Kritiken Theater
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2013-07-01 Schauspielkritik:

Burgfestspiele Mayen zeigen "Brandner Kaspar und das ewig' Leben". Regie: Manfred Molitorisz


Wie ein Bäuerlein den Tod abzockt

 
ape. Mayen. In viele der einschlägigen Schauspielführer hat es das Stück zwar nicht geschafft, weder in der Erstfassung von Joseph Maria Lutz von 1934 noch in Kurt Wilhelms Bearbeitung von 1975. Dennoch ist „Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben“ die auf deutschsprachigen Bühnen meistgespielte bayerische Volkskomödie. Heuer kommt sie auch bei den Burgfestspielen Mayen zur Aufführung. Im Hof der Genovevaburg hatte am Wochenende eine kurzweilige Mixture aus draller Brettlkomik und feinsinniger Humorigkeit umjubelte Premiere.
 

Inszeniert hat den Abend ein erfahrener Theatermann, der als Regisseur und Schauspieler mehrfach mit dem Werk befasst war: Manfred Molitorisz, vor zwei Jahrzehnten am Stadttheater Koblenz und nachher andernorts gefeiert für seine Darstellung des Todes, hier Boanlkramer genannt. In dessen schwarzes, vom frustrierenden Ewigkeitsdienst derangiertes Gewand schlüpft er auch jetzt wieder. Zusammen mit Theo Gründling als Titelfigur formt er zwei dichte, kammerspielartige Szenen aus, die inhaltlich wie schauspielerisch Angel- und Höhepunkt der Produktion sind.

Wenn die zwei in Kaspars ärmlicher Stuben aufeinandertreffen, fügen sich genaue Gesten, Haltungen, Blicke, sprachliche Betonungen zu hintersinniger Schelmenhaftigkeit. Gründling setzt dabei Kaspars renitente Bauernschläue mit fast trockenem Understatement der vollsaftig und raffiniert pointierten Verschlagenheit von Molitorisz' Tod entgegen. So werden die Rollen bald umgekehrt: Der Mensch führt den Sensemann mittels „Kerschgeist“ und Kartentricks am Nasenring, trotzt ihm weitere 18 Lebensjahre ab. Weil das natürlich keinen Bestand haben kann, handelt das Übrige davon, die Welt- und Himmelsordnung wieder ins Lot zu bringen.

Im Bajuwarenland hienieden wie im Bayernolymp hoch droben geht’s zünftig zu. Wolf Wanningers Zwei-Ebenen-Bühne wandelt sich mit wenigen Handgriffen von irdischen zu himmlischen Gefilden. An der Paradiespforte hält ein eitler Geck von Erzengel (Gerrit Krause) mit zwei trinkfreudigen Gesellen Wacht; die Aufsicht führt ein gutmütig grantelnder Petrus (Werner Schwarz).

Im blauweißen Dorf drunten folgt das Leben den üblichen Menschenverwicklungen. Da liebt des Kaspars Enkelin (Susanne Muhr) den feschen Wilderer (Manuel Lothschütz), der vom eifersüchtigen Jager (Michael Sobotka) verfolgt wird. Da fischt der Bürgermeister (Georg Lorenz) eigennützig im Trüben, verlangt pampig Respekt vor der erzherzoglichen Autorität. Derweil steht der alten Theres (Luna Metzroth) die Angst ins Gesicht geschrieben, der Kaspar möcht' sich mit dem Teufel verbandelt haben.

Als famose Kabinettstückchen sind in Mayen spöttische Gstanzel- und Derblecken-Gesänge nach urbayerischer Tradition eingebaut. Wie überhaupt der gebürtige Münchner Molitorisz wohl streng darauf geachtet hat, dass sein Ensemble sich ja eines authentisch bayerischen Zungenschlags befleißigt. Was prima klappt. Weshalb nun just in der einst preußischen Eifel mit „Brandner Kaspar und das ewig' Leben“ zwecks Gaudi nebst Nachsinnen versiert ein Hohelied gesungen wird: aufs widerborstige Bayerntum alter Schule.                                                                 Andreas Pecht

Info: >>www.mayenzeit.de     


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 1. Juli 2013)


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