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2012-11-10 Ausstellungsbesprechung:

"Lichtgestöber" im Arp Museum Remagen-Rolandseck
 

Der Winter im Impressionismus

 
ape. Remagen. "Weiß existiert in der Natur nicht“, sagt der Maler Auguste Renoir. Und doch dominiert Weiß, Schnee-Weiß, eine an diesem Sonntag eröffnende Ausstellung im Arp Museum Remagen-Rolandseck. Unter dem Titel „Lichtgestöber. Der Winter im Impressionismus“ versammelt sie in der Kunstkammer Rau des Museums gut 60 hochkarätige Bilder von zwei Dutzend europäischen Leihgebern. Facettenreich fangen die Werke das Licht der „dunklen Jahreszeit“ ein.

Claude Monet, Le train dans la neige. La locomotive, 1875  (c)Paris, Musée Marmottan Monet
(c) Paris, Musée Marmottan Monet

Denn Schnee ist nie einfach weiß. Er nimmt in den ausgestellten Wintergemälden von Claude Monet, Gustave Caillebott oder Alfred Sisley, von Gustave Courbet, Vincent van Gogh, Paul Gauguin oder Camille Pissarro Tönungen des Himmels, der Tageszeiten, der Umgebung an. So hatte es Renoir von den Kollegen gefordert, die nun vor allem im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts dick eingemummt ausschwärmten, um das Licht- und Farbenspiel des Schnees zu studieren und es künstlerisch zu verarbeiten.

Max Liebermann hält malerisch fest, was der Schnee aus Berliner Straßen macht. Emil Nolde schaut aufs winterliche Jena, August Macke über die Dächer von Bonn. Max Slevogt hat die Pfalz im Blick, bald frisch verschneit, bald dem Frühling zu nur noch fleckig geweißt. Und immer wieder in dieser Ausstellung Momente von Ruhe und Stille – wie sie eben nur Winter über Landschaften legen kann: im Schnee einsame Häuser, blattlose Baumgerippe, leere Alleen, wie verlorene Menschen.

Wohl nie zuvor hat sich eine Künstlergeneration so intensiv mit dem Winter beschäftigt wie die Impressionisten zwischen 1870 und 1900. Monet arbeitete sich 30 Jahre lang an den geheimnisvollen Nuancen von Schnee-Färbung und Winterstimmung ab, Sisley widmete Eis und Schnee 50 Werke, Pissarro holte sich unzählige Male kalte Füße bei seinen Bearbeitungen des Themas.

Woher rührte das enorme Interesse jener Künstlergeneration an der kalten Jahreszeit? Die Frage führt im Arp Museum zu einem interdisziplinären Ansatz für die „Lichtgestöber“-Ausstellung und aufs Feld der Klimaforschung. Die in einer 300 Jahre umfassenden Klimakurve am Eingang dargestellte Antwort lautet: Europa erlebte im späten 19. Jahrhundert zum Ausklang einer "kleinen Eiszeit" etliche strenge und sehr schneereiche Winter. Historische Presse-Illustrationen dokumentieren in der Ausstellung die damalige Lage. So schrieb etwa die Pariser Zeitschrift „Le Monde Illustré“ im Dezember 1879 über die von ungewohnten 24 Grand unter null geplagte französische Hauptstadt: „Man denkt, man sei Zeuge einer Winterszene am Nordpol.“ Die Impressionisten reagierten auf die Witterungsextreme.

Den impressionistischen Wintergemälden hat das Arp Museum frühe Kunstfotografien beigesellt. Im Vergleich wird deutlich, wie genau diese Malerei vielfach die Winternatur beobachtete, wie sehr zugleich Maler und Fotografen sich wechselseitig beeinflussten: Beide arbeiten in einem Spannungsgefüge zwischen dokumentierendem Realismus und künstlerischer Abstraktion.

So öffnet der Rundgang durch die Ausstellung auf vielfältige Weise den Blick für die vielleicht faszinierendste Seite des Winters: seine schillernde Lichtfülle. Das Interesse an der Schau dürfte beträchtlich werden, denn laut Museumsdirektor Oliver Kornhoff hat es eine derartige Impressionistenausstellung zum Thema Winter in Deutschland noch nie gegeben.        Andreas Pecht


Die Ausstellung dauert bis 14. April 2013.

Zum umfangreichen Begleitprogramm gehört u.a. die wissenschaftliche Vortragsreihe "Im Licht! Klima gestern-heute-morgen" in Kooperation mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Infos: www.arpmuseum.org/

Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 10. November 2012)

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