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2012-04-30a Schauspielkritik:

"Und ewig rauschen die Gelder" am Theater Koblenz

Gesund ablachen mit Cooney


 
ape. Koblenz. Kichern, feixen, lauthals lachen, schenkelklopfen und nach zweieinhalb Stunden stürmisch applaudieren. Das Premierenpublikum hatte am Samstag im Theater Koblenz kräftig zu tun. Gegeben wurde Michael Cooneys „Und ewig rauschen die Gelder“. Ein Stück, das sich des humorigen Verwechslungsfurors der Boulevardkomödie bedient, ohne allerdings eine zu sein. Verzwickte Liebesaffären spielen hier keine Rolle, weshalb man eine „Farce“ nennt, was da an Irrwitz abgeht.

Cooneys Stück kreist um die Beziehung zwischen einem Arbeitslosen und dem Sozialstaat. Eric Swan schafft es über Jahre, für sich und tatsächliche wie gar nicht existierende Mitbewohner den Behörden alle nur denkbaren Sozialleistungen abzuluchsen. Kranken-, Arbeitslosen-, Kinder-, Wohngeld, Überbrückungshilfe, Invalidenrente etc. pp. Der Schlaumeier führt die Ämter zum eigenen Nutz am Nasenring. Das ist zwar unrealistisch, aber Spaß macht es doch, den großmächtigen Apparat mal als Deppen vorgeführt zu sehen.

Die Sache geht gut –  bis der Depp in persona des sozialamtlichen Prüfers Jenkins (passend: Reinhard Riecke) mit allerhand Formularen anrückt. Auf leisen Sohlen tritt dieser heilige Bürokratius in Erics Heim und verwandelt es mit schlichtem Begehr nach einer Unterschrift hier, einer Auskunft da sogleich in ein schieres Irrenhaus. Denn antanzen sollen jetzt leibhaftig all die hier wohnenden Leistungsempfänger. Doch woher soll Eric sie nehmen, seine erfundenen Sozialfälle, die es nur auf dem Papier gibt?

Untermieter Norman wird zur Vorspiegelung falscher Identitäten zwangsverpflichtet. Manche Karteileiche segnet plötzlich das Zeitliche und Olaf Schaeffer darf als knuffig vertrottelter Onkel George den Scheintoten mit mehreren Namen geben. Es gilt, Jenkins einzuwickeln. Es gilt, Erics Gattin Linda (Tatjana Hölbing) zu umschiffen, die mit Hilfe eines tuntigen Seelendoktors (Marcel Hoffmann) ganz anderen Eheproblemen auf der Spur ist. Ferner gilt es zu täuschen: die Fürsorgerin (Jana Gwosdek), die Bestatterin (Dorothee Lochner) sowie Jenkins Chefin (Claudia Felke). Und es gilt, Normans Braut (Raphaela Crossey) aus allem rauszuhalten.

Wer lebt, wer ist tot, wer ist wer, wer heißt wie? Klaus Philipp und David Prosenc agieren als Eric und Norman ständig und mit sich steigerndem Tempo am Rande des Nervenzusammenbruchs: Je mehr sie lügen, umso wuchtiger rollen die Flutwellen drohender Entdeckung heran, umso mehr müssen sie lügen … Regisseur Andreas Lachnit lässt bei reihum saftigem, kräftig aufgetragenem Typenspiel das Verwirrungs- und Pointenmaschinchen munter und mit punktgenauem Timing schnurren. Laurentiu Tuturuga hat dafür das passende Gehäuse mit unverzichtbar vielen Türen um ein zentrales Entree-/Wohnzimmer in heller Holzästhetik gebaut.

Eine besonders geistreiche Herausforderung ist das Stück nicht und satirischen Hintersinn muss man suchen. Aber die Koblenzer Inszenierung ist handwerklich so versiert gemacht, dass sie die Funktion eines gesunden Lachabends prima erfüllt.
                                                                       Andreas Pecht
 

Infos: www.theater-koblenz.de


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 30. April 2012)


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