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2011-03-28 Anmerkungen:

Zu den Wahlen in Baden-Württemberg u. Rheinland
-Pfalz
 

Die klassische Parteipolitik
verliert ihr Politikmonopol

 
ape. Zu den Landtagswahlen in BaWü und RLP ist und wird von allen (fast) alles gesagt. Es braucht an dieser Stelle nicht noch eine umfassende Analyse. Deshalb nur ein paar Anmerkungen zu Aspekten, die im Kommentar-Mainstream heute etwas zu kurz weggekommen sind.


1. Die gestrigen Wahlen waren die politischsten seit langem in Deutschland, weil: Es waren beim Gros der Wähler Abstimmungen zur Sache, weniger nach Köpfen/Parteipräferenzen. Primäres Kriterium für die Entscheidung: Gegen Atomkraft (in BaWü zusätzlich gegen Stuttgart 21). Danach der skeptisch-genaue Blick, wer und welche Partei steht verlässlich für den Ausstieg, wer und welche steht fürs Gegenteil oder eiert opportunistisch herum.

2. Man lasse sich nur nicht einreden, es sei eine "Gefühlswahl" gewesen, also eine Entscheidung aus spontaner (Angst-)Stimmung heraus und somit zwar heftig, aber borniert oder naiv. Fukushima war/ist der Katalysator dafür, dass eine seit  vielen Jahren sich zur breiten Mehrheitsmeinung entwickelnde Position gegen die Atomkraft auch den Durchbruch als Entscheidungsprimat an der Wahlurne schaffte. Dass das Volk  derart wuchtig die politische Konsequenz aus der japanischen Katastrophe zieht, wertet die Landtagswahlen nicht ab, sondern entschieden auf.

3. Dass einzelne Sachfragen bei vielen Menschen den Vorrang vor traditionellen Parteibindungen gewinnen, war schon bei den jüngeren Bürgerbewegungen absehbar. Die jetzigen Wahlen dürfen als erstmals massiver Durchschlag dieses Phänomens direkt auf den Parlamentarismus gedeutet werden. Die Folgewirkungen sind noch nicht wirklich absehbar. Fest steht aber wohl: Die klassische - auf Parlamente, Gremien, Medienauftritte und gelegentliche Volksbäder konzentrierte - Parteipolitik ist ein Auslaufmodell. Parteipolitik wird sich künftig  in viel stärkerem Maße auf Bürgerbewegungen zu einzelnen Sachfragen einlassen müssen. Regieren wird schwieriger, Demokratie lebhafter.

4. Und doch ist die traditionelle Wählerbindung an die Parteien zugleich in Teilen des Volkes noch immer stärker verwurzelt, als es nach den gestrigen Wahlen auf den ersten Blick erscheint. In BaWü bleiben Schwarzgelb erstaunliche 45 % Stimmanteil. Die dortige Halbierung der FDP war erwartbar und angemessen, nur 5 % Verlust für die CDU sind aber doch erstaunlich. Nach Menschenermessen hätte unter den gegebenen Umständen gerade der Unions-Einbruch deutlicher ausfallen müssen. In RLP bringt es Schwarzgelb noch auf 40 % und die SPD als hier langjährig fest etablierter Archetypus einer institutionalisierten Herrschaftspartei auf knapp 36.

5. Doch das alte, bürgerferne, herablassende, besserwisserische, technokratische und bürokratische Selbstverständnis von Parteipolitik ist erheblich angeschlagen. Wer künftig nicht aus den Sesseln kommt, sich nicht mit Ernst dem Wind "der Straße" aussetzt, wer meint, über die Köpfe der Menschen hinweg oder an ihnen vorbei Politik machen zu können, dem werden die Felle davonschwimmen. Welche Farbe auch immer seine Parteifahne hat. Die Parteien haben das Monopol auf Politik verloren. Das Volk mischt mit: als Meinungsträger, Internet-Diskutant, Demonstrant, Bürgerinitiativler - und nun auch Wähler, der an der Urne zur Sache abstimmt und nicht länger bloß Blanko-Generalvollmachten erteilt.                                                                           Andreas Pecht               


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