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2005-03-01: Reportage | |
Industriedenkmal von „höchstem Wert“ Denkmalpfleger aus ganz Deutschland begutachteten Bijouteriewarenfabrik Bengel in Idar-Oberstein |
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ape. Idar-Oberstein.
Denkmalpfleger aus dem ganzen Bundesgebiet haben bei einem Kolloquium
in Idar-Oberstein das jüngste Projekt zur Sicherung eines der
wenigen Industriedenkmäler in Rheinland-Pfalz unter die Lupe
genommen. Die hohe Wertschätzung des rheinland-pfälzischen
Denkmalpflegeamtes in Mainz für die Uhrenketten und
Bijouteriewarenfabrik Jakob Bengel wurde dabei von den auswärtigen
Experten mehr als bestätigt: Tatsächlich handle es sich
um ein einzigartiges Ensemble von nationalem Rang. |
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„Wir
glauben, dass wir es hier mit einem ziemlich wertvollen Objekt zu tun
haben.“ Diese noch vorsichtige Einschätzung von Maria
Wenzel, Projektbetreuerin beim rheinland-pfälzischen Landesamt
für Denkmalpflege, mochten die Vertreter von Denkmalämtern
und Industriemuseen aus ganz Deutschland nach einer ersten Besichtigung
der 1873 gegründeten Jakob-Bengel-Fabrik in Idar-Oberstein nicht
mehr gelten lassen. Das „ziemlich“ könne sie getrost
streichen, meinte etwa Rolf-Dieter Blumer vom Landesdenkmalamt
Baden-Würtemberg; ein „Juwel“, schwärmte Jochen
Putsch vom Rheinischen Industriemuseum Solingen. Die Begeisterung der Fachleute gilt dem auf engstem Raum angesiedelten Ensemble aus Produktionsstätte (1873), Arbeiterwohnhaus (1890) und repräsentativer Fabrikantenvilla (1910) eines in der zweiten Hälfte des 19. und bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein blühenden mittelständischen Unternehmens. Was für den Laien auf den ersten Blick wie eine vergessene Kleinfabrik aussieht, an der der Zahn der Zeit schon heftig nagt, stellt nach Ansicht der Experten in seiner baulichen Dichte ein außerordentliches Zeugnis vergangener Industriekultur dar. Besondere Bedeutung wächst der Bengel-Fabrik auch durch die Schätze in ihrem Innern zu: Die Produktion von Uhrenketten, Gürtelschnallen, Handtaschenbeschlägen und Schmuck wurde nie völlig stillgelegt. Nachkommen des Firmengründers führten sie in zwar schrumpfenden Umfang, aber doch bis zum heutigen Tage fort. 2002 gründete die Familie eine Bengel-Stiftung, von der entscheidende Teile der Fabrik seither mit einer marginalen Produktion weiter betrieben werden. Damit sind erste Grundlagen zum ferneren Erhalt der alten, aber funktionstüchtigen Maschinerie gelegt, zur Sicherung tausender Gesenke und heute nahezu unbekannter Spezialwerkzeuge sowie zur Erforschung der vordem nur im Ansatz bekannten enormen Bedeutung Jakob Bengels für die europäische Schmuckästhetik des frühen 20. Jahrhunderts. Es waren unter anderem die Entdeckungen des Bonner Sammlerehepaares Händel, die in den zurückliegenden vier Jahren, die Fachwelt auf Jakob Bengel aufmerksam werden ließen. Mit Hilfe historischer Musterbücher identifizierten sie gehobene Art-Déco-Schmuckstücke aus der internationalen Haute-Couture-Welt der 1920er/30er-Jahre als entworfen und hergestellt von Bengel in Idar-Oberstein. Eine noch funktionierende Produktionsstätte aus dem 19. Jahrhundert im Verbund mit einem dort kreierten Produkt unverwechselbarer Machart und Güte – auf diesem sehr seltenen Säulen-Paar basiert ein in ersten Grundzügen von einer Kooperation aus Bengel-Stiftung, Stadt Idar-Oberstein und Landesdenkmalpflege angedachtes Nutzungskonzept für die Zukunft. Das sieht kein bloß konservierendes oder durch gelegentlichen Schaubetrieb belebtes Industriemuseum vor, sondern eine lebendige, tatsächlich produzierende Museumsfabrik. In der sollen sowohl die Tradition des Bengelschen Art-Déco-Schmucks gepflegt werden, als auch Studenten der örtlichen Hochschule für Schmuck-Design Arbeitsmöglichkeiten und Wohnstätte finden. „Daraus kann“, so Hans-Peter Münzenmayer, Denkmalsbetreuer der Ott-Pauserschen Bijouteriewarenbfabrik Schwäbisch-Gemünd am Ende der Tagung in Idar-Oberstein, „eine völlig neue Form von Industriedenkmal werden.“ Die Entwicklung dorthin müsse man freilich in Ruhe angehen, resümmierte Wolfgang Brönner, Direktor des rheinland-pfälzischen Denkmalpflegeamtes. Zugleich verwies er auf die nächstliegenden, auch kostenintensiven Notwendigkeiten: Fortführung der eben erst begonnenen Notmaßnahmen zur Grundsicherung der Bausubstanz vor allem durch Boden- und Dachsanierung der Bengelschen Fabrik. Kontakt/Infos: „Jakob Bengel Stiftung“ Idar-Oberstein Tel. 06781/27030, im Internet: www.jakob-bengel.de |
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