Kritiken Theater | |||
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2005-03-07: Theater | |
Mit Renitenz die Freiheit fordern Beitrag des Schlosstheaters zum Schiller-Jahr |
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ape. Neuwied.
Am Ende sind beide hin: Des alten Dogen Neffe Gianettino, der nach
Alleinherrschaft strebte, und sein Gegenspieler Fiesco, der die
Republikaner zur Revolte führte, um sich selbst auf den Thron zu
setzen. Hin ist im Schlosstheater Neuwied auch der Doge, dem die
Kabalen im Genua von 1547 das Herz brachen. Verhaftet wird der einzige
ehrliche Mann in diesem "republikanischen Trauerspiel": Verrina, der
betagte Streiter für eine Republik, hatte den vormaligen Freund
Fiesco um der Freiheit willen unter Tränen getötet. |
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Als
der Vorhang sich über "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua"
senkt, ist der Staat in die Hände eines vertrauten Typus von
"Politiker" gefallen: Lomellino (Horst Gurski), Diener erst des
Gianettino, dann des Fiesco, doch eigentlich nur seiner selbst. In den
kräftigen Premierenapplaus hinein denkt man: Welch ein Glück,
dass es das Neuwieder Theater gibt, sonst wäre das Schiller-Jahr
am nördlichen Rheinland-Pfalz ganz ohne
Schiller-Originalstück vorüber gegangen. Und mancher
Zeitgenosse würde nicht daran erinnert, dass im verstaubten
Klassikerdenkmal noch immer die Renitenz des nach Freiheit
dürstenden Friedrich lauert. Regisseur Paul Bäcker hat das 1783 in Bonn uraufgeführte erste Historiendrama Schillers gehörig eingekocht. Reduziert auf ein Kammerspiel von kurzen zweieinhalb Stunden mit nur noch zehn Personen, ist mancher Handlungsstrang verschwunden. So kommt etwa Verrinas Tochter Berta nicht mehr vor, kann also von Gianettino auch nicht vergewaltigt werden. Wie viel Schiller bleibt da noch? Genug. Das wegen seiner verwickelten Struktur lange für unspielbar gehaltene Stück bekommt einen klaren Erzählfaden, ohne dass Psychologie und Politik des Werkes Einbußen im Grundsatz hinnehmen müssten. Aus der Not eine Tugend machend, widerspricht Neuwied so dem Argument, man könne kaum noch Schiller spielen, weil den ausblutenden Theatern die notwendige Menge an Darstellern fehle. Die zeitlose Inszenierung auf einer mit verbogenen Metallröhren "tapezierten" Einheitsbühne (Ausstattung: Thomas Pekny) besticht durch gute Schauspielerführung und entsprechend genaue Charakterzeichnung. Mag die bei der Gianettino-Schwester Julia (Heide Jablonka) bisweilen in Richtung giftige Zicke überzogen sein, so trifft Antonia Bergmanns Ausformung der Fiesco-Gattin Leonore einen Mischton aus fraulicher Empfindsamkeit und humanistischer Klugheit. Thomas von Wallersbrunn gibt einen Gianettino, der sich seiner Machtgier bewusst ist und sie mit zynischem Genuss auslebt. Spannend fällt das Kontrast-Duo Verrina und Fiesco aus: Verwurzelt in durchschauender Altersweisheit der Republikaner von Bernd Hoffmann, von Selbstbewusstsein strotzend und den Machtkampf als unterhaltsames Gesellschaftsspiel betreibend die weitgehend fabelhafte Titelfigur von Lorenz Schirren. Leider gleitet die Inszenierung nach der Pause partiell ins Pathos ab. Dennoch ein bemerkenswerter "Fiesco" und, wie gesagt: zurzeit der einzige Schiller in der Region. |
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