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2012-06-25e Denkmalpreis RLP:

Bahnbetriebswerk Gerolstein: Technikdenkmal und modernes Kulturzentrum zugleich


Lebendiger Zeuge einstiger Eisenbahnkultur


ape. In der Denkmalliste wird es sachlich als „Ehemaliges Bahnbetriebswerk Gerolstein“ geführt. Doch Freunden traditioneller Eisenbahnkultur lässt schon der erste Blick über die 38 000 Quadratmeter große Denkmalzone das Herz höher schlagen. Dort, vor den Toren der Eifelstadt Gerolstein, haben Triebwagen, Waggons, Diesel- und Dampfloks aus jüngerer wie fernerer Vergangenheit ein Altersdomizil gefunden. Eines, das den Eisenbahn-Senioren nicht nur treffliche Pflege zuteil werden lässt, sondern ihnen auch ein aktives Alter ermöglicht.

Ein dichtes Geflecht von Weichen, Rangier- und Abstellgleisen nebst alten Schuppen und Unterständen breitet sich um das Zentrum des Bahnbetriebswerkes aus: den historischen Rundlokschuppen, aus dessen Toren 7 bis 14 sternförmig Gleise auf die alte Drehscheibe zulaufen. Die funktioniert wieder und öffnet nun nach Bedarf den Weg für die Lokomotiven zwischen Garage oder Werkstatt und Schienennetz. Dem Lokschuppen angegliedert sind Magazine, Verwaltungs- und Werkstattgebäude – jetzt allesamt saniert, überwiegend bauzeitlich restauriert oder teils rekonstruiert und einer lebhaften Nutzung zugeführt. Das Bahnbetriebswerk dient heute gleichermaßen als Bahnmuseum wie als Heimatstandort der Vulkan-Eifel-Bahn, zugleich wird es für kulturelle Veranstaltungen und Event-Gastronomie genutzt.    

Zur Bauzeit 1912/13 war der Gerolsteiner Komplex eines von vielen Bahnbetriebswerken in Deutschland. 1995 unter Denkmalschutz gestellt und seit 2004 systematisch  mit großem Aufwand instand gesetzt, ist er in Rheinland-Pfalz heute einer der letzten verbliebenen baulich-technischen Zeitzeugen für Funktionsweise und Bedeutung solcher Werke im Eisenbahnbetrieb des 20. Jahrhunderts. Viel hätte nicht gefehlt, dass auch dieser Zeuge der Technikgeschichte verschwunden wäre. Im Zweiten Weltkrieg von deutschen Truppen beim Rückzug weitgehend zerstört, war die Anlage 1949-50 wiederaufgebaut und in den Dienst der Bundesbahn gestellt worden. In den 1970ern wurde ein Großteil der Aufgaben von Gerolstein nach Trier verlegt; damit begann der Rückbau des Betriebswerkes und schließlich sein Verfall.  

„Das alles hier war in sehr desolatem, teils baufälligem Zustand“, erläutert Jörg Petry. Der ehrenamtliche Geschäftsführer der gemeinnützigen Bahnbetriebswerk Gerolstein gGmbh, die das Areal 2004 erworben hat, erinnert sich: an wild durch das Verwaltungsgebäudes wuchernde  Bäume; an die verfaulten Tore des Lokschuppens, bröckelnde Fassaden und kaputte Fenster überall; an Strom- und Wasserinstallationen, die vollkommen erneuert werden mussten...  Er erinnert sich aber auch, dass selbst in diesem maroden Zustand das Betriebswerk etwa Landespolitiker und Denkmalschützer bei Besuchen fasziniert hatte.

2005 begann mit finanzieller Unterstützung des Landes, des Kreises und der Verbandsgemeinde Gerolstein die 2009 in eine Großsanierung einmündende Instandsetzung. Begleitet von den Institutionen der Denkmalpflege auf Kreis- und Landesebene, ist es den Eisenbahnfreunden um die Bahnbetriebswerk gGmbH nicht nur gelungen, dieses technische Denkmal für die Nachwelt zu erhalten. Zugleich ist aus ihrem bürgerschaftlichen Engagement ein kulturell belebendes Element und ein attraktiver Anziehungspunkt für Gerolstein erwachsen.

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Im „Lokschuppen“ wird gerockt

Nutzungskonzept mit Synergieeffekten hilft bei dauerhafter Sicherung des Denkmals

Jörg Petry ist ein umtriebiger Unternehmer – der seine private Passion auch zum Hauptberuf gemacht hat. Die Passion: Liebe zur Eisenbahn. Und die lockte ihn schon in seiner Kindheit immer wieder zum Gerolsteiner Bahnbetriebswerk. „Hier streunte ich als kleiner Dotz dauernd herum“, erzählt der heutige Chef der Vulkan-Eifel-Bahn und der AKE-Eisenbahntouristik. Beide Unternehmen sind als Mieter im Bahnbetriebswerk Gerolstein Nutzer von dessen wiederhergestellter Infrastruktur bis hin zu den reanimierten Werkstätten. Als solche tragen sie einerseits zur technischen Lebendigkeit der Denkmalzone bei, andererseits zur Einspielung von deren laufenden Unterhalts- und Betriebskosten.

Synergien nennt man das: wechselseitige Nutzeffekte, ohne die Denkmäler solcher Großenordnung kaum zu unterhalten wären. Zu dieser Synergien-Vernetzung zählt auch die „Lokschuppen“ genannte Event-Gastronomie im Bahnbetriebswerk. Im Sommer gehört dazu ein Biergarten gleich neben den Gleisen. Ganzjährig steht in der ehemaligen Kraftwerkshalle des Geländes die sogenannte „Loft-Lounge“ für Kleinkunstveranstaltungen und Tagungen oder Feste und Feiern für bis zu 100 Personen zur Verfügung. Wer will, kann an Ort und Stelle auch heiraten, denn das Standesamt unterhält hier eine Außenstelle.

Der größte Veranstaltungsraum ist freilich der bis zu 2000 Besuchern fassende historische Rundlokschuppen selbst. Dank neuer Heizung, wiederhergestelltem Dach sowie nach bauzeitlichem Stil rekonstruierter Tore, metallener Fenster und Oberlichter ist auch diese Halle ganzjährig nutzbar. Petry erklärt, wie es funktioniert: „Dann werden die hier stehenden Loks hinausgefahren, die Schienen im Innern mit eigens gefertigten Hölzern abgedeckt, wird die Halle sauber gemacht, eine Bühne und dazugehörige Technik aufgebaut. Los geht’s.“ So kommen dann Rock, Pop, Kabarett, Comedy in diese Ecke der Eifel und ersparen den einheimischen Fans  weite Wege nach Trier, Köln oder sonstwohin. Jule Neigel, BAP, Bläckföss, Jürgen Becker, Guildo Horn und andere Größen stehen auf dem 2012er-Programm – sichern auf ihre Art den Fortbestand dieses Denkmals.

Wie es sich für eine der Eisenbahngeschichte verschriebene Location gehört, wird auch Bahn  gefahren und Bahn gefeiert: An Veranstaltungsabenden verbindet ein Pendelverkehr mit altem Schienenbus den Bahnhof im Zentrum Gerolsteins mit dem Lokschuppen. Und im Juli/August gibt es jeden Dienstag eine „Anheizparty“ zur Dampflokfahrt am Mittwoch.

NN

(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 3. Januar 2012)


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