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2011-05-04:

Schloss Stolzenfels
 

Prachtstück preußischer Rheinromantik

 
ape. Koblenz. Im Jahre 1823 bedachte die Stadt Koblenz den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm mit einer auf den ersten Blick recht seltsamen Gabe: Sie schenkte ihm eine Ruine – die Überreste der mittelalterlichen Burg Stolzenfels. Ein Geschenk mit Folgen. Aus der Ruine wurde alsbald eine Dauerbaustelle. Bis 1847 entstand dort schließlich der bis heute wohl schönste und bedeutendste Baukomplex der preußischen Rheinromantik: Schloss Stolzenfels, südlich vor den Toren von Koblenz hoch über dem linken Rheinufer gelegen.

Schloss Stolzenfels
Foto: GDKE/Ulrich Pfeuffer

1842 waren die Hauptgebäude fertig und die Gärten angelegt. Am 14. September jenes Jahres weihte der inzwischen (1840) König gewordene Friedrich Wilhelm IV. seine neue, romantische Sommerresidenz im Rheintal ein. Der Monarch führte an diesem Tag einen prunkvollen Zug in Mittelalterkostümen vom Flussufer hinauf zum Schloss und zum sich dort anschließenden Fest.

Knapp 170 Jahre später, am 8. Mai 2011, feiert man auf Schloss Stolzenfels wieder: Ein Frühlingsfest, bei dem sich demokratisch gewählte Vertreter aus Stadt und Land, Bauhistoriker, Handwerker und Bevölkerung freuen dürfen. Worüber? Über eine gelungene Außensanierung der Schlossbauten sowie die Wiederherstellung der dazugehörigen Garten- und Parkanlagen – beides eng angelehnt an den bauzeitlichen Ursprungszustand im 19. Jahrhundert. 

Lieblingsprojekt von Friedrich Wilhelm IV.

Denn der Zahn der Zeit hatte gehörig an Friedrich Wilhelms einstigem Lieblingsprojekt am Mittelrhein genagt. Die fünf Gärten innerhalb der Schlossmauern und der Umgebungspark waren verwildert, verwachsen, überformt oder verschwunden. Mit Fassaden, Gemäuer, ja selbst dem Untergrund des Schlosses stand es nicht mehr zum besten. Weshalb von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz im beginnenden 21. Jahrhunderts eine grundlegende Instandsetzung eingeleitet worden ist. Deren erste Etappe fand im Frühjahr 2011 mit den besagten Ergebnissen im Außenbereich ihren Abschluss.

Für Betrachter und Besucher ist Schloss Stolzenfels damit wieder auf die gleiche Weise erlebbar wie dereinst von Friedrich Wilhelm IV. beabsichtigt:  als romantisches Gesamtkunstwerk aus Schloss, Gärten, Park und Rheinlandschaft. In seinem Auftrag verbanden sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für die Errichtung der Stolzenfels-Anlage unter anderem die Gestaltungskräfte der legendären Hofarchitekten Karl Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler mit denen des preußischen Gartendirektors Peter Joseph Lenné.

Schinkel, Stüler, Lenné wirken zusammen

Die Gestalter der berühmten Schlösserlandschaft von Berlin, Potsdam und Umgebung sollten am Mittelrhein ein Werk schaffen, das denkmalpflegerische, künstlerisch-ästhetische und politische Anforderungen gleichermaßen erfüllt. Friedrich Wilhelm hatte sich schon 1815 bei einer Rheinreise regelrecht ins Mittelrheintal vernarrt. In seinem Tagebuch schwärmt er von „all den 1000 alten göttlichen Burgen und Felsen“, deren Anblick ihn „matt vor Seligkeit“ macht. Der Preuße träumte bald von der Gestaltung einer ganzen Romantiklandschaft zwischen Bingen und Bonn. Von ihm gingen damals entscheidende Impuls für eine Bewegung aus, die über das 19. Jahrhundert zu Sicherung und Wiederaufbau vieler der damals überwiegend ruinösen Mittelalterburgen im Rheintal führte.

Vor diesem Hintergrund verliert denn auch das Ruinen-Geschenk von 1823 seine Seltsamkeit. Die Koblenzer wussten um die romantische Begeisterung des Kronprinzen für die Relikte des Mittelalters im Rheinland. Also darf die Schenkung der Ruine Stolzenfels auch als politische Geste verstanden werden, die auf das Wohlgefallen der Berliner Hohenzollern-Herrscher am Rhein abzielte. Einfach waren die Beziehungen schließlich nicht zwischen den protestantischen Preußen und den überwiegend katholischen Rheinländern in ihrer 1822 zur preußischen Provinz erklärten Heimat.

„Die Überreste so viel als möglich schonen“

Friedrich Wilhelm war seinerseits um Anerkennung der Legitimität seiner Herrschaft beim rheinischen Volk bemüht. Das schlug sich nicht zuletzt in Bau und Ausstattung von Schloss Stolzenfels mannigfach nieder. Der kunstsinnige Monarch gab seinen Baumeistern für den Umgang mit der mittelalterlichen Ruine die Maxime vor: „die Überreste so viel als möglich zu schonen“. Diese Überreste reichen teils bis ins 13. Jahrhundert zurück. Damals hatte der Trierer Erzbischof  Arnold von Isenburg die Burg Stolzenfels als kurtrierische Befestigung am Rhein errichten lassen. Im 14. Jahrhundert wurde die Burg erweitert, 1689 dann im Pfälzischen Erbfolgekrieg von französischen Truppen zerstört. 1802 kamen die noch immer imposanten Burgreste in den Besitz der Stadt Koblenz.

Die Ruine, die Friedrich Wilhelm 1823 von den Koblenzern geschenkt bekam, war demnach ein Überbleibsel aus der Frühphase der Jahrhunderte währenden kurfürstlichen Herrschaft am Mittelrhein. Und an diese Traditionslinie knüpfte der Preuße ganz bewusst symbolstark an, indem er viele Elemente der mittelalterlichen Bausubstanz sichern, restaurieren und in sein neues Schloss Stolzenfels integrieren ließ. So bemerkt der Reisende heutzutage schon beim Blick von ferne: Das in seiner ockergelben Farbe licht, leicht, märchenhaft aus der Landschaft wachsende Bauwerk am linken Rheinufer unterscheidet sich von den meisten Burgen, denen man im UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal begegnet.

Romantikschloss mit „ritterlichen“ Wurzeln

Zwar erinnern die blockartigen Bauteile mit ihren Flachdächern und Zinnenkränzen an die im 19. Jahrhundert beliebten neugotischen Schlösser Englands. Doch zeugen Höhenlage, der dominante Bergfried, ja der strukturelle Gesamteindruck des Schlosses zugleich von mittelalterlichen Wurzeln. Der preußische Bauherr zielte auf den Eindruck ab, es handle sich bei seinem Schloss Stolzenfels um ein harmonisch aus historischer Kontinuität gewachsenes Bauwerk. Und das gilt nicht nur für den Baukörper selbst: Bezugnahmen auf Antike und insbesondere kurtrierisches Mittelalter finden sich auch bei Gärten und Park sowie der reichen, vielfach original erhaltenen Inneneinrichtung etwa des prächtigen Rittersaales oder der Gemächer des königlichen Paares. 

Da zeigt der ausgeprägte denkmalpflegerische Sinn Friedrich Wilhelms Wirkung. In mindestens demselben Maße kommt hier aber auch seine romantische Schwärmerei für längst vergangene „edle Ritterzeiten“ zum Ausdruck. Zugleich verfolgte der Preuße mit der Ausgestaltung von Stolzenfels  eben durchaus auch politische Absichten. Von Anfang an war das Schloss für die  Öffentlichkeit zugänglich – sofern nicht gerade der Hausherr und seine Gemahlin, die Wittelsbacherin Elisabeth von Bayern, darin logierten; was recht selten vorkam.

Stolzenfels war als Schau-Schloss konzipiert, steckte voller Botschaften an die Besucher. Die Symbolsprache an Bauwerk und Innenausstattung stellt den Preußenkönig vor als quasi natürlichen, legitimen Erben der kurfürstlichen Herrschaft am Rhein, als Herrscher von Gottes Gnaden in der Tradition des Heiligen Römischen Reiches, als Oberhaupt wie Versöhner katholischer und protestantischer Untertanen.

Gesamtkunstwerk aus Natur und Kultur

Nach den umfangreichen Restaurierungsarbeiten bis 2011 wird für die Besucher nun sehr schön deutlich, wie geschickt die preußischen Baumeister Schloss Stolzenfels und seine Umgebung aus Gärten, Park, Rheinlandschaft zum romantischen Gesamtkunstwerk inszeniert hatten. Lennés äußerer Landschaftspark – durch den man vom Koblenzer Stadtteil Stolzenfels hinauf zum Schloss spaziert – sollte nach Friedrich Wilhelms Willen möglichst viele „natürliche“ Elemente aufweisen.

Nachgearbeitete oder eigens eingerichtete Grotten, Wasserfälle, Teiche, römische und kurfürstliche Baurelikte, gar eine ovale Reitbahn verbanden sich und verbinden sich jetzt wieder mit dem Grün des Waldes. Dabei spielt der Gegensatz zwischen schattig-engem Gründgesbachtal und heller, weiter Rheinlandschaft eine bedeutende Rolle. Immer wieder öffnen sich dem Spaziergänger von lieblichen Plätzen aus herrliche Ausblicke auf Schloss und Rheintal.

Fünf Schlossgärten sind wieder erwacht

Soll der Landschaftspark nach Lennés Vorstellung vor allem als Schöpfung der Natur wirken, so sind die fünf  Gärten in enger Bindung an den Schlossbau als blumengeschmückte, kunstvoll ausgestaltete Kulturräume konzipiert. Prachtstück unter den bis 2011 wieder hergestellten Gärten ist der „Pergolagarten“ unterhalb des gemeinsamen Schlafzimmers von Friedrich Wilhelm und Elisabeth. Mit dem Schlosshof durch eine dreischiffige Arkadenhalle verbunden, betört dieses Aeral als intime Inszenierung aus üppigem Rosenbewuchs, von Wein und Blumen umrankter Pergola, byzantinisch anmutender Teehalle...

Der imposanteste Ausblick hingegen bietet sich von der „Rheinterrasse“ aus. Weit kann das Auge schweifen: Hinüber zur Lahnmündung, zur einst kurmainzischen Burg Lahneck, zur Braubacher Marksburg. Oder den Rhein hinunter bis nach Koblenz und zur Festung Ehrenbreitstein –  mit deren Errichtung der Vater von Friedrich Wilhelm IV. zuvor gewissermaßen die militärische Vorherrschaft Preußens am Mittelrhein hatte in Stein meißeln lassen.                                                                          Andreas Pecht



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