Kritiken Theater
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2012-03-26a Schauspielkritik:

„Mathilde Bäumler. Ein Dschungelstück“ ist ein überladener und ziemlich wirrer Bühnen-Comic 


Bonner Theater verläuft sich im Urwald
 

 
ape. Zehn Schauspieler brachten jetzt am Theater Bonn ein Stück zur Uraufführung, das bei Probenbeginn noch gar nicht existiert hatte. „Mathilde Bäumler. Ein Dschungelstück“ heißt das im gemeinsamen Arbeitsprozess unter Leitung der Journalistin Christa Pfafferott und des Regisseurs Alexander Riemenschneider entwickelte 90-Minuten-Werk. Das versetzt ein Filmteam in den Dschungel, um die einst dort verlebte Kinderzeit besagter Mathilde nachzuinszenieren.


Es wird in der Schauspielhalle Beuel erzählt, wie die Filmemacher die inzwischen erwachsene  Frau (Birte Schrein) am Set als Beraterin erst hofieren, ihr alsbald aber die Lebensgeschichte entreißen und kinogefällig verwursten. Zumindest ist das eine Ebene des Geschehens. Eine zweite führt Spielszenen für den Film vor; eine dritte Erinnerungen der Titelfigur; eine vierte die Wirkungen des Dschungels auf die Filmcrew. Eine fünfte Ebene gibt das ganze Konstrukt als Reality-Show vor Publikum aus. Ein sechste, siebte ... 

Denk-, Zeit- und Realitätsebenen sind wild verknäult, mal ernst, mal im Märchenstil, meist parodistisch und comedymäßig gespielt. Ein irrer, ein wirrer Trip ist dieses „Stück zum Film zum Buch“ (Untertitel) – wobei es weder Buch noch Film je gab, es folglich dazu auch kein wirkliches Stück geben kann. Was also sehen wir überhaupt? Absurdes Theater in schierer Kindercomic-Form, das, so Riemenschneider im Programmheft, von unser aller Sehnsucht nach Ursprünglichkeit und Einfachheit handelt.

Dschungel als Symbol einer Utopie vom anderen Leben – das ist ein altbekanntes und diskutables Sujet. Aber das herzige Herumalbern der Bonner Mimen, wofür steht das? Vielleicht dafür, dass abgedrehte Kulturweicheier von heute umso lachhafter scheitern müssten, kämen sie der Einfachheit tatsächlich näher. Wovon im Regelfall keine Rede sein kann, weil der urban-romantische Dschungeltraum nun mal mit Ursprünglichkeit so wenig zu tun hat wie Safarihotel oder TV-Dschungelkamp mit Urwaldleben.

Das immerhin leugnet dieses Theaterprojekt auch gar nicht. It's showtime, signalisiert bereits die Kulisse: Der Dschungel wird zum hübschen Palmenhain, der halbrund eine edel spiegelnde Bodenfläche umschließt (Bühne: Rimma Starodubzeva). Reizende Wildnis, leise durchströmt von reizender Musik: Gepflegte Umgebung für reizende Begegnung netter weißer Menschen mit netten Eingeborenen.

Der Spott auf verbreitete Idylle-Vorstellungen ist ebenso unübersehbar wie das Bemühen der Akteure, ihre Figuren zu Karikaturen zeitgenössischen Personals auszubauen. Der Versuch jedoch, unter der clownesken Oberfläche die Traurigkeit des Clowns wirken zu lassen, er geht schief.  Er ersäuft in einer Überfülle von im Einzelfall gar nicht mal dummen Ideen, Aspekten, Überlegungen – die aber leider mehr verquirlt, denn ernsthaft dramatisiert sind. So bleibt von diesem Abend ein bisschen Träumen, viel Gekicher und, sagen wir mal so: etwas entnervte Ratlosigkeit.                                                                  Andreas Pecht

 

Infos: >> www.theater-bonn.de

(Erstabdruck 26. März 2012)

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