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2015-03-21 Ausstellungsbesprechung:

Arp Museum zeigt  "Revolution der Bilder - Von Poussin bis Monet". 250 Jahre französische Kunstentwicklung
 


Der Lauf der Zeiten
verändert Sehen und Malen

 
ape. Remagen-Rolandseck. Kunstschaffen war nie losgelöst von jeweiligen Epoche-Bedingungen. Wenn die Welt sich verändert, verändert sich auch die Kunst. Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck (Remagen am Rhein) führt dieses Phänomen jetzt in seiner Kunstkammer Rau anhand 50 klassischer Gemälde vor Augen. Die an diesem Wochenende startende Ausstellung  „Revolution der Bilder – Von Poussin bis Monet” umreißt exemplarisch die Entwicklung vom 17. bis ins 19. Jahrhundert der für Europa prägenden französischen Kunst. Dabei wird auf sinnliche Weise erfahrbar, wie die Revolution von 1789 mit der Erschütterung der Feudalordnung zugleich den Künstlern ungeahnte Horizonte öffnete – die das Museum nun im Rahmen seines 2015er Leitmotivs „Freiräume” thematisiert.



Die Schau vereint Werke aus der dem Arp Museum anvertrauten Sammlung Rau für Unicef mit Leihgaben der Irischen Nationalgalerie Dublin. Am Eingang des Rau-Saales begrüßt eine Büste des französischen Aufklärers und Feudalismuskritikers Voltaire den Besucher. Womit der geistig-historische Hintergrund der Ausstellung skizziert wird. An der linken Kopfwand repräsentiert das großformatige Gemälde „Acis und Galatea” von Nicolas Poussin aus dem Jahr 1627 noch die feudal geprägten Kunstmaximem des Barock. Gegenüber markiert Claude Monets Werk „Hochwasser” von 1881 den impressionistischen Aufbruch Richtung Moderne.

Neben Letzterem klafft eine Lücke. Dorthin gehört Monets Schlüsselwerk „Waldweg”, das derzeit noch die große Ausstellung „Monet und die Geburt des Impressionismus” im Frankfurter Städel-Museum bereichert und im Juni nach Remagen zurückkehrt. Dieser Umstand könnte Kunstfreunden Anregung sein, die hiesige Präsentation als Prolog zur Frankfurter Schau zu verstehen oder umgekehrt – und beide zu besuchen.

Poussins Arbeit und daneben das Rundbild „Die vier Jahreszeiten” von Simon Vouet sind noch ganz der Antiken-begeisterten Historienmalerei verbunden. Olympische Götter und attisch-römische Sagengestalten bevölkern lustvoll bis dramatisch die Bildnisse. Sie bedienen das Repräsentationsbedürfnis des Absolutismus, dessen Herrscher gerne die alten Helden als metaphorische Ebenbilder ihrer selbst sahen.

1648 wurde in Paris die königliche Kunstakademie gegründet. Sogleich verordnete sie ein Stilreglement, das aus der Anlehnung an die italienische Antike und Renaissance auf eine französische Nationalkunst abzielte. Wer in der damaligen Kunstszene Frankreichs etwas werden wollte, hielt sich geflissentlich an diese Vorgaben. Ergebnis sind erst eine weitere Flut von Gemälden mit antiken wie auch biblischen Sujets, dann in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Hinwendung zu galanten Szenerien inmitten der Natur. Gemalt werden in idealisierendem Akademiestil Höflinge und Städter, die es aufs Land zieht, wo sie in idyllischer Kulisse zwischen Bäumen und Büschen picknicken, tanzen, lustwandeln, turteln. So die vornehme Gesellschaft auf Jean-Baptist Paters „Fêtes champêtres” aus den 1730ern oder das Kinderpaar in Francois Bouchers versteckt frivoler „Flötenlektion” von 1751.

Je weiter das 18. Jahrhundert voranschreitet, umso mehr ändern sich die Blickwinkel, umso mehr greift auch Abwendung vom königlichen Akademiereglement um sich. Nicht zuletzt Jean-Jacques Rousseaus Forderung „Zurück zur Natur” und sein Bildungsideal graben Spuren ebenso ins allgemeine Denken wie in die Malerei. Das Zeitalter der Empfindsamkeit bricht an, macht auch den Respekt vor einfachen Menschen und jedweder Kreatur zum Thema. Bei Jean-Simon Chardin geht das Jagdstilleben über die bloße Trophäendarstellung hinaus, hält ein Moment des Mitleids mit dem erlegten Tier Einzug. Zugleich werden in Gemälden Chardins und anderer Lebensaspekte in bürgerlichen Stuben verbildlicht. „Die kleine Schulmeisterin” (Chardin) lehrt mit Hingabe einen Knaben das Lesen; Nicolas Lancret malt in „Die Schalkhaftigkeit” einen Buben, der verschmitzt eine reizend verschämte Maid neckt.

Götter und feudale Nobilität hatten das Monopol verloren, primärer Gegenstand von Kunst zu sein. Mehr noch: Die Französische Revolution von 1789 bringt zugleich eine Revolution des Sehens mit sich. Der Realismus wird geboren, über den Gustave Courbet nachher sagt: „Der Realismus ist seinem Wesen nach demokratische Kunst.” Denn jetzt wird gemalt, was man sieht. Bei Jean-Baptiste Camille Corot ist es ein Bauer in der Scheune, bei Charles-Francois Daubigny „Vieh am Flussufer”, bei Jean-Francois Millet eine „Ländliche Szene mit Zaun”. Arbeitsleut und profane Ländlichkeit als Zentralgegenstand von Kunst: Das wurde selbst vom Pariser Bürgertum als Skandal empfunden.

Die Ausstellung im Arp Museum dokumentiert abschließend mit Arbeiten von Monet, Cezanne, Sisley, Boudin, Renoir, Signac oder dem niederländischen Gast Vincent van Gogh das Aufkommen des Impressionismus. Mit dem Satz „ich will die Schönheit der Luft malen, die die Objekte umgibt” (Monet) wandte diese Strömung sich vom erzählenden Malen ab und Licht, Farbe, Atmosphäre eines Moments als primärem Sujet zu. Die Maltechnik der aus gepünktelten oder streifigen Elementen zusammengesetzten, strenge Konturen verwischenden und Realismuszwänge auflösenden Bildkompositionen eröffnete eine völlig neue Freiheit der Darstellung – und ebnete der abstrakten Kunst den Weg.         
                                                                                    Andreas Pecht


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 21. März 2015)

                                      ***

Neben "Revolution der Bilder" laufen im Arp Museum derzeit auch noch folgende Ausstellungen:

-
Sammlung Arp 2015. Zweiklang
Rendez-vous des amis: Sophie Taeuber – Hans Arp.
Bis Ende Januar 2016

- o. T. (ohne Titel)
Stipendiaten 2014 des Künstlerhauses
Schloss Balmoral und des Landes Rheinland-Pfalz.
Bis 12. April 2015

- Ernesto Neto. Haux Haux.
Bis 25. Mai 2015

Infos: >>www.arpmuseum.org


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