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2012-06-25d Denkmalpreis RLP:


20 Quadratmeter zu Ehren
der Königin Louise


Weinberghaus Elisenberg an der Mosel: Kulturdenkmal in exponierter Lage


ana. „Lage, Lage, Lage“: Der alten Immobilienregel zufolge war es die perfekte Investition, die Thomas Bauer im Jahr 2004 getätigt hat. Damals kaufte der Moselwinzer den Elisenberg, einen steilen Schieferhang oberhalb seines Heimatorts Mülheim: drei Hektar groß, Süd-Südwest-Lage, geschützt und bewässert durch einen Wald, bestens geeignet für gehaltvolle Rieslinge. Mit zum Paket gehörte auch ein 20 m2 großes Weinberghäuschen, das seit 1832 an der obersten Hanglage der Rebfläche thront. Gut 100 Höhenmeter über Mülheim, entfaltet sich dem Besucher auf dessen Terrasse das romantische Panorama von Weinbergen und Flusslandschaft. Mehr Lage geht nicht. Doch die Geschichte zeigt: Das hat nicht nur Vorteile.

Geschichte: Der anderthalbgeschossige, klassizistische Walmdachbau mit seinem lisenenverzierten Außenmauern steckt voll davon. Und deshalb liegt er Jörg Bauer und seinem Sohn Thomas – ebenfalls Winzer – auch so am Herzen: „Das Gebäude und der Weinberg tragen ihre Namen in Verehrung für die preußische Königin Louise“, berichtet der Vater. Und der Sohn ergänzt: „Der Erbauer bekam den Weinberg von der Gemeinde Mülheim geschenkt, als Dank für seine Verdienste während der Napoleonischen Kriege“. Das biedermeierliche Renommierhäuschen, das dieser erste Besitzer des Elisenbergs daraufhin errichten ließ, diente wahrscheinlich dem Vergnügen von Jagd- und anderen Gesellschaften. Ein Beleg dafür ist die original erhaltene Deckenmalerei, die den einzigen Raum des Hauses dekoriert: Sie zeigt einen Fuchs im Zentrum, Hirschgeweihe in allen vier Ecken sowie einen Fries aus Eichenlaub.

Abgesehen von dieser Deckenausmalung und dem Schiefermauerwerk aber ist nichts mehr original erhalten an dem schlichten, eleganten Bau – und das wiederum hat mit seiner so exponierten wie einsamen Lage zu tun. Drei Kilometer vom Ort entfernt, wurde das Gebäude als öffentliche Toilette missbraucht, Unbekannte hebelten auf der Suche nach Schätzen die Türen aus und zerschlugen die Fenster. Ein Autounfall in den 1960-er Jahre tat sein Übriges: Hinter der Anlage führt die stark befahrene Landstraße 158 entlang, die steil zur Mosel abfällt. Als einem Lkw-Fahrer dort die Bremsen versagten, diente ihm das bis zu 1,40 Meter dicke Mauerwerk des Weinberghäuschens als Notstopp.

Von Grund auf haben Vater und Sohn das misshandelte Gemäuer deshalb instandgesetzt. Nichts war zu retten, weder die Fenster – „das Holz ist dem Schreiner in der Hand zerfallen“ –, noch die alten Türen oder das schiefergedeckte Dach: „In das Haus war Wasser von allen Seiten hineingelaufen.“  Ziel war es, dem Bau nach Möglichkeit seine ursprüngliche Gestalt wiederzugeben. Dass die Originalfarbe an der wetterabgewandten Seite noch zu erkennen war, kam den Bauherren dabei zupass, ebenso wie ein Foto vom Lkw-Unfall. Mit solchen Hilfsmitteln konnten sie die äußeren Gesimse rekonstruieren, dazu die rundbogigen Fenster mit den passenden Fensterläden. Besonders gelungen ist dabei den Experten zufolge die Restaurierung der Putzfassaden in ihrer Oberflächentextur und die Wiederherstellung der biedermeierlichen Farbgebung.

Heute dient das Gebäude als Aussichtspavillon. In seinem einzigen Innenraum werden Weinverkostungen durchgeführt – auf Anfrage und zu besonderen Gelegenheiten. Denn das Weinberghaus am Elisenberg ist ein Ort, an dem die Moderne noch nicht Einzug gehalten hat: Es gibt dort oben weder Strom noch Wasser. Weshalb der Wein mit zuvor herbeigeschafftem Eis gekühlt werden muss. Und das Licht Dutzender Kerzen am Abend den Raum erhellt. Das Schönste aber ist an solchen Tagen der Blick hinaus, sagt Jungwinzer Thomas Bauer: „Die Sicht von innen nach außen, eingerahmt durch die Fenster, ist von besonderer Güte.“

Es sind solche Aussichten und Momente, die ihn und seinen Vater entlohnen für ihr privates Engagement, eines der wenigen Weinberghäuser an der Mosel gerettet zu haben. Doch das Gebäude wird „eine ewige Baustelle“ bleiben, da ist sich der Jungwinzer sicher. An dem Standort hoch oberhalb der Mosel ist das Haus den Launen der Natur ausgesetzt: Erst 2011 zerstörte schwerer Hagelschlag Teile der mühevoll restaurierten Fassade. Der Vers, der in Frakturschrift auf einer der Außenmauern aufgemalt ist, gilt deshalb ebenso für die Kunst des Weinanbaus wie für die Pflege der Historie: „Es gibt kaum einen, der gedenkt. Wenn an den Wein, den man ihm brachte. So leichter Hand ins Glas geschenkt. Der Sorg und Arbeit, die er machte.“

(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 20. Juni 2012)


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