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2014-12-22c Vorbericht:

2015 im Ludwigmuseum Koblenz: Fünf spannende Ausstellungen mit Künstlern von vier Kontinenten

 

Sexy Frauen, fette Männer,
klingende Gemälde


 
ape. Die Bilanzzahlen für 2014 können bei unserem Treffen Anfang Dezember selbstredend noch nicht vorliegen. Doch Beate Reifenscheid hat ein gutes Gefühl, was das zu Ende gehende Ausstellungsjahr im von ihr geleiteten Ludwigmuseum Koblenz angeht. „Ich fand in diesem Jahr alle Ausstellungen richtig klasse”, sagt sie. „Natürlich gibt es beim Publikum unterschiedliche Gewichtungen: Wir waren sehr glücklich mit der Anfangsausstellung über Claude Viallat (*1936), auch wenn wir uns mehr Besucher dafür gewünscht hätten.” Wie das Leben eben so spielt: In Frankreich ist Viallat ein Star der Gegenwartskunst, in Südfrankreich gar der aktuelle Platzhirsch, während ihn hierzulande nur Eingeweihte kennen.

Welche Ausstellung war 2014 der Publikumsrenner? Da muss Reifenscheid nicht lange nachdenken: „Das war Plessi.” Gemeint ist die Schau „Über das Reisen” mit Werken des Italieners Fabrizio Plessi (*1940), in deren Zentrum eine Installation aus zehn mallorquinischen Booten stand. Mit besonderer Freude erinnert sie auch die Ausstellung „Cosmic” über Karel Malich (*1924). Denn „bei den Leuten, die da waren, kamen dessen Arbeiten irre gut an”. Weshalb man auch ihm mehr Besucher gegönnt hätte. Aber es geht mit dem Tschechen Malich wie mit dem Franzosen Viallat: Gegen Unbekanntheit beim örtlichen Publikum kommt auch die – mit den bescheidenen Mitteln des Museums – eifrig geschlagene Werbetrommel nicht recht an.

Doch die Direktorin des Modernemuseums im Deutschherrenhaus am Deutschen Eck will nicht klagen. Natürlich wünsche man sich stets eine größere Resonanz, dennoch „war 2014 ein gutes Jahr” fürs Ludwigmuseum Koblenz. Schließlich wolle dieses Haus „nicht nur big names und Hits zeigen, sondern eben auch unbekanntere künstlerische Positionen vorstellen, die interessant und gut sind”.  Wir sprechen dann über die Ausstellungspläne für 2015. Den Übergang vom einen zum anderen Jahr markieren die noch bis 18. Januar laufenden Ausstellungen „Das Gefühl in meinem Inneren” mit teils spektakulären Arbeiten aus Aluminium der koreanischen Künstlerin Seo sowie „Distorted Moments” mit verfremdeten melancholischen Gemälden des Schweizers Andy Denzler.

Daran schließt sich ab 25. Januar (bis 8. März) eine Schau unter dem Titel „Broken Landscapes” an, mit der die 2015er-Reihe von fünf Ausstellungen über Künstler aus vier Kontinenten beginnt. Es handelt sich bei „Broken Landscapes” um eine Kooperation mit „Situation Kunst”. Das ist ein Modernemuseum im Park von Haus Weitmar bei Bochum, dessen bauliche und ausstellerische Konzeption Architektur, Kunst und Natur in mannigfache Wechselbeziehungen zueinander stellt. Aus diesem Kontext bringen nun vier niederländische Künstler rund 70 Fotoarbeiten über Ästhetik und Gebrochenheit der technischen Kulturnatur ihrer dem Meer abgerungenen Heimat nach Koblenz. Für Beate Reifenscheid ist das auch eine interessante Anküpfung an die Landart-Ausstellung des Ludwigmuseums während der Bundesgartenschau 2011.

Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass die ab 15. März folgende Schau „MY AGE OF POP” wohl der Publikumsrenner des Jahres 2015 werden wird. Bis 25. Mai verströmen dann über zwei Etagen nicht nur, aber doch vor allem die berühmten Pin-up-Girls von Mel Ramos ihren mehrdeutigen Glamour. Wie die Werbung weiblichen Sexappeal als Verkaufsinstrument benutzt, das parodiert und überspitzt pointiert der US-Amerikaner mit seinen Druckgrafiken, Gemälden und  Skulpturen. Ramos ist einer der letzten noch lebenden großen Vertreter der Pop-art und 2015 feiert man seinen 80. Geburtstag. „Diese Ausstellung ist gewissermaßen unsere Hommage an den Jubilar”, erklärt Reifenscheid – und hofft auf ähnlich großes Publikumsinteresse wie 2013 für die Ausstellung „Some like it nude” mit kunstvollen, aber auch kontrovers diskutierten Frauenfotografien von Helmut Newton.



Im Sommer setzt das Ludwigmuseum dann seine gute Tradition der Vorstellung aktueller Positionen chinesischen Kunstschaffens fort. Die „Surreal Realities” betitelte Schau (1.6. bis 16.8.) vereint Arbeiten von Ji Dachun, Liu Wei und Mu Boyen. Letzterer war schon einmal in Koblenz vertreten und hatte dem Museum die Skulptur eines genüsslich hingefletzten fetten Mannes vermacht. Aus diesem witzigen Themenfeld stammen auch seine diesmal vertretenen Skulpturen. Mit Liu Wei kommt ein in China vor allem für seine Gemälde sehr bekannter Künstler ans Deutsche Eck. Von ihm werden freche Tuschezeichnungen gezeigt, die vordergründig chinesischer Tuschetradition entsprechen, diese jedoch in Sujets und Machart hintergründig aufbrechen. Dritter im Bunde ist Ji Dachun, bekannt geworden durch seine skurril-surreale Assemblagen, in jüngere Zeit indes auf abstrakte Landschaften umgeschwenkt, mit denen sich das chinesische Publikum noch immer schwer tut.

Von1.9. bis 8.11. widmet sich die Einzelausstellung „Accidental Sounds” einem Landmann von Karel Malich: Milan Grygar. Der 88-jährige Tscheche gilt als ein Pionier der Performance-Kunst, insbesondere der Verbindung von bildnerischer Kunst mit Geräuschen, Tönen, Musik. Bekannt geworden sind etwa seine Graphischen Partituren. In Koblenz soll besonderes Gewicht auf die Verbindung zwischen Grygars Kunst und der Klangwelt von John Cage gelegt werden. Wie das im Einzelnen aussehen und sich anhören soll, steht noch nicht fest, denn Grygar wird selbst ans Rhein-Mosel-Eck kommen, um die Ausstellung zu gestalten.

Vom tschechischen Moderne-Altmeister geht der Blick am Jahresende 2015 (ab 22. November) zu den derzeit überall mit großem Interesse verfolgten Entwicklungen in der Kunst Brasiliens. Das Guggenheim Bilbao hatte unlängst Ernesto Neto eine große Schau gewidmet; bis Mai 2015 ist der Brasilianer auch noch im Arp Museum Rolandseck vertreten. Das Ludwigmuseum Koblenz wird mit Delson Uchoa (*1956) und José Bechara (*1957) zwei brasilianische Künstler der mittleren Generation präsentieren. Für die aus einfachstem, ärmlichem (Plastik)Material farbenprächtig „geknüpften” Teppiche und Stoffflächen Uchoas ist dies die erste Ausstellung in Deutschland überhaupt.

                                                                                   Andreas Pecht

Infos: >>www.ludwigmuseum.org


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
52. Woche im Dezember 2014)

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