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2012-09-04 Kommentar:

Zur aktuellen Diskussion um die Alterssicherung

 

Das Rentensystem ist nur noch
ein Trümmerhaufen

 
ape. Begrüßenswert ist an Ursula von der Leyens Zuschussrenten-Vorstoß einzig: Selbst demjenigen, der Berechnungen und Warnungen aus dem Umfeld von Gewerkschaften und Sozialverbänden bislang misstraute, wird nun quasi hochoffiziell vor Augen geführt, dass die Reformiererei der vergangenen 20 Jahre unser Rentensystem de facto in einen asozialen Trümmerhaufen verwandelt hat. Von Existenzsicherung im Alter kann für einen Großteil der nächsten Rentnergeneration keine Rede mehr sein.  

Sobald die bereits beschlossenen Änderungen des Rentensystems vollends wirksam werden (2030),  wird man bei einem Bruttogehalt von 2500 Euro nach 35 Beitrags-/Arbeitsjahren keine 700 Euro Rente mehr kriegen. 2500 Euro brutto müssten demnach alle heute unter 49 Jahre alten Arbeitnehmer ihr Arbeitsleben lang ununterbrochen mindestens verdient haben, um auch nur eine völlig unzulängliche staatliche Hungerrente beziehen zu können. Damit liegt offen zutage: Das systemische Ergebnis der bisherigen Rentenreformen stößt nicht nur die "Problemfälle" der Arbeitsgesellschaft ins Alterselend, sondern zielt auf die gesamte untere Hälfte der arbeitenden Bevölkerung - selbst auf diejenigen, die lebenslang in regulären Vollzeitjobs beschäftigt sind.

Auskömmliche Alterssicherung war eines der ganz großen Systemversprechen der sozialen Marktwirtschaft (= des gezähmten Kapitalismus). Und auskömmliche Alterssicherung war keineswegs eine irgendwie geartete Almosengabe, sondern über den Generationenvertrag Bestandteil des gesamtgesellschaftlichen Lohnniveaus. Der alsbald in aller Schärfe sichtbar und spürbar werdende Abbau der Renten stellt indirekt auch einen so noch nie dagewesenen Angriff auf das Gesamtlohnniveau wie den individuellen Lebensarbeitslohn dar.  Besonders perfide ist, dass man gerade die Klein-, Niedrig- und Hungerlöhner zwingen will, von ihrem individuellen Mickerlohn noch Teile für private Alterssicherung abzuzwacken.

Das ist, mit Verlaub, weniger eine Folge des demographischen Wandels, als vielmehr eine Resultat der Bemühungen des  "entfesselten Kapitalismus", sich endlich (wieder) vom Ballast der ihm einst abgetrotzten Mitverantwortung für die Ruhestandslöhne  (= Renten) zu befreien. Die seit Beginn der neomarktliberalen Ära im späten 20. Jahrhundert beobachtbare immer weiter um sich greifende Entlastung gerade des Kapitals und der Reichen von Gemeinwohlpflichten steht einer steuerfinanzierten  Altersversorgung tendenziell entgegen. Dies aber wäre ein durchaus vielversprechender Weg, das Rentensystem sozialverträglich und den Lebensleistungen der Arbeitsbevölkerung angemessen zukunftsfähig zu machen.

Andernfalls gibt es da einen ebenso simplen wie zwingenden Gedanken, der sich als Forderung an Politik und Wirtschaft richtet: Wenn die Beschäftigten vor allem in der unteren Hälfte des Lohngefüges künftig ihre Altersicherung überwiegend von ihrem Nettolohn bestreiten sollen, dann ist sicherzustellen, dass die Löhne entsprechend angehoben werden. Denn solche Aufwendungen waren in das bisherige Lohnniveau eben nicht eingerechnet. Anders ausgedrückt: Wäre sich die Arbeitnehmerschaft bei den Gehaltstarifrunden der vergangenen Jahrzehnte bewusst gewesen, dass der Nettolohn alsbald sogar für eine grundständige Alterssicherung hinreichen muss, die Lohnforderung und Tarifabschlüsse hätten reihum deutlich höher ausfallen müssen.

Eine Alternative dazu, etwa angelehnt an das schweizer Modell, ginge so: Alle, aber auch wirklich alle (nebst Freischaffenden, Managern, Unternehmern, Börsenspekulanten oder Kapitalrentiers) beteiligen sich in einer ihrem Besitz und ihren Einkünften tatsächlich angemessenen Höhe an der allgemeinen Alterssicherung in Form einer auskömmlichen staatlichen Grundrente. Besserverdiener und Wohlhabende könnten sich dann immer noch einen zusätzlichen Speckgürtel fürs Alter zulegen. Bei 2500 Euro brutto jedenfalls fehlen dafür schlechterdings die Spielräume.                                                              Andreas Pecht               


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