Thema Kultur / Theater
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2011-06-24:

Koblenz dankt dem Ballettchef seines Theaters für 29 Jahre im Dienst der Tanzkunst

Ein Abschiedslächeln für
Anthony Taylor


ape. Koblenz. Es ist ein anrührender Abend. Voller Erinnerungen und Wiederbegegnungen, durchdrungen von Anerkennung und Dank. Nach 29 Jahren als Ballettchef am Theater Koblenz wurde Anthony Taylor jetzt mit einer großen Gala unter dem Motto "Smile for Tony" in den Ruhestand verabschiedet. 


Der Oberbürgermeister ernennt ihn zum „Ehrenmitglied des Theaters Koblenz“, würdigt sein Engagement auch bei 19 Produktionen des Jugendtheaters, und erklärt das „Geheimnis seines Erfolges“ so: „Hier lebte einer Theater, lebte Ballett“. Der Kulturdezernent verbindet den Dank an Taylor mit einem flammenden Appell in den Saal, stets für die Fortexistenz der Ballettsparte am Ort zu kämpfen. Er zitiert Moliere: „Nichts ist dem Menschen so unentbehrlich wie der Tanz“.

Taylor selbst sitzt mit seiner am Theater Gießen tätigen Gattin in der ersten Reihe. Er trägt Alltagskluft als wolle er sagen: „Macht nicht so ein Gewese um mich.“ Das entspricht der Art des 1944 geborenen und nach Stationen in Dortmund, Bremen, Kiel 1982 in Koblenz gelandeten Briten: Tanzkunst und Tänzern gebührt alle Aufmerksamkeit; als Person im Rampenlicht zu stehen, erst recht auf dem Gesellschaftsparkett zu antichambrieren ist seine Sache nicht. Der Choreograf Taylor verstand sich immer als Kreativarbeiter im Hintergrund, zur Verbeugung vor dem Publikumsapplaus erschien der bescheidene wie humorvolle Mann meist verlegen wie ein Bub.

An diesem Abend ist er oft verlegen. Denn aller Beifall gilt letztlich ihm, dem ballettösen Überzeugungstäter, der ein ganz eigenes Kapitel Koblenzer Kulturgeschichte geschrieben hat. 29 Jahre im selben Haus Tanzchef, dabei vier Intendanten überstanden: Das ist fürs deutsche Theater eine Seltenheit. Es war 1982 nicht Liebe auf den ersten Blick, die Taylor mit Koblenz verband. Der damalige Intendant Hannes Houska musste allerhand Überzeugungskraft aufbringen, den 37-jährigen Tänzer und Choreografen zu gewinnen.

Aus dem zögerlichen Beginn wurde entschlossenes Anpacken -  und wuchs das Ballett rasch zur vollwertigen Sparte am Theater Koblenz heran. Taylors beharrliche Arbeit erbrachte den Beweis, dass auch im späten 20. Jahrhundert und fern der großen Tanzzentren das Ballett seinen Platz und sein Publikum findet. Seither tauchte von kulturloser Seite zwar immer wieder mal die Idee auf, die Tanzsparte wegzusparen. Aber Taylors Wirken hat den Tanz so fest im örtlichen Kulturlebenn verankert, dass solche Erwägungen bislang nie zur ernsten Gefährdung heranreiften.

Fast drei Jahrzehnte hat dieser Mann das Koblenzer Ballett geprägt. Fest in der klassisch-romantischen Stiltradition verwurzelt, kennt er doch keine Berührungsängste gegenüber den tanzkünstlerischen Fortentwicklungen seiner Zeit. Anthony Taylor war gewiss kein Tanzrevolutionär, doch immer gut für Überraschungen. Eben schwelgte er im Handlungsballett alter Schule, dann wieder griff er musikalisch zu klassischer Moderne bis hin zur Avantgarde und spielte dazu mit neuartigen tänzerischen Formen. Nie jedoch gab er das traditionelle Figurenrepertoire vollends auf. Im übergreifenden Rückblick möchte man Taylor als Choreografen sehen, der die Möglichkeit von Synthesen zwischen hergebrachten und neuen Qualitäten auslotete.

Zum Abschiedsabend in Kobenz sind ehemalige Weggefährten aus etlichen Jahrzehnten und vieler Herren Länder angereist. Darunter der einstige Intendant des Theaters Bremen, der aus dem blutjungen „dürren Lulatsch“ Taylor einen kraftvollen Tänzer hatte werden lassen. Darunter Tänzerkollegen/innen aus seiner Kieler Zeit. Darunter ein Großteil seiner Koblenzer Compagnie aus den 90er-Jahren. Herzliche Begegnungen, Umarmungen, Tränen – man erinnert sich seiner als Teamarbeiter und Inspirator, als freundschaftlichen Forderer und Förderer.
 
Und seine letzte Compagnie, die jetzige, zeigt, was sie bei ihm gelernt und geschaffen hat. Unter anderem Teile aus „Sind wir Helden“, der überragenden Taylor-Arbeit in den vergangenen Jahren. Nachfolger Steffen Fuchs kann mit einem ausgezeichnet eingestellten Tanzensemble auf einer starken Balletttradition in Koblenz aufbauen. Danke, Tony.                            Andreas Pecht


(Erstabdruck 25. Juni 2011)

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