traumtänzerei? Mag sein. Aber der Gedanke an Zähmung des Kapitalismus ist nun mal (wieder) in der Welt, ob es einem gefällt oder nicht. Und er zielt eher auf Politik denn auf moralische Appelle - was auch den Sozialdemokraten noch allerhand Kopfzerbrechen bereiten wird. |
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