Thema Kultur / Altertümer
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2012-06-25 Feature II (lang):

Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz würdigt Bürgerengagement für bauliches Erbe


ape. Rund 45 000 Denkmale aus 3000 Jahren gibt es in Rheinland-Pfalz. „Diesen Schatz gilt es zu bewahren und in die Zukunft zu führen, denn Denkmale sind ein wesentlicher Teil des kulturellen Gedächtnisses unseres Landes und seiner Identität.“ Das erklärte der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Walter Schumacher anlässlich der Verleihung des Sparkassen Denkmalpreises Rheinland-Pfalz 2012. Ein hoher Anspruch, verbunden mit der Verpflichtung des Staates zu Schutz und Pflege dieses Erbes. Aber auch eine derart gewaltige Aufgabe, dass staatliche Institutionen alleine sie kaum erfüllen können – zumal beträchtliche Teile des Denkmalbestandes Privatbesitz sind.

„Das heißt, der private Eigentümer ist ein ganz wichtiger Spieler auf diesem Feld – auch wenn sein Objekt nicht groß ist“, betont Prof. Dr. Regina Stephan, Mitglied der Fachjury für den Denkmalpreis 2012. „Wir haben nicht nur wunderbare Schlösser, Burgen und Kirchen, sondern   noch immer einen schönen alten Wohnbaubestand. Jedes einzelne Haus steht dabei sozusagen für die Geschichte einer Stadt oder eines Dorfes“, so die  Professorin für Architekturgeschichte an der FH Mainz weiter. Eigeninitiative und privater Einsatz von Bürgern sind demnach mitentscheidend für den Erfolg der Denkmalpflege im Land. Vor allem solch bürgerschaftliches Engagement soll mit dem Sparkassen Denkmalpreis gewürdigt werden.

Die mit insgesamt 15 000 Euro dotierte Auszeichnung wurde 2010 gemeinsam von der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), dem Sparkassenverband und der Landesbausparkasse Rheinland-Pfalz ins Leben gerufen und jetzt zum zweiten Mal verliehen. Sie wird vergeben für denkmalpflegerisch besonders gelungene Sanierungen, Restaurierungen, Rekonstruktionen. Für GDKE-Generaldirektor Thomas Metz fällt diesem einzigen landesweiten Denkmalpreis in Rheinland-Pfalz neben der Anerkennung von Bürgerverdiensten um die Denkmalpflege noch eine zweite Funktion zu: „Die so entstehende Aufmerksamkeit bietet uns die Möglichkeit, das allgemeine Interesse für den Denkmalschutzgedanken zu fördern. Denn der beste Denkmalschützer ist der engagierte Denkmaleigentümer.“ Der Preis lenke den Blick der Öffentlichkeit darauf, wie sich Menschen für den Denkmalschutz einsetzen und welche wertvolle Ergebnisse dabei herauskommen – im öffentlichen Raum wie im privaten Wohnumfeld. „Wir hoffen, dass die Beispiele Schule machen.“

Denn  noch immer wird beim Wort Denkmalschutz manchen Hausbesitzern bisweilen mulmig. Sie fürchten behördliches Dreinreden, Beschneidung ihrer Gestaltungsfreiheit und zusätzliche Kosten. Doch die Zeiten ändern sich, wie bei der Verleihung des Sparkassen Denkmalpreises in Schloss Waldthausen bei Budenheim (Kreis Mainz-Bingen) deutlich wurde. Dort bestätigten die Redner, was Dr. Norbert Heinen schon anlässlich der ersten Preisverleihung 2010 festgestellt hatte: „Es findet sich heute eine viel größere Wertschätzung für Denkmäler als noch vor zwei oder drei Jahrzehnten.“ Der langjährige Vorsitzende des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz war damals mit einem Sonderpreis für „Herausragende Verdienste um die Denkmalpflege“ geehrt worden.

Äußerungen aus dem Kreis der diesjährigen Preisträger war zu entnehmen, dass sich auch das Verhältnis zwischen Hauseigentümern/Bauherren und den Denkmalschutzbehörden in jenem Sinne spürbar verbessert hat, den die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen so umreißt: „Einige der prämierten Objekte verdeutlichen eindrucksvoll, wie es durch konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten gelingen kann, nicht genutzte Denkmale wieder nutzbar zu machen und für die Zukunft zu erhalten.“ Die Preisträger selbst sprachen von „fachlichem Rat und partnerschaftlichem Beistand“, der ihnen seitens der Denkmalbehörden bei ihren jüngst abgeschlossenen Bau- und Restaurierungsmaßnahmen zuteil wurden.


Die Preisträger 2012

In der Kategorie „Unbewohntes Denkmal“ wurden drei Auszeichnungen für die denkmalpflegerisch gelungene Sanierung folgender Objekte vergeben:

Villa Isper in Zweibrücken: Die 1908 erbaute Fabrikantenvilla mit Stilelementen des Barock, der Renaissance und des Jugendstils befand sich bei Übernahme durch die Zweibrücker Gesellschaft für Bauen und Wohnen (GeWoBau) vor einigen Jahren in arg desolatem Zustand. Im Innern waren wertvolle Stukkaturen zugeschmiert, Wände vom Schwamm befallen und Deckenteile auf das bauzeitliche Eichenparkett gestürzt. In mehrjähriger Renovierung wurde das authentische Erscheinungsbild wiederhergestellt. Im Sinne zeitgemäßer Nutzung des Gebäudes wird die Einfügung moderner Sanitärbereiche in Form transparenter Glasboxen als besonders gelungen bewertet.

Weinbergshaus Elisenberg in Mülheim/Mosel: Heute ist das 20 Qudratmeter große Gebäude ein ausnehmend schönes Kleinod inmitten der oberen Hanglage moselanischer Weinberge bei Mülheim (Kreis Bernkastel-Wittlich). Als das  Weinbergshaus 2004 der Winzerfamilie Bauer zufiel, sah das noch ganz anders aus: Das 1832 zu Ehren der Preußenkönigin Louise erbaute Renommierhäuschen befand sich infolge Vernachlässigung und Vandalismus in bedenklichem Zustand. Der klassizistische Walmdachbau  musste grundlegend saniert werden. Schieferdach, Sandsteingesimse, Rundbogenfenster mit dazu passenden Läden wurden erneuert oder rekonstruiert. Von Denkmalpflegern ausdrücklich gelobt wird die Restaurierung der Putzpassaden in ihrer Oberflächentextur sowie die Wiederherstellung der biedermeierlichen Farbgebung. 

Bahnbetriebswerk Gerolstein/Eifel: Mit 38 000 Quadratmetern ist das Bahnbetriebswerk Gerolstein heute eine der größten Technik-Denkmalzonen in Rheinland-Pfalz. Zwischen 1910 und 1914 erbaut, im Zweiten Weltkrieg von Wehrmachtstruppen beim Abzug gesprengt, danach wiedererrichtet, wurde es in den 1970ern von der Bundesbahn aufgegeben und begann zu verfallen. Dank Initiative der gemeinnützigen Bahnbetriebswerk Gerolstein gGmbH konnten mit Unterstützung der Denkmalbehörden seit 2004 der historische Ringlokschuppen nebst dazugehörigen Magazinen, Verwaltungs- und Werkstattgebäuden restauriert oder rekonstruiert werden. Heute dient das Bahnbetriebswerks gleichermaßen als Bahnmuseum und Heimatstandort der Vulkan-Eifel-Bahn, wird zugleich für kulturelle Veranstaltungen und Event-Gastronomie genutzt.


In der Kategorie „Wohnen im Denkmal“ wurden ebenfalls drei Preise vergeben.

Barbarahof Simmern/Westerwald: Im Westerwald ging der Preis an die Familie Coble, die seit 2007 den Barbarahof in Simmern mit  denkmalpflegerisch unbedenklichen, historisch bewährten Materialien und Verfahren instand gesetzt hat und das 300 Jahre alte Gehöft nun selbst bewohnt. Das regionaltypisch aus Bruchstein-Grundmauern, Fachwerk-Aufbau und Schieferdächern bestehende barockzeitliche Ensemble – dessen Vorläufer bis aufs 12. Jahrhundert zurückgehen – ist ein gutes Beispiel dafür, dass geschichtliche Authentizit, zeitgemäßer Wohnkomfort und moderne energetische Ansprüche sich keineswegs ausschließen.

Dalberger Amtshof in Worms-Abenheim: Der 1556 entstandene Putzbau mit Krüppelwalmdach ist eines der wenigen komplett erhaltenen Renaissance-Gebäude in Region um Worms. Einst war der Amtshof herrschaftlicher Verwaltungsmittelpunkt. Davon k・den etwa die nach der Restaurierung (2005 bis 2011) durch den heutigen Eigentümer Hans-Josef Schäfer wieder strahlenden Wappentafeln oder die bei den Arbeiten entdeckten renaissancezeitlichen Ausmalungen. Bei der Gesamtsanierung konnte die ursprüngliche Dachkonstruktion ebenso gerettet werden wie eine seltene Blockbohlentreppe aus dem 16. Jahrhundert. Heute kombiniert das Haus die kulturhistorische Bedeutung des Baudenkmals mit zurückhaltend eingefügten Komponenten zeitgemäßenen Wohnkomforts.

Filzfabrik in Speyer: Den Denkmalschützern ging es bei dem 1904 eingeweihten und 1996 stillgelegten Fabrikbau vor allem um den Erhalt des äußeren Charakters. Besondere Aufmerksamkeit galt der Ziegelstein-Fassade und den historischen Stahlsprossenfenstern. Beide Aspekte wurden  jüngst beim Umbau der einstigen Produktionshallen zu 23 Loftwohnungen und vier Penthäusern durch Nachkommen des Firmengründers Melchior Neff sorgsam berücksichtigt. So wurden zwecks energetischer Dämmung hinter die historischen Stahlfensterrahmen von außen unsichtbare Energiesparfenster gesetzt. Die ehemalige Filzfabrik bleibt Industriedenkmal und ist zugleich ein attraktives städtisches Wohnquartier.

Die Sonderauszeichnung des Sparkassen Denkmalpreises für „Herausragendes ehrenamtliches Engagement“  ging 2012 an den Bauverein Historische Stadt Oberwesel. 1993 von 29 Bürgern gegründet, trug und trägt der heute 400 Mitglieder zählende und sehr aktive Verein wesentlich zum Erhalt des bedeutenden baulichen Erbes der einstigen Freien Reichsstadt am Mittelrhein bei.

Zusätztlich zu den Preisen sprach die Jury neun Anerkennungen aus für denkmalpflegerisch wertvolle Maßnahmen an folgenden Objekten: Sakristei des ehemaligen Minoritenklosters Oberwesel, Kulturhaus Oberwesel, ehemalige Synagoge Odenbach, Schlossgarten Kirchheimbolanden, Simultankirche St. Antonius Hahn, Wohnhaus im Landhausstil Mainz, Streckhof Merzkirchen-Portz, Barockes Wohnhaus und Fachwerkhaus Weyher sowie Wasserturm Worms.
                                                                                    Andreas Pecht


Kurzporträts und Fotos aller Preisträger-Objekte unter >>www.auf-geschichte-bauen.de 


---------------------------------------------------------
Wer oder was ist www.pecht.info?
---------------------------------------------------------

Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken