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2011-01-26 Feature:


"Letzte Freiheit" Ludwig Museum

Während der Bundesgartenschau Koblenz:  Land-Art und neue Paradiese im und ums Deutschherrenhaus


ape. Koblenz. „Uns steht das wohl spannendste Jahr in der Geschichte des Ludwig Museums bevor“, schrieb Beate Reifenscheid unlängst im Magazin „artefact –  Kunst im Westen“. Sie meinte natürlich nicht irgendeines der elf Ludwig Museen weltweit, sondern dasjenige in Koblenz, für das sie als Direktorin verantwortlich ist. Und für eben dieses sieht sie wegen der BUGA 2011 das “spannendste Jahr“ heraufziehen. Was aber bringt die Bundesgartenschau mit sich, dass auch das  Modernemuseum im Deutschherrenhaus am Deutschen Eck in den Ausnahmezustand gerät? Versuch einer Annäherung.

So etwa dürfte es zwischen Mitte April und Mitte Oktober zugehen: Tausende BUGA-Besucher strömen täglich vom Koblenzer Schloss die Rheinpromenade entlang Richtung Deutsches Eck und umgekehrt. An den Wochenenden könnten es ein paar Zehntausend sein. Nicht alle werden den Weg zum moselseitigen Gelände beschreiten. Und von diesen wiederum wird nicht jeder dem Blumenhof einen Besuch abstatten oder die Nase kunstinteressiert ins Ludwig Museum stecken. Das liegt zwar direkt neben der „Hauptverkehrsader“ der BUGA. Aber wie das nun mal ist im Massenverkehr: Der große Strom orientiert sich an den breitesten Pfaden hin zu den bekanntesten und begehrtesten Wegmarken.

Was in diesem Fall möglicherweise dazu führt, dass ein Großteil der Gartenschau-Flaneure sich schnurstracks in die Warteschlange zur Seilbahn einreiht. Zwar geht es bei der BUGA ureigentlich um Bäume, Sträucher, Blumen, Naturgeschichte, Gartenkultur, Landschaftskunst. Dennoch wird der Medienstar dieser Gartenschau eine großtechnische Einrichtung sein: die motorisierte Gondelkette über den Rhein hinauf zur Festung Ehrenbreitstein.  Über sämtliche Mattscheiben wird die Seilbahn flimmern, jede Gazette wird sie abbilden – und folglich das Publikum begierig darauf sein, dem schwebenden Star aus Stahl und Plastik alsbald leibhaftig zu begegnen.

Im Schatten der Seilbahn-Station

Was bleibt da im Schatten der Seilbahn-Talstation fürs Ludwig Museum? Schließlich liegt es innerhalb des BUGA-Geländes. Heißt: Wer das der zeitgenössischen Kunst gewidmete Haus besuchen will, muss eine BUGA-Eintrittskarte haben. Anders ist sieben Monate lang kein Zugang möglich. Wie mag sich das auf den Museumsbesuch auswirken? „Wir haben wirklich keine Vorstellung davon, was auf uns zukommt“, erklärt Museumsdirektorin Beate Reifenscheid im Gespräch. Dabei ein Lächeln ins Gesicht zaubernd, das Besorgnis und Vorfreude, Bedenken und gespannte Erwartung vereint – als wäre die Frau eben in eine Achterbahn gestiegen, die sie nun unaufhaltsam zum noch nie erlebten Schraubendoppellooping abschleppt.

„Kommen weniger, oder viel mehr Besucher als sonst ins Museum? Wir wissen es nicht. Reichen zwei Führungen pro Tag oder müssen wir zehn, vielleicht mehr anbieten? Wir wissen es nicht.“ Was Reifenscheid und Mannschaft allerdings wissen, ist: Es wird während der Gartenschau keinen Schließtag geben, sondern der Museumsbetrieb sieben Tage die Woche durchlaufen. Und sie wissen: Das gesamte, nicht eben zahlreiche, Personal muss sich auf Totalmobilisierung und Dauerbelastung einstellen. Denn die hoffnungsvolle Erwartung ist doch, dass der Besucherzustrom zum Museum während der BUGA-Monate deutlich anschwillt. Darunter zahlreiche Menschen, die nicht lange verweilen, sondern nur mal kurz vorbeischauen; die gewissermaßen en passant ein Näschen voll Kunst mitnehmen, weil die eben gerade an ihrem BUGA-Weg liegt.

Unter den Besuchern werden auch solche sein, die vor allem wegen der bei keiner vorherigen BUGA so engen Verbindung zwischen Blumenschau und Kultur(geschichte) nach Koblenz kommen. Kurfürstliches Schloss und Lenné‘sche Gärten hier, dort Festung Ehrenbreitstein mit neuem historischem Rundgang und kulturgeschichtlichen Sonderausstellungen. Dazwischen Deutsches Eck, St. Kastor und eben das Deutschherrenhaus mit Ludwig Museum. Nicht wenige  kultursinnige Zeitgenossen dürften hier eigene Schwerpunkte setzen. Einigen möchte gar der gezielte Abstecher zur zeitgenössischen Land-Art-Ausstellung im Ludwig sowie zur Ausstellung auf der Festung über das rheinische Wirken des preußischen Gartenbaumeisters Lenné der interessanteste Punkt auf ihrem BUGA-Programm sein.

Eine Chance, die genutzt sein will

Ob so oder so: „Ich fand das von vornherein wichtig, dass wir in der BUGA drin sind. Denn natürlich ist das auch eine ausgezeichnete Werbemöglichkeit und bringt Publizität fürs Museum mit sich.“ Eine Chance, die Beate Reifenscheid nicht ungenutzt lassen will – trotz der Ungewissheit über ihre tatsächliche Größe, und trotz des Umstandes, dass ihr Haus alsbald mit Kürzung der städtischen Mittel rechnet.

Eigens für die BUGA-Zeit stellt das Koblenzer Ludwig Museum zwei thematisch zum Ereignis passende  Ausstellungen auf die Beine. Unter dem Titel „Die letzte Freiheit“ werden im Museum Entwicklung und aktueller Stand der sogenannten „Land-Art“ aufgefächert. Parallel dazu setzen sich im Außenbereich internationale Künstler mittels räumlicher und klanglicher Installationen mit Wechselwirkungen zwischen Natur und Kultur auseinander. „New Paradises“ nennt sich diese Outdoor-Projektfolge in Anlehnung an tradierte Auffassungen vom Paradiesgarten. Zu den daran teilnehmenden Künstlern zählt auch HD Schrader. Ihm ist derzeit (noch bis 6. Februar) die Einzelausstellung „Woodwatchers and others“ gewidmet, die eine Art thematischen Prolog zum Programm während der BUGA bildet.

Die Land-Art-Schau im Ludwig Museum wird eine ganze Reihe der interessantesten Vertreter dieser in den 1960ern entstandenen, heute weitläufig verzweigten Kunstrichtung vereinen. Darunter Au Wei Wei, Christo & Jeanne Claude, Walter de Maria, Andy Goldworthys, Richard Long oder Michael Heinze. Viele ihrer Werke in aller Welt werden mittels Fotos, Karten, Modellen, Filmen und Videos dokumentiert. Denn vielfach sind die Originale nicht transportabel,  sondern als Umformung,Verfremdung, Erweiterung, Ergänzung natürlicher Gegebenheiten in bestimmten Landschaften entstanden und deren integraler Teil geworden – an Meeresstränden und in Wüsten, auf Hochebenen oder in Wäldern. Kleinere Arbeiten wiederum werden als Originale in Koblenz zu sehen sein, in all ihrer Beständigkeit wie ihrer Wandelbarkeit unter dem Einfluss der Elemente.

„Die letzte Freiheit“ im Ludwig Museum Koblenz eröffnet bereits am 10. April und dauert, solange die BUGA dauert, bis 16. Oktober. Moderne Kunst und Natur, Kunst in der Natur, Natur in der Kunst: Das dürfte ein interessanter Beitrag zur Bundesgartenschau werden – dem viele Besucher zu wünschen sind.

Info: www.ludwigmuseum.org

(Erstabdruck 4. Woche im  Januar 2011)

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