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2013-10-24a Kommentar:

Zum Vatikan-Entscheid über Tebartz-van Elst
 

Kluger Spruch aus Rom
öffnet manche Perspektive
 
 
ape. Auf den ersten Blick mag einem die gestrige Entscheidung des Vatikans in der Sache Tebartz-van Elst als enttäuschend, als halbherzig erscheinen. Den umstrittenen Bischof von Limburg bis auf Weiteres von den Amtsgeschäften im Bistum zu suspendieren, ihn aber zugleich im Amt zu belassen, ist gewiss nicht das Ergebnis, auf das die öffentliche Diskussion in Deutschland zuletzt zulief. Allenthalben war vielmehr fest mit seiner Amtsenthebung durch den Papst gerechnet worden.  Anderes schien nach dem Furor der zurückliegenden Tage und Wochen kaum denkbar – nach immer neuen Enthüllungen über Verschwendung, autoritären Führungsstil und Unaufrichtigkeit, sowie angesichts tiefgreifender Zerrüttung des Verhältnisses zwischen Gemeinde und bischöflichem Hirten.

Auf den zweiten Blick indes kann man der Entscheidung Klugheit, ja eine gewisse Weisheit kaum absprechen. Rom lässt sich von der medial verstärkten vox populi – einige Beobachter sprechen auch von einer „medial aufgeputschten“ Volksmeinung –  nicht zur vorschnellen Verurteilung treiben. Wie heutzutage ordentliche Gerichte, so gibt der Vatikan erstmal Raum für sorgfältige Prüfung der Sachverhalte (durch eine Untersuchungskommission der deutschen Bischöfe). Wenn dabei Sachlichkeit und schließlich Transparenz der Verzug gegeben wird vor Dogmatik und Geheimniskrämerei, könnte der Heilige Stuhl unter Franziskus dem Ansehen der katholischen Kirche damit nach innen wie nach außen letztlich vielleicht mehr nützen als mit einer umstandslosen Absetzung des Limburger Bischofs.

Tebartz-van Elst während des laufenden Verfahrens aus dem Geschäft zu nehmen und ihn irgendwo abseits zunächst kaltzustellen, entspricht übrigens durchaus weltlich gängigen Verfahrensweisen. Denn worum geht es auch bei diesem Fall primär? Um eine vorbehaltlose Untersuchung der persönlichen Verantwortung Einzelner und zugleich Erhellung der systemischen Zustände des Apparates. Überhitzte Skandalisierung bis hin zu Hexenjagd-Auswüchsen sind dabei wenig hilfreich. Im Gegenteil kann nur begrüßt werden, sollte gerade die katholische Kirche jetzt in eigener Sache aus der eigenen Geschichte neuerliche Lehren ziehen – und sich endlich von den Restbeständen feudal-antiquierter Eigenart befreien. Man wird sehen.

Doch sollten Publikum und Medien bei allem verständlichen Interesse für die Limburger Ereignisse nicht vergessen: Im Grundsatz handelt es sich dabei um innerkatholische Vorgänge, mit denen zuvörderst die katholische Kirche und ihre Gemeinden fertig werden müssen. Die Sorge der Gesellschaft als Ganzes muss sich auf eine andere Frage richten: Wie steht es eigentlich in Deutschland mit der Trennung von Staat und Kirche? Der Fall Tebartz-van Elst ist bloß der Katalysator, der diese alte Frage in neuer Schärfe zu Bewusstsein. Und je näher wir uns damit befassen, umso deutlicher wird: Vom katholischen Süden bis in den protestantischen Norden ist die Säkularisierung der Republik auf halbem Wege stecken geblieben. Geht das in Ordnung so oder muss sich daran etwas ändern – mit dem Ziel eines religionsneutralen Staates als Garant der Religionsfreiheit aller, auch der nichtreligiösen, Bürger? Das wäre die außerkirchlich nun eigentlich anstehende Debatte.                           
Andreas Pecht



(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 24. Oktober 2013)

Siehe dazu auch

2013-10-18 Essay:
Streit um Limburger Bischof zeigt ein deutsches Manko: nur halbherzige Trennung von Kirche und Staat


 2005-01-03: Neujahrsessay
Das Erbe der Aufklärung ist in Gefahr



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