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2013-03-01a Porträt:

VAT/LEA: In der Region kaum bekannt,
in der Fachwelt vielbeachtet


Die Forschungsstation im
eifelanischen Vulkanpark

Ein erhellender Besuch des Mayener RGZM-Stützpunktes


ape. Eifel. „Vulkanpark“ – das Wort hat jeder Mittelrheiner schon mal gehört oder auf  Schildern im Nahbereich der A48 und  A61 gelesen. Viele haben den realen Vulkanpark bei Ausflügen besucht. Manche, ohne es zu wissen, denn die so bezeichnete Region umfasst 200 Quadratkilometer zwischen Andernach und Mayen, Rhein und Laacher See. Andere haben gezielt eines oder mehrere der 20 für Besucher begehbar und informativ hergerichteten Boden-/Landschaftsdenkmäler des Parks angesteuert. Ausgangs- oder Endpunkt solcher Touren ist oft eines seiner Ausstellungszentren: Römerbergwerk Meurin in Kretz, Lava-Dome in Mendig, Gysir Andernach, Terra Vulcania Mayen sowie übergreifendes Infozentrum Rauschermühle Plaidt.


Foto: RGZM/Benjamin Streubel

Da ist binnen 16 Jahren eine beachtliche Infrastruktur entstanden – einem der ältesten Siedlungs- und interessantesten Vulkangebiete Mitteleuropas angemessen. Ins Werk gesetzt hat diese  Einrichtungen die 1996 gegründete Vulkanpark GmbH. Die setzt sich je zur Hälfte aus dem Landkreis Mayen-Koblenz und dem Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz (RGZM) zusammen. Womit wir bei einer hierorts weit weniger bekannten, in Fachkreisen überregional allerdings vielbeachteten Seite des Vulkanparks wären. Was hat das RGZM als weltweit agierendes Forschungsinstitut mit Sitz in Mainz in der Osteifel verloren? Und was treibt dieses Institut unter den geheimnisvollen Bezeichnungen VAT und LEA in der Mayener Terra Vulcania? Wir haben uns  durch den Februar-Schnee zum modernen Gebäudekomplex am Grubenfeld Mayen gewühlt, um es herauszufinden.

Die dort der 7000-jährigen Geschichte des örtlichen Basalt-Abbaus gewidmete Publikumsausstellung hat gerade Winterpause (am 15.2. beendet). Rundherum herrscht indes reges Getriebe: Mitglieder des 17-köpfigen Teams von VAT und LEA gehen konzentriert ihren „Geschäften“ nach. Richtiger muss man „Forschungen“ sagen, denn es handelt sich um Wissenschaftler nebst wissenschaftlichem Nachwuchs und Unterstützungspersonal. Im Gespräch mit VAT-Chef Holger Schaaff, seiner Stellvertreterin Angelika Hunold und LEA-Leiter Michael Herdick, alle Doctores der Archäologie, klärt sich dann:

VAT steht für den 1997 gegründeten „Forschungsbereich Vulkanologie, Archäologie und Technikgeschichte“, LEA meint das erst 2012 in einem eigenen Neubau eingerichtete „Labor für experimentelle Archäologie“. Beide zusammen sind sie Mayener Außenstelle des RGZM und stehen der Vulkanpark GmbH wissenschaftlich mit Rat und Tat zur Seite. Will sagen: Was die Archäologen in der Osteifel entdecken, ausgraben, erforschen, findet vielfach seinen Niederschlag in den  Präsentationen des Vulkanparks. Eine Herausforderung ist für die Wissenschaftler dabei: Funde und Erkenntnisse so zu erklären, so zu präsentieren, dass auch ein Laienpublikum sie versteht und die Beschäftigung damit zum spannenden Freizeiterlebnis wird.

Wie das RGZM generell, so versteht sich auch dessen Mayener Außenstelle aber primär als Forschungseinrichtung. Weshalb VAT und LEA zugleich auf Forschungsarbeit von allgemeiner Relevanz für den internationalen Wissenschaftsdiskurs verpflichtet sind. Passt das zu den mannigfachen Popularisierungsaufgaben im Vulkanpark und der institutionalisierten Kooperation mit einer lokalen Gebietskörperschaft wie dem MYK-Landkreis? In der Tat ist eine solche Konstellation, noch, ziemlich einmalig. Das gilt auch für das neue, mit zwei Wissenschaftlern besetzte LEA: Ein Labor für experimentelle Archäologie, das vorrangig Forschungszwecken dient, existierte bislang in Mitteleuropa nicht.

Ja, dieser Verbund passe ausgezeichnet, unterstreicht Holger Schaaff. Er passt nicht zuletzt deshalb, weil die natürlichen und kulturhistorischen Eigenarten der eifelanischen Vulkanlandschaft per se wissenschaftliche Fragestellungen von großer Bedeutung ermöglichen. Man hat es hier mit einer Region zu tun, die auf Basis vulkanischer Ablagerungen (vor allem Basalt, Tuff, Bims) eine von der Frühzeit bis in die Gegenwart währende bergmännische, handwerkliche und schon seit der römischen Epoche auch industrielle Kontinuität aufweist. So nennt sich denn das übergeordnete Forschungsthema der Wissenschaftler in Mayen: „Entstehung einer Industrielandschaft – Das antike Steinbruch- und Bergwerksrevier zwischen Eifel und Rhein“.

Das Thema führt bei VAT/LEA diverse Spezialgebiete zusammen. Wir begegnen Fachleuten für Gesteins- und Keramikverarbeitung, die aus örtlichen Funden auf historische Abbau- und Verarbeitungstechniken sowie einstige Größenordnungen der Gewerbe schließen. Wir treffen einen Spezialisten, der aus Knochenfunden Erkenntnisse etwa über die Ernährungslage früherer Eifelaner zieht. Wir blicken einem Archäologen über die Schulter, der aus den Überresten eines römischen Landgutes beispielsweise etwas erfahren will über damalige landwirtschaftliche Kapazitäten in der Region. Und wir erleben im „Labor für experimentelle Archäologie“ Versuche, die erproben, ob ein Erdloch, Holzkohleglut, die Mulde in einem Holzklotz und ein primitiver Hammer hinreichen, um Metallgefäße herzustellen. Denn darum vor allem geht es bei der Methode experimentelle Archäologie: praktisch zu prüfen, was machbar ist und also für unsere Vorfahren möglich gewesen sein könnte. 

Die Folgerungen aus all diesen Unternehmungen sind mannigfach, sowohl für die Erhellung der Regionalgeschichte wie auch für das Verstehen von Geschichte generell. Miteinander verbunden, zudem mit anderen Forschungsbereichen des RGZM und der Uni Mainz verknüpft, entsteht Zug um Zug ein Gesamtbild des historischen Wirtschafts- und Lebensraumes in der Osteifel. Eines Raumes, den die dort tätigen Menschen über diverse Entwicklungsstadien fortwährend landschaftlich, ökologisch, kulturell umformten. Eines Raumes, der seit Caesars und Augustus' Zeiten mit hochwertigen Produkten aus Steinbrüchen, Bergwerken, Werkstätten teils industriellen Zuschnitts halb Mitteleuropa belieferte.

Wieder was gelernt: Der Vulkanpark ist nicht nur lehrreiches und touristisch attraktives Erlebnisangebot, er ist zudem Forschungsfeld der Wissenschaftler von VAT/LEA  und zugleich Schaufenster für deren Erkenntnisse.                   Andreas Pecht

Weitere Infos:

>>www.vulkanpark.com
>>www.lea.rgzm.de
>>web.rgzm.de


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
Woche 9 im Februar 2013)


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