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2013-03-02 Ausstellungsbesprechung:

Historisches Museum der Pfalz Speyer eröffnet kulturhistorische Drei-Länder-Kampagne


Die Wittelsbacher im Südwesten


ape. Speyer. 2010 hatten Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen gemeinsam die Dynastie der Staufer gewürdigt. Jetzt finden sich die Nachbarn erneut zu einer Kampagne zusammen: Mit 300 Veranstaltungen an 45 Orten vom Odenwald bis in den Hunsrück, von der Pfalz bis an den Mittelrhein, sowie fünf Sonderausstellungen beleuchten sie 2013/2014 die Bedeutung der Wittelsbacher-Herrschaft für die alle drei Länder historisch verbindende Großregion Rhein-Neckar. Der Startschuss zur Kampagne fällt an diesem Wochenende im Historischen Museum Speyer mit der  Ausstellung „Königreich Pfalz“. Sie behandelt die von 1816 bis 1918 währende bayerische Epoche der Pfalz.


















Der eigentliche Anknüpfungspunkt des Gesamtkampagne liegt allerdings schon 800 Jahre zurück:  Anno 1214 übertrug der Staufer Friedrich II. die Pfalzgrafenschaft bei Rhein an die Familie der Wittelsbacher. Von ihren Residenzen Heidelberg und Mannheim aus regierten sie die Region (Kurpfalz) über Jahrhunderte als Kurfürsten. Dann machte Napoleon Bayern zum Königreich und Maximilian I. Joseph aus der Zweibrücker Wittelsbacher-Linie 1806 zu dessen ersten König. Beim Wiener Kongress 1814/15 fiel die linksrheinische Pfalz an Bayern und herrschten fortan von München aus Wittelsbacher Könige pfälzischer Abstammung über den Landstrich.

„Königreich Pfalz“ – den sachlich etwas schiefen Titel für die Speyerer Ausstellung präsentieren die Macher um den neuen Museumsdirektor Eckart Köhne mit einem regionalpatriotischen Augenzwinkern: Es sei das Privileg der Pfälzer, die heutige Pfalz als ihr Königreich zu sehen. Ernsthafter Hintergrund aber ist, dass die Region während des Jahrhunderts als Teil des Königreichs Bayern wesentliche Prägungen erfuhr und den Wandlungsprozess zur Moderne durchlebte.

Es war eine teils von scharfen Gegensätzen durchzogene Umbruchepoche. Das machen die knapp 350 Exponate aus pfälzischen und bayerischen Museen deutlich. Signifikant und für die deutsche Geschichte nachfolgend bedeutsam: das Aufeinanderprallen des feudalen Herrschaftsanspruchs der Bayern und der gerade im pfälzischen Raum stark ausgeprägten demokratischen Bewegung. Hier prächtige Galauniformen, Schmuck, Ehrenporträts der Münchner Herren. Gleich nebenan Devotionalien von der großen Freiheitsdemonstration 1832 zum Hambacher Schloss. Stets betonten gerade Maximilian I. Joseph und Ludwig I. ihre Liebe zur Pfalz und den Pfälzern, das Verhältnis zwischen Bayernkönigen und Pfalzvolk war dennoch alles andere als spannungsfrei.

So reaktionär die sieben bayerischen Regenten vielfach politisch agierten, brachten sie doch eine Menge Kunstsinn und noch mehr technisch-wirtschaftlichen Fortschritt in die Pfalz. Dem Auf- und Ausbau von Ludwigshafen nebst BASF zum bedeutenden Industriekomplex im 19. Jahrhundert unter bayerischer Ägide widmet die Ausstellung eine eigene Abteilung. Ebenso der zeitgleichen eisenbahntechnischen Erschließung der Pfalz. Wirtschaftlicher Fortschritt einerseits, mit dem andererseits eine stark wachsende Bevölkerung und große soziale Not vor allem in den Landwirtschafts- und Weinbaugebieten einhergingen. Die Pfalz wurde zum Auswanderungsland: Die Speyerer Schau dokumentiert, wie ab 1801 Zehntausende Pfälzer erst nach Bayern, dann nach Polen und Russland, schließlich nach Brasilien und ab 1832 in die USA emigrierten.

Als größtes Ausstellungs-Exponat betrachtet das Historische Museum: sich selbst. Weshalb ein eigener Raum die Sammlungsgeschichte der 1869 als „Museum für den bayerischen Regierungsbezirk Pfalz“ eröffneten Institution behandelt. Damit und mit einer „Walhalla“ berühmter Pfälzer – von Helmut Kohl und Fritz Walter zurück über Max Slevogt oder Ernst Bloch bis zu den Wortführern des Hambacher Festes und den bayerischen Regenten – unterstreicht die Ausstellung am Ende des Rundgangs noch einmal ihre eher heimatkundliche Konzentration auf die  Pfalz. Andere Aspekte der Wittelsbacher-Herrschaft bleiben nachfolgenden Präsentationen in Mannheim, Heidelberg, Erbach und in der Villa Ludwigshöhe vorbehalten.    Andreas Pecht


„Königreich Pfalz“, Historisches Museum Speyer, bis 27.10.2013, Di – So 10 – 18 Uhr.

Info: >>www.museum.speyer.de

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Weitere Sonderausstellungen im Wittelsbacher-Jahr

Das Wittelsbacher-Jahr bietet neben der Schau „Königreich Pfalz“ in Speyer zeitversetzt vier weitere Sonderausstellungen andernorts.

1.)  Ab Mai 2013 widmet sich eine Präsentation in Schloss Erbach (Odenwald, Hessen) den dortigen „Schenken von Erbach“, einem Grafengeschlecht, das seit dem 13. Jahrhundert in wechselvollen Beziehungen zu den Wittelsbachern stand.

2.) Ab 30. August (bis 1.12.2013) befasst sich eine Sonderausstellung in der einst für Bayernkönig Ludwig I. erbauten Sommerresidenz Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben mit dem Thema Kunstsinn und Kulturpflege der bayerischen Könige in der Pfalz.

3.) Im Kurpfälzische Museum Heidelberg eröffnet am 8. September (bis 2.3.2014) eine Sonderausstellung über Begräbnisse und Grablege der Wittelsbacher in ihrer spätmittelalterlichen Residenzstadt Heidelberg.

4.) Ebenfalls am 8. September (bis 2.3.2014) beginnt in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museum die große kulturhistorische Zentralausstellung der Drei-Länder-Kampagne. Titel: „Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz und Europa“.

Gesamtinfo: www.wittelsbacher2013.de



(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 2. März 2013)


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