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2012-03-13 Musikwelt/Jugendarbeit:

 

Jugendliche geben den Rhythmus an


Vierter Durchgang von „(e)motion!“: Performance auf selbst gebautem Schlagwerk und mit großem Orchester

 
ape. Koblenz.  „Sehr schön, wunderbar, die klingen richtig gut.“ Nebojsa Zivkovic probiert ein Klangspiel aus Bambus-Stäben, diverse Holzschlitztrommeln und Rasseln aus. Er ist sichtlich erfreut über die  Qualität der Instrumente, die jugendliche Teilnehmer am Projekt „(e)motion!“ in den Werkstätten der Handwerkskammer Koblenz (HwK) selbst gebaut haben. Zivkovic muss es wissen, denn er ist Profimusiker, genauer: ein international angesehener Percussionist, ein Schlagzeugkünstler. Und er ist der künstlerische Leiter von „(e)motion!“ 2011/2012 – der seit 2008 vierten Ausgabe dieses  Gemeinschaftsprojektes von Staatsorchester Rheinische Philharmonie, HwK und Job-Center Mayen-Koblenz.


„(e)motion!“ wird vom Europäischen Sozialfond wie dem Land Rheinland-Pfalz gefördert. Das Projekt stellt eine besondere Form beruflicher Qualifizierung dar für Jugendliche während der Suche nach einem Ausbildungsplatz: Auf ein konkretes Ziel ausgerichtetes handwerkliches und musikalisches Arbeiten soll Persönlichkeit, Durchstehvermögen und Teamfähigkeit der jungen Leute stärken. Das Ziel heißt in diesem Jahr: Öffentliche Aufführung einer Schlagwerkperformance auf selbstgebauten Instrumenten gemeinsam mit dem großen Orchester der Rheinischen Philharmonie am 29. Juni.

Die Arbeit dafür hat bereits im Oktober 2011 begonnen – mit einem Tag pro Woche Instrumentenbau in den HwK-Werkstätten sowie gemeinsamen Übungsstunden in Rhythmus- und Schlagwerktechnik etwa alle 14 Tage unter Anleitung von Philharmonie-Schlagzeuger Michael Zeller. Seit Mitte Dezember kommen in regelmäßigen Abständen die Proben mit dem künstlerischen Leiter hinzu. Die Arbeit verdichtet sich nun für die rund 25 Teilnehmer immer mehr, je näher der Aufführungstermin rückt.

Nicht alle werden am Ende noch dabei sein: Mancher findet in der Zwischenzeit einen Ausbildungsplatz; der eine oder andere wirft aber auch vorzeitig das Handtuch angesichts des Engagements, das „(e)motion“ jedem Jugendlichen abverlangt. Die jedoch bis zum Schluss mitmachen, ziehen daraus nicht nur Nutzen für ihr berufliches Fortkommen, sondern  verbuchen auch für sich ganz persönlich eine intensive Lern- und Lebenserfahrung. So war es 2008 beim ersten Durchgang mit einem großen Tanzprojekt zur „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz, so war es in den Folgejahren bei der Verbindung zwischen Foto-/Filmarbeit und klassischer Musik. So wird es wohl auch diesmal sein: Wenn die jetzigen Jugendlichen als Schlagwerker mit der Rheinischen Philharmonie zusammenfinden, um ein selbst entwickeltes Werk aufzuführen, das sich um den Finalsatz von Zivkovic' „Konzert für Schlagzeug und Orchester“ gruppiert.

Dass bis dahin noch viel zu tun bleibt, wird beim Blick in eine der frühen Proben deutlich. Nebojsan Zivkovic hat die Teilnehmer im Schlagwerk-Probenraum des Koblenzer Görreshauses einen Kreis bilden lassen. Wo sonst die Berufsmusiker der Rheinischen Philharmonie sich auf ihre Auftritte vorbereiten, wagen nun junge musikalische Laien erste Schritte auf ein ihnen völlig unbekanntes Terrain. Sie sollen auf „ihren“ und anderen Schlaginstrumenten „klimpern“, sollen deren Klangmöglichkeiten erkunden. Sie sollen Einzeltöne singen, Dreiklänge bilden, zum kleinen Chor verschmelzen. Sie sollen während des Singens einen Grundrhtyhmus schlagen, trommeln, gongen, rasseln. Sie sollen schließlich obendrein nach verteilten Positionen diverse Unter- und Zwischenschläge einfügen....

Ein zentrales Problem der Anfangsphase ist die Hemmung, aus sich herauszugehen. Ob Junge oder Mädchen, kaum ein Teilnehmer traut sich: Zu fremd ist noch, was man da tun soll, zu groß die Verunsicherung, man könnte es falsch machen oder sich lächerlich. Zivkovic hilft, die Scheu vor dem Ungewohnten abzubauen. Locker im Umgang, stets ein Späßchen auf den Lippen, führt er die Jugendlichen doch systematisch an Instrumente, Töne, Klänge, Rhythmen heran. Hier ermuntert er eine Zaghafte, doch mal richtig auf die Pauke zu hauen, dort einen Schüchternen, dem großen Becken einen auf- und abschwellenden Klangteppich zu entlocken. Und schon nach eineinhalb Stunden grooved die ganze Gruppe rhythmisch fast richtig zu fast stimmigem Dreiklanggesang – dabei auch schon intuitiv den Lautstärke- und Tempoimpulsen des Leiters folgend.

Natürlich wackelt das alles noch, ist weit entfernt von Perfektion. Aber ein erstes Erfolgserlebnis ist da, Türen sind aufgestoßen und Entwicklungsmöglichkeiten erkennbar. Im gemeinsamen Gespräch wird der Zeitplan für die weitere Arbeit in Richtung Aufführung im Juni abgesteckt: Es müssen noch mehr Instrumente gebaut werden; bis Frühlingsbeginn spätestens muss das Konzept für die Performance stehen, danach folgt die Feinarbeit. Eine erste Struktur der Performance wird entwickelt: Start mit Orchester-Tutti; dann Paukenschlag und Licht aus; aus dem Dunkel heraus einen Klangteppich aufbauen, der zur Klangwelle wird; es folgt ein Streichquartett mit Schlagwerk -Ausmalung; darauf ein Schlagzeugsolo, aus dem ein  Gruppen-Groove emporwächst und sich zu dramatischer Opulenz verdichtet ….

Plötzlich steht nach knapp zwei Stunden jeder und jedem im Schlagwerk-Probenraum des Görreshauses vor dem geistigen Auge, was für ein Werk da aus der eigenen Arbeit tatsächlich entstehen könnte – entstehen soll. Je nach Naturell der „(e)motion!“-Teilnehmer pendeln die Gesichtsausdrücke nun zwischen heller Begeisterung und Skepsis, ob das auch zu schaffen sei. Zivkovic lässt keine Zweifel: „Ihr schafft das! Es wird eine starke Sache!“ Und gleich gibt er der ganzen Gruppe noch eine Hausaufgabe mit auf den Weg: Bis zur nächsten Probe das Finale seines Konzerts für Schlagzeug und Orchester per Internet mehrfach genau anhören. Damit tritt die vierte Ausgabe von „(e)motion!“ in ihre Intensivphase ein, und man darf auf die Ergebnisse gespannt sein.                                     Andreas Pecht


Infos: >>www.rheinische-philharmonie.de

(Erstabdruck 10. Woche im März 2012)

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