Thema Musik
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2016-01-25 Konzertkritik:

 

Ludwig van Beethoven in recht behaglicher Manier

Bonner GMD Blunier gibt mit Beethoven Orchester seinen Ausstand beim Musik-Institut Koblenz


ape. Koblenz. Sollten die Bonner Karnerval feiern wie ihr Sinfonieorchester jetzt in Koblenz Beethoven gespielt hat, dann würden die tollen Tage bei unseren Nachbarn eine zwar geschmackvolle, aber auch recht gemütliche Angelegenheit. Das Beethoven Orchester Bonn hatte zum Anrechtskonzert  des Musik-Instituts am Blitzeis-Freitag zwei der bekanntesten Werke seines Namensgebers und bedeutendsten Sohnes seiner Stadt mit in die Rhein-Mosel-Halle gebracht: das Violinkonzert opus 61 und die „Pastorale” genannte 6. Sinfonie.                                          

Der mit der kleinen, hübschen, aber von Ludwig van Beethoven wohl eher beiläufig aufs Blatt geworfenen Ouvertüre zu „Ruinen von Athen” eröffnete Abend ist zugleich ein Abschied. Wie nach dieser Saison Daniel Raiskins Zeit als Chefdirigent der Rheinische Philharmonie Koblenz endet, so auch Stefan Bluniers Amtzeit als Bonner Generalmusikdirektor. Seit 2008 steht der gebürtige Schweizer dem Beethoven Orchester vor, hatte es über die Jahre mehrfach bei Gastspielen in Koblenz dirigiert. Nun also gibt er mit Beethoven hier seinen Ausstand.

Doch was Blunier und die Bonner da mit dem „Giganten” machen, irritiert streckenweise nicht wenig. Ungewöhnlich leise, wie gewollt auf schiere Kammermusikgröße zurückgefahren, sucht sich die Orchesterpartie des Violinkonzerts behutsam ihren Weg von der Bühne zum Ohr des Hörers. Man muss schon konzentriert lauschen, um zu erfassen, dass dabei präzise musiziert wird, dynamische Bögen, Pointierungen, Färbungen fein ziseliert sind. Gleichwohl fällt das alles in einer Art reduziert, klein, ja „brav” aus, die zu unserem Bild von Beethoven einfach nicht passen will.

Andererseits gibt diese Spielweise dem Sologeiger Erik Schumann beträchtlichen Raum. Der 33-jährige Kölner, Sohn deutsch/rumänisch-japanischer Eltern, füllt ihn mit einiger Virtuosität und angemessener Innigkeit – setzt auch mit fast metallisch anklingender Schärfe interessante Kontraste zum warmen, weichen, zurückgenommenen Klangbett des Orchesters. Ob es am Naturell des Solisten liegt oder an der Bühnenatmosphäre bei diesem Konzert: Schumanns Persönlichkeit bleibt indes nahezu unsichtbar; es ist, als spiele die Violine alleine, was ihr von einem getreuen Diener der Musik aufgetragen. Mit all den großen Geigern vor Augen, die opus 61 schon mit individueller Inbrunst konzertiert und eingespielt haben, wünscht man dem noch jungen Mann Mut, mehr aus sich herauszugehen.

„Mehr, größer, dichter, treibender, schneller” möchte man auch dem Orchester zurufen. So schön das Adagio im Violinkonzert oder die Bach-Szene in der Pastorale seit jeher und immerdar sind: Sie bis zum schieren Stillstand zu verlangsamen, schafft nicht mehr Innigkeit, sondern Behaglichkeit. Das ist keine Frage des Könnens. Dass die Bonner auch ganz anders können, demonstrieren sie im dritten und vierten Teil der 6. Sinfonie: Bei Lustiger Bauernfete und Sommergewitter geht die Post in bestem Beethoven-Schäumen ab – um sich beim abschließenden Hirtengesang wieder in Gemächlichkeit zu ergehen.

Die Bonner sind gute Musiker, sie folgen Bluniers Handzeichen und Körpersprache auf den Punkt, tun genau, was er will und zeigt. Doch über den Beethoven, den der scheidende GMD musiziert haben will, gehen Meinungen und Geschmäcker zumindest in Koblenz recht weit auseinander. Kräftigen Beifall gibt es gleichwohl. In diesen unruhigen, nervenzermürbenden Zeiten bei den beiden großartigen Herzenswerken mal zwei Stunden innerer Befriedung zu finden, ist ein Wert an sich.
                                                                                       Andreas Pecht


(Erstabdruck/-veröffentlichung in einem Pressemedium außerhalb dieser website am 25. Januar 2016)


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