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2016-03-30 Anmerkungen:


Zum Disput um das Tanzverbot an Karfreitag und anderen Feiertagen

 
ape. Vor allem viele junge Leute haben heute nur noch wenig Verständnis dafür, dass ihnen an Karfreitag und zu etlichen anderen Anlässen/Feiertagen Tanzveranstaltungen und Tanzen in der Disco verboten sind. Über solcherart vermeintliche Respektlosigkeit oder Interesselosigkeit gegenüber althergebrachten (religiösen und/oder weltanschaulichen) Feiertagswerten und Bräuchen wird nun allenthalben geklagt.

Aber: Da das "Abendland" Sonn- und Feiertage, den 8-Stunden-Tag, geregelte Feierabende und Schließzeiten, die Nächte und bald sämtliche Lebenszeiten um des Profits und Wachstums willen in eine schier ununterbrochen geschäftige Produktions-, Handels- und Konsumstruktur verwandelt, soll es keine Krokodilstränen vergießen, wenn auch junge Leute den Respekt vor religiösen oder nationalen Festtagen verlieren.

Aus dem Disput um das Tanzverbot an Karfreitag lässt sich m.E. eine vielleicht mehrheitsfähige Kompromisslösung herauskristallisieren: Ersetzung des generellen Tanzverbots zu Karfreitag und ähnlichen Anlässen/Feiertagen durch ein differenzierte Regelung, die Tanzveranstaltungen dort erlaubt, wo sie jene Menschen nicht stören/verletzen, die sich dem ideellen Ursprungsgehalt des Anlasses/Feiertages verbunden fühlen. Würde im Regelfall wohl heißen: Tanzveranstaltungen an solchen Tagen nur in geschlossenen Räumen und auch dann nicht in der Nachbarschaft von Kirchen/Gebetshäusern, Gedenkstätten, Friedhöfen etc.

Eine Anmerkung noch zur Allgemeinverbindlchkeit des ideellen Gehaltes von Feiertagen: Eine solche kann es im säkularen Staatswesen, das gründet auf religiöser, weltanschaulicher und kultureller Freiheit für jeden individuellen Bürger, nicht geben. Was freilich Toleranz und Rücksichtnahme aller gegenüber den ideell begründeten Bräuchen unterschiedlicher Gesellschaftsteile ausdrücklich einschließt. Wir leben in einer Gesellschaft, die zu gut einem Drittel aus nicht-religiösen Menschen und noch einmal zu 10 bis 15 Prozent aus nicht-christlichen. Gemeinsam war der ganzen Gesellschaft bis vor einiger Zeit bei den offiziellen Feiertagen, dass es sich um arbeitsfreie Ruhetage handelte für jene übergroße Mehrheit, die kurzfristig nicht für die Aufrechterhaltung der feiertäglichen Grund- und Notfallversorgung benötigt werden.

Nehmen wir als Beispiel den unverfänglichen 1. Mai. Für den ursprünglichen ideellen Wert dieses Tages sind Gewerkschaften, Arbeitnehmervertretungen und den Lohnabhängigen nahestehende Parteien/Gruppen zuständig. Die Ideale des 1. Mai können nicht von Staats wegen als verbindlich für jedermann erklärt werden. Und niemand käme auf die Idee, all jene von der Arbeitsfreiheit an diesem Tag auszuschließen, die nicht an den Mai-Demonstrationen teilnehmen. So verhält es sich mit den ideellen Werten aller anderen Feiertage auch: Der Staat kann (könnte) nur weitgehende Arbeitsfreiheit und Feiertagsruhe verordnen; für die ideelle (religiöse, weltanschauliche, kulturelle) Wertschätzung von Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Co. müssen andere werben: Kirchen, Verbände, Parteien .... Denn wie ein jeder diese arbeitsfreien Tage für sich nutzt, ist letztlich seine ganz private Angelegenheit.

Nachtrag:

Einer der meistbenutzten Einwände gegen Aufhebung des Tanzverbots geht etwa so: "Sonntage, Feiertage - all das wird gerne genommen. Dann sollen die, die auf der Aufhebung des Tanzverbots bestehen, auch die Vorteile der christlichen Kultur für sich aufgeben."

Das aber ist mir zu simpel. Schließlich gab es eine ganze Reihe unserer Fest- und Feiertage schon lange vor dem Christentum (Weihnachten/Mittwinter und Ostern/Frühlingsfest zB gehören dazu). Auch die Zeiteinteilung, wonach auf fünf bis sechs oder auf sieben resp. zehn Arbeitstage ein arbeitsfreier Tag folgt, ist viel älter, wurde durch das biblische Ruhegebot für siebten Tag zwar verstärkt, aber nicht begründet.

Der kleinste gesamtgesellschaftliche Nenner hinsichtlich Sonn- und Feiertagen heute ist ihr Charakter als arbeitsfreier Ruhetag - individuell unterschiedlich genutzt als Familientag, Freundschaftstag, Erlebnistag, Rückzugstag oder eben Kirchgangstag. Unser aktuell eigentliches Problem ist doch, dass die schier völlige Entgrenzung der Arbeits- und Geschäftszeiten aus rein wirtschaftlichen Gründen selbst diesen kleinsten gemeinsamen Nenner in Frage stellt. Da muss man gemeinsam gegenhalten, ob aus religiösen, familiären, sozialen oder welchen Gründen auch immer.
                                                                                      Andreas Pecht


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