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2012-03-13b Musikwelt / Vorbericht:

3. und 4. Orchesterkonzert im Görreshaus Koblenz

 

Von religiöser Innigkeit zu französischer Heiterkeit


ape. Koblenz. Anderer Wochentag, andere Uhrzeit, ungewöhnliche Besetzung und ein ganz besonderes Programm: Mit diesen Schlagworten lässt sich das in der laufenden Saison dritte der „Orchesterkonzerte im Görreshaus“ äußerlich skizzieren. Ausnahmsweise findet es – seinem musikalischen Inhalt gemäß – nicht an einem Sonntag, sondern am Freitag den 6. April 2012 statt, am Karfreitag also. Und aus Rücksicht auf die Gottesdienstzeiten einiger Kirchengemeinden an diesem hohen Feiertag beginnt es erst um 17 Uhr, statt wie gewohnt um 16 Uhr. Auf dem Programm stehen nur zwei Werke, beide inspiriert durch das neutestamentarische Geschehen, das den Karfreitag begründet: von Joseph Haydn „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ für Orchester; von Sofia Gubaidulina „Sieben Worte “ für Violoncello, Bajan und Streichorchester.

Die Entstehungszeit der beiden Stücke liegt rund 200 Jahre auseinander. Haydns Komposition entstand 1785 als Auftragswerk für die Domherren von Cadiz und sollte sieben innig besinnliche Teile umfassen, jedes passend zu einem der letzten Worte Jesu. Wobei „Worte“ jene Ausrufe des Gekreuzigten meint, auf die die Karfreitagsliturgie letztlich zuläuft: von „Vater vergib ihnen, den sie wissen nicht, was sie tun“ über „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ bis zum finalen „In deine Hände begebe ich meinen Geist“. Haydn selbst sah in diesem Werk eine seiner gelungsten Arbeiten und nannte sie im Untertitel „Sieben Sonaten mit einer Einleitung und am Schluss ein Erdbeben“.

Das zweite Stück des Karfreitagskonzertes im Görreshaus stammt aus dem Jahr 1982. Seine Schöpferin – die 1931 in der russischen Republik Tartastan geborene und seit 1992 in Deutschland lebende Sofia Gubaidulina – feierte unlängst 80. Geburtstag. Als Studentin einst in Moskau von Schostakowitsch ermutigt, sich durch linientreue Kritiker nicht von ihrem eigenen Weg abbringen zu lassen, gehört sie heute im Verein mit  Edisson Denissow und vor allem Alfred Schnittke zu den russischen Komponisten von Weltgeltung der Generation nach Schostakowitsch.

So nahe Gubaidulinas „Sieben Worte“ dem Werk Haydns thematisch und vielleicht auch geistig stehen mag, liegen musikalisch doch Welten dazwischen. Die Musik der Russin steckt voller christlicher und mystischer Symbolik, die tief hineinreicht bis in tonale Strukturen, Klangproportionen und religiöse Metaphorik selbst bei der Spielweise einzelner Instrumente. Eine zweifelsohne moderne Klassikmusik, jedoch voller „Ehrfurcht und Respekt vor der großen geistig-kulturellen Tradition“ (Gubaidulina), und in ihrer Wirkkraft immer wieder die seelische Ganzheit der Zuhörer ansprechend. Geleitet wird das Konzert von Daniel Raiskin. Den solistischen Part am Bajan, dem osteuropäischen Knopfakkordeon, übernimmt Klaudiusz Baran. Als Solocellist gastiert mit Ivan Monighetti der international unter anderem als Spezialist für Neue Musik hoch angesehene letzte Meisterschüler von Mstislaw Rostropowitsch.

Atmosphärisch ganz anders fällt am 3. Juni das vierte und damit letzte „Orchesterkonzert im Görreshaus“ für die Spielzeit 2011/2012 aus. Wie gewohnt, liegt es wieder auf einem Sonntag und beginnt um 16 Uhr. „French Connection“ lautet sein Motto, dementsprechend hat ein Franzose, Benoit Fromanger, die Leitung inne – und übernimmt zugleich als international renommierter Flötist die Solistenrolle. Viele Jahre Soloflötist beim Orchester der Pariser Oper und nachher beim Symphonieorchester Bayerischer Rundfunk, machte er dann von Deutschland aus eine bemerkenswerte Karriere als Solist und auch Dirigent.

Das Konzertprogramm an diesem Frühsommer-Nachmittag umfasst überwiegend heitere Stücke französischer Herkunft oder französischer Färbung. So Auszüge aus Lullys „Le Carnaval Mascarade“ oder Faurés Fantasie für Flöte und Streicher. Auch Johann Sebastian Bach ist vertreten, mit seiner Suite Nr. 2 h-Moll. Darin darf die Traversflöte virtuos glänzen und eine Reihe von Tänzen anführen. Deren letzter, eine Banderiene, also „Tändelei“, ist ein überaus populäres und bis heute weithin Bekanntes Stück Barockmusik. Das Konzert schließt mit Joseph Haydns Sinfonie Nr. 84 Es-Dur – einer der sechs „Grandes Symphonies“, die 1784 von der Loge Olympique in Paris bei Haydn für das Pariser Orchester bestellt wurden. Dieses quasi deutsch-französische Werk strahlt in weiten Teilen eine muntere bis rustikale Heiterkeit aus – die das Publikum im Görreshaus dann in einen hoffentlich ebenso heiteren Sommer entlässt.                                           Andreas Pecht


Info: >>www.rheinische-philharmonie.de

(Erstabdruck 10.  Woche im März 2012)

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