Thema Musik
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2013-12-16 Konzertbesprechung:


5. Anrechtskonzert: Berührendes Ergebnis einer Kooperation Koblenz/Mainz unter Daniel Raiskin 

 
Ein Stück vom Glück:
Gustav Mahlers dritte Sinfonie


ape. Koblenz.   Mit einem groß besetzten und großartig musizierten 5. Anrechtskonzert verabschiedete das Musik-Institut Koblenz sein Publikum ins Jahr 2014. Für Gustav Mahlers monumentale  3. Sinfonie d-Moll war die durch zahlreiche Musiker des Mainzer Staatsorchesters verstärkte Rheinische Philharmonie aufgeboten; dazu Knabenstimmen des Mainzer Domchores sowie die Frauen der Domkantorei; dazu als Altsolistin Ewa Marciniec.                                         


Daniel Raiskin sagte einmal: „Mahlers Dritte ist ein eigenes Universum voller Natur, Philosophie, Menschlichkeit, auch Göttlichkeit. Es braucht für die Umsetzung eine gereifte Beziehung zwischen Orchester und Dirigent; dieses Stück macht man nicht gleich am Anfang.“ Seit 2005 prägt er nun als Chefdirigent das Koblenzer Staatsorchester, und auch das Zusammenwirken mit den Mainzern kann nach etlichen gemeinsamen Großprojekten auf Kontinuität bauen. Wie also würde der die Bühne der Rhein-Mosel-Halle bis auf den letzten Zentimeter füllende Klangapparat das beinahe zweistündige Großwerk realisieren, wie Raiskin es interpretieren?

Den ersten der sechs Sätze hat man meist als scharfen Widerstreit zwischen tragischer Dramatik und pastoraler Lieblichkeit gehört. Dieser Kontrast ist auch in Koblenz deutlich ausgearbeitet. Allerdings entfaltet Raiskins Dirigat bald eine Grundfärbung, die selbst die dunkel-traurigen Passagen nicht in bodenlose Verzweiflung absinken lässt, sondern dem Leben stets mit einem hoffnungsvollen Ja begegnet. Voluminöses Pathos versus Zartheit, scharf akzentuierte Impulse versus gelöstes Schwingen, Träumen, Tanzen. Das alles fügt sich hier zu einem stimmigen Mosaikbild aus nur vermeintlich unvereinbaren Gegensätzen.

Die Musik spricht von einer Seele, die trotz divergierender Gefühle ganz bei sich ist, spricht von einer Natur, deren Urgewalt hier und Lieblichkeit da zusammen die Schönheit der Schöpfung ausmachen. Es ist die Art und Weise wie der Klangkörper die tausenderlei Mosaiksteinchen von Mahlers Werk verbindet, die besticht und bewegt: Fabelhafte Einzelleistungen im Blech, im Holz, beim Schlagwerk, der Solovioline verschmelzen mit beseelter wie genauer Rhythmisierung und in kleinen wie in sehr weiten Bögen durchgestalteter Dynamisierung des Orchesterspiels.

So  bekommt der zweite Satz eine wunderbar pointierte Leichtigkeit, die mit lebensfreudigem Witz aus launigem Schlendern, augenzwinkerndem Schmachten und keckem Hüpfen aufwartet. So wird der volkstümlich humorige dritte Satz zu einem schönen Fließen aus einfühlsamen Stimm- und Motivübergaben. Bald ist es, als tanze man barfuß durch nasse Wiesen. Bald führt einem das ferne Posthorn zu nahen Streicherklängen eine Alpenidylle der ehrlichen, unverkitschten Art vor Augen: Hier ist Frieden, geboren aus dem Glück naturverbundener Einfachheit.

„Oh Mensch, gib acht“ mischt sich im Folgesatz mit Nietzsches „Zarathustra“-Worten der erdige Alt von Ewa Marciniec als geheimnisvolle Mahnerin ein. Betörend, wie Raiskin Instrumentalisten und Sologesang in harmonischer Waage hält, wie er im fünften Satz mit kristallklarem Gestus die präzise schwingende Rhythmik des Orchesters auch auf die Chöre überträgt. Der langsame Schlusssatz greift dann wieder auf das Eingangsthema zurück, verwebt indes Gedanken aus allen vorausgegangenen Sätzen zu einem großen, vielarmig mäandernden Strom – der am Ende seinen Sinn mit „gesättigtem, edlen Ton“ (Mahler) im Gefühl der Liebe zum Sein findet.          
                                                                                       Andreas Pecht



(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 16. Dezember 2013)


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