Thema Musik
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2011-07-30 Konzertkritik:

Franz Liszts „via crucis“. ChorWerk Ruhr und Klavierduo Grau/Schumacher unter Rupert Huber beim Festival "RheinVokal"

 

Konzert wird zur Meditationsstunde
 
 
ape. Oberwesel.  2011 jährt sich der Geburtstag von Franz Liszt zum 200. Mal. Weshalb auch die klassischen Sommerfestivals dem ungarischen Komponisten und Klaviervirtuosen den einen oder anderen Programmpunkt widmen. RheinVokal stellte jetzt ein wenig bekanntes geistliches Werk aus der späten Schaffensphase von Liszt ins Zentrum eines Konzerts in der Liebfrauenkirche Oberwesel: „via crucis“, der Kreuzweg.


Es ist ein eigentümlicher Abend, den das ChorWerk Ruhr gemeinsam mit dem Klavierduo Andreas Grau/Götz Schumacher unter Rupert Huber in der wunderschönen gotischen Basilika gestaltet. Der Zuhörer empfindet, was er erlebt, mehr als Gebets- oder Meditationsstunde, denn als Konzert.

Das Programm stellt dem musikalischen Kreuzweg von Liszt zuerst dessen „Drei Kirchenhymnen“ für gemischten Chor und Harmonium voran. Und die entsprechen mit ihrer Schlichtheit, mit ihrer an altchristliche Gemeindechoräle erinnernden Charakteristik so gar nicht den Erwartungen auf rauschende Klangopulenz, wie man sie gemeinhin an Liszt knüpft. Die von den 16 Choristen und den beiden Instrumentalisten auch interpretatorisch in die scheinbare Einfachheit zarten Schönklangs zurückgenommene Musik motiviert im Kirchenraum eine Atmosphäre der Innerlichkeit.

Es folgen – quasi noch im Vorprogramm zu „via crucis“ – drei Choralvorspiele von Johann Sebastian Bach, allerdings in einer Bearbeitung von György Kurtág (*1926) für Klavier zu vier Händen. Das Piano in alten Kirchen zu nutzen, ist wegen der akustischen Eigenarten dort immer gefährlich. Grau/Schumacher jedoch binden den Raumklang in ihr Spiel ein, das in kunstvoll dezenter Manier mehr auf Spiritualität denn auf virtuose Beeindruckung abhebt.

So trifft das Hauptwerk des Abends, Liszts 15-teilige „via crucis“ für gemischten Chor und Klavier, auf ein gut vorbereitetes Auditorium. Das lässt sich durch die extreme, weithin sehr modern wirkende Reduktion von Klangmaterial und musikalischer Form nicht mehr aus der Fassung bringen. Vollendet um 1878, veröffentlicht erst nach dem Tod des Komponisten 1886, weist dieses Stück schon weit ins 20. Jahrhundert.

Meditative Linien aus Einzeltönen und Sequenzen akkordischer Gefühlsmalerei lösen sich ab. Die Sänger müssen mit wenig Text auskommen: Der reife Abbé Franz Liszt baute auf die Bekanntheit der Kreuzweggeschichte und konzentrierte sein Werk auf musikalische Stimmungen, die jedem Zuhörer eigene Gedanken und Herzensregungen erlauben. Rupert Huber lässt seine Musiker in Oberwesel dieser Intention dienen – mit präziser, ernster, wohlklingender, inniger, nie bloß auf äußerlichen Effekt bauender Realisation. Da wird Musik zum Katalysator für wohltuende „stille“ Einkehr.                                                                         Andreas Pecht


(Erstabdruck 1. August 2011)

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