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2005-02-04: Kommentar | |
Bezahlbildung, nein danke! |
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ape.
Trotz Fastnacht, Prüfungen, Ferienbeginn kamen gestern etliche
Tausend Studenten bei ersten Demonstrationen gegen geplante
Studiengebühren zusammen. Ein passabler Auftakt. Je mehr
Protestierer es demnächst werden, umso besser. Denn ihr Anliegen
gilt einem republikanischen Kulturgut von grundsätzlicher
Bedeutung: dem Recht auf Bildung ohne Ansehen des Geldbeutels. Ihr
Widerspruch richtet sich gegen Pläne, die bildungs-,
gesellschafts-, selbst wirtschaftspolitisch Unfug sind.
Studiengebühren lassen Studentenzahlen sinken, betragen sie nun
die von CDU-Politikern genannten 500 oder die vom Institut für
Wirtschaftsforschung prognostizierten 2500 Euro für jedes Halbjahr
des Erststudiums. Selbige Erfahrung musste unlängst
Österreich nach der Einführung einer 360-Euro-Gebühr
machen. Dieser Effekt ist für jeden völlig logisch, der
weiß, wie sich eine Familie mit 2000 oder weniger Euro
Nettoeinkommen krumm legen muss, um einem oder gar zwei Kindern das
Studium zu ermöglichen. Es hat etwas Zynisches, wenn ausgerechnet
jene von einem "eher symbolischen Obolus" daherreden, denen einige
Hunderter Mehrbelastung zusätzlich zum Lebensunterhalt wenig tun. |
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Sinkende
Studentenzahlen sind genau das, was das Land derzeit und auf lange
Sicht am wenigsten gebrauchen kann: Im internationalen Vergleich leiden
wir ohnehin schon an Studentenmangel. Sämtliche Pisa- und
OECD-Studien attestieren Deutschland in einem einzigen Punkt
Weltmeisterschaft: In keinem Industrieland werden geistige Ressourcen
so verschwendet wie bei uns, dank umfassender sozialer Selektion quer
durchs Bildungswesen. Denn juristisch garantierte ist keine
tatsächliche Chancengleichheit, so lange die Entfaltung
angeborener Talente hauptsächlich abhängt von den sozialen
Gegebenheiten, in die ein Kind zufällig hineingeboren wird. "Jeder
ist seines Glückes Schmied" heißt es. Was indes nur wahr
wäre, wenn jeder auch Zugriff zu Esse, Hammer und Amboß
hätte. Gerade darin aber, auch weniger Wohlhabenden und Armen die
höchsten Segnungen der Bildung zukommen zu lassen, ist Deutschland
noch viel, viel schlechter als im Lesen, Schreiben und Rechnen. So führen denn Studiengebühren - wie kostenpflichtige Kindertagesstätten auch - zum Gegenteil dessen, was das Land nötig hat und allen seinen Bürgern verfassungsgemäß zusteht: tatsächliche Gleichheit der Bildungschancen. Ist der jetzt vorgeschlagene Studienkredit ein Ausweg? Nein, schiere Narretei. Erstens wird das Studium statt besser nur schneller. Und zweitens: Mit 50 000 Euro oder mehr Schulden ins Berufsleben eintreten, höher lässt sich die Hürde zur Familiengründung und zum Kinderkriegen kaum mehr legen. |
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