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2012-02-27a Porträt:


20 Jahre Ludwig Museum Koblenz


ape. Koblenz. „Uns steht das spannendste Jahr in der Geschichte des Ludwig Museums bevor“, hatte Beate Reifenscheid Anfang vergangenen Jahres erklärt. Gemünzt war dieser Satz auf die damals bevorstehende Bundesgartenschau (BUGA), der die Museumsdirektorin mit gemischten Gefühlen entgegen sah. Das Deutschherrenhaus lag innerhalb des eintrittspflichtigen BUGA-Geländes, weshalb vorab völlig unklar war:  „Kommen weniger, oder viel mehr Besucher als sonst ins Museum? Wir wissen es nicht.“ Heute bilanziert Reifenscheid: „Wir konnten mit 80 000 Besuchern in 2011 einen Rekord verbuchen.“

Ob sich aus dem 2011er Besucherrekord längerfristig positive Folgewirkungen für die Besucherfrequenz ergeben, das zu beurteilen, sei es noch zu früh. Doch konstatiert die Direktorin immerhin „eine seither gestiegene Nachfrage für unsere Sonderveranstaltungen“. Die Realität bringt manchmal verquere Phänomene hervor, waren während der BUGA doch gerade die Sonderveranstaltungen eher Sorgenkinder. Die Nachfrage nach Führungen sei, so Reifenscheid, ordentlich gewesen, mehr aber nicht. Bei den Museumskonzerten und anderen Veranstaltungen mit eigenem Eintritt wurde es 2011 jedoch recht dünne. Der Hauptgrund liege auf der Hand: „Das  riesige Gesamtprogramm der BUGA, und alle Veranstaltungen dort ohne zusätzliche Kosten für die Besucher.“

Obwohl in einem der ältesten Gebäude der Rhein-Mosel-Stadt untergebracht (dem 1250 erbauten Deutschherrenhaus), ist das Ludwig Museum ein Jungspund unter den hiesigen Institutionen der Hochkultur. Stadttheater, Rheinischer Philharmonie, Mittelrhein-Museum oder Landesmuseum auf der Festung Ehrenbreitstein: Sie alle haben viele Jahrzehnte, gar das eine oder andere Jahrhundert auf dem Buckel. Dennoch gehört das Museum am Deutschen Eck heute zu den wichtigen Säulen der Künste in Koblenz – als primär der zeitgenössischen Bildenden Kunst gewidmetes Haus. Am Ort und in der Region mittlerweile fest etabliert und akzeptiert, in der Kunstszene auch überregional angesehen, darf das am 18. September 1992 eröffnete Ludwig Museum 2012 mit einigem Selbstbewusstsein seinen 20. Geburtstag feiern.

Es gehört zu der weltweit 19 Einrichtungen umfassenden Museumsfamilie, die zurückgeht auf den Kölner Kunstsammler Peter Ludwig. Eigentlich müsste es heißen: den Koblenzer Kunstsammler. Der hat zwar in Köln und Aachen gelebt, mit Schokolade jene Millionen verdient, die er dann für die Schaffung einer der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt einsetzte. Aber geboren wurde Peter Ludwig 1925 in Koblenz. Diesem Umstand vor allem hat das Ludwig Museum seine Existenz zu verdanken – und den Grundstock seiner heute 300 Werke umfassenden eigenen Bestände moderner Kunst. So ist das Museum zwar ein städtische Einrichtung, zugleich aber ein von der Ludwig-Stiftung gefördertes Mitglied der Ludwig-Familie.

Einfach hatte es das Museum in Koblenz über seine zwei Jahrzehnte selten. Das musste Beate Reifenscheid erfahren, als sie 1997 die Leitung übernahm. Das hatte ihre Vorgängerin Daniel Perrier gleich von der Eröffnung an erfahren müssen. Mit seinem konzeptionellen Schwerpunkt auf zeitgenössischer, insbesondere jüngster französischer Kunst ist die Einrichtung in der Regel eben kein populärer Massenmagnet. Viel besuchte Einzelausstellungen zu Chagall, Matisse, Picasso oder Giacometti waren Ausnahmen. Und es wird sie hier künftig wohl noch seltener geben, angesichts explodierender Versicherungssummen für die Ausleihe berühmter Werke bei gleichzeitig eingefrorenem bis sinkendem Ausstellungsetat. Doch erlebte das Deutschherrenhaus hochinteressante Themenschauen, etwa 1999 eine Gegenüberstellung von 150 Werken deutscher und französischer Künstler des 20. Jahrhunderts oder 2003 eine Präsentation russischer Modernekunst, die in Paris entstand. 2006 gab es eine so noch nirgendwo realisierte Parallelausstellung mit Werken von Yves Klein und seiner Mutter Marie Raymond.

Außerhalb des französischen Haus-Schwerpunktes, dem Reifenscheid mindestens einmal jährlich  eine spezielle Ausstellung widmet, wurden zeitgenössische Kunstströmungen aus diesbezüglich weniger bekannten Weltgegenden vorgestellt. Darunter wiederholt junge Kunst aus China, oder 2008 moderne Strömungen aus den arabischen Emiraten. Und immer wieder geht es auf den drei Ausstellungsetagen um Gegenwartskunst aus dem deutschsprachigen Raum; zuletzt (noch bis 4. März) um Werke aus dem AGAPE-Zyklus des 2008  verstorbenen Manfred Vogel. Anschließend (11.3. bis 22.4.) wird unter dem Titel „Kontact – New York paintings 1972 bis 2012“ das Oeuvre von Rainer Gross aufgefächert.

Im Frühsommer 2012 folgt eine Ausstellung, die angelegt ist als deutsch-französischer Kunstdialog. Unter der Überschrift „Peinture2020Malerei“ (29.4. bis 17.6.) widmen sich in Koblenz die Akademie der Bildenden Künste Mainz und die Académie des Beaux Arts Toulouse anhand von Werken ihrer Professoren und Meisterschüler gemeinsam der Frage nach künstlerischen Entwicklungsperspektiven für die näheren Zukunft. Eine weitere Kooperationsausstellung folgt ab 24.6. (bis 12.8.): Unter dem Titel „Le monde material!“ präsentiert das Institut für Künstlerische Keramik und Glas Höhr-Grenzhausen jüngste Meisterwerke vor allem ihrer internationalen Gastdozenten. Höhepunkt und „gewissermaßen die Geburtstagsausstellung zum 20.“, so Reifenscheid, wird im Herbst die Schau „Memorabilia“ (19.8. bis 28.10.) mit Arbeiten von Anselm Kiefer.

Das Programm kann sich sehen lassen, auch wenn im Jubiläumsjahr Geldsorgen das Museum  plagen wird. Um 50 000 Euro wurde der städtische Zuschuss schon im vergangenen Jahr gekürzt, 2012 muss Beate Reifenscheids Budget noch einmal um die gleiche Summe schrumpfen. Das sind schmerzhafte Einschnitte bei einem Gesamtetat von knapp einer Million Euro inklusive eines Ausstellungsetats von nur rund 90 000 Euro, den Stadt und Ludwig-Stiftung etwa hälftig bestreiten. „Ohne Sponsoren und Ausstellungen mit Kooperationspartnern geht es nicht mehr“, umreißt die Direktorin die Perspektive, mit der das Koblenzer Ludwig Museum in sein drittes Jahrzehnt geht.                                                                                              Andreas Pecht

Infos: >> www.ludwigmuseum.org        


(Erstabdruck 9. Woche im Februar 2012)

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