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2013-12-17 Essay:

Vor 75 Jahren entdeckten Lise Meitner, Otto Hahn und Fritz Straßmann die Kernspaltung

 

Das Atomzeitalter ist
noch nicht vorüber

 
ape. Die künstliche Kernspaltung gehört zu jenen naturwissenschaftlich-technischen Leistungen, von denen man nachher nicht weiß: Sind sie eher Fluch oder Segen? Otto Hahn, Fritz Straßmann und Lise Meitner hatten vor 75 Jahren künstliche Elemente schaffen wollen. Sie entdeckten dabei mit der Kernspaltung eine scheinbar unerschöpfliche Energiequelle. Die Folgen sind bekannt, scheiden bis heute die Geister, beeinflussen Gesellschafts- und Weltpolitik.
 

Zwei Wortpaare sind zum Symbol für die dunkle Seite der Atomkraft geworden. Hiroshima/Nagasaki stehen für die militärische Nutzung, von der schon Otto Hahn nach dem Bombenabwurf 1945 als „Schweinerei“ sprach. Tschernobyl/Fukushima gelten als Menetekel für die Risiken auch friedlicher Nutzung der Kernenergie. Wie eng beide Nutzungsformen verzahnt sein können, führt dieser Tage der Konflikt um das iranische Atomprogramm vor Augen. 

Anfang der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nannte man die Aufrüstung der Großmächte mit Atombomben vielfach „Gleichgewicht des Schreckens“. Dieses „Gleichgewicht“ beinhaltete das Potenzial, die Menschheit mehrfach mit Stumpf und Stil ausrotten zu können. Deshalb wurde es von zahllosen Bürgern weltweit auch als „Wahnsinn des Overkills“ bekämpft und in der internationalen Staatspolitik schließlich zum Anlass für eine lange Reihe von Abkommen zur Begrenzung/Abrüstung der Atomwaffenarsenale.

Das vorläufige Ende der Blockkonfrontation West-Ost seit 1989 hat die Gefahr der Weltvernichtung weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. Primär Sorgen bereitet heute die atomare Bewaffnung unberechenbarer Regionalmächte wie Nordkorea und Iran, aber auch Indien, Pakistan und andere. Über Mittel, die Bombe zu bauen, verfügen inzwischen viele. Allerdings liegt ein globaler Vernichtungsschlag nicht in ihrer Macht. Diese Fähigkeit haben vorerst allein die Großmächte, vorneweg USA und Russland.

Man muss bisweilen in Erinnerung rufen: Trotz Abrüstungsprozess und Aufweichung alter Blockfeindschaft existieren nach wie vor genügend atomare Interkontinentalwaffen, um der Menschheit den Garaus zu machen. Zwar scheint die Gefahr eines solchen Konfliktes gebannt. Doch Weltgeschichte geht wandelbare Wege: Freunde von heute können morgen Feinde sein und die Verschiebung globaler Machtverhältnisse kann Entspannung in Spannung verwandeln. Noch immer leben wir unter dem Damoklesschwert des atomaren Overkills.

Fluch oder Segen? An die friedliche Nutzung der Kernenergie waren anfangs große Hoffnungen geknüpft, sie möge die Energieversorgung ein für allemal und sauber sichern. Die Euphorie war so groß wie die Blindheit für Gefahren und Folgen. Der Traum ist ausgeträumt. Jeder weiß inzwischen um das ungeheure Gefährdungspotenzial von Kernkraftwerken. Die Geister scheiden sich dennoch in zwei Fraktionen. Die eine hält die Gefahren für beherrschbar und die zivile Atomenergienutzung für ökonomisch unverzichtbar. Weshalb mehr als 400 Meiler weltweit laufen und es Planungen für rund 100 neue gibt.

Die andere Fraktion – dazu gehört seit der Katastrophe von Fukushima Deutschland von Staats wegen – hält die Risiken für nicht vertretbar und die Atomkraft angesichts der Möglichkeiten alternativer Energieerzeugung auch für verzichtbar. Die Welt beobachtet nun, ob Deutschland als eines der fortgeschrittensten Industrieländer die Wende weg von fossiler Primärenergie und zugleich weg von der Kernenergie hinbekommt.

Was zu wünschen wäre. Denn selbst wer den Atomstrom in der Gegenwart für einen Segen halten möchte, kann den Fluch nicht leugnen, den aus seiner Hinterlassenschaft resultiert. Otto Hahn und Lise Meitner konnten nicht ahnen, dass einmal hunderte von Atommeilern abertausende Tonnen hochradioaktiven Müll hervorbringen würden. Müll, vor dem die Menschheit über einen Zeitraum geschützt werden muss, der viel länger währt als ihre ganze bisherige Existenz. Müll, für den bis heute keine einzige seiner Gefährlichkeit angemessene Endlagerstätte auf dem Planeten gefunden ist. 75 Jahre nach seinem Beginn ist das Atomzeitalter längst nicht vorbei.

(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 17. Dezember 2013)


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