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2014-10-09 Kurzkommentar: Zum Literaturnobelpreis für Patrick Modiano

Über Grenzen schauen

ape. Sechs Jahre nach Jean-Marie Gustave LeClézio geht der Literaturnobelpreis erneut an einen Franzosen: Patrick Modiano. Nach Nobelpreis-Maßstäben ein kurzer Abstand. Zwischen Günter Grass und Herta Müller lagen 10 Jahre, die Schweden mussten 37 warten bis 2011 mit Tomas Tranströmer wieder einem der Ihren die Ehre zuteil wurde.  „Die Franzosen waren nicht dran” murren solche, die Nationenproporz irrtümlich für ein Auswahlkriterium der Schwedischen Akademie halten – deshalb ungerecht finden, dass Frankreich seit 1901 vor Großbritannien, den USA und Deutschland die meisten Literaturnobelpreisträger stellt. Neuerdings noch solche, die man hierzulande kaum oder gar nicht kennt. Wie 2008 LeClézio, so auch Modiano: Im deutschen Bruderland ist einer der wichtigsten Vertreter französischer Gegenwartsliteratur schier unbekannt. Das, obwohl die meisten von Modianos Romanen auch auf Deutsch erschienen sind. Und obwohl seine „Kunst der Erinnerung an Schicksale und Lebenswelt der Besatzungszeit” uns direkt an- und nahegeht. Der Nobelpreis-Entscheid wirft eine irritierende Frage auf: Wo ist unser noch vor einer Generation so lebhaftes Interesse für die Literatur der anderen großen Kulturnation am Rhein abgeblieben? Malraux, Sartre, Camus, Simone de Beauvoir haben wir verschlungen. Von deren Nachfahren wissen wir fast nichts – außer die Skandalisierungsmaschine zerrt mal einen Houellebecq hinter den angloamerikanischen Romanbergen hervor. Der Nobelpreis attestiert dem Oeuvre Modianos weltliterarische Bedeutung. Für uns sollte das Grund genug sein, mal wieder den Künsten des nahen Freundes Frankreich Aufmerksamkeit zu schenken. Es lohnt sich.

Andreas Pecht (Erstveröffentlichung außerhalb dieser website 09. Oktober 2014) --------------------------------------------------------- ∇ Wer oder was ist www.pecht.info? --------------------------------------------------------- /Kommentar zu Literaturnobelpreis für Patrick Modiano/

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